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Sächsische Volkszeitung : 06.03.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193003065
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19300306
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19300306
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-03
- Tag 1930-03-06
-
Monat
1930-03
-
Jahr
1930
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 06.03.1930
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>» Sächsische Dolkszetiung « März i»M AngeskeMennok vor dem Lan-lag Matznahmen gegen die wirlschastliche No! der älteren Angestellten Dresden, 5. März. Der Sächsische Landtag beriet in seiner gestrigen kiiging, über deren Beginn wir bereits berichtet haben, die Regierungsvorlage betr. lieber nah ine einer Ausfallgarantie des Sächsischen Staates für Lieferungsgeschäfte mit Rufst and, Abg. Mldenstrey (Koni.) stimmte ein langes Loblied auf Sowjet, ruhland an und erklärte, seine Partei werde der Vorlage zu« stimmen. Die Vorlage wurde einstimmig angenommen. — Ein sozialdemokratischer Antrag, G e s el lena u s sch ü s se bei den sächsischen Gewe r be kam m e r n zu bilden, wurde nach län» ge rer Aussprache obgelehnt. Ein sozialdemokratischer Antrag auf Aenderung der säch. fischen Ae r z t e o r d nn ng bezieht sich daraus, datz die ärztlichen Dezirksverein« seit langer Zeit «inen heftigen Kampf gegen die vom Arbeit»- nnd Wohlfahrtsministerium getroffenen Einrichtungen der hauptamtlich tätigen Fürsorgeärzte führten. Die Regierung Hab« daher die Pflicht, die Aerzteordnung so obzuändern, datz die Fürsorgeärzte den nötigen Schutz fänden. Demgegenüber stellte der Rechtsausschutz den Antrag, den sozial demokratischen Antrag abzulehnen, dafür aber dem 8 12 der Acrzleordnung die Bestimmung anzusllgen „Fürsorgeärzte im Bcamten. und Angestelltenverhältnis unterstehen nicht der ttrzt- lichcn Ehrengerichtsbarkcit, sondern der Disziplinargewalt ihrer Anstellungsbehörde". — Nach längerer Aussprache wurde der sozialdemokratische Antrag aligelehnt, ebenso die vom Rechts ausschutz beantragte Zusatzbestimmung. Einen sozialen Antrag, die Einschränkung der Staats beihilfen fürSchwangere sofort rückgängig zu machen und in den Staatshaushaltsplan 1930 die erforderlichen Mittel tiiizustcllen, begründete Abg. Frau THUmmel (Soz.s. Zum gleichen (gegenständ lag ein kommunistischer Antrag vor. der ven sozialdemokratischen bedeutend erweitert. Abg. Frau Nisch- nsttz (Kam.) begründete den Antrag. Ein« Aussprach« fand nicht statt. Bei der Abstimmung macht« Vizepräsident Dr. Eckardt den Vorschlag, beide Anträge dem Haushaltsausschutz A zu iiber- iveisen. Da von der Rechten nur wenige dlbgeordneie im Saale waren, wurde aber die Ueberweisung der Anträge an den Aus schutz mit einer Aufallsmehrheit der Linken abgelehnt. Letztere verlangte darauf, datz die Anträge in Schlutzberatung genom men würden. Der Vizepräsident erklärte aber, datz die Regie rung das vcrfassungsmässtae Recht habe, zu verlangen, datz die Anträge in den Ausschutz kommen. So geschah es auch. Abg. Winkler (D. Vp.) begründete einen Antrag seiner Partei, demzufolge bei Einstellung von Angestellten durch staat liche Stellen, Gemeinden und Bezirksverbünde stellungslos« älter« Angestellte berücksichtigt werden sollen, datz ferner bei allen diesen behörd lichen Stellen keine Doppelverdiener beschäftigt werden und datz schließlich «in Gesetz eingebracht werde, nach dem in den Betrieben die Zahl der einzustellendcn Lehrlinge in ein erträg liches Verhältnis zur Zahl der beschäitigten Kaufmannsgehilfen gebracht wird, um der Ueberfüllung des Berufes zu begegnen. Fm Zusammenhang damit wurden ein vom Abg, Voigt sD. Vp.) begründeter Antrag der Deutschen Volkspartei über steuer liche Erleichterungen für ältere Angestellte, und rin Antrag der Volksrechtsportei wegen Bereitstellung von Mitteln zur Selbständigmachung erwerbloser älterer Angestellter verhandelt. Letzteren begründet Abg. Dr. Wollner sVolksr.). Finanzminister Weber äutzerte zu dem volksparteilichen Antrag über steuerliche Erleichterungen u. a., der Reichsfinanz hob Hab« fnüher den Zahlungen, die ein Arbeitgeber über die durch die gesetzliche Sozialversicherung vorgeschriebene Verpflich tung hinaus zugunsten bestimmter Arbeitnehmer an eine Pen- sicnskasfe oder ähnliche Einrichtungen leistet, die Eigenschaft eines dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zahlring zugeflos- stnen Arbeitslohnes nur für den Fall zugesprochen, datz der Arbeitnehmer mit Sicherheit damit rechnen könne, bei regel mäßigem Verlauf der Dinge den Gegenwert der geleisteten Zahlungen seinerzeit zu erhalten. Neuerdings I>ab« der Reichs finanzhof ober in einer Entscheidung unter Aenderung der früher von ihm vertretenen Ausfassung dahin erkannt, datz auch dann, wenn der Arbeitnehmer erst nach Erfüllung seiner Warte- zeit Anspruch auf die Leistungen der Kasse hat, die während der Nariezeit geleisteten Ein,Zahlungen als dem Arbeitnehmer lm Zeitpunkte der Zahlung zugeflossener Arbeitslohn anzusehen sind. Diese vom Reichssinanzhof neuerlich vertretene Auffassung fuße insbesondere auf der Erwägung, datz der Arbeitgeber diese Zahlungen als Personalrinkosten betrachtet und datz der Arbeit nehmer das Recht hat, die Aufwendungen für solck>e Versiche rungszwecke als Sonderleistungen abzuziehen. Immert,in lasse sich nicht verkennen, datz die Behandlung derartiger Leistungen als Arbeitslohn für diejenigen Arbeitnehmer eine Unbilligkeit enthalte, die tatsächlich nicht in den Besitz der Gegenleistung ge langen. Das Finanzministerium sei bereits beim Reichssnianz. Ministerium dahin vorstellig geworden, im Falle einer Aende rung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes in Erwägung zu ziehen, datz die vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt werden. Das Reichs finanzministerium habe jedoch die Rechtsprechung des Reichs- sinanichofs als der wirtschaftlichen Betrachtungsweise allein gerecht werdend bezeichnet. Ministerialrat Schulze erklärte, die Regierung sei grund sätzlich bereit, bei der Einstellung von Behördenangestellten stel lungslose ältere Angestellte zu berücksichtigen. Allerdings sei die Entschließung der staatlich«» Dienststellen lull der Neuein. stellung von Angestellten durch tarif vertragliche Ver pflichtungen beschränkt. Was die Beschäftigung von Doppelverdienern anlange, so lrestehe bereits seit 1923 die Anordnung, datz verheiratete weibliche Angestellte, deren Männer ausreichenden Verdienst l,oben, zu entlassen sind. — Oberregierungsrat v. Buch führte aus, datz ein Landesgcsetz im Sinne des volksparteilichen Antrags im Hinblick auf die Reichsgeseszgebung nicht zulässig erscheine. Der von der Reichs regierung ausgestellte Entwurf eines Berufsausbildungsgesetzes werde eine Berücksichtigung der im Antrag geäußerten Wünsche ermöglichen. Abg. Geiser sSoz.) hielt eine lange Rede gegen den kapita- listischea Staat. In ähnlichem Sinne äutzerte sich Abg. Frau Glotzer (Koni.). — Abg. Dr. Dehne (Dem.) r>erteidigte die volks parteilichen Anträge, bemängelte aber, daß nmn nicht zugleich di« Wege gezeigt habe, wie man auf dem schwierigen Gebiet der Versorgung der älteren Angestellten vorwärts kommen könne. — Abg. Sachse sW, P.) erklärte sich gegen den Antrag der Volksrechtspartei auf Bereitstellung von Mitteln zur Selb ständigmachung der älteren Angestellten. — Abg. Dr. Eckardt (Dn.) erkannte die Not der älteren Angestellten an. sagt« aber, cs sei sehr schwer, hier zu helfen. — Abg. Wallner sVolksr.) polemisierte gegen den Finanzminister und geriet in eine heftige Auseinandersetzung mit den Abgeordneten der bürgerlicl^u Par. teien. die sich gegen seinen Antrag aussprachen. Es folgte die Abstimmung. Sämtliche Anträge der Deutschen Volkspartei und der Volksrechtspartei wurden a n« genommen. Der Antrag auf ein« Gesetzesvorlag« über die rechtliche Stellung der Angestellten wurde zurückgezogen. — Hierauf wurde di« Sitzung abgebrochen. Di« nächste Vollsitzung des Landtages ist aus den 17. März. 11 Uhr vormittags, an- gesetzt. Aus der Tagesordnung steht nur die Einbringung des Etats durch Finanzminister Dr. Weber. 8 Sparsamkeit bei Entschädigung an versetzt« Beamt«. Im Hinblick auf die ernste Finanz- und Kassenlage des Staates wird den staatlichen Behörden und Dienststellen im Bereiche des Ministeriums für Volksbildung nahegelegt, bei jeder Versetzung eines Beamten, der Trennungsentschädigung bezieht, besonders darüber zu wachen, datz der Umzug des Beamten nicht unge bührlich dadurch verzögert wir», datz die Herrichtungsarbeiten in der neuen Wohnung nicht mit der erforderlichen Schnellig keit betrieben oder in einem unangemessenen Umfang vorgenom- men werden. Ungebührliche Verzögerungen dieser Art wird einen Fortbezug der Trennungsentschädigung nicht rechtfertigen. s. Die staatliche sächsische Altcrdreiitenbank in Dresden-N. 6, Astcrstraße 3, gewährt zur Erhöhung ihrer tarifmätzigcn Versiehe« rungsleistungc,, für die nach der Stabilisierung der Währung bc- wirkten Kapitaleinlagen einen jährlichen Zinszuschlag. Dieser be rechnet sich fiir das Jahr 1929 auf 3.5 vom Hundert. An die Ren tenberechtigten wird der Zuschlag bei der ersten Rentenzahlung im lausenden Kalenderjahre mitanSgezablt, Den Rentcnonwärtern sind di« auf sie entfallenden Anteile unter dem 31. Dezember 1929 als neue Einlage mit Kapitalverzicht gutgefchrieben worden. Sowjettana (Von unserer Berliner S ch r i f t I e i t u n g.) Nach Meldungen ans Moskau ist es in einer dortige» Kirche zu Ausschreitungen der Gemeinde gegen den Metro politen Sergius gekommen. Wie man sich erinnert, iW Sergius der angebliche oder wirkliche Verfasser des via! uns schars kritisierten Sowjet-Interviews, in welchem di« Kirchenpolitik der Bolschewisten verteidigt wird. Als sich! Sergius zum Altäre begab, begann die Menge zu pfeife» und stieß gegen den Metropoliten Rufe wie: „Verräter", „Judas", „Feigling" aus. Sergius unterbrach den Gott tesdienft und trat unter die erregte Menge um sie zu bstz ruhigen, aber man umringte ihn, zerrte an jeinem Priester«, lichen Gewände und versuchte, das Patriarchenkreuz ooas seiner Brust zu reißen. Sergius war gezwungen, die Kirch«, zu verlassen. Die Richtigkeit dieser Meldung läßt sich von hier au«s nicht nachprüfen, doch spricht viel Wahrscheinlichkeit dafür, Nach allen bekannt gewordenen Einzelheiten ist die Err«e gung über die Kirchenverfolgung der Sowjets so stark, datz das sogenannte Interview, das der Wahrheit ins Gesicht schlägt, eine,, Sturm der Erregung gegen den MetropoliteU ausgelöst haben wird, gleichgültig ob er wirklich der Ver fasser ist. Bor Jahren einmal ist bereits das zögernd« Nachgeben des verstorbenen Metropoliten Tychon gegen» über den Sowjetforderungen der Anlaß zn schärfsten Pro» testen der orthodoxen Gläubigen gegen den Kirchenfürstei» geworden. Man wird ein solches Verhalten der Gemeind« vom christlichen Standpunkte aus nicht billigen, wohl ab«« verstehen können, und die Schuld dort suchen müssen, rü der Vernichtungskampf gegen alle Glaubensgemeinschaften seinen Ursprung nahm, bei den Herren im Kreml. Diese Herren sehen ihre Polemik gegen de,, Brief de« Heiligen Vaters fort, vergreifen sich aber völlig in de» Mitteln. Sie hoffen die morale Wirkung der päpstliche,« Aktion dadurch am besten entkräften zu können, daß sie den« Vatikan materielle Erwägungen unterschieben und scho» in den verschiedenen „Interviews" wurde es so dargs- stellt, als ob sich der Papst in der Gesellschaft amerikanische« Geldsäcke und englischer Oelmagnaten befände. Die „Rot« Fahne" greift heute diese Argumente auf und bezeichne^ Pius XI. als einen „Agenten des Oeltrusts". Sie leistet sich dabei folgende Eeistesblüte: „Die „Engelssoutane" des Papstes die sich in ei» Banner imperialistischer Alxnteurer, titulierter Spitzet und verfaulten Weißgardistengesindels verwandelt hat^ ist von oben bis unten mit fettigen Oelslecken bedeckt« Das ist das wahre Wesen des sowietseindlichen Psassen- geheuls, das seit Wochen di« Herzen der angsterfüllte» Spießer in der ganzen Welt erschüttert." Di« „Rote Fahne" scheint völlig zu übersehen, daß st» sich durch diese Motivierung nur selber demaskiert, ist sie doch selbst nichts als eine Agentur des Moskauer Sowjets, di» mit Mitteln der Komintern gespeist wird und der bolsche wistischen Weltanschauung entsprechend das Materiell» allein in den Vordergrund des Interesse» stellt. Niemand! in der Welt wird ernstlich glauben, daß ein Papst, der sich um höherer kirchlicher Interessen willen bet der Einigung mit Italien mit einer überaus bescheidenen Entschädigungs summe für die riesigen enteigneten Werte abfand, der umh der kirchlichenWiedervereinigung willen bereit gewesen wäre, über di« rücksichtslosen russischen Kirchen« enteignungen mit sich reden zu hassen, aus Gewinngründen di« Aktion des Gebetes und Glaubens gegen Sowjetrußland eröffnet hätte. Die Sowjets selber, di« mit dem kapitalisti schen Amerika za" diktierte Wirtscha hüten, sich in die lächerlich zu machen. streiche von reinen Nühlichkeitsgründen stsverträge abgeschlossen haben, sollten sich em Punkt« vor der zivilisierten Welt io Aschermittwoch -er blanken Waffen Auf jeden Karneval folgt Aschermittwoch, auch auf den Irrsinn der Kriege. Wie in sprühenden Worten der Pole MieSzkiS-Ezerski das Memento vom Stande der Erde spricht, das ist schon mehr als «ine „Kapuziner predigt". Man lese sein Buch „Dämon des Krieges" (Buchverlag der CaroluS-Druckerei), dem wir das nach folgende Schlutzkapitel entnehmen. „Weh über unser« Wunden aus bruderinördcrischen Kriegen!" Inst Horaz (die Paar hundert abgemurksten Kerle! heisst es aus der Luderen Seite). „Weh über unser schamlos entfachtes Zeitalter! Antiare»! Vor welchen Verbrechen hätleu wir u»S gescheut, was Men wir nicht gewagt, was nicht begehrt! Gibt ez ein Heiligtum, vor dem unsere Jugend in Scheu gewichen wäre? Gibt es einen Altar. den wir geschont hätten?" Das wäre schon ein« bessere Me« stdie für ein modernes Klagelied, wie man eS den ungeheuerliche» Knegsstatistiken entsprechend anstimmcn mutzte. Das neue Chanson ist nicht mehr auf den Ton freudigen GenictzenS gestimmt wie jene «Ke Ode. Es ist erfüllt von einer wahrhaft höllischen Kakophonie, von> schwere» Gestöhn der Tanks, vom Knirschen stürzender Lebens- Werte, vom Plantschen und Schnappen des Blutes, vom roten Lachen bestialischer Instinkte. Es ist das Kinderlieb vom Nachkriegs- rcichtum und von allgemeiner Armut, es widerhallt von Bcttel- ugqc» und heiserem Krächzen, das über weite Friedhöfe, über Er starrung. verhärtete Unmenschlichkcit, über die Gräber von Men- Wenjchicksalen hinschallt. Was lat sich geändert seit Horaz? Nur die Mnn u„,f> hxx Schwung, der bis in di« höchste Potenz geführt z» Mu scheint. Und so wird es weitergehen. Immer weiter — besser, noch schwungvoller, noch klangvoller — mit noch besseren Gasen, fröhlicheren Perspektiven, sicherem Morgen, wilderem snror belk. fosus und Krachen von Schädeln, denen cs langweilig wurde, an Hrem Platze zu bleiben und sich inmitten scharfer Krisen und Fragezeichen des Lebens um Frieden und Abrüstung zu mühen. Und so betreten wir denn auf Beinen aus Ton, angeschwollen, aufgedunsen, erhitzt und blutend, unser schwere», irrendes Los ver dammend di« glitschrigen Gumpfweg« eines schlimmeren Morgen, sthreiten in finstere Zukunft, zerborstene Niederungen. Und Krieg« werden komme», wie sie die Welt noch nicht sah; das Vöse wird wahnwitzig, die Gemeinheit tobsüchtig werden. Im allgemeine» Elend« wird man die Toten beneiden, man wird den Sobn und den Bruder fürchten die,Kälte des Winters und den Trab der apokalyptischen Ross«, das Weinen der Frauen, die Flüche der Starken, das Pfeifen der Waffen und ängstliches Stammeln; inan wird sich verzehren in wartender Furcht vor den Dingen, die da kommen sollen und schon in der Türe stehen... Und die im Innern der Erde Zuflucht suchen, 'werden in feuerspeienden Schluch ten und Granatlöchern nicht Raum haben, »m ihr ermüdetes Haupt zu betten; nicht aufnehmen wird die berstende Welt den Flüchtling vor Verbrechen, Feucrsbrunst des Unrechts. Geschrei der Uebcrmacht und Bestialität der Menschen, Dann wird sich wahrlich das größte der Uebel in Morgenrot» lencbtcnder Toga zeige», wird rosensingerig und herrlich in rühm lichem Glanz erstrahlen, umgeben von Nebeln des Weihrauchs, von Huldigungen der Schmeichler, allwissend, sinnvoll, furchtbar, mit Lorbeer bekränzt, mit Hoheit gekrönt, viel beschäftigt und reichen Etznvinn erntend: — „des täglichen Tages Gemeinheit". Doch daun wird auch das Ende nahe sein, das wirkliche Ende und wirkliche Erleichterung, freudiges Seufze», somenta summorum dolonim, Küm merliche Rast von allen Schmerzen, jubelnde Fülle läutender Glok- ke», Finis, * Der Glaube a» den Menschen, an die Zweckmäßigkeit aller Planung, au irgendein Kriterium deS Guten, an dis schöpferische Liebe als Beweggrund aller Dinge und Rechtfertigung des Lebens, — das alles rollt di« schiefe Ebene des kriegerischen Verstandes hinab. Umkcbrung aller Logik nnd Gerechtigkeit in Anführungs zeichen regieren in diesem schreckliche» und schweren Leben, wo der Dämon triumphiert, der teuflische Fürst seine Orgien feiert; wo der irrsinnige Reigen bewußter Betrüger oder höriger Werkzeuge de» Betruges tonangebend ist, wo fürchterliche Drehkrankheit wütet, durch di« die Mensch«,, den Kopf verloren und rechts von links zu unterscheiden verlernt haben; wo Dummheit Recht und Recht Macht ist und wo das ganze Erbe Christi sich ans der Spitz« eines Seitengewehres untcrbringen läßt; wo sich aus einer Schlägerei zweische» zwei Kaufleuten als historisch« Notwendigkeit «in Krieg aller gegen all, entwickelt und mit der Govandtheit des Tigers und de« Güte de» Krokodil», mit dem Blut« der Wehrlosen, den Tränen der Waise», ans Kosten von phantastischen „Billiarden" Volksvermögens, von Millionen Köpfen und Hunderten von Mil lionen zerbrochener Existenzen geführt und öurckgefübrt wird. Nichts dagegen Z» machen: ökonomisch« Notwendigkeit. Thronrede, Mär chen vom Wolf, dem ein Schaf das Wasser trübte, Aderlatz, Absatz märkte, Wettstreit. Petroleum, Engländer — und das soll alle» .. „Und Hochwürden glauben an die göttliche Vorsehung!" wart mir einmal ein russischer Offizier vor. als wir die brennenden Dör- flr sahen, mit unablässig flammenden Feucrsbcünslcn als Hinter grund, LaS Stöhnen der Sterbenden, die Verwünschungen der Lebenden, das Nattern der Maschinengewehr«, den serne» Donner der Geschütz« vernahmen. Und so ist es nun seit Eprus. seit der Steinzeit, als man den Gegner noch mir Stumpf und Stiel auS- roltete, alles de», Erdboden gleichmachl« und mit Salz bestreut«. O Gott, warum verlangst Du «in solches Opfer an Vernunft und Gefühl von mir als Entgelt für einen Brocken Glaubens! Mit blassen Lippen wiederhole ich: ich glaube, Herr! Wie jener Pope in Andrejewes Novelle, alz allez Unheil Hiobs zugleich aus ihn herabfiel und er auf Umwegen irrend in finsterer Nackt, in seinem Wahn und >>> seiner Verwunderung wie etwas Unverständliches, dennoch Sicheres immer wieder stammelte: ich glaube, Herr! Tu ober hast mit der verschwenderischen Großmut eines nimm, lisch«» Königs weit höhere» Entgelt gegeben, für da» vermeintlich geringe Resultat mit übermäßigen, Preise bezahlt. Hast acte mensch. liehe Berechnung umgeworfcu, >vie einst die Tiscke der Geldweckjler, hast Dich und Deine Sache dem Spott des Stratzeuvöbels preis- zugeben erlaubt. Der Du niemand Rechenschaft schuldest, sondern in Wahrheit Deine Wahrbeit lehrst nur, nicht ansiehcsr die Person; o Großer und Barmherziger, zn gewaltig für unsere Kleinheit, zu gut für unsere Niedertracht, zn geduldig, zu still, zn demütig inmit- te» der irrsinnigen Welt, im Wirbel des Bösen. — sei gesegnei! Während wir Deine Barmherzigkeit erfahren, sind- wir selber un barmherzig; und selber fürchterlich, rufen wir dann, daß du fürch terlich seiest, o Herr. i„ Deinen unbegreifliche,, Urteilen, in uner- forschlicher Vernunft, in unerbittlicher Fügung, in Worten, dir dun. kel sind, in Vorwürfen, schwer wie «in Fel». In unserer Blindheit selten wir nicht, daß D„ barmherzig bist, mitleidsvoll und gütig, daß Du trotz allem immer unser Vater bleibst, der Vater am Lager de» verwundeten Sohne-, der Bater der auf dem Schlachtfeld« Ver. endenden, der Vater derer, di« unter dem lastenden Stein der Auf» erstehung harren.
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