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absehbare Zeit nicht realisiert, dagegen soll in der bisherigen Weise und mit der bisherigen Truppenzahl der Krieg bis ins Endlose fortgesiihrt werden. Die in Südlvest stehenden 12 000 Mann wird inan allenfalls ans 11000 Mann redu zieren. Dafür soll dann aber die Bahnlinie Knbub—Keet- manshoop bewilligt werden. In der Tentschrift zuin Nack>- Iragsetat aber erfährt inan ganz andere Zahlen; hier wird vusgeführt, daß am 1. Oktober 1906 die Stärke des Schutz- trrlppe 12 281 Köpfe betragen habe. Bis Eirdc März 1907 würden voraussichtlich tveitere 1003 Mann l>eimgesandt iver- den, so das; dann die Stärke der gesamten Schnhtruppe 8268 Köpfe betragen werde. Angesichts dieser Widersprücl>e muß der Reichstag erst reckst den Rotstift in die Hand neh men, und ganz tüchtig streicl>en. Die bisherige Art der Kriegfiihnliig kann nicht so weiter gehen, iveil sonst der Auf stand kein Ende nimmt, iveil alles Gesindel von Süddwcst- afrika sich um die Räuber sammelt, diese führen ja ein herr liches Leben, so lange sie uns Transporte abivehren können. Deshalb bleibt nur die schon in, Mai vom Zentrum ansge gebene Parole übrig, daß die Truppen sich ans dem Süden zurückziehen und bei Keetmansk)oop bleiben, dann werden freilich die Hottentotten ihnen nachzielien, aber unsere Trup pen sind dort gut verpflegt und die Hottentotten ausgehun gert. Nur dann werden wir Sieger bleiben, nachdem ans eine friedliche Untertverfung nicht mehr gehofft werden kann. Tie 25,0. Wiederkehr des Tages, an dem im Ordens schlosse zu Labian der Vertrag von Labia« geschlossen und bannt die Souveränität des Großen Kurfürsten über das Herzogtum Preußen von Schveden anerkannt wurde, wurde lnnite unter allgemeiner Beteiligung aus Stadt und Kreis Labian festlich begangen. Den Mittelpunkt der Feier bil dete die Enthüllung des Kriegerdenkmals mit den Bildnissen Kaiser Wilhelms l. und des Großen Kurfürsten. — Ein frecher Schwindel des „Vorwärts"! Das Silberjubiläum der Kaiserlichen Botschaft von 188l kommt der Sozialdemokratie sehr unbequem, weil hierdurch wieder in aller Leute Erinnerung zurückgerufen wird, daß die Sozialdemokratie nichts für den Arbeiter getan hat. deshalb hat der „Vorwärts" die Parole ausgcgeben. der am Sonn tag im Zirkus Busch in Berlin abgehaltenen Jubiläums- seier nicht beizuwohnen. Er geht aber noch einen Schritt weiter und setzt die Leistungen unserer Arbsiterversicherung in tendenziöser und unwahrer Weise herab. So schreibt er: „Für l90-t ergaben sich folgende Zahlen: Zaül der Veisicherlcii Entschädi gungssumme Entschädi gung pro Kopsu Jahr Mk. Mk. Unfallversicherung 18376000 127308966 6.93 Invalidenversicherung 1375,6100 118355,801 1078 Krankenversicherung 11118116 237107610 20.76 Im Durchschnitt sind Pro Kopf und Jahr für 135,50816 Versicherte gezahlt worden 11,51 Mk. oder Pro Tag und Kopf 3'/g Reichspsennige. Aber glänzende Renten heimsten die E ltschündigsbcrechtigten ein. so will man glauben machen." Ein frecherer Schwindel ist uns noch nie be gegnet, als er hier geboten wird; der „Vorwärts" zählt in seiner Berechnung die Versicherten aller 3 Klassen zu sammen und spricht so von 13'/„ Millionen Versicherter, und das Reich hat nur 60 Millionen Einwohner; der „Vorwärts" weiß aber wohl, daß fall alle Leute, welche der Unfallversicherung unterstellt sind, sich auch in den beiden anderen Versicherungen befinden, wer in der Kranken kasse ist, ist a ich in der Juvalidenkasse usw. Ein frecherer Schwindel ist uns noch nie begegnet als in diesem Stückchen. Genosse Richard Fischer ist nicht seines Amtes als Leiter der Vorwärtsdruckerei enthoben worden. Wie der „Vorwärts" erklärt, ist nur seine Prokura für die Buchhandlung des Vorwärts im Handelsregister gelöscht worden und zwar weil die Druckerei sich derart vergrößert hat. daß er sich der Buchhandlung schließlich gar nicht mehr widmen konnte. Das Geheimnis der Flcischvcrtcuerung wird jetzt all mählich gelüstet. Mit besonderer Schiefe ist sie ja in den Industriezentren des Nheinlandes ansgetreten, wohin auch aus Sckirxrben viele Schlackttiere gesclxisft werden. Wie nun in Köln, so ist auch in Düsseldorf die Verteuerung der Viehpreise durch de» Zwischenhandel ganz erheblich. In Düsseldorf werden wixchentlich rund 15,6 bis 500 Schlaclst- kiihe aiisgetrieben durch Vermittelung von acht bis zehn Viehhändlern. Diese erhalten an Permittelnngsgebnhren 6 bis !0 Mark für das Stück und beanspruchen daneben noch ein Trinkgeld von 5,0 Pfennig. Da der Auftrieb an Rind Vieh jährlich rund 23 550 Stück beträgt, würde sich ein Gewinn für den Zwischenhandel von rund 200 000 Mk. ergeben. Die gleiche Summe dürste sich bei Ochsen, Käl bern, Schweinen und Sckxrfen ergeben, so daß die Verteue rung des dortigen Fleischverbrauches durch den Zwischen- l-andel aus über 160 000 Mark veranschlagt werden kann. Testerreich-Nnaartt. — Kaiser Franz Joseph ist zu längerein Aufenthalte in Pest ei »getroffen. Bei den Wahlen znm mährischen Landtag wurden aus der Landgemeindel'Iasse in den deutschen Bezirken bis her gelvählt vier Frei Alldeutsche, zwei Kandidaten der deut schen Voltspartei, ein Dentschvolklicher, ein deutscher Kom- promißlandidat, ein Banernparteiler und zwei Christlich- Soziale. In den tschechischen Bezirken wurden 15 Katho lisch Nationale, fünf Agrarier, vier I>ingtsck>eche». zn>ei Alt- Isch'chen, ein Fortschrittler und zwei Parteilose getvählt. Der Abgeordnete Tr. Käthrein hat seine Obmann- stelle der Zentrnmss.'artei niedergelegt, weil es ihm, der kcün Anhänger des PlnralUxrhlrechtes sei, nicht möglich sei, Präsident einer Partei zu bleiben, die in einer so wichtigen Frage geteilt sei und die zmn Teil in der Frage des Plural- Ivahlrechtes anders zu stimmen entschlossen sei, als er. Für das Plnralwablrecht, erkläre Dr. Käthrein, wolle er »ich: stimme», gegen dasselbe aber auch nicht, da er nicht gegen seine Tiroler Kollegen anstreten wolle, er könne aber unter diesen Umständen auch nicht Klnbobmann bleiben. — Fast täglich finden Ve,saininlnnge» wirtschaftlicher und mich politischer Vereine statt, in denen die Regierung in scharf gefaßten Resolutionen zur Ergreifung von Maß- regeln gegen die immer drückender werdende Flrischtenernvg aufgrsordert wird. Das Gremium der Wiener Konfmann- schaft hat der Regierung eine Denkschrift überreicht, worin die sofortige Erlaubnis zur Einfuhr wenigstens einer dem Bedürfnisse entsprechenden Zahl von Schlachtvieh auS Ruß land. Rumänien. Bulgarien und den überseeischen Gebieten verlangt wiid. In dmselben Sinne war eine am 20. d. M. von dem hervorragenden politischen Vereine Donau klub gefaßte Resolution gehalten. Auf das schärfste wurden darin die Agrarier als die eigentlichen Fleischverteuercr an- gefatzt und die Gemeinde Wien wurde aufgefordert, an der russischen Grenze Schlachthäuser zu errichten, wo das rus sische Vieh nach vorhergegangener tierärztlicher Untersuchung geschlachtet werden soll, um mit den Abendzügen nach Wien befördert zu werden. In agrarischen Kreisen wird demgegenüber eine lebhafte Agitation entwickelt, um selbst eine noch so beschränkte Oeffnung der Grenzen zu Verl Indern. Ztalien. — lieber die Politik des österreichisch-ungarischen Ministers des Aeußern Baron Aehrenthal gegenüber Italien herrscht große Freude. Giornale d'Jtalia glaubt mit Sicherheit behaupten zu können, daß es die Absicht der Regierungen von Wien und Rom sei, völlig direkte freundschaftliche Beziehungen herzustellen. In Nom wie in Wien fühle man die Notwendigkeit, daß jedes Ueber- einkommen und jede Verhandlung direkt zwischen beiden Verbündeten geführt werden müsse, schon um zu vermeiden, daß in der auswärtigen Presse gesagt werde, daß Rom nach Wien nur über Berlin gelangen könne. „Italien wie Oestereich wollen mit Deutschland die herzlichsten Be ziehungen aufrecht erhalten, aber sie wollen auch direkte unter sich Pflegen, und wenn es dazu kommt, wird man wohl sagen können, daß der Dreibund ein solides und kompaktes Bündnissystem ist. In den gegenwärtigen Schwierigkeiten der internationalen Lage einigt ein objektives Band Italien und Oesterreich, nämlich gemein sames Handeln, um eine Verschärfung der Beziehungen zwischen England und Deutschland zu verhindern." Mehr als je sei zwischen Wien und Rom Einverständnis nötig und diese Ansicht wird von beiden Regierungen geeilt. Popolo Romano veröffentlich die ganze RcichStags- rede des deutschen Reichskanzlers nach dein amtlichen steiw- graphischen Bericht und fügt hinzu, daß er heute mit d r wichtigen Rede des Fürsten Biilow ebenso verfahre wie im Februar 1888, zu welcher Zeit er die berühmte Rede Bis marcks auch in exO-imn veröffentlicht habe. — Der Osser- vatore Romano weist ans die große moralische Bedeutung des Attentats in St. Peter hin und befürchtet, es könnte ansteckend wirten und Wiederholungen ermöglichen bei gro ßen Festen, wo Abertausende den Petersdom füllen. Das Blatt bringt dann eine Philippika gegen den Liberalismus, den „Vater des Anarchismus". Ter klerikale Corriere d'Jtalia stellt entrüstet fest, daß die liberale und offiziöse Tribnna die letzte Bombenaffäre als etwas Gleichgültiges anfgefaßt habe. Die Polizei »nr die ganze Nacht ans den Beinen und untersuchte alle berüchtigten Hotels und Knei pen und nah»: viele Verhaftungen vor, die sie, weil sie er gebnislos verliefen, wieder rückgängig machte. Frankrerer,. Die Politik der Plünderung. Im Senat beantwor tete Clämenceail eine Interpellation des Senators Gandin de Vilaine. Ter Ministerpräsident erklärte, daß er den Ka tholiken einen Aufschub bewilligt habe, doch müßte vor dem 12. Dezember die Jnventuraufnahme beendigt sein. Die Truppen werden gewiß Geduld üben; weit» man aber aus sie schießen sollte, so werden auch sie von der Waffe Gebrauch machen. Bisher seien die Inventuren iir zehn Departe ments vorgenommen worden. Tie Negierung werde alles tun, um dem Gesetze, wie bei den anderen Bürgern, auch bei den kirchlich» Organen Achtung zu verschaffe». Clömenccan schloß mit de» Worten: Tie Negierung wird nicht unter liegen. — Es gehört kein besonderer Mut dazu, auf die Macht der Bajonette gestützt triumphierend seinen Sieg zu verkünden. Die Worte des Ministerpräsidenten werden aber nur erbitternd wirken. Schon jetzt bietet die christliche Bevölkerung Frankreichs alles ans, um die Kirchnschändnn- gen zu verhindern. In Pignan war in der Kirche eine große Scl'wefelme»gc angezündet worden, so daß die Nauch- entwickelnng den Eintritt unmöglich machte. Darauf wur den von der herbeigernfenen Feuerwehr sämtliche wertvollen bemalten Glasfenster zertrümmert. Ter Pfarrer Bnssac legte sich gner vor die verbarrikadierte Kirchentiire, von wel cher er mit Gewalt fortgezcrrt wurde. An vielen Orten wurden die Kirchentore mit Tynamitpatronen anfgesprengt, wobei Tore und Manerwerk stark beschädigt wurden. Selbst verständlich ging es nicht ohne Verletzung ab. Viele wurden bei der Inventnransnahme in Linselles verletzt, auch ein Leutnant des 127. Infanterieregimentes trug eine schwere Kopfwunde davon. — Briand tut, als wenn er jetzt rech-t zarte Saiten anfzieben wollte. Es glaubt jedoch niemand daran. Darum sagte eine tömpeteiite Persönlichkeit des erz- bi'chöflichii Palastes zu Paris zu einem Redakteur des Ectzo de Paris": „Die Lage bleibt dieselbe. Das Geserz wird im ganzen dnrchgesiihrt werden. Dock) die Gegenwart Briands an der Negierung wird ohne Zweifel die Verfol gung, welche wir zu erwarten haben, verschieben. Die Bi- schfe bereiten sich vor, die bischöflichen Paläste, die zmn größten Teile dem Staate und den Städten gehören, zu ver lassen. Wir »'erden das aber nicht ohne Protest tun. Jedoch trerden ki-ine ähnlichen Ruhestörungen Vorkommen, wie bei der Ausnahme der Kircheninventaren stattgefnnden haben Der Papst hat »ns ermahnt, jede Agitation zu vermeiden." Dänemark. — Ter König und die Königin sind am Sonntag um 11 Uhr vormittags in Kopenhagen eingetroffen und von der Kaiserin-Witwe von Rußland empfangen worden. Schweden. — Der LavdStkinq verhandelte über den Entwurf der Negierung betr Einführung des allgemeinen gleichen Wahl- reckits der Kommunen. Der Führer der Freikonservgtiven Graf Frys erklärte, dgß der Ausfall der dlesjähngen NeichStggß- mahlen unzweideutig dis Sympathie der Bevölkerung für den Regrerlingsentwnrf kundgetan habe und daß seine Partei die Konsequenzen daraus ziehen wolle. Der Mi- nister deS Innern dankte Frys für seine für die Durch- sübning des Gesetzes bedeutungsvolle Erklärung. Der Gesetzentwurf ging hierauf zur zweiten Lesung. Wnqlan». — Ashley richtete anr Dienstag im Unterhaus an den Staatssekretär die Frage, ob er bei der deutschen Regierung Vorstellungen machen wolle, nur ciire mehr entsprechende Ueberwachung der Südgrenze von Dentsch-Sndlvestafrika zu sichern. Grey erwiderte: Es ist sowohl von der Verwaltung der Kapkolonie als derjenigen Deutsch Südwestafrikas aner kannt, daß die große Arrsdehnung der Grenze in Berücksich tigung gezogen werden müsse wie auch die Unmöglichkeit, genügend große Mannschaften auf beiden Seiten zu unter halten, um jeder Möglichkeit von Beivegnngen über die Grenze vorzubeugen. rttntiiland. — Auf dem Bahnhofe der Warschauer Eisenbahn demo lierte ein Hanfe Bahnarbeiter eine Arbeiterkasernc, in der 50lX1 Arbeiter leben. Sämtliche Fenster und Türen wurden zertrümmert. Der Gendarmerie gelang es, die Ruhe Wwder lierznstellen, wobei zwei Personen getötet und mehrere ver leumdet wurden. 11 Rädelsführer wurden arretiert. — Im Krantenhanse zu Ezenstochau explodierten 3600 Gramm Aetber. Ter Operationssaal ist stark beschädigt, die Wäude drohen einzustürzen Zlvei Spitalarbeiter erlitten seltnere Brandwunden. China. — Tie chinesisch Regierung hat eine Anleihe ausge nommen im Betrage von 650 000 Pfund Sterling für eine Eisenbahn Schangl-ai- Nanking und eine weitere Anleihe in Höhe von 1s/. Millionen Pfund Sterling für eine Eisen bahn Hongkong- Kanton. Diese, die nach 50 Jahren rück zahlbar ist, ist eine fünfprozentige znm Ansgabekurs von 95 Prozent. Nach Ueberwindung des Widerstandes wegen des Baues dieser Strecke hegt man hier die Hoffnung, da» China nunmehr auch andere .Konzessionen, die bereits früher bewilligt worden sind, ausführen werde. Nordamerika. — Die amerikanische Kommission, die im Auftrag; der Unionsregiening nach Deutschland gesandt wurde, iu» im Hinblick aus die demnächst wieder aufzunehmenden HandelS- vcrtragsvkrhandlungen die Handelsverhältnisse Deutsch lands zu studieren, wird rein informatorischen Charakter tragen. Tie Delegierten sind nickst in der Lage, irgendtvelche bindende Zusage in bezug auf die künftigen Handelsverträge zu machen. — Kindcrgcrichtshöfe sind eine eckst amerikanische In stitution. In keinem anderen Staate der Welt mw zu keiner Zeit ist man aus eine solche Idee verfallen. Der erste Kindergerichtshos wurde im Jahre 1898 von dem Richter Lindsey in Denver (Colorado) crrickstet, der sich dadurch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika einen Namen machte. Der Gedanke verbreitete sich mit außerordentlicher Schnelligkeit über den ganzen Staat. Bis 1896 wurden »sie in aller Welt auch in Amerika Kinder, die sich gegen die Gesetze vergingen, festgenommen, verhört und verhandelt wie Erwachsene, da verfiel man in Chicago aus den Ge danken, für Kinder eigene Gerichtshöfe zu bestellen. Eine natürliche Folge tvar, daß inan die Gesetze entsprechend revi dierte und gegen Kinder nicht die volle Strenge des Gesetzes anwandte, sondern Milde walten läßt. Heute besitzen be reits 22 Staaten der Union ein besonderes Reckst für Kinder. Auch nach Kanada hat die Bewegung bereits hinüberge- griffen, Toronto hat schon einen eigenen Kindergerichtshos. und auch Australien schließt sich jetzt der Idee an. In iri schen Städten, wie Dublin, Cork, Belfast, hat man vorerst bestimmte Tage für Verhandlungen von Kinderfällen fest gesetzt, und in England und Schottland werden jetzt Vvr- suche gemacht, das System der KindergerickstShöfc womöglich zur Cinsührnng zu bringen. Ta kann es kaum ansbleibcn, daß sich die Kindergerickstshöfe allmählich auch ans das üb rige Europa und überhaupt auf alle zivilisierte Welt ver pflanzen. Ter bekannteste Kindergerichtshos ist also vor läufig jener der Stadt Denver, wo Richter Lindsey seines Amtes mit Würde und Geschick »xrltet. Er hat sich durch die brüderliche Art, »sie er mit den Kindern ihre Vergehen be spricht, ihr volles Vertrauen gewonnen. Richter Lindsey bat nun neuerlich den Ausspruch getan: Wenn es die Aus gabe des Kindergerichtshoses ist, den Kindern das Gefäng nis zu ersparen, so müssen wir auch noch etU'as anderes haben, das ihnen auch den Kindergerichtshos erspart. Er hat daher eine Invenile-Jmprovement-Nssociation gegründet, eine Gesellschaft zur Verbesserung des moralischen Zustan des der Jugend, und er strebt die Gründung ähnlicher Ge- sellschsten für die ganzen Vereinigten Staaten an. Hierzu gehören aber gewaltige Geldmittel, und da tvar es der be kannte Petrolenm-Billionär John de Rockefeller in Chicago, der sich erbot, sofort 5 Millionen Dollar (20 Millionen Mark) für den Zweck zu spenden. Nun geschah aber etivas noch Merkwürdigeres: Richter Lindsey und seine Anhänger wiesen die Millionen Nockefellers stolz zurück. Obwohl sonst in aller Welt hinsickstlich des Geldes tstis „Xon allst' gilt (es riecht nickst), wollen die Amerikaner von den Mil lionen eines Nockefellers nichts wissen. Rockefeller ist in seinem Vaterland der am meisten geliaßte und verabscheuteste Mensch. Cr muß sich mit Geheimpolizisten umgeben, um seines Lebens lxübwegs sicher zu sein. Man macht ihm znm Vorwurf, daß er sein ungeheures Vermögen nur durch Ver nichtung zahlreicher Eristenzen znsammcnrasfte. Ein sehr großer Teil der Amerikaner blickt mit Abscheu ans die Art, wie Rockefeller ans einem armen Manne zu einem der reich sten der Erde geworden ist. und daß, ohne irgend eine neue Erfindung, ohne überhaupt für das Wohl der Mcnsclchit das geringste geleistet zu haben. Ob man in Europa gegen über einer gleichen Millionenspende ebenso fein empfindend wäre? Uebrigcns steht zu erwarten, daß auf diese Ableh nung der Nockefellerschen Millionen sich in Amerika erst recht andere Millionäre finden, »in die Ideen des Richters Lindsey zu verwirklichen. In Deutschland könnten Ivir für unsere verwahrloste Jugend, iinsel-c Sänglingsmilchküchen. unsere Lungenheilstätten, Volksküchen, Snppenanstalteu nsw. nsw. auch diverse Rockefeller notwendig brauchen, aber unsere Millionäre sind zu bescheiden und greifen nie so tief in den Geldschrank. Aus Stadt und Land. Dresden, den 22. November 1996 TaqeSkalender für den 2-i. November. 1904 Nna-iff > der Witbois auf Kub. — 1879. BaywnS Beitritt zum deutschen