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24 Auaull I»zo «-»»»— Sächsische Dolksjzeilung Jugend und Wahl An -ie Führer nnd FUHrerinnen unserer katholischen Jugend Sachsens! Die Neichstagswahl steht bevor. Auch ein großer Teil unserer Vereinsmitglieder hat das Wahlrecht. Wird ein jeder und eine jede die Pflicht erkennen, die mit die sem Rechte verbunden ist? Werden sie alle von ihrem Recht in der richtigen Weise Gebrauch machen? Von wie vieb'n Seiten wird nicht die Jugend um worben! Jede Richtung denkt, daß ihr die Zukunft ge hört, wenn es ihr gelingt, die Jugend auf ihre Seite zu bringen. Wie leicht liefert sich die Jugend Agitatoren aus, die mit ideal klingenden Phrasen um sich werfen! Auch wir, die wir auf dem Boden der katho lischen Weltanschauung stehen, müssen wissen, daß nicht die Alten, sondern die Jungen darüber entschei den werden, ob unser Volksleben in der Zukunft von christlichen Grundsätzen und religiösen Kräften durch drungen sein wird oder nicht. „Groß ist darum die Ver antwortung der Jugend und laut ihre Frage nach den wahren Hütern der Verfassung. Politik verbraucht die Menschen frühzeitig, und in 20 Jahren schon wird die junge Generation von heute zu entscheiden und zu füh ren haben. Vor allem die junge katholische Generation ist dazu berufen, und sie bereitet sich vor, indem sie sich um Männer schart, die aus der Tiefe christlicher Weltan schauung zuerst mit sich persönlich zu Rate gingen und dann so dem Vaterlande dienen." (So Universitütspro- sessor Dr. Beyerle bei der Verfassungsfeier der bayrischen katholischen Jugend.) Unsere Jugend hat keine Erinne rung mehr an die großen Zeiten eines Windthorst und Mallinckrodt, der altberühmten Zentrumsfüh rer, sie kennt nur das mühsame politische Ringen der Nachkriegszeit, wo es nicht abging ohne so manche Kom promisse. Um so mehr müssen alle, denen Verantwortung für katholische Jugend anvertraut ist, ihr helfen, zur kla ren Erkenntnis dessen zu gelangen, was das Wesentliche ist, worum es geht. und Vaterland, in dem unsere geliebte Jugend in der Zu kunft glückliche Tage verleben kann! gez. Dr. Wilhelm Soppa, Diözesanpräses der kath. Gesellenveretne. gez. Pfarrer Willibrord Sprentzel, Diözesanpräses der kath. Iungmännervereine. gez. Dr. Georg Kurze, Diözesanpräses der kath. Iungfrauenvereinigungen. Fuqen-Kundgebung in Dresden Die katholischen Jungwähler Dresdens ver anstalten am Freitag, den 5. September, abends 8 Uhr im Kolpingsaal eine Kundgebung zur Reichstags wahl. Mit dieser Kundgebung will die katholische Jugend zei gen, daß sie aufgeschlossen ist gegenüber den Erfordernissen des Tages und daß sie in gleicher Treue wie die Aelteren zur be währten politischen Tradition des katholischen Deutschlands steht. Die katholischen Jungwähler werden sich an diesem Abend um die Fahnen und Wimpel ihrer Bunde und Vereine sammeln. Musik, gemeinsame Lieder und ein Sprechchor werden dem Abend die rechte Stimmung geben. In diesen Rahmen werden sich Knappe Ansprachen einfügen. Es werden sprechen: Fritz Widerstein, Bezirkssenior der kath. Gesellenvereine, Jo hannes Henke, Diözesansenior der kath. Iungmännervereine, Ewald Schmidt von der DIK., Gerhard Hoja vom Iung- KKV. und Kaplan Köhler. Die katholischen Jungwähler wollen mit dieser Kund gebung zeigen, daß der alte Geist der bewährten Zentrumspoli tik auch in neuen Formen zu lebendigem Ausdruck kommen kann. Jeder katholische Jungwähler in Dresden, der den Abend des 5. September frei hat, muß an der Kundgebung teilnchmen. — An die Aelteren aber ergeht die Einladung, als Gäste der Kundgebung beizuwohnen, Auf einer Zentrumskundgcbung in Breslau machte Prä lat Kaas, wie schon berichtet, programmatische Ausführungen zur Zentrumspolitik, die wir im Beiblatt dieser Nummer im Wortlaut bringen, Die 182 Wahlkreise In Wohlzeiten ist dazu beste Gelegenheit. Benützt also die Wahlversammlungen der Zentrums partei an Eurem Orte! Sprecht Euch in den Vereins zusammenkünften darüber aus, was ein katholischer Iungmann, ein katholisches Iungmädchen, wenn sie wahlberechtigt sind, vom Standpunkte ihres katholischen Gewissens aus zu tun und zu lassen hat. Seid auch be reit zu den Helferdiensten, die die mannigfaltige Wahl arbeit in der Zeit vor den Wahlen und am Wahltage selbst erfordert. Ueber das eine ist sich gerade die Jugend völlig klar, daß wir alle Strömungen entschieden ablehnen, die be wußt Politik und Weltanschauung trennen wollen. Und nun frisch voran; mit der Fügend und für die Jugend, für ein religiös und sittlich gesundes Volk Der von der Neichsregierung verabschiedete Entwurf eines Neichswahlgesetzes sieht bekanntlich die Einteilung des Reichsgebietes in 162 Wahlkreise vor, die in 31 Ver bände zusammengefaßt werden sollen. Zwecks weiteren Aus gleichs unberücksichtigter Reststimmen sieht der Entwurf ferner die Zusammenfassung der 31 Verbände in 12 Länder gruppen vor. Diese zwölf Ländergruppen sind: 1. Ostpreußen-Pommern (die Provinzen Ostpreußen, Pommern und Grenzmark Posen-Westpreußen) mit den Ver bänden Ostpreußen und Pommern; 2. Brandenburg (Stadt Berlin und Provinz Brandenburg) mit den Verbänden Berlin und Brandenburg; S. Schlesien (die Provinzen Oberschlcsien und Niederschlesien) mit den Verbänden Niederschlesien, Mittelschlesien und Ober- schlefien; 4. Mitteldeutschland (Provinz Sachsen, Land Thüringen, Anhalt und Kreis Schmalkalden) mit den Verbänden Sachsen- Magdeburg, Sachsen-Merseburg und Thüringen; 5. Nordmark (Provinz Schleswig-Holstein, die Länder Hamburg. Mecklenburg-Schwerin. Lübeck. Mecklenburg-Strelitz und der oldenburaische Landestcil Lübeck) mit den Verbänden Schleswig-Holstein und Hamburg-Mecklenburg; 6. Niedersachscn (Provinz Hannover, die Länder Braun schweig und Bremen und der oldenburgische Landesteil Olden burg) mit den Verbänden Weser-Ems, Südhannover-Braun- schweig und Osthannover; 7. Hessen (Land Hessen, Provinz Hessen-Nassau, ohne die Kreise Grafschaft Schaumburg und Schmalkalden, und der Kreis Wetzlar) mit den Verbänden Hessen-Nassau und Hessen; 8. Rheinland (Nheinprovinz, ohne den Kreis Wetzlar, und oldenburgischer Lnndesteil Birkenfeld) mit den Verbänden Düsseldorf-West, Düsseldorf-Ost, Köln-Aachen und Koblenz- Trier; 9. Westfalen (Provinz Westfalen, Kreis Grafschaft Schaum bürg und vle Lanver Lippe unv Ecyaumburg-Lippe) mit ven Verbänden Westfalen-Nord und Westfalen-Süd; 10. Bauern (Land Bayern) mit den Verbänden Oberbayern- Schwaben, Niederbayern-Obcrpfalz, Ober- und Mittclftanken und Unterfranken-Pfalz: 11. Sachsen (Land Sachsen) mit den Verbänden Sachsen-Ost »nd c^iblen-Melt: Hellseher und Schriftdeuter spielen Delekliv Kaum ist heute irgendein« Erkenntnis gewonnen worden, so kann man gewiß sein, daß sie einer gefährlichen Ausbeuterei, «inem unsinnigen llebertreiben oder einem blinden Glauben verfällt. Dabei wirkt mitunter noch besonders verhängnisvoll, daß Dinge, deren Erkenntnis erst im bescheidenen Werden be griffen ist, oder die zunächst nur auf ganz subjektivem Er fassungsvermögen beruhen, sofort schablonisiert, typisiert, uni formiert und dadurch — was das schlimmste ist — sanktioniert werden. Es ist nicht zu leugnen, daß aus den Schriftzllgen eines Menschen irgendwie sein Charakter sich erfassen lassen kann. Daß auch die Art zu schreiben, mit der Persönlichkeit zusammenhängt. Man kann wohl auch einige Formen auf stellen für gewisse Lharaktermerkmale. Aber man kann nicht über das Schicksal eines Menschen auf Grund von Schriftproben entscheiden. Diese übertriebene Bedeutung aber, di« der Schrift deuterei im öffentlichen Leben — z. B. für Anstellungen — bei gemessen wird, ist bestimmt ein« Gefahr, mitunter sogar ein grober Unfug. Denn, ganz abgesehen davon, daß auch das Schreiben von Stimmungen abhängt, daß «In Mensch sein Ich völlig hinter seiner Schrift verbergen, verstellen kann, ist der Wert der Deutung einer Schriftprobe abhängig vom Deuter selbst. Wer aber kann sich vermessen — wollte man meinen —, bei der keineswegs garantierten Unfehlbarkeit ein Urteil über einen andern zu fällen! Ist nicht alles letzten Endes nur Fingerspitzengefühl oder intellektuelle Schematisierung, was eine Deutung einer Schrift ermöglicht? So im Durchschnitt wirft man nicht mit Unrecht im Volke den Schriftdeuter mit dem Hellseher zusammen. Das ist ein gesundes Gefühl. Mag darob auch «ine „Wissenschaft" wenig erbaut sein, es läßt sich wenig daran ändern, daß di« positiven Ergebnisse der Schrift deutung noch lange nicht ausreichen, um «in« „wissenschaftliche" Gültigkeit zu rechtfertigen. Im Gegenteil ist auch auf dies« Weis« zweifellos schon eine ungeheure Fülle von Unrecht ge schehen, ward ein Uebermaß von Beunruhigung ins Volk ge tragen. Denken wir nur an einen Fall etwa, da eine Braut oder «in Bräutigam die Schrift des Geliebten zum Schrift deuter trägt. Irgendeine Auskunft, die vielleicht barer Un sinn ist, kann da beträchtliches Unheil stiften. Man soll das aber nicht falsch verstehen: Man kann durchaus die geistigen Erkenntnisse der Schriftdeutung ausweitcn; es liegt darin ge wiß ein großer Reiz. Aber man gewinnt die Erfahrung nicht von heute auf morgen, und schließlich ist dies Schristdeuten auch eine Kunst. Vielleicht gibt es Künstler dieses Faches mehrere in Deutschland. Aber solche, die einen hohen Prozent satz von Zuverlässigkeit erreichen, lassen sich in ihrer Gesamtzahl bestimmt nur mit einer einstelligen angeben. Wir lesen so mancherlei Deutung von Schriften, die ver blüffend erscheinen. Wie oft aber stammen st« von Toten, von berühmten Persönlichkeiten, von Verbrechern, deren Schicksal bekannt ist. Es wäre ungemein reizvoll, einmal angesichts irgendeiner allgemein bekannten Sache das ganze Material von Deutungen zu sammeln, daraus dann zu folgern, welchen Grad der Unfehlbarkeit die Schriftdeutung heute gewonnen hat? Wir würden dann auch sehen, wieviel dabei Wahrheit, wieviel Dichtung ist. Der Fall des Düsseldorfer Massenmörders gibt schon einige Gelegenheit zu derarti gen Proben. Leider sind mir hier nur wenige Deutungen b«. könnt geworden. Aber zwei symptomatische erhellen schon unge fähr den Zustand. Eine Deutung, die aus Wien kommt, ora kelte über die Schrift des Mörders an Hand jener schaurigen Planskizze des Mordplatzes folgendermaßen: „Der Schreiber hat in einer Zeitung gearbeitet, war bestimmt im Kriege und ist jetzt möglicherweise Gendarm". Wir sehen also eine glatte intellektuell« Folgerung: Grausamkeit und Mordlust infolge des Krieges. Er arbeitet tn einer Zeitung, weil das Papier Druck papier gewesen. Allerdings, warum das Scheusal gerade Gendarm gewesen sein soll, werden die Gendarmen selbst am wenigsten erklären können. Anderwärt, heißt es u. a.: „Es liegt nahe, daß der Schreiber zumindest «tn, Ahnung vom Re klamezeichn«). vom dekorativen Aufteilen der,Iläch« habe» muß, auch dürfte ihm Farbensinn gegeben fein." Natürlich laien wir auch des öfteren di« Voraussagen von Vlutrausch im Affekt und Sexualtrieb, Folgerungen, die — mit ohne Schriftprobe — sicher nicht fern liegen. Ein anderes, natürlich viel unsicheres, noch gefährlicheres Gebiet ist die Hellseherei, die auch an Umfang beträchtlich zugenommen hat. Hier ist allerdings durch die irrationell« Grundlage der Prophezeiungen für vernünftige Menschen schon eher eine Skepsis möglich, obwohl auch der Glaube an dies« „Wissenschaft" in ungeahntem Umfang vorbereitet ist. Für alle, die sich mit diesen Dingen abgeben, möge an dir Beschrei bung des Düsseldorfer Mörders erinnert werden, die der Tele path Jan Hanussen im Februar dieses Jahres gegeben hat. Es erübrigt sich nach der jetzigen Klärung des Falles jedes Kom mentar. Hanussen hat u. a. folgendes zum besten gegeben: „Der Täter ist in homosexuellen Kreisen zu suchen. Mehr als das: er gehört den gebildeten Standen an. Er ist übermittelt groß, hat blondes, straff nach rückwärts gekämmtes Haar und trägt eine Brille. Er ist kurzsichtig. Es handelt sich um einen ganz jungen Menschen. Seine Schrift findet sich ganz unverstellt in einem der zahl losen Angebcrbriefe. Er ist Radfahrer und gehört einem V-aii- dervcrein an. Er hatte sich zu einem Chauffcurkursus bei einer Fahrschule in Düsseldorf gemeldet. Seine ganze Art ist weib lich. Er ist nicht der Urheber sämtlicher Morde, und auch nicht identisch mit dem versuchten Totschlag an Frau Meurer. Dieser Fall ist vollkommen isoliert von den andern. Der Düsseldorfer Mörder befaßt sich mit mechanischen Basteleien. Er war Mit glied einer Vereinigung, di« sich mit Liebhaberaufführungen beschäftigt. Seine Kleidung ist nicht ungewählt. Seine Hände sind gepflegt. Ich habe die Empfindung, als hätte der Mann irgendwie in seinem Leben auch etwas mit dem Post- und Bahnwesen zu tun gehabt. Er könnte aus Schlesien stammen. Er ist Nichtraucher." Aehnliche derartig« Prophezeiungen konnte man in Massen lesen. Aber auch Mister Edgar Wallac« hat sich einiges au» seiner Pfeife gesogen. Er nahm damals bet seinem Aufenthalt i» Deutschland Einsicht in di» damaligen Untersuchung»-