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Sächsische Volkszeitung : 07.05.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193005077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19300507
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19300507
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-05
- Tag 1930-05-07
-
Monat
1930-05
-
Jahr
1930
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 07.05.1930
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Notoplcr >n ^orm von 25 Prozent oder 5,0 Prozent Zulchlag Z»r Lierstcucr. Ich hotte nichts dagegen, wenn, solange die große Arbeitslosigkeit in Deutschland besteht, jeder Biertrinker pro Liter 2—4 Ptennig Nir die Arbeitslosen auszubiingen hätte. Das würde 100-290 Nkillioncn bringen. In den letzten Monaten sind im Reichstag rund 7 5 0 Millionen Mark neue Steuern, für Reich und Länder.beschlossen worden. Etwa 150 Millionen dieser Steuern hat die Zentrumspartci des Reichstages nur mit dem grönlen Widerstreben zuaestimmt und zwar der Er» Höhung der Umsatzsteuer, der erhöhten Besteuerung des (Srotz- unisatzes. wovon auch die Konsumvereine betroffen werden, und der Mineralivassersteuer. Im Augenblick aber war um diese Ding« nicht hcrumzukommen. Im Reichstag wurde letzten Endes nicht abgeslimmt über Biersteuer, Umsatzsteuer, Mineral- wajscrsleucr sondern darüber, ob die Steuern aus parlamen tarischem Wege oder mit dem tz 48 der Reichsvcrsassung gemacht werden sollen, darüber, ob die Steuern mit oder ohne Reichs- togsauflösung zu beschließen seien' Steuern auf dem Wege der Diktatur machen, hat stets große außen- und innenpolitische Be denken. Und eine Reichstagsanjlüsung hätte die Wicderankur- belung der Wirtschaft um viele Monate aufqchalten. Beson ders unsympatische Einzelheiten an den beschlossenen Steuern können im Herbst bei der Beratung des allgemeinen Stcuer- senkungs- und Sparprogramms wieder in Ordnung gebracht werden. Las Problem der Arbeitslose« Auf dem Gebiete der Sozialpolitik ist gegenwärtig di« brennendste Frage das Arbeitsloscnproblcm. In Deutsch land haben wir uns. insbesondere in der nächsten Zeit, damit zu beschäftigen: 1. wie verringern wir die Zahl der Arbeits losen, 2. wie versorgen wir jene, die wir nicht in den Produk tionsprozeß einbczichcn können. In den nächsten Wochen ist eine der Kernfragen der deutschen Innenpolitik die: wieviel Arbeitslose wird Deutschland im Jahresdurch schnitt 1930 zu versorgen haben. 1929 hatten wir vurchschniltlich 1,275 Millionen Arbeitslose in der Arbeitslosen versicherung, daneben 175 000 Arbeitslose in der Kriscnuntcr- siützung, zusammen 1,45 Millionen. Das Institut für Hon- junkturforschung rechnet für 1930 mit einer durchschnittlichen Zahl non 1,5 bis 1,7 Millionen Unterstützten, wieder in beiden Untcrstützungsformcn zusammengcnommen. In der Arbeits losenversicherung stehen mir für 1,2 Millionen Mittel zur Ver fügung, in der Krisenuntcrstützung für rund 200 000. Wenn die Annahme der Institute für Konjunkturforschung zutrisft, dann fehlen für 1930 noch einig« Hundert Millionen Mark. Es kann aber auch noch schlimmer kommen. Und nun beginnt der Streit bei der Arbeitslosenversicherung. Sollen die fehlenden Millionen überwiegend aufgebracht nor den durch Beitragserhöhung, durch Steuern oder durch Abbau der Leistungen. In den nächsten Tagen tritt der Vorstand der Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung zusammen, um mir keine Vorschläge darüber zu machen, wir er sich die Sanierung t>«r Arbeitslosenversicherung für 1930 denkt. Nach diesen Vor schlägen w«rde ich baldigst mit einer Sanierungsnovelle an den Reichstag hcrantrctcn. Ich stehe nicht aus dem Standpunkt, daß die deutsch« Arbeitslosenversicherung in ihrem organisatori schen Ausbau ein Kräutchen Rührmichnichtan ist. Die Arbeits losenversicherung ist die schwierigste Bersichcrungsart. die es gibt. Bei der übrigen Sozialversicherung spricht der Arzt das entscheidende Wort. Bei der Arbeitslosenversicherung spielen arbcitsmarktpolitischc und arbcilsmoralischc Faktoren eine starke Nolle. In allen Ländern mit schwierigen Wirtschasts- verhällnissen ist die Arbeitslosenversicherung ein Schmerzens kind. Ucbcrall werden an ihr jedes Jahr einige Aendernngen vorgcnommcn. Für Deutschland bin ich der Meinung, daß in der gegenwärtigen Stunde, in einer Stunde der Massena'bcits- losigkcit — nachdem im Oktober 1929 die hauptsächlich erkenn baren Mißstände beseitigt worden sind — durchgreifende Vcr- billiaungsrcformcn kaum werde» hcrbcigcsührt werden können. Sonst tritt ein, was auch in England zu veobachtcn ist. Dort ist die Sozialversicherung im ganzen nicht so umsasscnd ausgc- baut als bei uns. Das Ergebnis ist: Geringere Aufwendungen siir Sozialversicherung, aber sehr viel höhere Ausgaben für Fürsorge und Wohlsahrtszwecke. Die Erhöhung der Wohl- sahrtseiats in den Gemeinden würde sich in Deutschland sehr viel wirtschastshcmmender ausmirken als eine Beitrags erhöhung der Arbeitslosenversicherung oder eine allgemeine Reichssteuer. Manche glauben sodann, man brauche bloß die Saisonarbeiter. insbesondere di« Bauarbeiter aus der Arbeitslosenversicherung heraus zu nehmen, dann sei diese in der Hauptsache saniert. Auch dies« Auffassung scheint mir falsch zu fein. Die Bauarbeiter, die gut organisiert sind, würden b«i ihrer Herausnahme aus drr Ar beitslosenversicherung sich erhöhte Löhn« erkämpfen und dann ihr« eigen« gewerkschaftliche Arbeitslosenversicherung auszubaucn. Die unorganisierten Bauarbeiter würden sich beim Wohlfahrts amt melden. Das aber würd« wieder zu ähnlichen Zuständen ruyren, wie bei der Aussperuna d«r Metallardelter in Nordwrst im November 1928. Für di« Eefamtwirlfchaft des Landes wäre damit nichts gewonnen. Die Arbeitslosenversicherung hat In England meines Er achtens deshalb zu so großen Auseinandersetzungen geführt, »veil inan glaubte, sie für sich allein betrachten »nd lösen zu können, was nicht möglirh ist. Die Arbeitslosenversicherung muß in Wahrheit im Zu sammenhang mit der Krankenversicherung, der FUrsorgegesetz- oebung und im Hinblick auf die politische Gesamthaltnng eines Volkes gesehen werden. Die Arbeitslosenversicherung muß sonach unter folgenden Gesichtspunkte» betrachtet« und behandelt werden: 1. Wie verschaffen wir den Arbeitslosen Arbeitsgelegenheit, 2. Wie kann für die regelmäßigen und immer wiederkehrcn- den Besucher des Arbeitsamtes, soiveit sie antisozial find, der Bezug der Arbeitslosenunterstützung erschwert werden. 3. Wie kann die Arbeitsvermittlung ausgcbaut und wirksam gefördert werde»? 4. Wie kan» offen erkennbaren Schäden und arbritsmorali- schen Gefahren entgegengcwirkt werden. 5. Wie lassen sich Ersparnisse bei der übrigen Sozialversiche rung erzielen, damit die Wirtschaft im ganzen nicht Uber Gebühr belastet zu werden braucht und den im Produk tionsprozeß stehenden Arbeitern nicht untragbare Lohn- abziig« aufgebürdrt werden müssen. S. Wie kann insbesondere in der Kranken- nud Arbeitvlosen- verficherung die Srlbstverantwortnng des einzelnen ver stärkt und auogebildet werden. Sozialversicherung als Ganzes Im ganzen sehe ich di« Sozialversicherung so: In der A r- heitslosenvcrsicherung haben wir noch «in schweres Jahr vor uns. woran auch der gute Wille der Neichsregierung und des Gesetzgebers nichls grundlegendes zu ändern vermag. Mit dem Jahre 1930 dürsle allerdings nach menschlicheinErmessen und in Auswirkung der Gesamtpolitik von 1930 ein wesentlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit und damit eine Erleichterung der Wirtschaft zu erwarten sein. Die Krankenversicherung Hai von allen Versicherun gen die höchsten Ausgaben, sie dürfte 1930 wohl beinahe 2,5 Mil liarde» RM. benötigen. Bei keiner Versicherung ist der Scha- denssall so häufig, wie in der Krankenversicherung: dies ent spricht an sich auch der Nalur der Dinge. Bei der Krankenversiche rung können aber durch Zuriickdrängnng der Bagatellsachen und durch Schutz gegen Mißbrauch aus dem Gebiete der ärztlichen Behandlung und der Arzneiverforgung Verbilligungen' erreicht werden. Bei der U n fa l I v er s I che ru n g wird den Arbeitern «ine verstärkte Mitwirkung bei Erlaß der Unsallverhütnngsvorschris- ten und bei der Ueberwachung ihrer Durchführung einzuiaumc» sein. Die Invalidenversicherung steht in einigen Jahren vor einer Krise; dann sind ihre Ausgaben höher als ihre Einnahinen. Auch werden in absehbarer Zeit Beiträge und Leistungen für die besser bezahlten und Qualitätsarbeiter denen in der Angcstelltcnversicherung angeglichcn werden müssen wie auch für die älteren Arbeiter, die nicht mehr dem Proouktioiisprozeß eingeglicdert werden können. ErleülNermi. en zum Bezug der Altersrente geschaffen werden müssen Die afür benötigten Mehrauswendnngen müssen in der Hau,>ti.,1,r durch Ersparnisse bei anderen Versicherungszweigcn und durch eine vereinfachte und verbilligte Verwaltung bei der gesamten Sozialversicherung gewonnen werden. Daneben müssen Mittel und Wege gesunden werden, wie insbesondere in der Kranken, und Arbcitsloscnversicherung die Selbstverantworlung des ein- zelnen gestärkt wird. Man darf nicht bloß soziale Gesinnung von anderen erwarten, aus dl« Arbeiter untereinander müssen sozial und füreinander handeln. Ein »ngerechtsertiger Bezug von Unterstützungen, für die die anderen die Mittel uns. z,»bringen haben, ist unsozial. Im übrigen sehe ich in den nächsten Jahren in der Sozialversicherung nicht das Kernstück der sozialen Politik, sondern im folgendem: 1. Es muß alles aufgeboten werden um die Arbeitslos«, wieder in den Produktionsprozeß einzugliedern. 2. Es sind durch eine entsprechende Wirtschafts- und Steuer. Politik die Voraussetzungen zu schassen für eine alliv« Reallohnpolitik. 3. Es ist das Arbeltsrccht vorwärts zu bringen, insbesondere das Arbeitsvertrags, und Tarisvertragorecht. 4. Es ist nachdriicklichst zu arbeiten an der gleichberechtiglen Eingliederung der Arbeiter in den Eesellsclzasts. und Wirtschaftsorganismus. Das kommende Gesaml-Programm In den nächsten Wochen müssen der Etat und das klein» Ostprogramm erledigt werden. Für den Herbst steht bevor ei» großes ineinandergreifendes Steuersenkung»- und Spar programm, sowie das große Ostprogramm, das aber bis aus weiteres nur auf Ostpreußen und den Grenzgürtel am dies, festigen Korridor beschränkt werden kann. Gegenüber de« Gesamtprogramm des Herbstes steht noch nicht fest. ob es mit diesem Reichstag erledigt werden kann, oder mit einem neue» Reichstag durchgcsllhrt werden muß. Die Zentrumopartci kan» bestimmt vor ihren Wählern bestehen. In der Politik ist das Ganze entscheidend und nicht dies« oder jene unsympathische Einzelheit. Vreden und Umgebung Neue Slratzenbahnlinie Dresden, 6. 'Mai. 'Mit Beginn des Sommcrfahrplancs der Dresdner Straßenbahn-AG. wird eine nene Straßenbahnlinie eingerichtet, die die Numerbezeichnung „8" erhält. Als Fahrt- weg dieser neuen Linie, die die ans den gleichen Straßen ver kehrenden Hanptlinien «nllaslen und einen großen Teil des Verkehrs nach und von der Hygiene-Ausstellung über nehmen soll, ist folgender vorgesehen: 'Ab Endhaltestelle Schan- dauer'.Gollleubacr Straße die Lchandaucr »nd Borsbergslraße entlang bis zum Fürstenplatz, von dort über Nicolai- und Eana- Icttoslrahe zum Süwelplatz s'Ausstcllungst dann Grunaer Straße, Pirnarscher Platz, Iohaiiustcaße, Altmarkt, Wilsdruffer Straße zum Postplatz. Von dort aus wird die neue Linie in de» Hauplvcrkchrsslundcn anf dem Fahrt weg der Linie 19 bis zur Roqneltestraßc »Cottas weiterbetriebcn. Dadurch wird der anf diese»» Streckenteile nötige Sonderivagenverkehr in ge wissen Tagesstunden entbehrlich gemacht. : Zum Muttertag am 11. Mai. Auf Grund der Rciäzsvcr- ordnung über die Sonntagsruhe im Handclsgcwerbe vom 5. Fe bruar 1919 wird für den diesjährigen Muttertag, Sonntag, den 11. Mai, für Blumengeschäfte der Handel mit Blumen, Kränze» und Gewinden sowie die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern für die Zeit von 11 Uhr bis 16 Uhr gestattet. . Ausschluß der Fahrpreisermäßigung für Gcseltschastsfahr- tcn zu Pfingsten. Mit Rücksicht aus den zu erwartenden starken Psingstoerkehr wird die Fahrpreisermäßigung für Gesellschasts- iahrtcn in der Zeit von» 7. bis 9. Juni 1930 auf der Reichsbahn nicht gewährt. : Ausruhrprozeß. Vor dem Gemeinsame» Schöffengericht Dresden begann am Montag der Strafprozeß gegen den Ar, beiter Max Benedikt und weitere 12 Mitangnklogle. sämilich in i'Resa wohnhaft, denen Ausruhr. Landsricdensbruch. Ansiis. tung dazu und Widerstand gegen die Staatsgewalt zue Last ge. legt wird. Die Straftaten sollen anläßlich der am 6. Mei'.', in in Riesa wohnhaft, denen Aufruhr, Landfridensbruch, 'Ansiis, den sein. : Der Polizeibeamte als Lebensretter. Am Connlagnoä. mittag kurz nach 5 Uhr bemerkte der auf einer Streife briüö> liche Beamte Putzbach von der 19. Polizeiwache in Ilebigeü, wie in der Elbe ein vollständig bekleideter Manu schwamm. Kurz entschlossen legte er Seitengewehr und Wasfenrock ab ir d spang in die Elbe. Es gelang ihm, den Mann, der kurz zwei in die Elbe gefallen und vor dem Untcrgehen war, zu retten. Der Verunglückte wurde der Heil- und Pilcgeanslalt zugrmr.I. : Internationale Taschendiebe sestgenommen. Seit ei hz.r Zeit wurde von der Kriminalpolizei auf drei Taschendiebe ge>ü„< det, die wiederholt Personen, die größere Geldbeträge im Po''!> scizeckamt, in der Stadtbank usw. abgcholt Imtten, auf dem Heim wege in der Straßenbahn oder in Geschäften bestohlen hnicr Am Freitag bemerkten Kriminalbcgmte vor bzw. in der §:od:> lnrnk drei verdächtige Männer. Ein 29jähriger tschcchoslowalu chei Staatsangehöriger und ein Mjährigcr Kaufmann aus Pckrii wurden nach dem Kriminalamt gebracht. Einer der Männer wer geflüchtet. Es handelt sich um internationale Taschendiebe 'A!lc:n in Dresden konnten sie zu 9 derartigen Diebstählen übciiiii>:> werden. Bühncnvolksbund Dresden. Zu den am 8. und 9. Mai nttO stattfindeiidcn zwei Gastspielen des Humoristen Ludwig Mmckcd Lommel im Gewerbelzaus — 8.15 Uhr — können den M z. e- dcrn Eintrittskarten zu ermäßigtem Preise in der Gcsclräin irick Amalicnstrahe 13, abgegeben werden. aus deutsches Kulturgut verteufelt nahe. Und Wagners „Ribc- Inngeiniiig" ist unbeslreillxrr deutsches Kulturgut. Mon hoffte also auf die „Walküre". Jedoch kam man vom Regen in die Transe. Bei den Bühnenbildern winde man m verstärklrm Grade an Leim nud Pappe gemabnt. I» der Hi in iiigshülle haflele zwar der Blick an der mächtigen Esche Aber dafür konnte mon das Rätsel der Gewächs- oder Treib, haussciisler hinter dem rauchenden Herd nicht lösen. Herd? Na ja. nach Wagners Angabe muß es ein Herd sein. Trotz alle dem sah dieses »»bestimmtes Etwas wie ein Pianino von der Rückseite aus. Tic LZaupolizei scheint sich auch wenig um diese Siedlung gekümmert zu haben: denn der Frühlingssftirm riß gtc ck die vollständige Hinlcrwand weg. Der zweite Akt sührt in eine witdc Gebirgsgegend. 'Man muß jedoch reichlich viel Phantasie aufbictcn. Die Fclszinkcn könnte man sonst für Strandkörbc Izailen. Allerdings in überlricbeiicr Perspektive oder durch ein Teleskop gesehen. Gänzlich verunglückt ist das Ciscktiiicn von Wotan und Briinhitde in diesem' Strandkorb- Frisei. So etirm wirkt ein schlechter Oclsarbendrnck. Und rndticl. der Brinihildeiisclsen. Er wäre ein ganz o»sgezeichnctes Kinckee für jede Packung einer Schokoiad entasch Und der ..Feucrzaiiber" wird z»m Lichtreklame-Kitsch. Alan hat über den früheren ..Feuerzanber" oft genug Glossen gemacht. Aller - Hand aufs Herz — er irwr gegen den jetzigen entschieden eine Knuste.! sgabc. Ebenso unmöglich sind die Kostüme. Zu einem blu'.roicn 'Mantel — auch hier muß man an einen Gummimantel denken — trägt Wotan einen btaucn — na, sage» wir Helm. Schließ lich muß cs ja ein Helm sei». Fricka und Sicglind« dürsten an scheinend assyrische oder babylonische Friseusen haben. Den Schmuckgegensländen nach zu urteilen, die Fricka trägt, hat cs zu Wotans Zeiten bereits Hosjnwclicrc gegrlien. Der finstere Hunding ist ausgerechnet mit blondem Haarwuchs beglückt. Sein Schneider ist sictzeriich auch assyrischer Hcrkuust. Während Siegmund seine Bckseidung aus Tirol bezogen leiben muß. Daraus deuten wenigsicns die ledernen Kniehosen hin. Schade, daß Weilt nicht die „Walküre" vertont hat. Er ließe gewiß den' Sigmund einen sakrischen Schuhplattler tanzen. Die Ab- stamliiig der Briinhitde und der Walküre dürste manchem Kops- zr>t>cchen machen. Ihrer Kleidung nach sind cs ober unbedingt Hunnen. Für dieses Pötkcrkonzcrt sind wir Germanen entschie de» in der Schuld des Trachlcncrsinders. Für die Neueinstu dierung des „Siegsrich." »nd der „Götterdämmerung" aber er- öisiicu sich beglückende Aussichten. Eine Frage bleibt jedoch osi'en. War für diese groteske 'Aufmachung eine Neuinszenie rung nötig? Line Antwort daraus ist wohl ülKrslüssig. » Ziveicrlci ErsculicheS hatte die Neueinstudierung des „Rheingold" und der „Walküre". Die Beleuchtungs- essekte, deren technische Einrichtimg Georg Brandt besorgte, waren von eindrucksvoller Wirkung. Unaufhörlich wechselte das Farbenspicl in der Landschaft, in der Rhcinticfe, in Nibel- heim. in der Hunbingshütte und im Wolkenbilde. Und manch« Vcr'rcung in der dekorativen Gestaltung wurde dadurch gemil dert. Für die Mitarbeit der Solisten ist kein Wort des Lobes zu hoch gegriffen. Wenn auch in Kleinigkeiten Reste geblieben sind, so liegt das weniger an den Darstellern als mehr an der Spielleitung. Otto Erhardt ist bestrebt genrescn, die Starr heit der Tradition aufzulockern. Da gab es zinveilen ganz interessante Kombinationen und Einzelbeobachlungen. Das Spiel hat sich merklich vom M'thos entfernt und sucht gewandt Beickindung mit der m»sikalischen Linie. Dafür tritt aber mit unter eine gewisse Passivität in den Bewertungsformen auf. die nicht recht begründet erscheint. Am wenigsten geglückt ist die Ehoraktccislik des Loge. Die wabernde Lohe, das unflätige Flackern des Feuers, die Dämonie, sächsische Schlauheit und Ger-eben heit läßt sich durch übcrcrvöse und zapplige, hin und her schicßcnde Formen nickt verbildlichen. So ivurde der Loge, der Teufel der germanischen Götterwelt, zur Groteske, zur Karikatur. Und das war umso deutlicher, als ihn schon die Maskerade dazu gestempelt hatte. Echt und deutsch, von Wagnerischem Geiste durchdrungen, irxrr aber der Gesang. Friedrich Plaschkcs cdclsarbiger Bariton, Helene Jungs dunkler, saickcnsatter Alt. Angela Koiniaks tauirischcr Sopran, Eugcnie Burkhardts modu- lationsreiclze Stimme, Claire Borns helleuchtende Tongebung, Willy^Baders fülliger Baß vereinigten sich mit den kultivier ten Stimmen Er molds. Langes, denen der Rhcintöchter tErna Berger, Elsa Wieder szum ersten Malest Elfricdc Haber Korns und der Walküren (Liefe! v. Schuch. Ella Wieder, Angela Kolniak, Eisriede Haber- Korn, Helena Wara, Sigrid Rothermel, He lena Jung, Charlotte Schräders zu einem be steckenden Klangzauck'er. Auch der Timbre der neuen Altistin Toris Doe scheint sehr klangschön zu sein: denn «in« genauere Beurteilung läßt sich nicht seststellen, da sie aus einem pappenen Felsen singen muß Ballarini, Ditlrich und der geschmeidige Baß Böhmes gaben harmonischen Ab schluß Auch Lorenz konnte im Klange schwelgen. Wcnn sich Martin Kremer in seine Kostiimgrotcske emzc. wohnt haben wird, wird sich auch der Gesangsstil gefestigt keck: Als Orchesterführer Hermann Kutzschbach. Stil!- re musikalisch seinsühlig wie immer, belebte er die gcivaüec» Partituren Wagners in hcrvorradendem Maße. Ein neues Ruhmesblatt pflückte sich die Staatskapclle. So lebte iveuigstens in der musikalischen Nachschau:!!!'» der echt deutsäze Geist Riäzard Wagner?, und sein Vertrauen cu's den üeutsclzeir Geist fand in Sängern, Kapellmeister und Koprü Erfüllung. Ruft man sich aber die Trachlencnlwürfe noch cinmck m Erinnerung und damit gleichzeitig die landschaftlichen Biitmcii- bilder, die von deutscher Heimat auch nicht einen Schimmer tragen, so löst sich als Kulminationspunkt die Absicht hrrous, die nordische Eddasage, und damit Richard Wagners Haiick."ict> zu entgermanisicren. Und doch kam cs dem Bayreuthrr Ski« ster darauf an, mit dem „Nibelungenringe" eine Wicdcrbcte. bung des „Sinnens und Dichtens nationaler Brr. g am g c n l, e i t" zu erreichen. Wer aber in diesem Stirdrii nicht für Wagner ist. der ist gegen Wagner. Darüber tciu'ül auch alles Tüfteln und Deuteln nicht hinweg. Eine Staatsoper soll aber schließlich nicht dos Bernichr- seld süc malerische Träume und Phantasie sein. Und gar noch im „Nibelungenring". Für dergleichen Erneuerungsvcriuche sind Ausstellungen ein weit geeigneterer Ort. Letzten Endes ist unser Poll, auch nicht mehr so reich, daß wir uns den Luiu« leisten können, dekorative Bühnenausstattungen ausz»prot''e. rcn, die einem deutschen Kulturgut« nicht zugute kommen. T:e Bühnenausstattung für den „Ring" hätte noch für lange Jahre genügt. Hier und da einige Verbesserungen, Auffrischung der Kostüme und sandige Nachhilfe hätten es auch getan. Es will« ernstlich die Frage erwogen werden, ob von einer Erncucruutt des ..Siegfried", und der „Götterdämmerung" nicht Abstand zu nehmen sei. Der „Nibelungenring" ist nicht das Objekt im Sensationsgelüste. Das ließ auch das Publikum erkennen: dcini beide Abende waren herzlich mäßig besucht Und die Beifalls- freude beschränkte sich nur auf einen kleinen Bruchteil der Besucher. Noch der ersten Münchner Aufführung 1869 schrieb Wagner: „Sviclt nur, ihr Nebelzwerge, mit dem Ringe, wohl dien es euch zu eurer Torheit Sold: doch habet acht: euch wird der Reif zur Schlinge: ihr kennt den Fluch: seht, ob er Schächern hold!" Was würde wohl Wagner zu der Dresdner Neuinszciii«. rung sagen? Otto Holstein.
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