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.rL ^ 2 . Dl'sHH las l Nummer 1K6 — 2«. Jahrgang «rlSeln, Sma> wsaientl. mit den illustr. SraNSdetlagen .DI« «eit' und der Kinderbeilage .Frohmut', «owte den reitbeilagen tzt. Benno-Blatt', .llnterhaltung und Wissen'. .Dt» WeU der Frau'. Slerzilicher Ratgeber'. Da« gute BuL'. .Filmrund. sLa»'. Monatlicher vezngbvret» S MI. eins«!. Bestellgeld, kinzelnummer lv 4 Sonnabend- ». Sonntagnuinmer »U 4- Haupllchriflleiter- De. w. De«c,»,k. Dresden. SächMe Sonnabend, den 20. Juli 1S2- ivertagSortt Dresden IlnzetgenHretse, Die Igeibaltene Pellt,eile F<> 4 Familien» an,eigen ».Stellengesuche »«4. Die PeiitreNamezeil«. 84mm breit. 1«k. Für Anzeigen autzerhalb de« Verbreitungsgebiete» ««4 die Vetitreklame,eile >.!»<> Briesgeb.lt« 4. Im Fall« höherer Bemalt erlischt sed« Verpflichtung aus Lieferung sowi» »rsiillung v. «n,eigen-AuftrSgen n. Leistung v. Schadenersatz, »eschllftltcher Lell- Artur Lenz. Dresden. volksseuuns ««schitftSftell-. Drortn.lverlag: »rrmania. «>». sllr Verlag und Druckerei, Filiale Dresden. Dresden-«. 1. «olierstratzel?. Fernen,2IM2. Pollichecklonto Dresden ,703. Bankkonto «tadtdank Dresden Vr. Stil» Für christliche Politik und Kultur Komm! es zum Kriege? Der russische Aufmarsch am Amur — Tschiangkaischek rufi das chinesische Volk auf Die erste« Schüsse Schanghai, 19. Juli. Nach von privater Seite stammenden Nachrichten sollen russische Truppen bei Blagowestschensk den Versuch ge macht haben, den hier die Grenze bildenden Amur zu über schreiten. Chinesische Truppen eröffnet««» das Feuer und zwan gen die Russen sich zurückzuziehen. *- Die Berliner Nachtausgabe des „Tag" verbreitet alarmie rende Meldungen über die Vorbereitungen Rußlands an der mandschurischen Grenze. Die Russen sollen danach den Auf marsch an der mandschurischen Grenze fast voll endet haben, lieber 40 000 russiscl>e Truppen seien an den ein zelnen strategischen Punkten der Grenze verteilt und warteten angeblich nur auf den Befehl zur Eröffnung der Feindseligkei ten. Die russischen Truppen verfügen über ganz moderne Kriegsgeräte, Bombenflugzeuge, Giftgase, Geschütze und zahl reiche Motorlastwagen. General Budjenny ist von seinem Urlaub zurückge- rilsen und von der Sowjelregierung beauftragt worden: 1. Ein starkes Luftgeschwader an der mandschurischen Grenze zusam- menzuziehc». 2. Die Infanterie-, Kavallerie- und Tankabtei, lungen in den Grenzgebieten zu verstärken. Für diesen Zweck ist alles verfügbare Eisenbahnmateriol beschlagnahmt worden. 3. Die Garnisonen in Leningrad und Moskau bedeutend zu verstärken. — Diese Meldungen des Berliner Blattes bedürfen der Bestätigung, sie sind mit größter Vorsicht aufzunehmen. Die Russen haben nach neueren Meldungen fünf Divi sionen am Amur zusammengezogen, dieChinesen haben eine zwei- bis dreimal größere Truppenzahl tm Grenzgebiet ver- chü sammelt, aber die chinesischen Truppen stehen in bezug auf Ainoderne Bewaffnung anscheinend hinter den Russen zurück. A Troßdem wäre es für beide Staaten außerordentlich bedenk lich, jetzt zu kriegerischen Maßnahmen zu greisen, weil bei bei den Finanzfragen im Wege stehen. Bei den Russen würden außerdem nicht unerhebliä>e innerpolitische Bedenken hinzu- Ireten. Aufruf an das chinesische Volk Peking. 19. Juli. Das Zentralkomitee der Kuomintang veröffentlicht an läßlich des Abbruä)es der russisch-chinesischen diplomatischen Beziehungen folgenden Aufruf an das chinesische Volk: Trotz der Bemühungen der Nankingregierung Hot die Sowjetregierung die diplomatischen Beziehungen abgebroä>en und einen Kriegszustand gesctiafsen. Das chinesische Volk muß in diesem Augenbliclr die Regierung einmütig unterstützen. Die Nankingregierung hat keine Angrifssabsichten gegen über Rußland. Sie muß der Sowjetregierung die Verant wortung für den Konflikt überlassen, da durch kommunistische Propaganda die Beziehungen zu China getrübt wurden. Das chinesische Heer wird der Roten Armee Wider stand leisten, wenn sie versuchen sollte, die Grenze zu überschreiten. In Schanghai und in Peking haben Kundgebungen gegen die Sowjetregierung und zugunsten der Nankingregie- rung stattgefundcn. * Tschanghsueliang. der Gouverneur der Mandschurei, hat einen Desehl erlassen, nach dem jeder Streik aus der chinesi schen Ostbahn aufs schärfst' verfolgt werde,, würde. Die Mili tärbehörden haben längs der Bahnlinie den Kriegszustand verhängt. Tokio. 19. Juli. Wie aus Cl>arbin gemeldet wird, ist dort sofort »ach dem Abbruch der chinesisch-russischen Beziehungen der Belagerungs zustand verhängt worden. Starke chinesische Truppeuobteilun- gen versehen den Patrouilleudienst in den Straßen. Eine Pro klamation des Gouverneurs droht für die Verbreitung von un begründeten Gerüchten die Todesstrafe an. Alle Zeitungen sind unter Ze ns ur gestellt. Das Geschästsleben ist zum Er liegen gekommen. Im japanischen Konsulat drängen sich die sowjetrussischen Staatsangehörigen, die ein Visum zu erhalten wünschen, um nach Dairen zu gehen. Deutschland als Treuhänder Für beide Parteien Berlin. 19. Juli. Das Moskauer Außenamt ist am Donnerstag bei dem deutschen Botschafter v. DIrksen vorstellig geivorden und hat di« Bitte ausgesprochen, daß Deutschland angesichts des Abbruchs der Beziehungen zwischen Sowjetrußland und China di« Wah rung der sowjetrussischen Interessen in China übernehmen möge. Die Bitte ist sofort nach Berlin weitergeleitet worden. Ebenso hat am Donnerstag de, chinesisch« Gesandt« in Berlin im Auswärtigen Amt di« Bitte um Wahrung d«r chinesischen Interessen in Sowjetrußland durch die dortigen deutschen diplo- ^matischen und konsularischen Bertretungen ausgesprochen. Die ^Reichsregierung hat sowohl dem sowjetrussischen wie dem «hin«, ^.-fischen Ersuchen, entsprochen. * Die Tatsache, daß beide Parteien in diesem Konflikt die Vertretung ihrer Interessen an Deutschland übertragen haben, ist ein Zeichen für das Wiedererstarlren des Ansehens Deutsch lands im Auslande. Durch die gleichzeitig« Wahrung der Inter, essen beider Länder wird Deutschlands strikte Neutralität in diesem Konflikt bewährt. London. 19. Juli. „Daily Mail" berichtet aus Peking: Der russische General konsul in Peking wird voraussichtlich heute nach Moskau ab- fahren. Der deutsck-e Gesandte wird dann die russischen Inter- essen wahrnehmen. Die Äallung -er Mächte London. 19. Juli. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" berichtet zum russisch-chinesischen Konflikt: Amtliche Kreise sehen die Lage keines,vegs für wirklich ernst an und sind der Meinung, es würde außerordentlich töricht von Rußland sein. China in dem Augenblick anzugreifen, in dem Moskau be- strebt sei eine Versühnung mit Großbritannien herbeizusüh- ren Die HaltungGroßbritanniensin dem Konflikt sei streng neutral. „Morningpost" meldet aus Washington, daß dort keine Sympathie für China vorhanden sei. Die öfsentlicl>e Meinung scheine eher auf seiten Rußlands zu stehen, und zioar nicht wegen besonderer Vorliebe für die Sowjetregierung, son dern weil sie die Eigentumsrechte ausländischer Nationen ge wahrt sehen wolle. Amerika »nd Japan seien in dieser Frage eins, wenn sie „die Tatze des russischen Bären dazu brauchen könnten, um die Niederlassungskastanien aus dein chinesischen Feuer zu holen". Wenn die Sowjetregierung jedoch zu weit gehen sollte, werde sie sowohl ln Washington als auch in Tokio Mißbilligung Hervorrufen. rschlmgkaischek» Absi-ten London, 18. Juli. Hier wird der amtliche Text von zwei Reden de» Präsi denten Tschiangkaischek bekanntgegeben. Zn der Red« vor der Nankinger Militärakademie erklärt« der Präsident nach der amt- lichen Fassung, daß die chinesische Außenpolitik in zwei Abschnitte eingetetlt werden müsse. Di« Beschlagnahme der Osteisenbahn sei ein Zwischenfall de« ersten Abschnitts. Nach Durchführung des Programms sllr den ersten Abschnitt werde die nationale Regierung auf dem be« schrittenen Weg« weitergehen. Die imperialisti schen Mächte seien zwar sehr aufgebracht über diesen chinesischen Streich und versuchten nun, sich gegen China zusammenzuschlie- ßen. Solange aber die Chinesen selbst einig seien, hätten sie von außen her kein« Unterdrückung zu fürchten. Unglücklicher weise gebe es «ine gewisse reaktionäre Gruppe, die als Rcor« ganisationsclique bekannt sei und die nun versuche, Zwietracht in die eigenen Reihen zu säen. Neben der Frag« der chinesischen Osteisenbahn gebe es noch ander« sehr bedeutsame chinesisch-russische Fragen, die ihrer Regelung harrten. Vor allen Dingen müßten die Fragen der äußeren Mongolei und der Werbung tm chine- stschen Staatsgebiet sofort behandelt werden. Bevor aber an der« Fragen behandelt werden könnten, wünsch« di« Nanking regierung. die chinesisch« Osteisenbahn fest in ihr« Hand zu be komme». Der Brandherd im Oste« In zehn Tagen soll in Washington der Kellogg« Pakt, durch den der Krieg feierlich geächtet wird, der Welt verkündet werden. Just in diesem Augenblick lasse« zwei Mächte, die diesen Pakt unterzeichnet haben, ihr« Truppen gegeneinander marschieren. Beileibe nicht uin Krieg zu führen — so versichern die beiden Negierungen — sondern nur, um die Grenze gegen Uebergriffe des andern zu schützen. Man weiß aber, wie leicht dann an den Grenzen die Gewehre losgehen. Das haben wir in Europa schon einmal erlebt, gerade fünfzehn Jahre sind es her. Die heißen Tage am Ende de sIuli scheinen der Friedensliebe des menschlichen Geschlechts nicht förderlich zu sein. Aber geht denn uns in Europa dieser Konflikt über haupt etwas an. der da zwischen R ntzland und China in der Mandschurei entstanden ist? Die Mehrzahl der Deutschen wird denken wie der biedere Bürger in Goethes Faust: „Nickis Besseres weiß ick mir au Sonn- und Feiertage». als ein Gcspräck von Krieg und Kriegsgeschrei, wenn dinier weil der der Türkei die Bickkcr aufeiiian'dersckkagcgu." Der Reim läßt sich bequem ändern, ohne den Fluh der Verse zu zerstören: ... wenn hinten in der Mandschu rei..." Und schließlich liegt die Mandschurei noch viel weiter als die Türkei, die Herr Kemal Pascha jetzt so er folgreich europäisiert, liegt ganz oben im Novdosten Asiens, „wo sich die Füchse gute Nacht sagen". Wozu alsa die Aufregung? Hier ist eine historische Erinnerung am Platze. Um diese Mandschurei ist schon einmal ein großer und blnti», ger Krieg geführt worden: zwischen Rußland und« Japan, fünfundzwanzig Jahre sind es jetzt her. Das Ergebnis dieses Krieges war, daß Rußlands Vordringen nach dem Süden in Asien aufgehalten wurde. Was ein» Umorientierung der russischen Politik von Ost nach West zur Folge hatte, eine Umocientiernng, deren Frucht dis russisch-französische Entente mar. Ein Bündnis, dem wie den Weltkrieg verdanken, dessen Ende der Zusammen bruch Deutschlands und unsere derzeitige schwierige außenpolitische Lage war. — So führt eine lückenlos« Kette von Ursache und Wirkung von dem Kampf um di« Mandschurei im Jahre 1904 zu den Ereignissen von 1014. Es scheint also doch, daß uns dieses ferne Land und sein« Kriegsgefahren etwas angehen. Der Konflikt aber, dessen Ausbruch mir in den letz ten Tagen verfolgt haben, scheint uns von nicht geringe rer Bedeutung zu sein als jener andere vor fünfundzwan zig Fahren. Denn die M andschurei hat seitdem eins gewaltige wirtschaftliche Entwicklung durclMwacht. Dieses Gebiet, das dreimal so groß ist wi« Deutschland, zählte 1904 drei Millionen Einwohner, heut« dreißig Millionen. Grund der Zunahme ist die stark« chinesische Einwanderung, die in diesen Jahren stattge funden hat. Die frül-ere Bevölkerung, die Mandschus, sind in dem Strom der Einwanderer fast völlig aufgegan gen. Und auch die japanische Kolonisation im Süden der Mandschurei, etwa 150 000 Menschen, bedeutet wenig gegenüber der Masse der chinesischen Bevölkerung. So ist es verständlich, daß das gereinigte, wiedererstarkte China diese Provinzen als national-chinesisches Gebiet in An spruch nimmt und sich daranmacht, jeden fremden Ein fluß aus diesem Gebiet auszuschalten. Freilich scheint die chinesische Regierung bei diesem an sich durchaus berechtigten Bestreben nicht durchweg einwandfreie Mittel angewandt zu haben. Haus suchungen in Konsulaten, Verhaftung russischer Konsuln, Bruch des hinsichtlich der mandschurischen Nordbahn ge schlossenen Vertrages — das sind alles Maßnahmen, die sich völkerrechtlich in keiner Weise rechtfertigen lassen. Formal also ist China im Unrecht. Der Sach« nach aber kämpft es nur um das natürliche Recht! seiner Bevölkerung auf Freiheit und Selbstverwaltung. Wie haben die kommunistischen Blätter in aller Welt der Kuomintang-Regierung Beifall gezollt, als diese sich über die Vorrechte der anderen fremden Mächte in Süd china hinwegsetzte! Und heute riskiert die Sowjetregie rung einen Krieg um eines Vorrechtes gleicher Art wil len. das auf einen Bertragg der zaristischen Negierung mit dem ehemals schwachen China zurückgeht. Die Sowjetregierung fühlt selbst die innere Unaufrichtigkeit ihres Vorgehens und entfaltet deshalb Der heutigen Nummer liegt das „St. Bcn » oblat t", das Sonntagsblatt für die Diözese Meißelt, und die ttindrkbcilage „Frohmut" bei.