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Nummer 19S — 28. Jahrgang Irtchetin Nma> wö»«ntl. mit den Illustr. GcaltSdetlagen .Die Hell" „nt der Nmderbeilagc „Frohmut", wwte de» rezlbcUanen ,Ot. Benno.BIatI". .ltnlerhaltung und Wissen". .Die Mell der Frau", SlerztltLer Ratgeber". DaS gute DuL". »Fllmrund« Wau". Monatlicher Bezugspreis 3 Mt. elnlchl. Bestellgeld. Nnzeluummcr Ist Sonnabend- ». Sonntagnnmmer !SU Hanvtschrlftlelter: D». w. DeSczvk. Dresden. Donnerslag» den 22. August 192§ V er I a g » o r» » D r » S d rn - Anzeigenpreise, Die igespaltene Petitzelle »N ^.FaniMs» anzetgen „.Stellengesuche Die Petitrellamezetl». 8Saug breit. I ,ke. Für Anzeigen außerhalb des Verbreitungsgebietes 4t» s die PetilreNamezeile l.ttO-tr. Brietgeb.tS»«^. Im Fall« höherer Gewalt erlischt ,ede Vervflichtung ans Liesernng sowie Srsüllung v. An,eigen-»luftrSgen u. Leistung b. Schadenersatz, Gelchhstttcher Deist Artur Le»^ Dresden. iSeschästSftell«, Druckn.Berlag, «ermanta, ?l^S, tür Berlag,md Druckerei, Ftltale Dresden, Dresden-?!. >. Polierstraßel?. gernrnsSlMS. Postscheckkonto Dresden «703. Bankkonto, Etadtbank Dresden Nr. Nl7lv Für christliche Politik und Kuliur Redaktion der Sächsischen BolkSzettiing Dresden-Altsladt st Polterstratze >7. Fenirul Mit und rioiL Wendung im Kaag Kooperative Wirtschaft i. Deutschland sordert Klarheit — Eine Sitzung der sechs Kauplmiichl« Der nahende 1. September Haag. 21. August. Für heute nachmittag ist eine Besprechung der an der Besahuiigssrage beteiligten vier Mächte Deutschland, England, Franbreich und Belgien einberufen worden. Anschließend daran findet sodann uni 5.30 Uhr eine Besprechung der sechs einladen den Mächte statt. Die Einberufung der Sechs-Müchte- Besprechung ist aus den Schritt der deutschen Abord nung zuriickzuführcn, dem allgemein für den weiteren Verlaus der Konserenzvcrhandlungen entscheidende Bedeutung bei- gemessen wird, läeniäß dem deutschen Antrag wird die Sechs- Mächte-Besprechung grundsätzlich Entscheidungen Uber den weiteren K o n s e r e » z v e r l a u s und über die Behand lung der grossen politische» Fragen zu treffen haben. Die Mitteilung der deutsche» Delegation, die schriftlich erfolgt ist, ist gestern nachmittag dem belchschcn Ministerpräsi dent Iaspar als dem Präsidenten der Konferenz überreicht worden. In der Mitteilung wird betont, das; die Rücksicht ans den bisherigen Verlauf und auf das Herannahcn des 1. Sep tembers, au dem der Aaungplan in Kraft treten soll, eine Be sprechung der beteiligten Mächte über das eigentlickze Programm der Konferenz herbeigeführt werden müsse. Der amtliche Schritt, den die deutsche Mordnung am Dienstag bei dem amtierenden Präsidenten der Konferenz Iaspar unternommen hat, bezweckt, endlich kurz vor dem ,1. September, an dem der Joung-Plan in Kraft treten soll, eine Keine Einigung Snowdeus Kallung unveränderl London, 21. August. Der Haager Korrespondent von Rcuierz Büro Hai von einem der britischen Tckiatzaniissachverstündigen erfahren, daß die Sach verständigen der Gläubigeniiäckste es als nicht möglich bezeichnet habe», die ihnen vorgclegtcn Frage» zu beantworten. Infolgedessen wird ihr Bericht lediglich besagen, sie hätten sich außerstande ge sehen, sich über sie Großbritannien von den vier anderen Mächten ongebvtenen Zugeständnisse und über die sonstigen verwandten Fra gen zu einigen. Ne Haager Korrespondenten der Londoner Blätter melden Ij''(-^dasselbe. Ter diplomatisch»« Korrcsponoent des ..Daily Tele- »s Sl^graph" berichtet, ein sondererbarcr und gleichzeitig sehr großer Irrtum im Nonngplan sei ans Lickt gekommen. Es habe sich her- aiisgeslellt, daß bei der Berechnung der durchschnittlichen Werte der französischen Annuitäten für die ersten 37 Jahre irrtümlich die Summe von 1016.5 Millionen EM. angegeben worden sei, >vas den wirklichen Wert der Annuitäten uni beinal»« 100 Millionen Galdniark unterschätze. Nach dieser Berechnung würde Frankreich gemäß dem Nonngplan tatsächlich ungefähr 57 Prozent anstatt der in Spa festgesetzten 52 Prozent oder der 1925 in Paris vorgesehenen 54 Prozent erhalte». Diese Feststellung sei von großer Wichtigkeit, da Frankreich also 5 Prozent mehr zngetcilt würden, als der Nonngplan eigentlich wollte, so daß Frankreich jetzt in die Lage komme, Großbritannien und einigen der kleineren Mächte die ihnen zuslehcnde» Quoten zuzuweiscn. Paris. 21. August. Der im Haag weilende Außenpolitiker des „Echo de Paris" berichtet über die gestrige Unterredung zwischen Snowoen und B ri« nd. die l.'lslündige Aussprache dürste sachlich nicht viel geändert haben. Talsacip: sei. daß Snowden vor allem auf der Erhöhung des englischen Anteils bestehe. Frankreich sei durch den Aoungplan hinsichtlich der Qualität der Zahlungen begünstigt, Italien und Belgien hinsichtlich der Quantität. In dem Augenblick, in dem Snoivdcn vor allem ans Quantität sehe, würden die Staaten, die Opfer bringen niüsscn, IlaüeZ und Belgien sein, l-anptjächlich Italien. Hofsent- Klärung der gesamte» Lage herckeizuführen. Die .Haager Kon ferenz tagt jetzt bald zweieinhalb Wochen. In keiner der großen Fragen, zu deren Lösung die Konferenz zusammen berufen worden ist, ist irgendein Fortgang, geschweige denn eine Entscheidung erreicht. Die Konferenz hat sich in zahllose Unterausschüsse und fortgesetzte Privaterörterungcn zwischen den früheren Alliierten über die Nebcnfragen ansgelöst, ohne daß die Hauptfragen überhaupt behandelt werden. Die ge samte Lage ist aufs äußerste verworren, unklar und unentschieden. Deutschland muß vor allen Dingen jetzt darüber Klarheit haben: Wird der Nonngplan angenommen oder nicht? Was tritt «in, wenn er nicht angenommen wird? Wirdein Uebergangsstadium gesäwffen? Was geschieht während des Zwischenstadiums? Was geschieht mit den Bcsatzungskosten und -schaden? Wird die Konferenz iveiler fortgesetzt? Zu welchem Zeitpunkt? Vor allein muß Deutschland wissen, ob die übrigen ein ladenden Mächte überhaupt geivillt sind, eine Entschei dung in der Nhe i n l a n d r ä u m un g s f rage aus der Konferenz herbeizuführen. Deutschland ist nicht ans die Kon ferenz gekommen, um zuzusehcn, wie die übrigen Mächte sich um die Verteilung der deutschen Tributleistungen streiten. Die Zusammenberusung der Konferenz ist ausdrücklich ersolgt, um in der Reparation--- und Rüumun,,.frage eine endgültige Liqui dierung des bisherigen Zustandes zu schaffen. Es erscheint undenkbar, daß die deutsche Abordnung nach Berlin zurück kehrt, ohne daß in diesen Fragen irgendivelche Entschlüsse gefaßt sind. im Quvlenskreik sich habe Briand bei diesen, Unternehmen dem Schatz Kan zier nicht seinen Beistand versprochen. Der Sonderberichterstatter des „Mat in" erklärt: Snow den habe Briand nicht verschwiegen, daß sein Standpunkt auch nach der gestrigen Unterredung der gleicl>e bleibe, den er bis jetzt im Haag eingenommen habe. Französische Befürchtungen Paris, 21. August. Ueber die Vollversammlung, di« heute nachmittag aus Ver anlassung veS Reichsministers De Stresemann im Haag stattfiudet, äußern sich die Sonderberichterstatter der Pariser Morgenbläiter. Im „M a t i n"'heißt eS, Stresemann sei vollkommen berech tigt, Aufklärung zu verlangen und nötigenfalls Beschwerde zu füh ren, er dürfe sich aber nicht in der Adresse täuschen. Wenn Snow den sich von jeder Verantwortung sreimachen und Frankreich allein das Odium einer verzögerten Nbeiniandrüumunz überlassen wolle, dann begehe er einen Irrtum. Denn >r»en» die Absickien Eng lands so entgegenkommend seien, dann müsse es das in ersier Linie dadurch beweisen, daß es das Inkrafttreten eines ZablungSplanes möglich mache, de» es im Augenblick um einer untergeordneten Frage persönlichen Prestiges willen sabotieren wolle. Der Außenpolitiker des „Echo de Paris" schreibt vom Haag, die französisch« Delegation wünsche eine Formel zu finden, die geeignet sei, Stresemann zusriedenzustcllicii, denn sie befürcht«, daß die Berliner Regierung gemäß dem Datvesplan sofort das Tranöfcrkomitce mit einem Moratoriumsaittrag befasse,, werde. Stresemann lxrbe im Unterbewußtscin auch eine andere Absicht: er wolle, bevor er am Sonnabend oder Sonniag de» Haag verlasse, daß in einem Dokument die eventuellen R ä u m u n g s f r i st e n bestimmt würden. Ter Korrespondent des „Petit Journal" schreibt, die heutige Pvllsitzung werde zweisellos einer der interessanteste» Augenblicke der Konferenz sein, sie werde vielleicht sogar einen stür mischen Verlauf nehmen. Der Korrespondent des „Oeuvre" schreibt, wen» Stresemann in der Vollsitzung den Standpunkt ver trete, daß di« monatlichen Zahlungen des Tawcsplans sür Deutsch land z» hoch seien und es infolgedessen angebracht sei, eine Ueber- gangsregelung zu treffen, dann werde man ibm sicher antworten, daß, solange der Dawcsplan nicht abgcsckmsft sei, 'Parker Gilbert allein die Reparationszahlungen z„ regeln tjabe. Tief hat sich im letzten Jahrhundert die rationalt« stische Geisteshaltung in den eurapäischen Menschen ein« gefressen. Immer mehr ist die Tatsache aus seinem Be wußtsein entschwunden, daß der ganze Mensch denkl, erkennt, will und handelt, nicht der Verstand bzw. seine sonstigen Fähigkeiten losgeiost von ihrem Träger. Diese unwirkliche Aufspaltung seiner Persönlichkeit hat der Mensch dann hineingetragen in die Welt um sich. In hochmütiger Ueberschätznng menschlicher Erkenntnissähig- keit hat er die seinem Verstände zugängliche Weit für die volle Wirklichkeit gehalten und die aus methodologi schen Gründen gerechtfertigte Isolierung des Erkenntn'S« gegenständes in diesen selbst und seine Seinsbezogenhei- ten hineinverlegt. Er sah nickt, daß er so sich selbst und seine Umgebung verkannte und fälschte, weil er Menscizen und Dinge nicht mebr in ihrer leibhaftigen Ganzheit, ihrer gegenseitigen Vezogenheit und im Sinnzusammen hang des Ganzeii erfaßte. So trug er die zwecks klarer Erkenntnis der Gren zen und Zusammenhänge vargenommene Scheidung von Politik und Moral hinein in die Welt der politi schen Zielsetzung und Methode, die abstrakte Scheidung von Religion und Leben hinein in den Alltag. Dasselbe tat die Wirtschafts- und Gesellschaftslehre. Es war ge rechtfertigt, zur Erkenntnis wirtschaftlicher Entwick lungsbedingungen und -tendenzen zu unterscheiden zwi schen dem Menschen auf der einen Seite und Arbeit, Ka pital und Bedarf auf der anderen: berechtigt auch, diese letzten Faktoren noch einmal zu isolieren und gesondert zu betrachten. Falsch aber war es, diese Abstraktion und Isolierung dann in den wirtschaftlichen Lebensstrom hin» einzutragen. Dadurch wurde der Mensch als Träger und als Ziel aller Wirtschaft aus dein wirtschaftlichen Ge schehen herausgelöst, die „Wirtschaft" verselbständigt und auf sich selbst gestellt. Man sprach nur noch von Unter« nehmung, Arbeit, Kapital. Bedarf und konnte bald gar. allem vernünftigen Sinn zuwider, den Satz aufstellen, der Mensch müsse der Wirtschaft dienen und habe darin die Entfaltung seines inneren Menschen zu vollziehen. Mit dieser Isolierung vom Menschen ging jene andere Trennung Hand in Hand: die „versachlichten" Wirtschaft-;, faktoren wurden ans ihrer sinngemäßen Zusammenord nung herausgerissen und stehen seitdem nicht nur neben einander, sondern gegeneinander. Solche Einstellung kennzeichnet die liberale Wirtschaftstheorie und -praris bis hinein in die „nenklas- sische" Nationalökonomie. Ihr gegenüber rückt zwar die sozialistische Wirtschaftslehre den arbeitenden Menschen in den Vordergrund. Aber auch sie betont das eherne (be setz des wirtschaftlichen Geschehens in einem solchen Aus maße. zugleich die wichtigsten Grundlagen van Wirtschaft und Gesellschaft, nämlich Familie, Privateigentum und Staat verkennend, daß sie weder befriedigen nach di» Wirklichkeit meistern kann. Diesen beiden Richtungen gegenüber hat die katho lische Wirtschafts- und Gesellschastslehre unentwegt den Menschen in den Mittelpunkt ihres Denkens und For« schens gestellt, seine Rolle als Träger und zugleich als eigentliches und letztes Ziel bei allem wirtschaftlichen Planen, Wollen und Handeln eindeutig herausgearbeilet. Die Zweckbezogenheit aller wirtschaftlichen Betätigung auf die Bedarfsbesriedigung des Mensclzen aufzeigend. l>at sie zugleich das Gcgenseitigkeitsverhältnis der einzel nen Wirtschaftsfaktoren und ihre Wechselwirkung im wirtschaftlichen Lebensprozcß dargetan. Die umfassenden Arbeiten von Heinrich Pesch, S. I.. der dabei ans znm Teil altes Gedankengut zurückgreifen kannte, insbeson dere seine klassische Nationalökonomie, deren grund legende Gedanken leider auch in unseren eigenen Reihen nach viel zu wenig bekannt sind, legen davon beredtes Zeugnis ab. das hervorragende Arbeiten jüngerer katho lischer Nationalökonomen verstärken. Nun ist in den letzten Wochen das Buch eines Wirt schaftspraktikers und Wirtschaftspolitikers erschienen, das auf diesen Gednnkengängen anfbaut und weiterbant: „Die kooperative Wirtschaft" van Pros. Dr. Tessauer*), dein bekannten Wirtschaftspolitiker der Reichstagsfraktion des Zentrums. Schon mehrfach, so auf *> Destauer. Pro». Dr. Friedrich. Ksopcrattve Wir:sckast, Ver lag Friede. Cohen, Bonn, 1929, 160 S. Die heutige Nummer enthält die Beilage „Unter« halt» ngund Wisse n".