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Sächsische Volkszeitung : 12.06.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192006128
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200612
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200612
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-06
- Tag 1920-06-12
-
Monat
1920-06
-
Jahr
1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 12.06.1920
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Sonnabend den 12. Juni 1V2Ü Gärten aufgeteilt und die Bestrebungen der Schrebergärten gefördert würden. Außerdem sei ein Lehrgut für höhere Offiziere in Hermtdorf bei Hohenslein-Trnstthal eingerichtet worden, da- jedoch wahrscheinlich in eine Siedlung umgewandelt werden müsse. Leider habe da- Heim- stSttengesctz die Bahn süd die praltische Siedlung nicht frei gemacht, sondern eS bringe nur da« Heimstättenrecht, während die wirtschaft liche Grundlage vollständig fehle. In Auerswalde bei Chemnitz seien 700 000 Geviertmeter Land angekaust worden, außerdem wurden ein großes Bauerngut in Omsewitz bei Dresden, sowie da- Rittergut Neundors bei Plauen angekaust. Die Frage der Landbeschassung sei also in Sachsen so ziemlich gelöst. Schwieriger sei jedoch die Frage der Beschaffung der Baustofe. Der Grund liege in erster Linie an dem Sohlenmangel. Tie Baukosten seien so gestiegen, daß der Bau einer keine Wohnung von 60 Geviertmeter jetzt 80000 bi» 100 000 Mart loste. Besonders die Arbeitslöhne hätten eine Höhe erreicht, daß an ein Bauen zurzeit nicht zu denken sei. Die Hoffnungen, die man auf Ersatzbaustoffe gesetzt habe, hätten sich ebenfalls nicht erfüllt. Ledig lich die Lehmbauweise habe praltische Erfolge gezeitigt. So sollen seitens der Heimslättengenosseiffchast in Reick Lehmbauten durchgesührt werden, wozu eine halbe Million Mart »ur Beifügung steht. Sobald die Bauten in Reick vollendet seien, werden praktische Lehrlurse für Lehmbau veranstaltet. Eine w-'s'ntliche Ersparnis werde auch beim Lehmbau nicht erzielt., doch wrüde Kohle hierbei gespart. Auch die Finanzierung deS Siedlungsgevanlens biete heut« große Schwierig leiten. Für die vom Reiche bereit gestellten -.5 Milliarden seien im ganzen nurMOOO Wohnungen in Angriff genommen worden, von denen die wenigsten vollendet seien. Der Plan, durch eine Mi-tertragK- steuer Gelder für Siedlungszwecke zu beschaffen, sei bekanntlich eben falls gescheitert, da das Gesetz au? wahltaktischen Gründen zurückge zogen worden sei. Die LandeSsirdlungSgesellschaft „Sächsisches Heim" arbeitet zurzeit mit 6 300000 Mark Kapital, das teils von behörd licher. teils von privater Seite rur Verfügung gestellt worben ist. Zum Schluffe erörterte der Rednern noch die Stellung und die Frage der Mitarbeit des Siedlers beim Bau »on Wohnungen, wobei eben falls große Schwierigkeiten zu überwinden sind. Rach der Beantwor tung einiger Anfragen wurde die Interessant» Sitzung geschloffen. Gegen de« drohenden Umsturz unserer Rechtschreibung erheben die Unterzeichneten buchgewerblichen Vereinigungen Einspruch. Die Rechtschreibung hat sich den besonderen Bedürfnissen unserer Sprache in den Jahrhunderten ihrer reichsten Entwicklung und Blüte angepaßt, wir sind mit ihr unlösbar verwachsen, und sie darf nicht einseitig unter dem Gesichtspunkte geändert werden ob auch die Masse der einfachen Leute, die nur selten die Feder zu führen haben, danach fehlerfrei schreiben könne. Nicht Fördrung, sondern geistige Schädigung der Masse würde die Folg» deS Umsturzes sein, denn nicht das Schrei: ben sondern die Erleichterung deS Lesens durch die Recht- schreilung ist für unsere Sprache und Kultur das Entscheidende, und sie kommt gerade auch der Masse zugute, deren geistige Schädigung durch den geplanten Umsturz unberechenbar sein würde. Um der Erhaltung unserer Kultur willen, — ganz zu schweigen von den ungeheuren volkswirtschaftlichen Verlusten bei jeglicher Aendc- rung in einer Zeit größter Teuerung und Papiernot. — um unserer vom Reiche losgeriffcner Brüder willen, für die unser Schriftbild, weil jedem täglich vor Augen und im Herzen, die Brücke zur Heimat bildet, endlich um neue Spaltung und Zerrissenheit zu VSrhüten, rufen wir auf zum Eintreten gegen jegliche Verunstaltung der Wortbilder unserer Sprache, gegen jed'e Antastung unserer unentbehrlichen Grotzschveibung und unseres unübertrefflichen Erbgutes der deut schen Schrift. Nicht von einer Preisgabe dieses Erbgutes, son dern von unserer Sellstachtung hängen Geltung und Bestand der deut schen Kultur ab. BuchhäudlerÜcher Frakturbnnd (Vorsitzender Gustav Ruprecht, Nöttin gens. Deutscher Buchdruckerv-rein (1. Vorsitzender Dr. Klinlhardt, Leipzig). Deutscher Buchgewerbeverein (1. Vorstand Dr. L. Volkmaun, Leipzig). Deutscher Berlegerverein (1. Vorsteber Dr. Georg Paetel, Berlin). Vereinigung der Schnlbuchverleger tVorsitzender Dr. Ehler mann, Dresden) Deutscher Verein für Buchwesen und Schrifttum (1. Vorsitzender Dr. L. Volksmann, Leipzig). Die Schicksalsfrage. Von Dr. Herschel, M. d. N. Die Sitzimg der Nationalversammlung fft glücklich :u Ende. Sie war lang und bewegt. Von 1 Uhr mittags bis nach 7 Uhr abends hat sie gedauert Dafür wurde die ganze Tagesordnung restlos aus gearbeitet. Größere Zusammenstöße blieben vermieden. Dabei qab's Stoff für Konflikte übergenug. Doch es blieb beim Wetterleuchten, ohne daß der Blitz irgendwo niederftihr. Am Wochenende schien nie mand mehr ernstliche Lust zu einem scharfen Strauße zu haben. Man war augenscheinlich müde von >en verga» enen sechs Tagen. Dazu kam noch eins. Wie so oft, hatte der Präsident cS ver standen, gefährliche Lagen durch Schlagiferligkeit und überlegenen Witz zu entgiften. Dieser süddeutsche Demokrat ist ja in mancher Beziehung das gerade Gegenteil seines früheren Vorgängers aus dem Zentrum, des schlesischen Aristokraten, Grafen v. Ballestrem. Andererseits aber gleicht er ihm in der Meisterung heikler Lagen, im feinen Humor, in der Jovialität der Persönlichkeit. Gegen 7f4 Uhr verlassen wir endlich das hohe HauS. Am Him mel steht schon lange die schmale Mondsichel. Sie ist noch bleich wegen der Dämmerung und des Zwielichts. Der Abend ist lau. Wie alle dieses vorzeitigen Frühlings. Mit vollen Zügen trinken wir die frische Lust hier draußen nach dem stundenlangen Stillsitzen im großen Saale. „Kommen Sie mit zu Krziwanek?" sragt mich der westfalische Kollege. (Das ist ein Lokal der Friedrichstraße, wo an einem alten Stammtische Zentrumsabgeordnete nach des Tages Last und Hitze ein Glas Bier trinken, leidenschaftslos über Zeitfragen und Zeitgenossen plaudern und gute Witze nicht übel nehmen.) ' „Bedauere sehr" erwidere ich. „Um 8 Uhr muß ich in einer gro ßen Versammlung sprechen." „Worüber?" „lieber die deutsche Schicksalsfrage." „Aha, die Neuwahlen." „Nein." „Die Hebung der Valuta?" -Nein." „Demokratie oder Rätediktatur?" „Nein." „Republik oder Monarchie?" „Nein." „Das Milliardendesizit?" „Nein." „Hebung der Produktion?" „Nein." „Donnerwatter, also was meinen Sie?" „Die Abstimmung in Oberschlesien." Mein Begleiter bleibt stehen. „Die ist natürlich sehr wichtig. Sicher. Aber übertreiben Sie nicht etwas? Sie sprechen wohl ein zu großes Wort gelassen auS, wenn Sie von der Schicksalsfrage des deutschen Volkes reden. DaS geht doch zu weit. Das Schicksal de« Vaterlandes hängt von vielen Dingen ab, nicht nur von Oberschlesien." „Na, hören Siel" sage ich fast erregt. „Alle Fragen, die Sie eben nannten, sind sehr wichtig. Aber viel wichtiger als jede von ihnen, ja wichtiger als alle zusammen ist der Verlust oder Besitz von Obcr- schlesien sür Deutschland. Ollauben Sie mir, es ist keine Uebertreibung: Wir verlieren den Krieg zum zweiten Male, wenn wir Obe,Schlesien verlieren. Das ist eine furchtbare Wahrheit." „Wirklich." zweifelte der Westfale. „Sie sind Vertreter von Oberschlesien, also sprechen und urteilen Sie in eigner Sache. Ich denke als Abgeordneter des Westens darin wobl objektiver. Deshalb aber sagen Sie mir nur ruhig die Gründe für Ihre Ansickt. Ich kann ^Upd will sie nachprüfen. Wenn Sie Recht haben, gebe ich eS zu." > „Mag sein, daß ich als Abgea-dneler von Oberschlesien dessen Interessen besonders im Anae habe, Tarn bin ich sa von dort in die Nationalversammlung entsankt worden. Sie treten sa auch mit Nach druck sür Westfalen ein, Bel dm Vorgängen an der Ruhr habe ich das mit Vergnügen feftgestellt. Aber damit dienen wir beide den Ge- samtlnteressen Deutschlands wie denen der engeren Heimat." An den Büschen längs der Universität blüht schon der Flieder, trotzdem die Mitte April eben überschritten ist. Gemeinde- «nd Verein-nachrichten 8 Dresden. DaS Sommerfest de- Volk-Verein- DreS» den-Reu stabt am 1. Juni war ein Festtag im wahrsten Sinne des Wortes für unsere Gemeinde. Herrlich war da- Wetter, welches Groß und Klein nach der schön gelegenen Waldschlüßchenterrasse lockte, wo ihnen allen ein freundlicher Empfang bereitet war. Alsbald hatte sich auch der Garten gefüllt und man lauschte den Klängen des Konzertes. Aus allen Ecken erklang der Jubel der Kinder, vom Spiel platz und vom Kasperletheater. Die älteren erfreuten sich in der Schießbude. Starker Andrang herrschte am Lotteriesland. So reich lich waren die Gaben zur Lotterie von edlen Gebern eingegangen, daß nur geringe Unkosten zu decken waren und ein schönes Sümmchen als Reingewinn der Sasse des BollsvereinS zufließen konnte. Allen lieben Freunden und Freundinnen sagen wir darum für ihren Opfer sinn herzlichsten Dank. Ein Fackelzug der Kinder beschloß diesen ersten Teil des Festes. Nun begann sich der Raum des schöne» Wald» schlößchensaaleS zu Men. Unser Kirchcnchor „CScilia" unter der bewährten Leitung seines Dirigenten Herrn Organist Grohmann verschönte den Abend mehrmals durch klangvolle Gesänge, so daß drr Bcgrüßungsworte deS Herrn Kaplan Just dankbaren Widerhall fan den. Auch der Jungfrauenverern half durch Ausführung eine- „Zwiegespräches" die fröhliche Stimmung erhöhen. Infolge vorgerückter Stunde mußte das Programm gekürzt werden, der Tanz trat in' seine Rechte. Der Saal trotz seiner Größe war noch zu eng für die tanzenden Paare. Gar zu schnell verrannen di« Stunden des schönen Feste-, welches der Liebe zum Vollsverein manchen Gewinn gebracht hat und hoffentlich beitragen wird, daß die Gemeindemid- alieder alle Veranstaltungen so zahlreich besuchen. Dann wird daS Leben in der Ncustädter Gemeinde immer mehr blühen und gedeihen, nicht zuletzt zum Nutzen für uns alle und für unsere Zukunft. Allen aber, die das Fest ermöglichen halsen, sagen wir nochmals unseren herzlichsten Dank. * Radebrrg. So wie Heuer ist unter würdig« Haltung der stau nend beobachtenden nichtkatholischen Zuschauer wohl die Fronleich namsfeier — seit 400 Jahren — nicht abgehalten worden. Man be denke: am Fronleichnamstage selbst feierliche Prozession mit zwei Priestern auf dem Kirchengrundstücke und gar am Sonntag in der Oktav der langausgedehnte, großartige Huldigungszug zu Ehren des hl. Geheimnisses der göttlichen Liebe von der Kirche über das Pfarr- grundstück auf den Schulhof: drei schön geschmückte Altäre waren im Freien, im Schulhofe und Psarrgebäude errichtet. Eine große Schar andächtiger Verehrer des heiligsten Sakramentes füllte den Schulhof, der wiederhallte von den Jubelliedern der hl. Kirche. Wirklich, ein hehres Scharspiel für Engel und Menschen, und ein mutiges Glau bensbekenntnis — offen und frei, doppelwertig in unserer feigen, glaubensarmen Zeit. Und dies« masestätische Huldigungsfeier hat in den Herzen der Katholiken Genugtuung und Jubel hervorgerufen. So ein offenes Glaubensbekenntnis kann wahrhaft wirken wie eine Wurfschaufel auf der Tenne der Kirche. Kirchliches Schweizerische Urteile über die Ausweisung der Benediktiner in Ostasrika Wie schon gemeldet wurde, hat England sich wieder auf den Kriegsplad gegen wehrlose deutsche Glaubensboten begeben und die letzten Reste der ehemals so blühenden Benediltinermission des Vika riats Daressalem, 31 Missionare und Schwestern mit Bischof Spreiter an der Spitze, ausgewiescn, Zu diesem Gewaltakt stellen schweizerisch: Blätter die Frage: „Wann endlich steht die katholische Welt auf, um gegen solch himmelschreiende Vergewaltigung teuerster und heiligster Rechte Stellung zu nehmen?" — Sehr deutlich spricht sich in den er regten Aenßerunqen der Presse die Tatsache aus, daß gerade die grau same Behandlung der deutschen Missionen viele Schweizer zu Gegnern des Völkerbundes gemacht hat. So sieht sich der „Wiler Bote", ob wohl er auS Opportunitätsgründen sür den Beitritt zum Völkerbund spricht genötigt, zu erklären, „würde der Völkerbund in der Abstim mung fallen, so ist die Entente daran selber nicht wenig schuld. Denn das billig denkende Schweizervolk hat mit dem Glauben an die Politik „Nun sind wir ja schon jenseits der Friedrichstraße," sagt der Kollege. „Ich begleite Sie gern noch ein Stück. Bewegung nach der langen Sitzung ist gesund. Fahren Sie also fort." „Oberschlesien hat das dringendste Interesse, beim Reich zu blei ben, und dieses wieder das, Oberschlesien nicht zu verlieren. Damit würde Deutschland der einzigen großen Kraftreserve des Ostens be raubt. Sie wissen ja als Vertreter Ihres Jndnstriebezirks, was ein Land von Kohle und Eisen wert ist. Ohne Oberschlesien kann das Reich wirtschaftlich nie wieder gesunden. Der Osten verhungert und erfriert dann. Kann man nicht leben, so kann man auch nicht mehr philosophieren. Weder über die Staatsform noch über Kulturfragen. Schon daraus folgt, was zurzeit das wichtigste Problem in und sür Deutschland ist." Der Westfale scheint nicht ganz überzeugt. Immerhin wider sprich! er nicht mehr. Er gibt dem Gespräch eine andere Richtung. „Wie sind die Abstimmungsaussichten in Oberschlesieu?" fragt er. „Man hört so verschiedene Darstellungen darüber. Ist die Mehr heit der Bevölkerung für Deutschland oder sür Polen? Und was hat es mit dem Freistaat auf sich, von dem setzt wieder häufiger die Rede ist?" „Die Entscheidung über den Ausfall der Abstimmung werden voraussichtlich erst dl« letzten Wochen bringen. Der Oberschlesier ist etwas wandelbar und zu beeinflussen. Wichtig wird werden: die allgemeine politische und allgemeine Entwicklung, natürlich .nssre grö ßere oder geringere Arbeit, vor allem aber auch, ob die Besatzungs behörden Fehler machen oder nicht." „Sie meinen wohl die letzten Vorgänge in Oberschlesicn?" ,,Gewiß, vernehmlich drei Dinge: Die Ausweisung von Richtsrn und Staatsanwälte», die das Gesetz beachteten, die Fernhaltung der Abbeordneten von den Parlamenten und Selbslvcrwaltungslörpern, wie dem Provinziallandtag in Breslau, endlich das Verbot der In kraftsetzung des BetriebSrätegesehes, Auf diese Maßnahmen ist bereits ein Streik der Richter und Justizbeomten in Oberschlesien ausgelrochen. Der Generalstreil steht bevor als Protest. Als die Hohe Kommission vor ein paar Wochen Ihr Amt antrat, erließ sie einen schwunghaften Aufruf über Ihre Gerechtigkeit und daS Selbstbestimmungsrecht. Das waren ihre Worte. Nun nimmt sie in imgerechtester Weise Oberschlesien das Recht, durch seine gewählten Vertreter seine eigensten Angelegenheiten zu bestimmen. Sogar solche, di« mit Politik gar nichts zu ttm haben, aber finanziell von größter Tragweite sind, wie die Auseinandersetzung zwischen den beiden Pro vinzen Ober- und Niederschlesien auf dem Gebie«e der Selbstverwaltung. Das sind die Taten. Die Dunkelheit ist fortgeschritten. Die Mondsichel ist seht schon voller Glanz, Hier und da leuchten schon elektrische Flammen anf. Straßenbahnzüge donnern an uns vorbei. Wir rähern ans dem Nordosten. „Vermögen Sie das gegenwärtige StärleverhältniS der ver schiedenen Richtungen wenigstens ungefähr zu schätzen?" fragt der Kollege aus dem Westen nach einer furzen Panse. „DaS kann doch immerhin einen gewissen Anhalt sür das Ende geben, wenn auch schließlich die Zukunst entscheiden mag." „Ein Gegner, der polnische Erzpriester Kapitza, hat selbst er klärt, daß etwa 70 Prozent der Abstimmungsberechtigten in Ober, schlesien von Polen wegxn der dort herrschenden Zustände gar nichts wissen wollten, daß etwa 20 Prozent ans llr,zufriedenste!» mit dem alten Spstem, Insbesondere mit dem Hakalismns, noch schwankten, daß aber nur 10 Prarent unbedingt zu Bolen wollten teils ans Fana tismus, teils an? selbst materiellen Gründen. ES rollt viel fremdes Geld ln Oberschlesien." „Dann wären ja die AbsllmmungsanSsichtkN glänzend wenn der Mann recht hätte und eS bis zum kritischen Tage so bliebe." Nr. 131, Seite g der Gerechtigkrlt und an die führenden Männer, die sie feierlich der- kündeten und nicht hielten, auch vielfach den Glauben an einen Völker bund verloren, den diese Staatsmänner inS Leben gesetzt und den sie ebenso oft verleugnen als ihn als Universalmittel gegen künftige Kriege preisen". Die gewaltige Minorität, die sich am 16. Mai gegen den Völkerbund aussprach, bedeutet ein ungeheures Verlustkonto an Pre- füge, welches England nur durch die Rückkehr auf den Weg der Ge, rechtigkeit und Humanität ausgleichcn kann. Die religiöse Entwicklung der Neger in den Bereinigte« Staaten Ms die Negersklaven nach dem nordamerikanischen Bürgerkrieg (1860 bis 1865) endlich ihre Freiheit erhielten, entbrannte je länger desto mehr in ihnen der Drang, auf allen Kulturgebieten unabhängig von den Weißen ihre Bildungsfähigleit und Ebenbürtigkeit zu le. weisen. Auf kirchlichem Gebiete ließ sich die erstrebte Unabhängigkeit nach protestantischen Verfassungsformen, an denen Nordamerika so reich ist, am leichtesten und schnellsten erreichen. So schloß sich die Mehrzahl der heute auf nahezu 11 Millionen angewachsenen Neger zu selbständigen Kirchen zumeist baptistischen und methodistischen Belennt- nisses zusammen und gründeten Psarrgemeinden. die sich heute bereit? auf 36 000 belaufen. Sie setzten ihren Stolz darein, auf die stet? zunehmende Zahl ihrer farbigen Prediger (heute gegen 40000) uni> Lehrer (38000) Hinweisen zu können. Die freilich oft nur obersiäch. liche Christianisierung der nordamerikanischen Neger vollzog sich also vorwiegend außerhalb der kirchlichen Gemeinschaften der weißen völkening Wenn sie gleichwohl in wenigen Jahrzehnten einen Kirchen besitz im Werte von 86 Millionen Dollar sammeln konnwn und heute jährlich 100 000 Dollar für ihre auswärtigen Missionen, vorab in Südafrika, spenden, so verdient daS gewiß Anerkennung und ist ein unverkennbares Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwunges ihrer Rasse, die allerdings nicht nur die Vollblutucger, sondern auch zahlreiche Mischlinge umfaßt. Leider hat die die Innere Entwicklung des VellcS mit dem äußeren Emporstieg nicht gleichen Schritt gehalten. Der Mangel an tieferer Kultur und Gesittung wird nicht selten durch eine« dünnen Firnis von Scheinlulur verdeckt. Es zeigt sich immer klarer, daß auch für die Neger der Vereinigten Staaten die Erzieherarbeti gediegener Missionen absolut unentbehrlich ist. Der Einfluß der wei ßen Rasse protestantischen Bekenntnisses ist bei näherem Zusehen bis fetzt bei weitem nicht so groß wie manche glauben, denn ihnen sind nur gut eine halbe Million Farbige in 6171 Gemeinden anaeschlossen. Auf katholscher Seite hat man es an nachdrücklich« MissionSletätigiwg lange Zeit fehlen lassen. Noch heute zählt man ln den Vereinigte Staaten e-ft vi« schwarze Priester! immerhin darf man die Zahl der katholischen Neger auf mehr als 200 000 schätzen. Der KathvlinS- mus mit seiner oft ervrobten Befähigung, kulturarme Völler zu einer höheren Sftile zu erh-r,^, nffrd hie' seine Hill» nicht versagen, Selen sind neue Kräfte am Werke, unter ihnen erfreulicherweise auch denffhe Glaubensboten, dft mit Erfolg bemüht sind, die katholische Negermiff sion ln schnelleren Fftisi ,u bringen. Neben den Vätern vom Hl, G-!!i arbeiten die Stehler Missionare und Missionsschwestern aus einer Reih? von Stationen und Schulen, Wahrend deS Krieges bl-eb ib' Wirken ungehindert, lind noch unlängst erhielt eine beträchtliche Zahl den Vatres und Schwestern die Erlaubnis zur Einreise in die Vereinigen Staaten. 146116 M0I1lI6llt6lI vslods äis LLodsisvjis VolkgssitunA vor, äsr O-osostäsi!;- stolls in OrgZcisn 6nrok liis kost übsrvffogsn dskommon, vollsn bsi MdiiönstsIInnS oäor nnrsKvImLlÜMr 2u- stsllun^ 8ivii sofort s,n 6io OsZoirLftsstsllo in Oromign- ^itslacit 16, Hoiksinstr»Lo 46, rvsnäkm. Ds ffonn soSrlsivti i>si 6sr 1?ost LsgoiEsrds orlroksn nnci iiir ^biiilsis xrsnoi-^t r^vr6sn. „Gemach," muß ich erwidern, „deshalb ist eben der Gcdanle des neutralen Freistaates so bedenklich, wie er gerade jetzt wieder in Oberschlesien so energisch propagiert wird. Viele wollen zwar nicht zu Polen, aber sie möchten auch gern, aus Steuer- und anderen Grün den, los von Deutschland. Leider befinden sich sehr beachtliche Ver treter der Großindustrie dabei, ebenso wie manche Großgrundbesitze. Die Herren arbeiten gegen Deutschland, obgleich sie bloß das kleinere Nebel gegenüber dem Anfall Oberschlesiens an Polen herbeiziffüh en behaupten, den sie sonst als unvcrmeidlch erklären Für das Reich ,Il es aber ganz derselbe Verlust, ob der Abstimmnnqsbezirk als besen- derer Staat oder als Teil Polens von ihm abgerissen wird. Im letz teren Falle könnte man im deutschen Interesse noch eher mit einer spä- teven Jrredenta rechnen, die wieder zum Reiche zurückstrebte, im letz teren kaum," „Ja, wie lammen dann aber die Anhänger des Freistaates da zu, zu glauben, daß Oberschlesien sonst verloren sei, wenn die Ziffern von vorhin auch nur annähernd richtig sind?" Der Einwand scheint berechtigt. Aber er ist es nicht. Ich ha te ihn erwartet. „Herr Kollege," sage ich, in Oberschlesien gewinnt zurzeit der Gedanke an Boden, daß man »nZ überhaupt nicht wird abstim- men lassen, daß die Polen unter stillschweigender Billigung der Entente einen Handstreich wagen und wie im letzten August »ersuchen werden, Oberschlesicn mit Gewalt zn nehmen. Die letzten Maßnahmen der Hohen Kommission leisten solchen Befürchtungen leider großen Per- schub, denn sie scheinen doch auf eine völlig» Abschnürung meiner Hei mat vom Vaterlande hinauslanfen. Aber ich glaube nicht, daß man wagen wkrd, den Friedensvertrag so freventlich zu verletzen. Er ist ja ohnedem schon furchtbar genug. Die Polen tun freilich sehr sicher. Sie benehmen sich, als ob Oberschlesien ihnen schon ganz kestimmt ge hörte. Anderseits hat es oft den Anschein, als ob sie die Bevölkenmg zu Unvorsichtigkeiten gegen die Besatzungstruvpen geradezu reizen weil ten, um daraus Verwicklungen zu 'chaffcn. Ich hoffe aber, weder die Verzweiflung wird meinen Landsleuten den Mut lähmen, reih die provokatorische Haltung der Gegner sie zn Ausschreitungen der- leiten. Unsere starke Waffe ist das Recht. Die ?lbftimmnng wird ent scheiden. Sie günstig für Deutschland zu gestalten, dazu muß jeder Deutsche helfen. Auch Sie bitte ich darum." „Wie kann ich das?" fragt der Westfale „Indem Sie die Bemühungen der Verbände heimattrener Ober schlesier unterstützen. Die organisieren die Abstimmungsberechtigten im Reiche. Denn diese mit Ihrer gewaltigen Zahl, wohl mehr als eine halbe Million, werden voraussichtlich den Ausschlag geben, wenn !ik ihre Pflicht am AlstimmnngStage tun. In Berlin haben wir allein 35 000. die schon in Ortsgruppen zusamlcngefaßt sind. Vor der deS Nordostens spreche ich heute. In Westfalen, besonders im Jndustrift bezirk, haben wir unzählige Abstimmungsberechtigte. Sagen Sie denen in Versammlungen, was sic selbst und was das Reich mit Lber- schlesien verlieren würde, wie der Friede Europas gefährdet wäre, wenn eine neue Jrredenta entstände, die bei dem Knlturunterschieds zwischen Oberschlesien und Polen unweigerlich kommen müßte Noch eins: Denken Sie, was der deutsche Katholizismus verlöre, wenn fast zwei Millionen treue Glaubensgenossen von ihm losgerissen würden. Wahrhaftig, es ist eine Schicksalsfrage, in der ich Ihre Mithilfe e^ bitte, Und die Söhne der roten Erde wissen, was Heimattreue ist," „Sie sollen mich haben," sagt der Kollege, „Ich gehe mii in die Versammlung." „Und nachher begleite ich Sie zu Krziwanek, So kommt jeder zu seinem Rechte." Ein treuer deutscher Händedruck, Wir stehen vor dem großen Saale, in den schon Hunderte von Heimattreuen Hineinströmen.
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