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Nummer 1«2 — 2S. Jahrgang »Uchetiil «mal wü»ti. mit illnsir.<»raU»L»tIa,«n ^eimai m>» Geii'mid derMuderbeiiag« .Frohmut', iowie d„,L«xtb»Uag», ,M» ««mio-BIlUt'. .llnlerhainm- »nd «Men', .Dt» «ei« de, UM»', iierzilichee Ratgeber'. .Da« gute Auch', .fftimr»»^ Am,'. Monatlicher Uej»»«»»»«» S Mt. »tnscht. Netlellgel». M««Iiuimmrk >« 4 Somiabind. u. «<m»ta»n»mm»e t»V Z. H»ttv!>n Dr. <v. De«r ^"»den. Sächsische Mittwoch, den 16. Juli tSAg <1»» »,«»»»« »««»»«» ««,»t,e»pr»t>», Dt- igeipaitrne Pettt»«»« »« Z Familie», an,eigen u.Stelleng«,uch, «»4- Dt« Petltreltam-jetl«. »!>mna bretl. » ^». Für «n,eigen auherhald de« Rerbr,ltung»g,btrte« «oz »lePeitlreNameietlel.»«»^. «rte,«eb.»<»z. J«8-»e »»»er«, »eio-i» «rltlcht jede «rrvsttchtmi, «ms Ltelerun, ,»»»t« »rflUking v. «n,«tgen-vut>rSgen'v. k»tftimg d. «chadmertatz, «etchtlMtcher r»n F»»»e B»»«a»d. Dr»«d«>i. tSeschästSstellr, Drattu.lverlag - Nermama. «>.x», slic «erlag und Druckerei, Filiale Dre-den, Dresden««!.!. PollertlrafteN. Fernrul2lvI2. Polllchecklouto Dresden «7»z. «inttont» Stadtbank Dresden lllr nur» Für christliche Politik und Kultur Revaktt»« de, SSchsttchrn lv«lk»,»tt>na DreSd«n»AUstadl t. Polier,trage N. Fernrui 2MÜ und «012. Die zweite Lesung Die entscheidende Beratung über die Deckungsvorlagen beginnt Erklärung des Kanzlers Berlin, 15, Juli. Heule nachmittag 3 Uhr beginnt im Reichstag diezweite Lesung der Deckungsvorlagen, die für die finanz- plane der Regierung, stir das weitere Verhalten des Kabinetts und möglicherweise auch für den Bestand des Reichstages ent scheidend sein w'rd. Der Reichskanzler Dr. Brüning will diese zweite Lesung mit einer Erklärung des Kabinetts einleiten. Bekanntlich werden die Regierungs,xrrteien die ur sprünglichen Deckungsvor schlüge des Kabinetts in Farm von Inilialin-Anlrägen wieder einbringen, außerdem noch die Bor- löge aber die Bürgerabgabe (Kapsstener). deren Wortlaut wir an anderer Sielle veröffentlichen, Tie Aussichten für eine parlamentarische Erledigung der Vorlagen habe» sich nicht gebessert. Für die Vorlage» dürften nur die Regierungsparteien, also eine Min derheit des Reichstages stimmen; dagegen die Sozial demokraten und D e u t s ch n a t i o n a l o n, außerdem Kommunisten und Nationalsozialisten. — Die Zeiitrnms- frakticm des Reichstages Hai sich am Montagabend mit den Declinngsvortagcn und den dazu vorliegende» Ergänzungs- onträgeii betreffend die Erhebung der BürgerabgaVe und die Begrenzung der Znschußpflicht des Reiches an die Arbeitslosen versicherung beschäftigt. Die Fraktion stimmte den Vorlagen wie den Ergänzungsuorlagen grundsätzlich zu. — Der Vor- sitzende der d e in okrati s ch e n Reichstagsfraktion, Abgeord neter Meyer, hat am Montag an den Reichskanzler ein Schrei ben gerichtet, in dem er mitteilt, daß die demoliralische Reichs- tagssraktion beschlossen hat, die Regierungsvorlagen, sowohl die Sozialgesetz- als «uch die Deckungsgesctzentwürse sowie den Gesetzentwurf betreffend Bürgerabgabe, letzteren in der ver abredeten Form, als Fniüaiivantrage einzndringe», sofern diese ^Anträge von allen i» der Regierung vertretenen Fralnionen »unterschrieben werden. An diese Zustimmung wird jedoch die ^Bedingung geknüpft, daß an reine» Ausgaben neben den min destens 100 Millionen Reichsmark für 1980 weitere 51) bis lill) Millionen Mark im Hanshalljahr 198t eingespart werden. — Auch die Fraktionen der Deutschen Volkspartei und der W i r t s ch a f t s pa r te i haben dem am Sonntag zwischen den Parteiführern gelcossenen Abkommen hinsichilich des Vor gehens des Rcgierungsblacks bei der znxüten Lesung der Decknngsvorlage» zugestimmt. Die S o z i e»ld e m o k ra t i e wird geschlossen gegen das Deckungsprogramm stimmen. Wie ein Berliner Abendblatt meldet, hat die sozialdemokratische Führung den Reichskanzler wissen lassen, das, Mgeordneie, die etwa bei der Schlnßabstbn- mung über die Deckungsvorlagcn nicht anwesend sein würden, um so der Regierung zur Mehrheit zu verhelfen, bei der nach sten Wahl ihres Mandates verlustig gehen würden. Von d e u i s ch n « t i o n a l c r Seile wird die gespannte Situation benützt, um einen scharfen Druck auf das Zentrum auszuübe». Zu einer längeren Auslassung von deutschnatio naler Seile, die durch die gesamte Rechtspresse geht, wird ver sichert, die Teutschnatioualen würden in dem Augenblick zur Mitarbeit bereit sei», in dem das Zentrum i» Preußen die Koalition mit der Sozialdemokratie löse. Di« fragliche Aus lassuug schlietztt „Das Fiasko der Slaatsfinanzen, mehr noch die Art, wie man sie „sanieren" will, ist der Grund für die Krise des Kabinetts geworden. Das Zentrum hat dir Ent scheidung. Eine Stunde, nachdem es sein Bündnis mit dem Marxismus in Preußen gelöst hat, können sich die nichisozia- lisiischen Parteien znsammensetzen, um die General'ocreiingnng schon jetzt zu beginnen. Von rechts her wird das Kabinett Brü ning am Ende dieser Woche seine Mehrheit nicht haben. Die Mehrheit wird in der Stunde vorhanden sein, in der die Lösung vom Marxismus in Prentzen vollzogen ist." Wie soll nun verfahren werden, wenn cs sich im Laufe der ziueiien Lesung der Teckungsvorlagen zeigt, das, für die Vorschläge der Regierung keine Mehrheit vorhanden ist? — Die Wulschastspartei hat im Reichstag einen Antrag ein- gebrncht, in dein die Reichsregierung ersucht wird, de» Reichs präsidenten zu bitten, das, im Falle der Ablehnung der Decknngsvorlage und der Vorlagen über die Revision des Er werbslosen- und Krankenkassenmesens und der Ausgaben- senkungsbestimmungen der Reichstag aufgelöst wird. — Durch den Antrag soll verhindert werden, das, der Artikel 48 in An- ivcndung gebracht wird, ohne das, der Reichstag ansgetöst wir». Es verlautet, daß die Wirlschastspartei sich von der Regierungs- Koalition trennen und ihren Minister aus dem Kabinett zurück ziehe» iverde, wenn der Versuch geinacht iverden sollte, ohne Auflösung des Reichstages die Deckungsvorlage durch ein« Not verordnung in Kraft zu setzen. Trotz dieses taktischen Vorstoßes der Wirtschaftspakte! ist es durchaus möglich, das, ein anderer Weg eingeschlagen wird. In der Presse wird die Möglichkeit erörtert, den Reichs tag zu vertagen und in der Zwischenzeit die notwendigen Ge setze auf dem Wege der Notverordnung zu erlassen. Es wäre dann ein sozialdemokratischer Antrag ans sofortigen Zusammentritt des Reichstags zu erwarte», dem entsprochen werden muhte, da die Sozialdemokratie über das für einen solchen Antrag notwendige Drittel der Reichstagsmandate ver fügt. Nach Wiederzusammentritt des Reichstages wäre ein sozialdemokratischer Antrag zu erwarten, der Aufhebung der auf Grund des Artikels 48 getroffenen Notverordnungen fordert. Dieser Antrag könnte Ober nur angenommen werden, wenn ihm die Deutschnationalen zustimmen würden, was keineswegs als sicher gilt. Ans diese Weise könnte die Auf lösung des Reichstags vermieden werden oder wenigstens ver schoben iverden. Ob aber dieser oder ein anderer Weg eingeschlagcn wird, dürste erst aus Grund des Verlaufes der zweiten Lesung ent schiede» werden. .Käme es schon im Lause dieser Beratung zur Auflösung, dann mühte,, spätestens am 11. September Reichs tagswahlen stattfinden. Auh'nüs innere Anleihe - Moskau, 14. Juli. Heute wurde ein Regierungsdeliret über die E m i s s i o n einer neuen Anleihe veröffentlicht. Die Anleihe erhält die Bezeichnung „Innere Staatsprämienanleihe — Fünf- jahrespIan in vier Jahre n". Diese Anleihe wird, wie die Telegraphenagemitr der Svivjetiinion erklärt, die einzige Anleihe zur Finanzierung des sozialistischen Aufbaues sein. Die Regierung emittiert Obligationen der neuen Anleihe im Be trage von 500 Millionen Rubel zum Umtausch gegen die früher emittierten Anleihen (Anleihen für die Industrialisierung und die Bauernwirtschaft). In, Finanzjahr 1980/31 wird eine neue Anleihe im Betrage von 850 Millionen Rubel mit lOjähriger Lauffrist emittiert iverden. London, 14. Ifuli. Ini Unterhaus« machte der Staatssekretär des Acuheren, Henderson, heute eine Mitteilung über die Gemischte K o m in i s s i o n, die über die gegen die Sowjetregie rung vorgebrachten Beschwerden entscheiden soll. Die Kommission wird sich in vier Unterausschüsse gliedern, von denen der erste die Beschwerden über das von den Sowjets nationalisierte Eigentum zu prüfen haben wird, der zweite die Beschwerden von Besitzern von Wertpapieren, der dritte per sönliche Beschwerden, die nicht zur Zuständigkeit der beiden ersten Unterausschüsse gehören. Der vierte Unterausschuß wird sich mit der Frage der Regierungsschulden beschäftigen. Die Arbeiten der Kommission werden das Protokoll vom 3. Ok tober 1V2S zur Grundlage haben. Schlich -es Moskauer Parleikages Moskau, 11. Juli. Der 1«i. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjet union ist gestern geschlossen worden. Ein neues Zentralkomitee, bestehend ans 71 Mitgliedern und st? Ersatzmitgliedern, wurde gewühlt. Unter den Mitgliedern sind zu nennen Stalin, Kan- ganawilsch, Molotow, Kalinin, Woroschilow, Rudsutak, Kuiby schew. Mikojan, Kossior, Iakowlew, Kirow, Nykow. Tomski und Bucharin. Ferner wurde eine neue Zentralkommission, bestehend aus 187 Mitgliedern, gewählt, darunter Ordschonikidse, Jaros- lawski, Rosengolz u. a. Der Parteitag hat einstimmig die Be richte Ordschonikidses über die Arbeit der Zentralkontrollkom mission, Kuibyschews über die Durchführung des Fünsjahres- planes. Jakowlews über die Kollekiivwirtschaftsbewegung und Schwerniks über die Arbeit der Sowjet-Gewerkschaften gebilligt. Der erste Wahlgang Wer soll in Sachsen Ministerpräsident werden? Dresden. 15. Juli. Aus der Tagesordnung des Landtages steht heute u. a. di« Wahl des Ministerpräsidenten. Die Rechtspar teien schlagen Wirtschaftsminister a. D. Dr. Krug v. Nidda, di« Sozialdemokraten den Relchstagsabegordneten Lipinski vor. Keiner der beiden Kandidaten dürste ein« Mehrheit erhalten, dieser erste Wahlgang somit ohn«Erg«bnis bleiben. (Aus. jährlicher Bericht auf der folgenden Seite.) Oben und Unten Von Pfarrer Ludwig Kirsch, Landesvorsitzendem der Sächsischen Zentrumspartei. In dem vor 10 Tagen an dieser Stelle erschienenen Artikel „Das Zentrum und des Reiches Not" wurde deut lich klargelegt, wie wir von allen Kreisen des deut schen Volkes Bereitwilligkeit zur Nothilfe fordern müs sen. Bei dem in jedem Volke vorhandenen zahlenmäßi gen Uebergeivicht der minderbemittelten Bürger gegen über den Bessergestellten und Reichen liegt es auf der Hand, daß auch auf die Schultern der breiten M asse Lasten gelegt werden müssen, die um so härter drücken, als sie wirtschaftlich Schwache treffen. Dieses „Notopfer des kleinen Mannes" trägt in den zur Zeit vorliegenden Finanzplünen die Namen: Reform der Arbeitslosen--und Krankenversicherung, Reichshilfe der Festbesoldcten. Aber gerade weil in dieser Notzeit auch die „kleinen Leute" nicht verschont werden können, darum muß um so deutlicher und rücksichtsloser von seiten der Regierung wie der verantwortungsbewußten Parteien betont werden, daß die wirtschaftlich st a r k e n Kreise, daß der Besitz und die hohen Ein kommen ihren gerüttelte» Anteil am Natopfer für Reich und Volk zu übernehmen verpflichtet sind. Es wäre für das Volk und für jeden Gerechtdenken- den unerträglich, wenn z. B. die Tatsache der Kapital flucht (8 Milliarden Reichsmark sollen ins Ausland ge flohen sein!) einfach als unabänderlich und kritiklos hin- genommen und auf dieser Tatsache einseitige Schonung des Kapitals aufgebaut würde, wie es van seiten gewis ser Kreise geschieht. Kapitalflucht in der Nat ze ! t d e s N c i ch e s i st V e r b r e ch e n. ist noch schlim meres Unrecht, als wen» da und dort mit der Arbeits losenversicherung Mißbrauch getrieben oder von anderen die Krankenkasse nusgenützt wird. Gewiß, auch das Letztere ist zu verwerfen, ist Mangel an sozialem Denken, da durch den Mißbrauch von Tausenden das Kesamtwohl der Millionen Versicherter aufs Spiel gesetzt und schließ lich die gesamte Sozialfürsorge gefährdet wird. Iw Ein zelfall aber handelt es sich hierbei meist um geringe Sum men, die bäum zu einer wirklichen „Bereicherung" des Betreffende» führen; er bleibt trotzdem noch ein armer Schlucker. Wenn jedoch gewissenlose Kapitalbesitzer (es gibt, Gott sei Dank, auch noch viele gewissenhafte!) wegen erhoffter Steuerersparnis ihr Geld ins Ausland schaffen, dann ist das eine ungerechte Bereicherung o hne d r ü k - Ke »de Notlage und deshalb aufs schärfste zu ver urteilen! Freilich, das Reich hat kaum direkte Z w a n g s- mittel, um diese Kapitalien ztirückzuholen, und es ist bitter genug, gestehen zu müssen, daß dies nur mit Lock mitteln geschehen kann. Aber das darf nicht hindern, wenigstens das Wesen der Dinge beim rechten Name» zu nennen; Verbrechen bleibt Berbrechen, auch wo kein Strafgesetz mit Paragraphen drohen bann! Aehnlich steht es mit den hohen Einkom m c n. Richtig ist, daß die Zahl der Deutschen mit großen Ein kommen gering ist. daß deren Herabsetzung dem Staate keine wesentliche Entlastung bringen würde, zumal ja immerhin schon ein ziemlich großer Prozentsatz davon weggesteuert wird. Ungeheuer aber wäre die p s n ch o - logische Wirkunganf den OpserwiIlen des G e s a m t v o l b e s, wenn für alle Einkomincn eine Höchstgrenze bestände. Mußte doch Neichsnerkchrsniini- ster von Guerard kürzlich in einer Ausschußsitzung leibst zugeben, daß die Einkommen der hohen Reicksbahn, beamten ein Vielfaches von denen der höchsten Reichs- beamten betragen; und nicht viel anders ist es bei den Groß-Schiffahrtsgesellschaften, bei den Großbanken, wo noch Tantiemen daznkominen. ähnlich in de,, nicht selte nen Fällen, wo Bezieher hoher Pensionen zugleich aus industriellen oder sonstigen Stellungen merkliche Ein künfte haben. Der kleine Mann !m Volke wird, wenn man von ihm Geldopfer bis zur Grenze des Tragbaren verlangt, nie verstehen können, warum jemand mit 30 000 Mark Einkommen nicht auch mit 20 000 Mark auskommen sollte, wo er mit seiner oft kinderreichen Familie vieleicht nur 2—3000 Mark im Jahre z» verzeh ren hat. falls er nicht gar arbeitslos ist. Das Verlangen Molden Hauers nach 30000 Mark Pension ist in diesem Zusammenhänge wirklich als Provokation zu be zeichnen! Wenn das Reich in schwerer Not ist. wenn die Negierung notgedrungen ein Steuerbukett nach dem anderen präsentieren muß. wenn an allen möglichen wichtigen Etatstiteln gestwrt werden soll, dann muh eine solche schwere Operation am Wirtschaftslrörper auch psy chologisch vorbereitet und begründet iverden, dann mutz