Volltext Seite (XML)
Sächsische Dolkszeilung 1». Jul« l»,0 Kabinett Weber? Derzweisette Versuche zur Lösung -er sächsischen Regierungsfrage Dresden, 18. Juli. Die Kämpfe um die Regierungsbildung gehen hinter den Kulissen fröhlich weiter. Offenbar besteht bei einigen Parteien des Landtages die löbliche Absicht, die Dinge so lange zu verzögern, bis der Landtag sich vertagen muh, ohne eine neue Regierung gebildet zu haben. In diesem Falle würde die ge- fchäftsführende Regierung Schieck bis zum Herbst im Amte bleiben. Daß dies ein geradezu lächerlicher Ausweg wäre, be deutet angesichts der Formen, in denen sich die sächsische Politik überhaupt abspielt, nicht viel. Aber es ist verständlich, dah ver- antwortungsbewuhte Parteien im Landtage den Versuch ma chen, noch vor der grohen Pause zur Bildung einer ordnungs gemäßen Negierung zu kommen. Die Initiative liegt gegenwärtig, wie berichtet, bei der Wirtschaftspartei, die an eine Erneuerung des ehe maligen Kabinetts Bänger und Führung Webers denkt. Der d e u t s ch n a t i o n a le Landesparteiausschuh und Hie Land tagsfraktion haben am Donnerstag beschlossen, angesichts der unbedingten Notwendigkeit der Bildung einer marxistenfreien Regierung in Sachsen alle Wünsche zuriickzustellen und im In teresse der Bildung einer solchen Regierung nach dem Scheitern der Kandidatur Dr. Krug v. Niddas auf diese zu verzichten. Die Deutschnationalen haben weiter beschlossen, eine Kandidatur des früheren Finanzministers Weber zu unterstützen, unter der Vor aussetzung, dah Weber vor seiner Wahl Fühlung mit den Deutschnationalen wegen der Besetzung der einzelnen Ministe rien nimmt und unter der weiteren Voraussetzung, das; seinem Kabinett kein Marxist angehört. — Die Gründe, die für die Wirtschaftspartei mahgebend sind dafür, die Lösung der Regie rungsfrage in dieser Richtung und nicht durch Verhandlungen mit der Sozialdemokratie zu suchen, werden in einer Zuschrift an die Presse dargelegt, in der u. a. ausgeführt wird: „In Ergänzung kommunistischer Anträge hat die Sozial demokratische Partei Abänderungsanträge gestellt, die für das Jahr 1930 eine Mehrausgabe von mindestens 140 Millionen Mark darstellen, die in einem Nachtragsetat angefordert wer den sollen. Wenn auch ein Teil durch Anleihen ausgenommen werden soll, so müssen diese doch verzinst werden, wenn es über haupt möglich ist, die Mittel auf dem Kapitalmärkte zu beschaf fen. Aber auch eine Beschaffung der Mittel auf dem Anleihe wege würde die sächsischen Staatsschulden bald ins Ungeheure steigern und für zukünftige Zeiten die Kreditfähigkeit des Staa tes vollkommen untergraben. Die Sozialdemokratie hat mit diesen finanziellen Forderungen denjenigen Parteien unmöglich gemacht, mit ihr eine Regierung zu bilden, die Ordnung und Sparsamkeit im Staate haben wollen und deren Wähler ihnen nur deshalb ihre Stimme gegeben haben. Dah die Sozialdemo kratie auf alle ihre Forderungen verzichten wird, muh als voll ständig ausgeschlossen gelten, und damit droht bei einem Zu sammengehen mit ihr der Wirtschaft neue grohe steuerliche Be lastung. Dah die sächsische Wirtschaft diese vertragen könnte, wird bei den dauernden Betriebszusammenbrüchen niemand ernstlich behaupten können." Ob die Wirtschaftspartei mit ihrem Versuch, ei» Kabinett ohne direkte Beteiligung, sondern nur mit Unterstützung der Nationalsozialisten zu bilden, Verständnis bei den Demokra - t e n finden wird, darf als fraglich gelten. Jedenfalls finden sie es nicht bei den Nationalsozialisten, die heute in der Presse erklären lassen, dah sie jedem Kabinett, in dem sie nicht unmittelbar vertreten sind, ablehnend gegenllberstehen. Daß umgekehrt die Nationalsozialisten die Bildung einer Mehrheitsregierung mit allen Mitteln erzwingen wollen, geht schon aus ihrem Verhalten im Haushaltausschuh hervor, wo sie sich geweigert haben, an den Beratungen über das Arbeits beschaffungsprogramm teilzunehmen, solange nur eine geschäfts- führende Regierung im Amte ist. — Als letztes Mittel wird wie der nüt der Auflösung des Landtages gedroht. Im Landtag selbst allerdings wird ein Auflösungsantrag nicht durchkommen, da die Sozialdemokraten <mit Rechts nicht dafür zu haben sein werden. Infolgedessen wird der Gedanke erörtert, den Landtag — was verfassungsmühig zulässig ist — durch Volksentscheid aufzulösen. Aber auch das ist ein aussichtsloses Beginnen. Denn selbst wenn ein Volksbegehren auf Einleitung eines Volksent scheides zustande kommen sollte, wird es doch nicht gelingen, beim Volksentscheid mehr als die Hälfte der sächsischen Wähler — das wären 1.7 Millionen! — an die Wahlurne zu bringen. Das Volk hat die sinnlose Wählerei gründlich satt. — Man darf also sehr gespannt sein, welche Lösung die sächsischen Volksver treter schließlich finden werden. Nur 6 Millionen RM. Fehlbetrag Das sächsische Arbettsbefchaffungsprogramm im Ausschus; angenommen Dresden, 18. Juli. Die Ha u s h a l ta u s s ch ü s s e des Landtags berieten am Tonnerstagnachmittag 4 Stunden üb. c die Arbeitsbesch « j- fungsvorlage und die dazu vorliegenden Anträge der Linksparteien. In beide» Ausschüssen erklärten gleich 'zu Be ginn die Nationalsozialisten, sie würden sich an den Beratungen und Abstimmungen nicht beteiligen. Sie hielten cs für unmög lich, eine so wichtige Vorlage van einer gcschäftsführenden Regierung vertreten zu lassen. Sie behielten sich ihre end- güliige Stellung bis Dienstag vor. Alle Nationalsozialisten verliehen darauf die Säle, bis auf den Aba. Dönicke, der Vor sitzender des Haushaltsausschusses B ist. Die Folg« dieses Vor gehens der Hitlerleute war natürlich, das; die bürgerlichen tsiar- teien von der Linken überstimmt und in beiden Ausschüssen die sozialdemokratischen Anträge, die Mehrausgaben von über L3 Mill. RM. verursachen, angenommen werden. Ter Ausschuß B beschloß noch 100000 RM. für den Bau von Walöarbeiterwohnungon zu bewilligen. Im Aus schus; A erklärte Finanzminister Dr. Hedrich, die Regierung habe als gejchäftssührende Regierung keinen neuen Haushalt vorlegen können. Die Anträge der SPD. und der KPD. zu sammen, würden Mehrausgaben von Uber 100 Mill. RM. ver ursachen. Diese Mehrausgaben mühten natürlich durch Mehr einnahmen gedeckt werden. Die Beratungsstelle für Ausländs anleihen bewillige keine Kredite ohne ausgeglichenen Haushalt. Die Steuereingänge gingen zurück. Oeffentiiche Arbeiten seien kein allgemeines Heilmittel gegen Arbeitslosigkeit. Ter Staat könne gegenwärtig nur kurzfristige Gelder erhallen. Der Land tag sei verpflichtet, bei Mehrausgaben die Deckungssrags mit zu behandeln und zu lösen. Von de» Banken sei nur kurz fristiges Geld zu erhalten. Der Abschluß fürs Rech nungsjahr 1929 ergebe einen rechnungsmäßigen Fehl betrag von 6 Mill. R M. (veranschlagt waren über 39 Mill. RA!.). Die schwebenden Schnlden seien 1929 von 202 auf 227 Mill. RM. gestiegen, davon nwren langfristige Schulden 75 Mill. RA!., kurzfristige 152 Mill. RA!. Das Staatsvermögcn sei seit 1924 unverändert geblieben, das Bruttovermögcn sei von 776 auf 967 Mill. NA!, gestiegen. Es seien beträchtliche Steuer rückstände vorhanden, aber man könnte sie nicht ohne weiteres rücksichtslos eiulreiben. Auf Grund des neuen Verteilungs schlüssels werde die Kraftsahrzeugsteuer über Mill. RA^ mehr für den Staat und ebensoviel für die Gemeinden e:n- bringcn. Die Talsperrenbauten im Osterzgebirge würden über 30 Mill. NM. kosten, der Bau des Südslügels des Mittelland kanals 36 Mill. RA!., wovon auf Sachsen 12 Mill. RM. ent fallen würden. Hiervon hätte der Staat 6,9, die Stadt Leipzig 4,5 und de» Rest der Bezirk Leipzig zu zahlen. Minister des Innern Richter teilte mit, daß das Reich soeben die Regierung benachrichtigt habe, daß Sachsen für Wohnungsbau vom Reich ^ —----- Der freiwillige Sirüfling Zuin 19. Juli. Im Frühsommer des Jahres 1605 segelte ein Küstenfahr zeug die wunderschönen Ufer des Golfes von Lyon entlang. Freundlich blies der Wind in die schwellenden Segel: nach Süden glitzerten die blauen Fluten des Mittelmeeres, und die geichwun- gene Linie der französischen Küste lag da, eingetaucht in pur purne und grüne Farbentinten. Plötzlich erschschienen von der offenen See her drei leichte Fahrzeuge mit weißen Segeln. Das erfahrene Auge des Kapi täns schützte sie sogleich richtig ein. Es waren Brigantinen. Raubschiffe afrikanischer Piraten. Sofort ließ er alle Segel setzen. Aber es war zu spät. Die Flucht in einen französischen Hafen war nicht mehr möglich. Die Brigantinen fuhren nicht nur mit der Kraft des Win des. Eine andere unsichtbare Kraft in ihrem Innern schob sie auch noch, Dampfern gleich, vorwärts. Diese geheimnisvolle Kraft war allerdings nicht die Gewalt des unschuldigen Damp fes. Sie kam von den Armen unglücklicher Christensklaven, die mit Keilen an die Ruderbänke geschmiedet waren. Zielsicher und schnell, wie ei» Habicht auf ein Feldhuhn stößt, schossen die Korsarenschiffe auf das französische Fahrzeug los. Die Seeräuber signalisierten den Franzosen die Aufforde rung, sich zu ergeben: doch tapfer weigerte sich der Kapitän, be waffnete seine Leute und forderte sie auf, bei den Geschützen ihre Pflicht zu tun. Aber der Kampf war zu ungleich. Nur zu bald war das kleine tapfere Schiff matt gesetzt. Die Piraten enterten cs. und nach einem kurzen scharfen Kampf auf dem Deck lagen drei Mann der Besatzung tot da. Alle übrigen waren verwundet. Das Fahrzeug war eine gute Beute der Piraten. Der Kapitän wurde zur Strafe für seinen Widerstand sofort umge- bracht; das übrige Schisfsvolk und die Reisenden in schwere Ketten gelegt. Unter den letzteren war auch ein junger Priester mit Namen Vinzenz von Paul, der Sohn eines Bauern aus der französischen Landschaft Languedoc. Der gute Mann hatte das Aeußerste getan, um seinem Sohne das geistliche Studium M ermöglichen. Seine Ochsen hatte er vom Pfluge weg ver kauft. nur um die Auslagen des Kollegs für ihn zu bestreiten. Dem jungen Manne war vor kurzem eine kleine Erbschaft zu gefallen von einem in Marseille gestorbenen Verwandten Er war dorthin gereist, um den Betrag in Empfang zu nehmen, und von einem Freunde dazu beredet, hatte er für die Rückreise den Seeweg gewählt. Das war nun das Ende der fröhlichen Heimfahrt. Die Erbschaft fiel natürlich auch den Seeräubern in die Hände. Vinzenz mar bei dem Kampf durch einen Pfeilschuß verwundet worden. Jetzt lag er halb erstickt und mit schweren Ketten gefesselt in einer Ecke des Schiffsgefängnisses mit der Aussicht, auf Lebenszeit ein Sklave der Feinde des christlichen Glaubens zu bleiben. Nu» war es zwar richtig, daß Frankreich zum Aergernisse von ganz Europa mit dem De» sBehcrrscherf von Tunis Frieden geschlossen hatte. Aber die Seeräuber focht das wenig an. Als sie nach einer Kreuzfahrt von weiteren sieben Tagen in den Hafen von Tunis einliefen, setzten sie über die Gefangennahme einen Bericht auf, in dem das Christenschiff als spanisches Fahrzeug bezeichnet war So hielten sie sich den französischen Konsuf vom Leibe, der jetzt keine Handhabe hatte, die Gesungenen zurückznfordern. Diese wurden alsbald in die grobe blau weiße Kleidung der Sklaven gesteckt. Fünf- bis sechsmal muhten sie sich zur Schaustellung durch die engen Straßen und Bazare von Tunis führen lassen. Dann ging es auf das Schiff zurück. Die Kauf lustigen stellten sich ein. und das Feilschen und Handeln um sie begann. Beim Essen wurden sie beobachtet, um festzustellen, ob sie gute Ehlust hatten: ihre Seilen wurden befühlt, wie Ochsen geprüft werden: ihre Zähne wurden untersucht, wie es beim Pserdehandel Brauch ist: ihre Wunden wurden genau unter sucht. und dann hieß man sie gehen und laufen, um das Spiel ihrer Glieder und Muskeln zu betrachten. Vinzenz lies; dies alles mit großer Geduld über sich ergehen. Sei» Trost mar der Gedanke an den, der unsertwegen SKIavengestnIt angenommen hat. Er tat obendrein sein Bestes, auch seine Gefährten mit dem gleichen Vertrauen auf Gott zu beseelen. Weil er schwach und kränklich war, wurde Vinzenz um billiges Geld an eine» Fischer verkauft. Bei seiner neuen Be schäftigung stellte sich jedoch bald heraus, das; die See ihn so krank machte, daß er zur Arbeit nicht zu gebrauchen war. Des- Spende des Papstes für die Kausdorser Opfer Berlin. 18. Juli. Wir erfahren, dah Papst Pius XI., über die Berliner Apostolische Nuntiatur dem Grohdechanten der Grasschast Glast die Summe von 50 000 Lire überweisen lieh zur Linderung de» Not, die in dem durch das Hausdorser Bergmerksunglück be^ troffene,, Familie,, herrscht. 10.1 Mill. RM. erhalte. Auch für Straßenbau sei noch mit einer Ucbcrweisung zu rechnen, so daß vielleicht der Straßen«, bau in Dachsen in dem ursprünglich geplanten ilmsang durch«, geführt werden könnte. Nach weiterer Aussprache wurde die Arbeitsbeschaffung?» ' Vorlage angenommen, im wesentliche» auch die sozialdemokra« tischen Anträge. Anträge im Landlag Die W i r t scha f t s pa r t e i hat Anträge mg Acnderung des Gemerbesteuergesetzes. auf Eiusühruug der Arbcttsbstnst» Pflicht, aus Aeudcruug Ser Verordnungen über töauda'-Ielnn aus der Aufwertungssteuer. auf Vorlegung eine» Warenhousgeielzes, auf Aushebung des Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken, auf Zurückziehung der dem Stadtrat ,;n Chemnitz in, Jahre >920 widerruflich erteilten Genehmigung zur Erhebung einer Per- sonensahrstencr für den Stadtbereich Chemnitz. Endlich fragt die Wirtschaftspartei die Regierung, ob sie bereit ist, die Aktien gesellschaft Sächsische Werke anzuweifen, eine Erweiterung der Instattationsabteilung sowohl in Gornsdorf als auch in Wilden, fels zu unterlassen und die Einrichtung des Berkaussgejchäfts in Gornsdorf zu untersagen. Die sozialdemokratische Landtagsfraktion ersucht in einem Anträge die Regierung, bei den zuständigen Reichsstellen dafür einzutreten, das; die Krisensürsorge unter Verlängerung der Ilnlerstützungsdauer auf alle Bcrufsaruppen ausgedehnt, das sog, Gemeiudcfüustel auf das Reich übernom men und die Erstellung von Wohnunasbcntten durch Mittet der werteschaffenden Erwerbstosensürsorge grundsätzlich zugeinssen wird. Endlich soll die Regierung beauftragt werden, für eine unbedingte Sicherstellung der Unterstützungen für die Wohl fahrtserwerbslosen Sorge zu tragen und den Bezirkssürsorge- verbänden die hierzu notwendigen Mittel zur Verfügung zu stel len. — Ferner richtet die sozialdemokratische Fraktion eine An frage an die Negierung, ob die Gerüchte und Pressemeldungen über die Umtriebe des Köhlenmagnaten Ignaz Petschek (Aussig) den Tatsachen entsprechen. Auch die kommunistische Londtagsiraktion hat mehrere Anträge eiugcbracht. In denen verlangt werden: ein Verbot sür Zwangsarbeit und Zwangsverschlckung jugendlicher erwerbsloser Arbeiter und Arbeiterinnen, Vorlegung eines Ge. fetzentivurses, wonach verboten ist, Lehrlinge während der Dauer des Lehrvertrages wegen Belriebseiuschräukung verkürzt arbeiten zu lassen bezw. zu entlassen. rscutschr Arbekt sllr dis knternallonalc Nechtsnäss.'„schuft. —> Bef der nächsten Sitzung des Internationalen Instituts für öffentliches Recht, die im Oktober in Paris stattfindet, und bei der der zweite Band des dis wichtigsten öffentlich-rechtlichen Gesetze des Jahres verzeichnenden Jahrbuchs vorgelegt wird, sind an den Berichten über aktuelle Rechtsfragen deutsche Gelehrte in besonders starke», Maße beteiligt. Neben je eine», oder ;wci französischen Berichterstattern werden svrcckcu: über die Rolle der parlumeutarischen Ausschüsse Kaufmann, Berlin, u,st> Schiicking. Kiel, Restaurierun. des Ltndauer Rathauses. — Das alte Rat«: Haus in Lindau wird jetzt baulich instandgesetzt, wobei auch die allen Freske,, der Außenseite erneuert werden sollen. Tack bayerische Kultusministerium hat dafür einen Wettbewerb unter vier Künstlern veranstaltet. Die Arbeiten sollen bis zunb nächsten Jahr beendet sein. wegen wurde er aufs neue verbaust: diesmal au einen mau rischen Arzt. Nach einen, Jahre verstarb der alle Doktor, und sein Nesse verkaufte den Sklave» seines Onkels zum dritten Male. Sein neuer Herr war aus Nizza gebürtig. Um dem Skla- vcnlebcu zu entgehen, hatte er seinen Glauben verleugnet und war ein Renegat (Abtrünniger) genwrden. Jetzt war er Ver walter einer dem Dey von Tunis gehörenden Fort» Unter der Feldarbeit hatte Vinzenz viel zu leiden, aber er ertrug alles ohne Murre». Sein Herr hatte drei Frauen Eine aus ihnen, von Geburt eine Türkin, kam oft aus die Farm binaus und liebte es, sich mit dein Gefangenen zu unterhalten. Sie stellte ihm viele Fragen über seine Religion. Zuweilen bot sie ihn auch, ihr etwas oorzusingcn. Dann sang er den Psalm der gefangenen Juden: „An den Wassern Babylons sahen wir und weinten", und anderes aus den Psalmen. Schließlich kau, die Frau so weit, dah sie ihren, Manne sagte, er habe doch nicht recht gehandelt, eine Religion auszugebe», von der sein Sklave ihr so wunder bare Dinge erzählt habe Die Rede der l7rau machte auf den Manu einen großen Eindruck Er ging nun auch selbst hinaus und stichle seinen Sklaven ans Die Unterhaltung mit ihm brachte ihn baid zu einer klaren Erkenntnis seines bedanernswerstn Zustandes Run batte aber der Gtanbenswechsel eines Mohmumeda- ncrs die Todesstrafe für ihn und seinen Lehrer zur Folge. Von einem Algerier, der in» diese Zell Christ ward und als sollt er enldecltt wurde, erzählte mau sich, das; er in tue Feituna-weile, deren Bau er gerade besonne, eingemaneri worden sei D:e Geschichte klingt nickt gerade nngtaubstck. wenn nun, bedenkt, das; in späterer Zeit französische Ingenieure n> einem gewNst- ge» Lehmblocke die Ueberreste eines Mm,mm enwuk.en Seme maurischen Gesicktszüge und die Eindrücke seiner Klewung waren deullich erhalten Auch kleinen noch sckwmze Haare cm dcm Abdrucke. Der Herr unseres Sklaven schrak vor solche» Aussichten zurück und beschloß, mit diesem hestnstcb zu eustlle- heu. Bon der Fron ist leider nichis weiteres bekannt Ob sie die Flüchtlinge begleiten loollle oder konine. weiß man nicht. Gewiß ist. daß die beiden sich einer kleinen Barke anvertranten und glücklich das Mittestneer übergnerten. Am 28. Juni 1607 lan deten sie in Aigues Morles. Der Renegat schwor seine», falsche»