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Sächsische Volkszeitung : 11.10.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193010111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19301011
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19301011
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-10
- Tag 1930-10-11
-
Monat
1930-10
-
Jahr
1930
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 11.10.1930
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Kirchensteuern für 19Z« Der 8. Termin der röm.-kath. Kirchensteuer wird am 15. Oktober 1930 fällig. Zahlung hat innerhalb einer Woche zu erfolgen. Soweit die bisher fällig gewesenen Vorauszahlungen noch nicht geleistet sind, ist dies nachzuholen. — Die nach An rechnung der geleisteten Abschlagszahlungen verbleibenden bzw. bei Zustellung des Steuerbescheides bereits fällig gewesenen Terminsbeträge sind innerhalb zwei Wochen nach Zustellung des Steuerbescheides an die zuständige Steuerstelle abzuführen. meinde-Bier-, Bürger- und Getränkesteuer. Er führte u. a aus: Die Bedenken gegen die Gemeindesteuernotverordnung, die sich auf die Zweifel an der Rechtsgültigkeit der Reichster ordnung begründen, würden sich beheben lassen. Die Zahl der Arbeitslosen, besonders aber die der Krisenunterstützungs- empfängcr und Wohljahriserwerbslosen ist in Sachsen im Som mer ständig und in einem ganz erheblichen Matz gestiegen. Da durch ist die den Bezirksfürsorgevevbänden aufgeibürtete Last so grotz geivorden. daß sie kaum mehr länger getragen werden kann. Da die Reichsregierung auf die wiederholten dringenden Vorstellungen der sächsischen Regierung und der kommunalen Epitzenverbände erklärt hat, daß das Reich den Gemeinden mit der Biersteuer, der Getränkesteuer und der Bürgersteuer bereits Mittel in die Hand gegeben habe, um über die finanziellen Schwierigkeiten himvegzukommen, mehr aber nicht tun könne, hält sich die Regierung für verpflichtet, die Gemeinden wenigstens zum Teil in den Genutz der vom Reiche eröffneten Steuerquellen gu setzen. Bei der bedrängten Finanzlage der Gemeinden und des Staates bedeute ein Betrag von einer halben bis dreiviertel Million immerhin eine Summe, auf die nicht gut verzichtet werden könne. Beide Minister baten zum Schluß um Annahme der Vorlagen. Bbg. Renner (Komm.) plädierte dann in einer langen Rede für seinen Antrag, die Regierung zu ersuchen, bei der Reichs, regierung schärfsten Protest gegen die geplanten Steuergesetze, insbesondere gegen die Kopfsteuer, die Ledigensteuer, die Er höhung der Tabaksteuer und der Schankstättenverzehrssteuer zu erheben. In 'der fortgesetzten Beratung über die Notopfervorlagen führt Abg. Kießling <Wp.) zur Mer- und Getränkesteuer aus, daß eine solche neue Belastung nicht nur ein Schaden für das Taststättengewerbe sei. sondern für di« gesamte Wirtschaft. Höchstwahrscheinlich würden di« erwarteten Einnahmen nicht hereinkommen. Außerdem führe diese Verordnung zu einer weiteren Komplizierung des Verwaltungsapparates. Deshalb werde die Vier- und Getränkesteuer von seiner Partei abge lehnt. während sie der Vürgersteuer zustimme, obivohl dies« nicht das Ideal darstelle. Abg. Dr. Büng«r (D. Dp.) geht auf den Sinn der Kopf, fieuer ein. Es komme darauf an, jedem die Losten, wenn auch nur zu einem kleinen Teile, mittragen zu lassen. Für die Ge meinden tue schnelle Hilfe not. Man habe sich daran gewöhnen müssen, auf verschiedenen Gebieten Opfer zu bringen. Der Zu kunft müsse es Vorbehalten bleiben, daß sie auch die Heran ziehung der bisher noch (geschonten bringe. Das Vorgehen des Reiches in dieser Frage sei eine mutige Tot. Die Volkspartei nehme die Vorlage an. Abg. Tögel sDn.) führt aus, daß seine Partei schon im Zwischenausschuß ihre Ablehnung der Vorlage zum Ausdruck gebracht habe. Die Regierung habe vorzugsweise den Stand punkt berücksichtigt, die finanzielle Not durch Besteuerung zu beseitigen. Durch die Biersteuer wolle man 9 Millionen NM. hereinbekommen. Man werde aber doch mit einem starken Rückgang des Konsums rechnen müssen, und die Rechnung werde fehlschlagen. Dle praktische Durchführung der Erhebung der Geträukesteuer ergebe einen ziemlichen Wirrwarr. Die Gc- tränkestcuer sei eine besonders starke Umsatzsteuer auf einem besonderen Erwerbsstond. Die schwierigste Frage sei dabei die Kontrollfrage. Es sei unmöglich einen Teil der Verordnungen «chzulehnen. wie es die Wirtschaftspartei tue, denn das Ganze häng« zwingend zusammen. Nach Ausführungen des nationalsozialistischen Abg. Meyer wurden die Notverordnungen, da die Mehrzahl der Redner auf das Wort verzichtet, an den Rechts« usschuß verwiesen. — Schluß der Sitzung 19.25 Uhr. — Nächste Sitzung, Dienstag, den 14 Oktober, nachmittags 1 Uhr. Der Landtag gehl ln Ferien Wie wir erfahren, wird der Landtag am Dienstag die von uns schon gestern ongekllndigte mehrwöchige Pause «inlegen, die den ersten Abschnitt seiner Arbeiten beendet. Der Landtag kann gegenwärtig kaum weiter arbeiten, weil ihm der Haus haltplan für 1930 noch nicht unterbreitet worden ist. Die Negie rung wollte ihn früher nicht vorlegen, weil sie nur eine ge schäftsmäßige Regierung darstelle. Angesichts der Umnöglich- aber nun - . . l) vor- gelegt werden muß Wenn auch das Finanzministerium in wenigen Tagen die Schlußberatung vornehmen kann, wird doch die Drucklegung einige Zeit erfordern und man rechnet daher damit, daß der 1930er Houshaltplan erst im November vor- gelegt oder jedenfalls nicht früher beraten werde» kann. Auch der Lantiag selbst hat bekanntlich wiederholt die Regierung gemahnt, endlich die Hausholtplanberotung zu ermöglichen. Wie wir erfahren, hat sich der A e l t e st e n a u s s ch u ß des Landtags am Donnerstagnachmittag mit der der Regierung nahegeiegien Anregung, nunmehr den Haushaltplan vorzulegen, einverstanden erklärt. Allerdings wird der Haushaltplan 1930. den Finanzminister Dr. Hedrich verantwortlich zeichnet, sich recht erheblich von Sem Plan unterscheiden, den der frühere Finanz minister Weber vorgelegt hat. Van einem ausgeglichenen Haushaltplan kann natürlich keine Rede mehr sein, da die Einnahmen beträchtlich zurückgegangen sind. Außerdem hat bekanntlich Weber die Steuern viel zu hoch eingesetzt, so daß allerdings sein sog. ausgeglichener Hauslialtplan von vornherein keine sichere Grundlage hatte. Auf der anderen Seite sind erhebliche Mehrausgaben entstanden, dem nur verhüll- nismäß'g wenige Mehreinnahmen durch die Neichsbiersteuer- erhöhung gegcnüberstehen. Es ist daher fürs laufende Rech, nungsjahr. — wie wir früher schon ankündigten — mit einem erheblichen Fehlbetrag zu rechnen. Im Landtag Hot man das Bestreben, den Haushaltplan so schnell wie möglich zu erledigen, so daß er noch vor Jahres- schluß verabschiedet werden kann. Zu dieser Zeit allerdings müßte eigentlich schon der nächste Haushaltplan, -er für 1931, vorgelegt werden. Die Regierung wird aber mit ihm wohl warten, bis sich die endgültige Gestaltung der Reichssteuerver- hältnisse übersehen läßt. Jedenfalls wird der Landtag kurz hintereinander zwei Haushaltplanberatungen vorzunehmcn haben. — Wie wir weiter erfahren, wird der neue Haushaltplan 1930 ein sog. vollständiger Etat werden, kein abgekürzter wie der Entwurf Webers. vresdrn und Umgebung Das Kommunique D 1930 Dresden, 10. Oktober. Ueber das Flugzeugunglück in der Dresdner Heide hat Vas Reichsverkehrsministerium gestern folgendes Kommuniquü aus- gegeben: Die vom Reichsverkehrsminister angeordnete Untersuchung des Flugzeugunglücks bei Dresden hat ergeben, daß das Unglück nicht durch technische Mängel des Flugzeugs D 1930 ver ursacht worden ist. Nach Feststellung der Untersuchungskommis sion hat der Flugzeugführer Pust, ein erfahrener und mit dem Flugzeug vertrauter Pilot, in einem sehr flachen Gleitflug zur Landung angesetzt. Der flache Gleitflug ist offenbar erfolgt unter Berücksichtigung der Abmessungen des Flugplatzes Dresden-Hel ler. Diese entsprechen zwar den gesetzlichen Bestimmungen, bie ten aber infolge der unregelmäßigen Bodengestaltung seiner Um gebung und der dadurch bedingten ungünstigen atmosphärischen Verhältnisse bei Start und Landung von Flugzeugen besondere Schwierigkeiten. Der Gleitflug führte durch die ungewöhnlich turbulenten Luftströmungen, die im Anschwebegebiet des Flug hafens, über den bewaldeten Höhen und dem Prietznitzgrund herrschten. Hierbei ist die Mindestgeschwindigkeit des Flugzeugs wohl unterschritten worden. Das Flugzeug geriet dadurch tns Trudeln, aus dem es vom Führer nicht mehr aufgerichtet wer den konnte, und stürzte schließlich senkrecht zur Erde. Die Be seitigung der Mängel des Flugplatzes ist vom Reichsverkehrs minister und den sächsischen Behörden soweit möglich, schon frü her ins Auge gefaßt worden. Es sind den Anträgen der Luft verkehrsgesellschaften entsprechend schon erhebliche Verbesse rungen eingefllhrt worden, Entfernung von Baugruppen, Wald stücken usw. Ueber die Vergrößerung des Platzes, die durch die Zunahme eines Teiles des anstoßenden Exerzierplatzgelündes möglich ist, schweben Verhandlungen zwischen der Sächsischen Flughafenbetriebsgesellschaft und dem Wehrkreisverwaltungs amt IV. Auf Grund des Unfalles wird geprüft werden, ob der Flughafen Dresden-Heller weiter derart verbessert werden kann, daß er angesichts der erhöhten Anforderungen, die durch Ein- ührung der neuen Flugzeuge bedingt werden, auch bei un günstigen Witterungsverhältnissen die volle Verkehrssicher heit gewährleistet. Der Neichsoerkehrsministcr hat zunächst die beteiligten Luftverkehrsgesellschaften angewiesen, im regel mäßigen Luftverkehr den Flugplatz nicht mehr anzufliegen. Der Leiter der Norddayrischen Verkehrsflug A.-G.. Direk tor Eroneiß, äußerte sich in einer Unterredung über das Dresdner Flugzeugunglück u. a. wie folgt: Flugzeugführer Pust hat bei seiner Ankunft in Dresden als Vorsichtsmaßnahme noch eine Platzrunde geflogen, um sich Uber die herrschenden Vodenwindverhältnisse genau zu orien tieren. Dabei war er vielleicht schon etwas zu tief, auf etwa 100 Meter, heruntergegangen. Um später bei der Landung nicht allzuviel Fahrt zu haben und um besser mit dem Platz aus zukommen, mag er dabei mit abgedrosseltem Motor geflogen ein. Mit Vollgas geflogen hat die M 20 einen solchen Leistungs überschuß. daß sie auch in gedrücktem Flug vollbesetzt in sich stei gen würde, auf keinen Fall, auch nicht unter schweren Böen, edoch wesentlich an Höhe verlieren würde. In dieser flachen Kurve mit gedrosseltem Motor hat er die Maschine wahrschein lich in Rücksicht auf die schwierigen Hafenverhältnisse mit ganz geringer Fahrt geflogen. Daß er unter Berücksichtigung ver augenblicklichen meteorologischen und der ihm bekannten ter restrischen Verhältnisse diese Runde in geringer Höhe nicht mit oollaufendem Motor ausführte, war sein verhäng nisvoller Irrtum. ..Stadtteil WaHwih" Das Ministerium des Innern hat nach Oiehör der zustän digen Beschlußbehörden und der Gemeindekammer geneh migt, daß die Gemeinde Wachwitz mit der Stadt Dres den nach Maßgabe des hierüber ausgestellten Bercimgungs- Ortsgesetzes nebst Nachtrages am 15. Oktober 1930 vereinigt wird. Die vormalige Gemeinde Wachwitz bildet von diesem Zeit punkte an einen Teil der Stadt Dresden unter dem Namen „Stadtteil Wachwitz". Aus -er Arbeit der Studerrlenschaft Der Vorstand der Dresdner Studentenschaft hatte am Donnerstagabend zu einem Presseabend im Studenten hause geladen, an dem neben einer größeren Anzahl von Ver tretern sächsischer Zeitungen auch verschiedene Professoren, Freunde und Gönner der Studentenschaft teilnahmen. Die Ver anstalter boten ihren Gästen ein anschauliches Bild von der viel seitigen Selbstverwaltungsarbett der Studemen- schaft. Besonderes Interesse fand der Bericht über die mittel deutsche Schulungstagung des Grenzlandamtes der Studentenschaft, die etwa 50 deutschstämmige Studenten aus den Sudetenlanden und aus Jugoslawien in Dresden und Leip zig und im Anschluß daran auf einer Reise nach Halle, Dessau, Jena und Berlin vereinigte. Erwähnenswert ist auch die Arveit der studentischen Arbeiterunterrichtskurse, die dcl etwa 90 Kursen im kommenden Semester mehr als 2000 Hörer haben werden. Besonders aktuell ist zurzeit weiter die Arbeit auf dem Gebiete der Hochschulreform, wo in Zusammen arbeit mit anderen sächsischen Hochschulen eine Denkschrift zur Hochschulreform der sächsischen Stuben« tenschaften ausgearbeitet worden ist, die auch außerhalb Sachsens starke Beachtung gefunden hat. Es wurde von einem Vertreter der Studentenschaft als besonders erfreulich bezeichnet, daß die „Deutsche Studentenschaft" durch ihr Verhalten in ver letzten Zeit die Möglichkeit geschaffen habe, für eine weitere wünschenswerte Mitarbeit der sächsischen Studentenschaften „tm Rahmen der Deutschen Studentenschaft. : Deutscher Ostbund. Freitag, den 10. d. M., 8 Uhr. Ita lienisches Dörfchen, Monatsversammlung. Bericht über die Hamburger Tagung von Herrn Oberfachschulrat Fratzke. Gäste und Freunde herzlich willkommen. : Spende. Frau Lotte Kreisler hat als Erlös ihrer letzten Wohltätigkeitsveranstaltung dem FUrsorgeamt 400 RM. überwiesen. Die Verteilung ist erfolgt. : Unfälle durch offene Autotüren. Bei der Unfallknmmission des Kriminalamtes wurden in letzter Zeit etwa 12 Fälle ange- zeigt, in denen durch unvorsichtiges Ocfsncn der Autotür beim Aussteigen Unfälle entstanden sind. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um Kraftwagen mit Linssteucrung. Die Wagen halten an der Bordkante, und im gleichen Moment öffnet der Führer mit Schwung die nach der Fahrbahn führende Wagen tür. In den angezeigten Fällen kamen hierdurch vorbcifahrcnve Radfahrer zu Fall und wurden von anderen Fahrzeugen über fahren. Zur Vermeidung ähnlicher Unfälle wird gebeten, beim Oeffnen der Wagentür mehr Rücksicht auf den übrigen Stratzew verkehr zu nehmen. Die neueinsludierle „Salome" Schon vor längerer Zeit wußten die Fach- und Tages zeitungen zu berichten, daß Richard Strauß an der Partitur zur „Salome" Aenderungen bei der Instrumentation vorgenom men habe. Wieweit diese einschneidenden Charakter haben, das läßt sich natürlich nur feststellen, wenn man beide Partituren miteinander vergleichen könnte. Aber die Finanznöte des ein zelnen lassen natürlich ein solches Privatvergnügen nicht zu. Man muh sich daher an die Erinnerung an die früheren Aufführungen anklammern und einen Appell an seine Ohren richten. Und da festigte sich der Eindruck, daß vieles zarter und weicher klang als frül-er. Freilich muß dabei in Betracht gezogen werden, daß Richard Strauß, der am Dirigentenpulte saß, die musikalische Linie sehr zurückhielt und stark abdämpfte. Vielleicht ist das aber auch gar nicht so wesentlich: denn an Farbcnglut unv Klangrausch hat die Oper nichts eingebüht. Man könnte bei nahe behaupten, daß die Pastellmalerei der jetzigen Partitur den musikalischen Reiz dieser Tondichtung noch erhöht. Als Salome hat Dresden die Osten und die Kemp gehört und gesehen. Mir ist nicht erinnerlich, ob noch andere Künstle rinnen auf den Brettern des Semperbaues in dieser Rolle ge standen haben. Das ist schließlich auch nicht so von Bedeutung. Denn die Ueberlieferung in diesem Musikdrama hält sich doch an die beiden Namen. Eine neue Salome schasste neue Ein drücke. Maria Rajdl. Ein ganz anderes Bild. Die Quellen schrift dieser Ereignisse im Reiche des jüdischen Vierfürsten nennt Salome als Mädchen. Und diese Ueberlieferung betont Maria Rajdl in erster Linie. Zart, anmutig, beinahe unerfahren. Sie schrickt vor dem Fluche des Iochanaan keineswegs zurück. Als wenn sie an die Erfüllung nicht glauben könne. Den Iochanaan zu küssen, scheint ihr mehr Wißbegierde. Man sagt, daß sich Richard Strauß die Salome als ganz zarte Müdchcnblüte denke. Man kann natürlich anderer Meinung sein. An dem sittlich ver faulten Hofe eines Herodes kann kaum ein Mädä)en leben, daß nicht in diese moralische Verwilderung hineingezogen wäre. Und die Tochter der verworfenen Herodias dürste schwerlich in der artig unerfahrener Mädchenhaftigkeit sich von dem Treiben ihrer Mutter fern gehalten haben. Und letzten Endes ist psychologisch die Handlungsweise der Königstochter auch nur auf Sinnesrausch zurückzuführen. Ihr Verlangem ruht auf perversem Unter gründe. Das ganze Wesen der Salome ist psychopathisch. Und darum entsteht bei der neuen Salome eine Zwiespältigkeit Zwar wird die Zartheit dieser idealisierten Salome durch dis zarte und keusche Stimmfärbung von Maria Rajdl betont unv bejaht. Man hört wohl die Botschaft, aber der Glaube an diese, von Lastern aller Art umbrandete, unberührt gebliebene Kö nigstochter fehlt doch. In der neuen Auffassung wahrte Maria Rajdl die vorgezeichnete Linie vollkommen, und gesanglich hielt sie mit dieser Färbung gleiche Waage. So wurde auch der Tanz nicht auf die ekstatische Glut gesteigert, die als Lohn das Haupt des Iochanaan zu fordern Berechtigung hätte. Hierin versagte wieder die Erfindung der Ballettleiterin. So haben wir ein neues Bild der Salome. Die Richtigkeit desselben müssen wir persönlichem Empfinden und der Spielleitung (Otto Erhardt) überlassen. Eine stark interessierende Charakteristik des Herodes schuf Fritz Soot als Gast. Eugenie Burkhardt. Martha Fuchs, Max Lorenz, Robert Burg und die übrigen Dar steller rundeten das Gesamtbild der Aufführung zu bestechender Größe ab. Richard Strauß formte das Werk nach seinen In tentionen und gab ihm die Prägung des Autors, wobei ihm die Staatskapelle in ganz hervorragender Weise Stütze war. Der rauschende Beifall eines stark besetzten Hauses rief ihn und die Hauptdarsteller oftmals vor die Rampe. Otto Hollsteln. Friederike Stritt, -i« geschätzte Dresdner Dortrags meisterin, hält in diesem Winter einen Vortragszyklus im Ge- meindesaal der Andreaskircl)« in der Canalettostrahe, den sie zur Veranschaulichung ihres Programms mit dem Titel „S t i m- men der Völke?' überschreibt. Der Künstlerin zu lauschen war von jeher Genuß. Einmal ist es das tiefe geistige Eindrin gen in die Materie, das bei ihr alle Zufälligkeiten von vorn herein auszuschließen scheint, zum anderen aber ist es di« Eprcchkultur Friederike StrUts, die Verbindung von Klugheit und gewollter Auskostung sprachlicher Scl)önheitcn, was diele,> Abenden den Stempel von etwns Besonderen aufgedriickt Hai. Ter Reiz ihres Vortrags ist schwer zu umschreiben und wenn es nicht ein gefährlicher Vergleich wäre, würde ich sagen, die Kunst Friederike Stritls entspricht der einer großen Sängerin, die hohe dramatisch« Akzente mit dem Belcanto zu vereinigen weiß Ter erste Abend war der altindischen Dichtung gewidmet. Mythologie und Weisheitslehre iverden ja auf diesem Gebiet ohnehin zu subtilster Lyrik, aber die Vortragende weiß auch dann noch Höhepunkte zu finden und eine starke Steigerung heraus,'.»gliedern, die auch ein der Materie fremd gegenüber- stehendes Publikum fesseln muß. Abschnitte, aus dem großen Heldenepos „Mohnbharata", das gewissermaßen enzyklopädisch all« Gestalten und Stimmen der altindischen Dichtung zulam- mensaßt, Szenen aus Kalidasas „Sakuntala" und ein Büßer- märchen, im Grunde unseren Heldenepen nicht unähnlich, standen aus dem Programm. Man dankte der Künstlerin fiir die Weihestunden herzlich. Zck. Zum 1. Leipziger Sinfoniekonzert in der Alberthalle am 29. 9. 30 erklärt Dr. Aber im Programmheft als Zweck dieser Sinfonikonzcrte: Erhaltung der reinen Meisterwerke unserer Kunst: Erhaltung einer leistungsfähigen Künstlerschaft: Erzie hung eines neuen Konzertpublikums. Erich Liebermann- Roßwiese erklärte in einer Beilage: Der Rundfunk gebe diese Aufführungen in Konzertform, um eine Lücke im Leip ziger Musikleben auszufüllen und die durch den Rundfunk vor gebildeten Hörer in den Konzertsaal zu führen. Bravo! Bedarf es noch weiterer Worte zur Empfehlung der folgenden Sinfonie- Konzerte? Die Auswahl der Dirigenten, Solisten und Werke ist höchst interessant. — Das 1. Konzert bildete einen bedeutungs vollen Auftakt. Brahms' wundervolles D-Moll Klavierkon zert, dem Elly Ney eine warme Befürworterin und glänzenve Interpretin ist, eröffnete den Abend, von dem Leipziger Sin fonie-Orchester unter Karl Schuricht hervorragend begleitet. Nicht ganz so gut gelang dem Orchester Bruckners Sym phonie Nr. 5. Doch wußte Schuricht das thematische Gewebe sehr durchsichtig, den Aufbau plastisch zu gestalten, die Steigerungen zu gewaltigen Höhepunkten zu führen, die häufigen großen Gegensätze von ff und pp als Gefühlsausbrüche von überirdischer Stärke hinzustellen und im Schluß des letzten Satzes, ganz im Geiste Bruckners, scheinbar die ganze Welt zum Lode des Schöp fers erklingen zu lassen. Es war ein wahrhaft bedeutender Abend. (Infolge Berzögeruug auf dem Postweg gelangt der Be richt verspätet zum Abdruck.) ' Pros. Jos. Achtelik
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