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SlL Kummer 289 — 28. Jahrgang Glichet»! 6ma> wSchentl. mit d«» illustr. Bratt»be»agen .DI« Ke!,'und derkinderdeilage «Frohmut', lowt« den rerlbeilagen tzl. Beimo-Biatt'. .Ninerdaltung und Millen'. .Die Me« der pro»'. .Aerzlltcher Ratgeber' .Da» gute Buch', .«timrund, ichm,'. Monatlicher BezogSpret« S Mt. einlchl. Bestellgeld. Gjnji-Ii,ummer I« ^ Sonnabend, u. Eonntagnummer «O G. Haupllchrtitleiter, De. G. Te«c,t>k. Dresden. Sächsische Sonnlag» den 15. Dezember 1929 VeelaG-or«, Dresden Slnzeigenveetl«! Die tgeivaltene Petttzeile »« G. Familien, an,eigen u.Stellengeluche «04- Die Petttretlamezeil«. SSnini breit I X Für An,eigen auherbalb de« BerbreitungSgebietei 4V4 dte Petitretlamezetle l.!«»/«. Vrietgeb.li«»^. Im Fall« HSHerer Bemal, erltlcht ,ede BerdiltchUing aus Ltelerung iotvl« Erfüllung v. Rn,eigen.Aultrtigen n. Leistung v. Schadenersatz« BelchSitlicher Leli: Slrtar Lenk Dresden. Geschäftsstelle. Drnek «.Verlag: Berwanta. A^B. sltr Berl agund Dnukeret, Filiale Dresden, DreS den-A. I. Polierstras,e l7. FernrulSwlS. Poltlcheiklonto Dresden 270Z. Banssonto Ctadtbank Dresden Rr «Nlll Für chrisNiche Politik und Kultur lstedakttoa der Eiichftschrn Volks,ettung DreSdcn.Altltad, I Polierstratze N. Fernn>> 2MN »nd?l0I2. »44 Die neue Formel für die Billigung der Finanzreformplüne des Kabinetts Ein Notbehelf Berlin, 14. Dezember Reichsregieruna u»t> Frccktlonssührer haben In der Nacht zum Sonnabend eine gemeinsam« Sitzung abgehalten. In der eine Formel gefunden worden Ist, mit der man über die Schwie rigkeit des parlamentarische» Vertrauensvotums für die Regie rung HInmegzuliommen hofft. Die Beratungen, die wegen des gestern abend vom Reichspräsidenten abgehaltenen Empfanges erst um 11 Uhr begannen, daucrlen bis 1.1k, Uhr. Die Frali- i-ansstihrer haben sich verpflichtet, sich in den heute vormittag stattfindcnden FraiiNonssitzungen für die Einigungsformel ein- zusetzcn. Diese Formel lautet nach einer Information des Rachrichlcnbiiros des VDZ.: Der Reichstag billigt die vorgestrige Erklärung der Rcichsregierung und vertraut darauf, datz das Finanz- resormprogramm der Regierung vorbehaltfich der endgültigen Gestaltung der Gesetze Im einzelne» in Wahrung der von der Negierung bekanntgegebcncn Grundzüge durchgesührt wird. Der Neich-lag spricht der Regierung für ihre Gesamtpolitik das Vertraue» aus. Diese Formel ist heute vormittag von den Fraktions- fiihrern den Fraktionen vorgelegt worden. Die Entscheidung der Deutschen Volksparici und der Sozialdemokraten steht noch aus Die Z e n t r u m s f ra k t i o n. der der Ab geordnete Briinning Bericht erstattete. Hot heute früh der Ver trauensformel ihre Zustimmung gegeben. In den Fraktionssitzungen der Sozialdemokraten und derDeutschcn Volksparici fanden lebhafte Aus einandersetzungen über die Annehmbarkeit der von de'n Partei führern ausgearbciteten Vertrauensformel statt. Man erwar tet jedoch, datz beide Fraktionen, wenn auch vielleicht mit knapper Mehrheit, dem motivierten Vertrauensvotum Anstim men iverden, da dos Vertrauensvotum keine Zustimmung zu den Einzelheiten des Finanzprogramms enthält. Mit der Zustimmung der Fraktionen ist das Vertrauens votum für das Kabinett Müller im Reichstag gesichert. Die Regierungskrise dieser Woche hat damit eine mühsame und vorläufige, der für die Nächstliegende Ausgabe — die Erledi gung des Sosort-Programms — ausreichende Lösung gesunden. Krise auch in Frankreich Empörung -er Radikalen über Tarbieus Kritik an -er Kammer »Die Mehrheit als Selbstzweck* Paris, 14. Dezember. Die Erregung in sozialistischen und radikalen Kreisen gegen Ministerpräsident Dar dien wegen seiner im Senat gehaltenen Rede, die als «in Angriff gegen die Kam mer gedeutet wird, hat bereils zur Einbringung verschiedener Interpellationen geführt, für die der Zeitpunkt der Beraiung am kommende» Montag festgesetzt werden soll. Die Stelle» der Rede TaiBieus, die die Mißbilligung der linksstehenden Milamentarischen Kreise gesunden Hallen, lau te», nach dem Blatt Daladicrs. „La Republigne" — im Jour nal Ossiciel sollen sie nachträglich korrigiert worden sein — folgendermaßen: Die andere gesetzgebende Mrsainmiung (die Kammer) Halit wider von widersprechenden Gerüchten. Man hat von einem Volk gesprochen, das sich in einer ewigen Wahl periode befindet und seinen parlamentarischen Vertretern den blinden Auftrag erteilt hat, sämtlichen Regierungen tagtäglich ^ »inen Hinterhalt zu lege». Es gibt Stunden, in denen man sich fragen kann, ob nicht »nbcwutzt das Ziel verfolgt wird, durch einen fortgesetz ten Pa r t e i w e ch se l. dem sämtliche Regierungen reihum zum Opfer fallen können. Zwecke zu erreichen, die allerdings »»klar sind. Daraus ergibt sich zu oft die unbestrittene Tät lich«. datz die M c h rhe i t e n. di« doch ein Mittel im Dienste der Politik sein sollen. Selbstzweck werden, und zwar zum Schaden eben dieser Politik. Daraus ergibt sich ferner, datz oft die einfachsten Dinge ewig in die Länge gezogen werden, und datz wir die ganze Welt, die doch weiß, was wir leisten können, dadurch In Erstaunen setzen können, daß wir gewisse Iragen nur langsam lösen. Und in England? Die umstrittene Kohlenvorlage. London, 14. Dezember. Der parlamentarisch« Berichterstatter der „Times*' hält auch inmie eine politische Krisis wegen der Kohlcnvorlage für unwahrscheinlich. Er bemerkt, di« normale Mehrheit der Negierung iverde vielleicht beträchtlich vermindert werden, ober n>c- vmnd in Westminster erwarte ernstlich ein« Regierungsniederlag«. Andererseits würde sich Maodonald nicht bereit finden, nach einem demütigenden Mißerfolg in der Innenpolitik an der Fünfmächte- lmiscrenz im Januar leilzunehiiien. Die Regierung erwartet aber leine Niederlage, weil sie der Ansicht sei. daß keine der Oppositions parteien einen Regierungswechsel zur gegenwärtigen Zeit wünsche. Es verlaute, datz Graham bet der zweiten Lesung d«r Kohlenvor- lagc am Dienstag andeuten werde, datz di« Negierung bereit sei, im Laufe der Ausschutzbcratuing wichtige Zugeständnisse zu machen, «un einigen der von den liberalen Wh^rn aufgeworfenen Ein- Wänden zu begegnen. Udrzals Regierungserklärung » Unter Kommunisten-Krawall verlesen. Prag, 14. Dezember. Die vom Ministerpräsidenten ttdrzol in der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses abgegebene Regie rungserklärung führt u. a. aus: Mit Genugiuung weise ich darauf hin, das; sich auch die neue Regierung aus eine Mehr heit stützt, in der die deulsche Bevölkerung venrclen ist Was das R e g i e r u ng s p r o g ra in m betrifft, so wird die Regie rung die unvollendeten Aufgaben der früheren Regierungen zu Ende führen. In der Außenpolitik wird die Regie rung unverrückbar die bisherige Linie einhalten. die immer auf die Unterstützung der allgemeinen Politik der europäischen Konsolidierung und Befriedung, auf die Festigung der freund schaftlichen Bande, die unseren Staat mit de» uns befreundeten Mächten verbinden, und auf die Festigung der Beziehungen zu unseren Nachbarn und den Siaaten gerichtet war. zu denen wir besonders bedeutsam« Beziehungen haben. In der inneren Verwaltung wird die Regierung dafür sorgen, daß die für jeden Bürger so notwendige Ruhe und Ordnung unter allen Umständen gewahrt bleibt. Wenn die Staatswirtschast im Gleicligeivicht bleiben soll, mutz für di« neuen Ausgaben eine Deckung vor allem durch Ein sparungen gesucht werden, damit der natürliche Zuwachs an Einkünften für eine Erleichterung der sozial und wirtschaftlich drückendsten Lasten verelendet werden kann. In den Fragen, welche mit den Zahlungen Zusammenhängen, die auf der Haager Konferenz im Jahre 1VM definitiv geregelt werden sollen, will die Regierung betonen, daß sie auf das entschiedenste einen Standpunkt vertreten wird, der mit unseren finanziellen Verhältnissen und unseren politischen Rechten und Ansprürk>en vereinbar ist. In der Schulfrags steht die Regierung auf dem selbstverständlichen Standpunkte, datz jedem Bürger ohne Unterschied die Möglichkeit gegeben sein soll, an inländischen Schulen die zu seinem Fortkommen notwendige Bildung zu erhalten. In dieser Richtung werden wir auch künftig an der Entfaltung und Vertiefung aller Schul- kategorien ohne Unterschied der Unterrichts- 'prache arbeiten. Der drohenden oilgemcinen Wirt- chaftsde prcssion wird die Negierung durch Borbcrei- ung und Durchführung eines zweckmäßige» langfristigen In- vestitionsvrogramins entgegentreten, das sich auf alle Teile der Republik erstreckt und auch Investitionen für die Stratze»-. wirlscl)aft, die Eisenbahnen und die Wasscrwirlscl)aft enthalten wird. Bei Verlesung der Regierungserklärung wurde der Mi nisterpräsidenten ständig von den Kommunisten unter brochen. Am Schluß der Rede stimmten die Kommunisten das Lied von der Roten Fahne an. 22 koininiinistische Abgeord nete wurden auf die Dauer von zehn Togen von den Sitzungen des Parlamentes ausgeschlossen, zwei davon mutzten gewalt sam aus dem Saale entfernt werden. Aehnliche Szenen spielten sich bei Verlesung der Regie rungserklärung im Senat ab. Dort mutzten vier kommu nistische Senatoren ausgeschlossen werden. Vertrauensvotum am Wochenende Jeder Deulsche. der einem Verein angehört sund welcher Deutsche gehört keinem Verein an?) kennt diese Taktik: Wenn in Mitgliederversammlungen oder Vor» standssitzungen keine Einigkeit zustande kommen will, dann redet und berät man stundenlang, redet und be rät... Solange, bis die fortgeschrittene Zeit oder der Drang nach der Suppenschüssel die Widerstandsfähigkeit der Teilnehmer erschlaffen läßt. Dann kommen in letzter Minute in rascher Folge die Beschlüsse zustande, für die vorher keine Mehrheit zu finden war. — Diese bewährte Taktik ist in dieser Woche im Reichstage angewandt wor den. Mit gewaltigem Theaterdonner begann es. nach der (sachlich nur allzu berechtigten) Denkschrift Schachts sprach alles von Regierungssturz. Presse und Parteien waren ringsumher mit dem Reichskabinett unzufrieden. Es schien zunächst so. als werde die Regierung das ener gisch verlangte Vertrauensvotum nicht erhalten. Und nun wird es doch anders kommen. Das Wochenende ist da. die Vertreter des deutschen Volkes fühlen den Drang, ihre heimatlichen Fluren aufzusuchen. In solcher Stimmung stürzt man keine Regierung. Wenn nicht alles täuscht, wird Herr Müller am Ende dieser schweren Wache sein Vertrauensvotum in der Tasche haben. Aber dieses Vertrauensvotum ist nur ein Not. behelf. Wenn die Parteien eine Möglichkeit gesehen hätten, einen anderen Weg zu wählen, dann wäre die Ne gierung Müller schon am Freitag den Weg aller parla mentarischen Minister gegangen. Aber der B I i ck i n d i e leere Reichs Kasse hat nicht mindere Zauberkraft als weiland der Blick der Medusa, vor deren Schlangen» Haupt der Beschauer zu Stein erstarrte. „Leere" Reichs kasse ist übrigens eine Uebertreibung. sie ist mit Schuld scheinen gefüllt. Und am Monatsende wird dein Deut schen Reich die Kleinigkeit von 830 Millionen °Mark feh len. Stürzte die Regierung jetzt und gelänge es nicht, sofort eine neue verantwortliche Reichsleitung zu schaf» fen, dann stände zu Neujahr die Zahlungsunfähigkeit des Reiches bevor, dann wäre das Reich unfähig, verantwort liche Vertreter zu der Haager Konferenz zu enftsenden. Diese erfreulichen Aussichten für das neue Jahr habe» tzen besten Willen zum Ministersturz in den Herzen der Volks vertreter erstarren lassen. Lieber den Versuch einer Reform machen, als eine sichere Ka. tastrophe Hervorrufen... Aus dieser wenig er hebenden Erwägung heraus dürfte die Negierung Müller am Wochenende ihr Vertrauensvotum erhalten. Nach dem ihr die ganze Woä>e hindurch alles andere ausge sprochen worden ist als Vertrauen. Die deutschen Finanzen werden also refor miert werden. Und zwar nach dem Wahlspruch: „Per aspera ad astra — durch Nacht zum Licht", durch die Er höhung der Verbrauchssteuern zur Steuerreform Die Steuererhöhung bekommen wir sicher, von Steuersen kung wird gesprochen, hoffentlich erleben wir sie noch. Bei der Art von Finanzwirtschaft, wie sie Herr Hilferding bisher beliebt hak. werden wir sie jedenfalls nicht erleben. Gewiß wird inan dem Zentrumsabgeord- »eten Brüning recht geben müssen, daß die Lage der letz ten zehn Monate in erster Linie eine Folge der zu hohen Reparationslasten ist. Gerade der Druck der Rcpara- tionslasten aber hätte gebieterisch eine ganz andere Tat kraft und ein ganz anderes Verantwortungsbewußtsein an der für die Leitung der deutschen Finanzwirtschaft ver, antwortlichen Stelle erfordert, als Herr Hilferding sie an den Tag gelegt hat. Wenn die Sozialdemokratie regierungsfähig sein will, dann müssen ihre Minister Rückgrat auch gegenüber der eigenen Fraktion haben können. Und sie müssen den Mut zu unpopulären Maß nahmen Halali. Diesen Mut ober hat Herr Dr. Schacht erst dem Finauzminister Hilferding bcibriiigen müssen. Biogen die D e u t s ch u a t i o n a l e n über die Not lage, in die das Reich geraten ist, als Parteipolitiker Freude empfinde». Diese Freude, über deren sittlichen „Wert" wohl kein Streit sein kann, wollen mir ihnen Keule: Die Welt (Illustrierte Wachenb-ftlagel Der katholische Iungmonn Unterhaltung und Wissen. Turnen. Spor» und Spiel FUmrundschau