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Sächsische Volkszeitung : 06.06.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193006062
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19300606
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19300606
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-06
- Tag 1930-06-06
-
Monat
1930-06
-
Jahr
1930
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 06.06.1930
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««mmer 188 Süchsifche Dolkszetlung 8 Juni »SSV „Um vr. Brüning" (Don unserer Berliner Schristleitun ft.) 2mmer wenn das Zentrum an einer Regierung beteiligt Ist die, weil die Sozialdemokratie streikt, auch von rechts her Kräfte zur Mitarbeit heranzieht, taucht jener schon längst bekannte „anonyme Zentrumsmann" auf, der aus dem tiefsten Innern seine warnende Stimme erhebt und der sich nicht genug tun kann in Vermutungen, Verdächti gungen und Unzufriedenheit. Auch diesmal wieder ist jener „Zentrumsmann" prompt auf der Bildfläche erschienen! (wir hatten schon auf ihn gewartet). Die „Frankfurter Zei tung" hat sich seiner erbarmt und ihm ihre Spalten zur Verfügung gestellt — wenn jener „Zentrumsmann" wirklich der „Zentrumsmann" ist, als den er sich selber ausgibt und den uns die „Frankfurter Zeitung" auftischt. Es ist schade, daß ein so ernstes und anerkanntes Organ wie die „Frank furter Zeitung" in solchen Situationen nichts Besseres zu tun weiß, als sich mit anonymen Zentrumsleuten abzu geben. Wir bedauern das der Zeitung und der Sache lvegen. Nun hat der stellvertretende Vorsitzende der Zentrums partei, der Neichstagsabgeordnete Ioos, diesem eigebtüm- lichen Anonymus in der „Kölnischen Volkszeitung" geant wortet. Ioos ist davon ausgegangen, dast der Reichskanzler Dr. Brüning, gegen den persönlich sich der Artikel in der frankfurter Zeitung" richtet, sein« Gegner hat, offene und verdeckte, und dast dies nichts Absonderliches sei. Das stimmt durchaus. Jeder Reichskanzler hat seine Gegner — und Herr Müller hatte sogar sehr viele in seinen eigenen Reihen. Zoos zitiert folgende Stellen dieses fabelhaften Zentrumsmannes: „Dr. Brüning hat in der Fraktion niemals eine Nolle ge spielt,' seine Fähigkeiten, seine Kenntnisse, sein scharfer Verstand wurden allgemein anerkannt, aber seiner politischen Erscheinung fehlt das geistige Fluidum. Denn das ist doch das Wesen der Persönlicheit, dast ein bezwingendes Etwas von ihr ausgeht . . . Er blieb, was er war: ein tüchtiger Fachmann, ein integrer Charakter, ein gewandter, aber unrhetorischcr Redner, ein Mann ohne den Univcrsalismus der politischen und allgemeinen Bildung. So ist es von logischen Gesichtspunkten aus unerklär lich, wie ein Nichlpolitiker (!) und in den Anfängen der parla mentarischen Laufbahn stehender Mann . . . Das Zentrum will sich in seinen bestimmenden Männern an den Burgerblock nicht dauernd binden, die Verantwortung der Partei und der Fraktion soll nicht durch geschichtliche Namen fcstgelegt werden. Es kann aber auch anders sein. Die Reaktion geht um, und die Katholische Aktion hat sich diese als Ziel gestellt. Man braucht nur einen Blick in die Zcntrumsprcsse zu un: es ist erstaunlich, wie auch solche Blätter, die bisher einen fortschrittlichen Kurs vertraten, sich gehorsam zeigen . . . Dr. Brüning ist der Mann, der aus dem Schatten der Prinzipien ins Helle Licht der realistischen Katholi schen Aktion getreten ist. Er stammt aus Münster: seine Katholizität hat nicht die universale rheinische Nuance, die aus Gründen geschichtlicher Vergangenheit einen inneren Anschlust an das westlich betonte deutsche Kulturerbe besitzt, Brüning ist konservativ, und seine grostngrarischc und adelige Umgebung gibt diesen« Konservativismus den Charakter, So ist Brüning auch der Vertrauensmann der agrarischen Reaktion überhaupt, die seit langem im Zentrum herrscht . . Und Zoos antwortete: .Melcher Zentrumsmann kann so etwas geschrieben haben? Auf welchem Planeten wohnt er? Er tut so, als ob er wüsste. Er weist aber gar nichts. Nichts darüber, was eigentlich den Fachmann Dr. Brüning den Fraktionsmitglirdern allesamt an ziehend erscheinen liest, nichts davon, dast man ihn in einer kaum gekannten Einmütigkeit zum Fraktionsvorsitzenden wählte. Es fehlt ihm das fludium" der Demokratie! Mir haben es nicht vermisst. Die rheinischen, schlesischen und westfälischen Partei freunde, die ihm zugesubelt haben, offenbar auch nicht. Damit ist nur bewiesen, dast wir es in dem Verfasser mit einem jener hoffnungslosen Demokraten zu tun haben, für die nicht Sach kunde, sondern Rhetorik das Wesen des Politikers ausmacht. Ein stehcngeblicbcner Demokrat, der keiner Demokratie mehr nützen kann. Das Tollste ist die Geschichte von den dunklen Trieben der Katholischen Aktion, „Die Reaktion geht um und die Katholische Mion hat sich djöse als Ziel gestellt" . . . Wo in aller Welt bat sich diese Katholisch« Aktion in die politischen Reise nach Karthago Von Pfarrer Dr, Just. I. Eucharistie ist das Zauberwort, das so manchen deut schen Katholiken bewog, seine Schritte nach dem fernen Kar thago zu lenken. Eucharistischer Kongreß bedeutet eine große Feier zu Ehren des allerheiligsten Altarsakramentes: er will die Menschen aller Länder und Nationen um die heilige Hostie scharen. Solche Kongresse fanden bereits in Metz, Köln, in Wien, Amsterdam und in allen Weltteilen außer Afrika statt. Da in diesem Jahre dqs Andenken an den größten aller Kir chenväter, den hl. Augustinus, Bischof von Hippo, und sein 1500jühriger Todestag gefeiert wird, ist als Tagungsort des Eucharistischen Kongresses Karthago in Afrika gewählt worden, Hier hat Augustinus zum großen Teil seine Jugend verlebt. Ich beteiligte mich'an der Sonderfahrt der Rotala, Treffpunkt war Basel. Sturm und Regen bei der Abfahrt, aber Heller Sonnenschein, als die gewaltigen Bergriesen ihre silbernen Scheitel erhoben. Neuschnee! In schimmernder Pracht leuchten die Firnen. Immer näher rücken die gigantischen Fel sen, zum Greifen nahe die schneeigen Adern, die wie flüssiges Silber die schroffen Felswände hinabstcigen. Von schwindelnden Höhen springende Wildbäche, rauschende Quellen — eine einzig schöne Fahrt durch einen Frühlingsgarte». wenn der Blick über saftige Matten und blumengeschmückte Wiesen schweift. Unser Zug donnert durch den 14 600 Meter langen Simplon Die ersten Palmen rauschen Südlandsgrüße den nordischen Pil gern zu! Genua! — die Stolze „La Suberba". Wir wandern vom Zug in den Hafen, wo unsrer der prächtige Dampfer „Lützaw" vom Deutschen Lloyd harrt. Stolz weht die päpstliche Flagge. Der Bück vom Verdeck des Schiffes auf die amphi- iheatralisch an den Höhen emporstcigende stolze Siadt ist mär chenschön. Der Dampfer soll uns ll! Tage Heimat werden. Schon tönt Kounnandoruf. Die AerbindUngstreppe wird auf gezogen und langsam setzt sich das Riesenschiff in Bewegung. „Muß ich denn, muß ich denn zum Stüdtele hinaus" spielt die Schissskapcile. Da läuten die Abendgiocken von Genua Hier und dort flammen an schimmernden Palästen Lichter auf — bald leg! sich silberner Mondschimmer über die stolze Stadt, Das Fiasko -er Kollektiven Die Aussaal und Vorbereitung -er Getreidebeschaffung in Sorvjekeichland „Kilse für -en Einzelbauern" Nach dem großen Rückzieher Stalins vor dem bereits unberechenbar gewordenen Unwillen der Bauernschaft konzen trierten sich die sowjetischen Bemühungen auf die Durch führung der Aussaat und die Vorbereitung der Getreidebeschaffung. Die Siluatio» war durch die Un- sinnigkeitcn und Eigenmächtigkeiten der Kollektivierungspolitik reichlich verfahren, viel kostbare Zeit war mit den Aus einandersetzungen und der bäuerlichen Obstruktion unwieder bringlich verlorengegangen. Es galt nun. mit schnellen Ent schlüssen und eiligen Maßnahinen einen letzten Rest von Zeit zu nutzen, sollte nicht die schon drohende Gefahr bäuerlicher Aussaat- pasiioität sich zu der Katastrophe ungepflügt bleibender Aeckcr auswachsen. Das Hin und Her der Stalinschen Bauernpolitik hat ein« nicht geringe Verwirrung geschaffen. Die für die Aussaat kampagne unbedingt notwendige Klärung der ländlichen Besitz verhältnisse ist wohl erstrebt, aber nur zu geringem Teile auch tatsächlich erreicht worden. Der gegenwärtige Zustand ist der artig undurchsichtig, daß nicht einmal die Sachbearbeiter im Volkskommissariat für Landwirtschaft über einwandsreie, die bäuerlichen LandbesitzverhLltnisse charakterisierende Angaben ver fügen. Wie groß die durch den Mnssenaustritt der Bauern aus den Kollektiven hervorgcrusene Verschiebung in den Grundbesitz- Verhältnissen nun eigentlich ist, läßt sich auch nicht mit einiger Bestimmtheit sagen. Der Moskauer Agrarbezirk ist aber ein Beispiel dafür, daß gründlichste Besitzverändcrungen eingetreten sind: von bereits bis zu 75 Prozent durchgefiihrter Kollekti vierung besteht heute nur ein Nest, knapp IO Prozent. Sach kenner schützen, daß die Kollektivierung vo» über 60 Prozent auf rund 00 Prozent zurückgcgangen ist. Unter diesem Eindruck Hatto sich denn auch die Parole für die Aussaatkampagne gewandelt. Als unterstützungsbedürftig stehen nun nicht mehr die bäuerlichen Kollektivwirtschaften im ausschließlichen Vordergründe, sondern die Agrarpolitik segelt wieder unter der Devise der „Hilfe für den Einzel bauern". Aber diese Hilfeleistung dürfte, da sie nach dem großen agrarpolitischen Krach und an sich auch reichlich spät kommend, unüberwindlichen, sachlichen und größten materiellen Schwierigkeiten gegenüberstehen. Unwiederbringliches ist be reits zerstört worden oder verlorengegangen, man Senke an die Dich- und Anventarvcrüußerungcn der Bauern, als daß eine selbst großzügigste Hilfeleistung die benötigten schnellen Er folge hervorzaubcrn könnte. So ist denn nicht verwunderlich, wenn die Kommentierungen der cinzelbäuerlichen Frühjahrs aussaaten außerordentlich vorsichtig gehalten sind Das Land- wirtschastskommissariat bemüht sich, mit kurzfristigen Ver öffentlichungen den Gang der Frühjahrsaussaat erkenne» zu lassen, die mit aiigcftx>nntestcin Interesse von der noch immer mit Nahrilngsmittelsorqcn kämpfenden Sowscidssentlickikeit ver folgt werden. Sind diese Veröffentlichungen auch nur einiger maßen zutreffend, dann ist die Entwicklung der Frühjahrs aussaat überraschend günstig. Nach den siir Mitte Mai vor liegenden Daten sind fast 50 Millionen Hektar Land angebaut, womit die Planaussteliung zu etwa über 65 Prozent erfüllt ist. Der Anteil der Kollektivwirtschaften an dieser Aussaat beträgt L3 Millionen Hektar. Einzelangabcn zum gleit besagen, daß der Weizenanbauplan zu 76 Pro ssaat beträgt rund L3 Millionen Hektar. Einzelangabcn zum gleichen Ter min besagen, daß der Weizenanbauplan zu 76 Prozent, der Zuckerrübenplan zu 96,4 Prozent, der Sonnenblumenplcin zu 5«,7 Prozent, der Maisanbau zu 56,5 Prozent und der Kar toffelanbau zu 39,7 Prozent erfüllt worden sind. Den besonderen Umständen nach geben diese Nachweisungen einen überraschend günstigen Stand der Aussaaikainpagne wieder. Wenn noch Besorgnisse bestehen, dann gelten diele dem Einzelbauern: ihn zum vollen Einsatz seiner Ar beitskraft, zur restlosen Bestellung seines Ackers zu beweg n, ist die Sorge der Gegenwart. Denn mit ihm. dem Einztt- bnuern, der ja noch immer über die Hälste der gesamten Acttr- fläckze des Sowjetbundes bewirtschaftet, steht und fällt die Vrot- versorgung des Landes! Wie wenig man den Kollektivwirt schaften zntraut, entsprechen- ihrem Anbau zur Vrotversorgung der Bevölkerung beizutragcn, ließ eine Aenßcrung Mijo- knns des Volkskommissars für Handel, vor dem Gewerk schaftskongreß erkennen. Danach sollen die Kollektivwirtschaften, die ja rund 30 Prozent der Eesamtslnche nnbauen. den Ernte ausfall der aufgelösten Kulakenwirtschaften. die knapp sünf Prozent der Saatfläche innehatten, ersetzen, wenn auch „im Ucbersluß". Das klingt alles andere, nur nicht zuversichtlich; der Kollektivwirlschastsmethode ist damit das osfene Mißtrauen ausgesprochen worden. Noch mitten in den Sorgen und Vorbereitungen um dis Frühjahrsaussaat beschäftigte man sich auch schon mit der Organisation der kommenden Ketreidebeschaffiliigskampaanc. Das Ziel dieser Neorganisationsbemühungcn ist. das Nel einander der Aufknusorgane, die »ach altem Rezept mit k n Büttel der Preistreiberei in den Besitz der benötigten Eelr, - mengen zu kommen suchten, nuszumerzcn und einen z ' - traten K e t r e i d ea u f b r i n g u » g s a p p a r a t zu sci - fen. Haben sich bisher die staatliche Gesellschaft „Soji-.- Chleb", die Geteidegcnosscnschaftcn und die Konlumgcnoiie»- schafte» als autorisierte Eetreidcauskäufer betätigt so sollen verfügt, daß die Getreidcgcnossenschaslcn das Auskaiisnionopol erhalten. Eine Verordnung des Rats der Volkskommüsarc vom 14. Mai d. I. regelt diese Angelegenheit in diesem Sinne und verfügt, daß die Eetreidcgcnosscnschäften das Aaufkauftnonopol schon in der kommenden Ectreidebeichasftuigsperiode ansuüen. Von der Fachwelt und der Ocffentlichkeit wird diese Neurege lung aufs wärmste begrüßt und die Erwartung ausgesprochen, daß diese Konzentrierung der Ketrcideaufbringung die oben angedeutetcil Mißstände beseitigen werde. Immerhin lassen sich auch Pessimisten vernehmen, die auf die „linvermeidlichen Kinderkrnnkheiten" hindcutcn, die auch diese Reform durch wachen dürste. 0.2. Aktionen der Zcntrumspartei hnieingemislht? Wo hat sie ge fordert? Wo sich oufgedrüngt? Wo sind die „geistigen Häupter" der Zentrumispartei. die sich bei dem Verfasser über den Einfluß der Katholischen Aktion beklagt habe» und jammern, „daß sic nicht anders könnten"? Wir bitten um einen einzigen konkreten Fall! Wir wissen von keinem. Was der „Zentrums- mann" da wiedergibt, ist schweifende Phantasie. Mett er sich die ciiifackisten Vorgänge nicht natürlich erklären tan», sucht er nach der unmöglilWcn Motivierung. Lächerlich, die Behauptung, das Zentrum hätte Dr. Brüuing nur darum als Kanzler präsentiert, „weil es sich in seinen be stimmenden Männern an de» Bürgerblock nicht dauernd binden" wollte. Dr. Brüning war einer dieser bestimmenden Männer. Die Borstandsmitglieocr der Fraktion haben nach dein kläglick>en Versagen der Sozialdemokratie, jeder einzelne und nusnnhms- los, die Bildung der neuen Negierung (unter der wir ivcdcr gestern noch heute einen Bürgerblock sehe») mit Dr. Brüning autgeheißen. Das geschah aus klarer kleberlegung und freier Ueberzcugung. Verhandelt war genug, man mußte endlich handeln. Die Zciitrumspartei im Lande hat die bisherigen politischen Bemühungen und Handlungen Brünings mit vollem Vertrauen begleitet. Er kann es nicht allen recht machen. Sick-er nicht in einer so verzweifelt schwierigen Zcitlage, wie heute. Dennoch: daß er das Rechte will, ist unbestritten. Wir wollen cs vcm „Ientrumsmaan" der Frankfurter Zei tung ja recht deutlich sagen: Wir in der Zentrumsfraktion des Reichstags wünschen uns nicht anderes und nicht Besseres, als daß Dr. Brüning, wenn er seine Mission als Kanzler für be endet hält, wieder die Führung der Fraktion übernimmt. Sein« soziale wie seine demokratische Haltung stehen für »ns außetz Zweifel. Hier ist offensichtlich der Punkh, wo die Stimme aus „Zen- truinkrcisen" kyren fremden geistigen Standort verrät. Si« verweist die Demokratie auf die besondere Aufgabe dem „kleinen Mann gegenüber", damit die freiheitlich» und sozialen Er rungenschaften nicht verloren gehen. Was ist für diesen „Zcn- truinsdemokraten" das „Freiheitliche", was das „So ziale"? — Aus allein, was er schreibt, muß man entnehmend daß er jenen rein formalen Standpunkt vertritt, hinter dessen. Fragwürdigkeiten wir längst gekommen sind. Er must un» glauben, wenn wir ihm sagen: Auch die katholisch Arbeiter schaft erblickt im „gleichen Recht" und im „Vertrag" wie in der formalen „Gerechtigkeit" keineswegs das Höchste und Letzte. Sic hat erfahren und e>sährt es immer wieder, wie leicbt sich mit dem formalen Recht tatsächliches Unrecht verbinden kann. Mehr als das demokratische Grundrecht ist demokratische Ge sinnung. Und noch mehr als sie ist uns ein wirkliche» kaum gegrüßt gemieden und hinaus geht es auf hohe See Wie eine schwimmende Domkirche unser Schiff, lieber 115 Priester und ebensoviele Laien führt die „Lützow" zum Eucharistischen Kongreß Wie eine strahlende Riesenhostie erhebt sich am kom menden Morgen die Sonne aus dem Iiciischiiiiineruden Ozean. Man glaubt sich in eine Kathedrale versetzt. 12 Altäre sind auf- gcrichtet und Priester um Priester schreiten zum Altäre, um das heilige Opfer zu feiern, und Gläubige nahen sich dem Altars, um den eucharistischen Gott zu empfangen. Sülle Messen, und doch mächtiger als die gewaltigste Orgel braust das Meer und singt seinen uralten Choraigesang und Heller als der Glanz von tausend Kerzen am Hochaltar glühen die Strahlen der Morgen sonne und feierlich gleitet die schimmernde Kirche über schäu mende Wogen. Unvergeßlich wird allen Teilnehmern die Mai andacht bleiben, die wir auf dem Verdeck hielten. — Die Lan dung vollzieht sich glatt. Wir überschreiten die Schwelle des Orients und bald umfängt uns das malerische Durcheinander, das bunteste Völkergemisch. Der seierftche Empfang des päpstlichen Legaten in Tunis. Der Eucharislische Kongreß beginnt mit dein Empfang des päpstlichen Legaten. Viele Stunden vorher war der prächtige, palmendurchrauschie Piaß von der herrlichen Kathedrale in Tunis von einer schier endlosen Volksmenge aus aller Herren Länder dicht beseht. Immer mächtiger schwillt der Menschen strom a». Hier ein Zug von Litauen, dort Glaubensgenossen aus der Tschechoslowakei, da eine Prozession von Amerikanern. Wer zahlt die Pöiker, nennt die Name»! Schwarze Truppen sorgen für Aufrechterhaltung der Ordnung. Alle Dächer, alle Fenster sind von Hunderten und Tausenden beseht. — Da — feierliches Glockengeiäute. Ein fast endloser Zug, 7 Kardinale, 120 Bischöfe und eine mächtige Prozession von Welt- und Ordcnspriestern geleitet den päpstlichen Legaten über den Dom platz die Stufen des Heiligtums hinauf. Am Portal der Kathe drale ist ein prächtiger Altar aufgebaut. Die Tausende jubeln dem Vertreter des Heiligen Vaters begeistert zu. Ein Chor von vielen Hunderten singt das majestätisch klingende „ccce sacerdos magnus". Palmen rauschen, Glocken jubeln, und es ist, als ob sich um die Volksscharen tausendfach ein goldenes Vaud begei sterter Liebe schlänge. Das Psingstmunder wird Gegenwart. Die Menschen verstehen die gleiche Sprache. Ob Abendland oder Morgenland, Australier oder Amerikaner, in diesem Augenblick haben alle Herzen nur einen Schlag, allö Seelen nur eine» Ge danken, daß sie Kinder eines Vaters, Brüder des pucharisftschen Gottes, Söhne und Töchter der kalhoüschen Kirche, der Weit kirche sind. Pontifikalamt in Karthago. Karthago — heute die tote Stadt, nicht die blühende Stätte voll schäumender Lebensfreude und toller Suinenlusl. Noch schwebt etwas in der Luft, ein letztes Erinnern an ver gangene Herrlichkeit. Wie eine Riesenwallsahrt ziehen die Pil ger zum Heiligtum empor. Wie eine Siegesallee. von Hunderten von prächtigen Palmen umrauscht, steigt die Straße vom Meere zur schimmernden blütenweißen Kathedrale hinaus. Von der Höhe halten wir Umschau. Tausende und aber Tausende von Menschen in allen Trachten, aus allen Nationen folgen uns nach. So möge» die Gläubigen Israels am Osterfest in den Tempel Sions gepilgert sein — „laelalus sum en his guae dieta sunt mihi!" — Hoch oben auf der äußeren Empore der Katbedra!« stehe ich und denke der Pracht der versunkenen Stadt Ich sehe die alten Völker kommen und vergehen. Phönizische Schiffe liegen vor Anker — Karthago wird stolze mächtige Großstadt. In tiefem gesättigten Blau ruht das Meer. Es »inimett init leisem Wellenschlag die alte schöne Kunde vo» Kartbagos längst verschwundener Herrlichkeit Hier verlebte Augustinus seine un gestüme Jugend, hier weinte seine Mutter Monika uni ibren Sohn. Da drüben flüchtete Augustinus nach Italien. Dort sind die Ruineil des Amphitheaters. Hier brüllte die Menge vor Freude, als Perpetua und Felizitas oeu Milden Tiere» vorge- morsen wurden. Da plötzlich durchzttt->>'t mächtiges Festgeläute die Luft. Karthagos versunkene Herrlichkeit erstellt vo» neuem. Die tote Stadt erwacht zu neuem Lebe»: die Ruine» werden zum gewölbten Dom, in den jubelnde Ebristen au--- alle» Welt teilen Einzug halten. Unbeschreiblich der Augenblick, nie der päpstliche Legat, non 9 Kardinäten und 120 Bischöfen sowie von tausenden von Priester» begleitet, i» die prächtige Kaihebrale einzieht. Wie eine orientalische Braut königtick geschmückt borrt sie der Stunde, wo das Pontistkalau» beginnt und Gottes Sohn herniedersteigt. Duftige Bluiuengirlaiiden ronkeu sich zum hohen Gewölbe. Ein mächtiger Blumenstrauß scbivebl wie ein« ewige Lampe in der Höhe. Strahlendes Licht: muchzende Ge sänge, Jubel, Entzücken, wohin das Auge schont. das Odr lauscht. Eine einzige Völkersamilic um de» Baier de, Christen heit geschart! (Fortsetzung scstgi -
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