Volltext Seite (XML)
Monmg den 26. Zammr Vörsenwoche Di«: Dresdner Börse war in der Berichiswoche gut be hauptet! denn die Festigkeit der vorigen Woche übertrug sich auch auf die Berichtswoche, in der die Börse eine zn- versichtliche Haltung zeigte, wenn anch hie und da kleine Mschwächnngen zu erkennen waren. Trotz einiger weniger günstige» Nachrichten aus dein Wirtschaftsleben und der Zuspitzung des griechisch-türkischen Konfliktes bewahrte die Börse ihr festes Gepräge und lies; sich in ihrer Zuver sicht, daf'. das Gesauitgebict unserer Industrie einer wenn auch allmählichen, so doch vollen Gesundung entgegengeht, und das unser wirtschaftliches Leben wieder eine befrie digende Emwictlnng nehmen werde, durchaus nicht beirren. Einen recht ersrenlichen Eindruck machen auch die Rckord- ziffern des deutschen Außenhandels, ans denen zur Evidenz hervorgeht, das unsere Handelsbilanz immer mehr an Aktivität gewinnt. Zum dritten Male im Jahre 1013 zeigt der Dezember das in der Geschichte des Außenhandels Deutschlands seit langen Jahren verschwundene Bild einer aktive» Außenhandelsbilanz. Die Allsfuhr überragt im Dezember die Einfuhr um inehr als 17 Millionen Mark. Der Gesamtwert der Warenausfuhr im Jahre IM! beträgt rund 10 760 Millionen Mark Eine weitere Anregung boten der Börse die günstiger lailtende» Berichte aus der Eisenindnslrie, in der sich die Beschäftigung in letzter Zeit gehoben habe, so daß verschiedene große Werke für das erste Halbjahr NU! fast ansverkauft seien; allerdings znin Teil infolge vo» Auslandsaiisträgen, die unter Preiskonzcssione» hereingenommen wurden. Einen weiteren Stimulus bil dete die Botschaft des amerikanischen Präsidenten Wilson und die endgültige Beilegung des Generalstreiks in Süd Südafrika, so daß damit die Gefahr von Ausbleiben neuer Geldsendungen »ach London beseitigt ist. Tie feste Grund- siimmnng der Börse findet aber ihre Hauptstütze in der glänzenden Geldmai ktslage, die eineil vollen Zeichnungs erfolg der aill 20. d. M. znr Auslegung gelangenden 3-10 Millionen lhrozentige anslosbare preußische Schatz anweisungen bringen wird. Dadurch, daß die jetzt zur AuS gäbe gelangenden Schatzanweifnngen innerhalb des ver hällnismäfsig kurzen Zeitraumes von lii Jahren serienweise zum Nennwert znr Rückzahlung gelangen und trotzdem zu dem ebenfalls über Erwarten niedrigen Kurse von !>7 Pro zeit zur Zeichnung aufgelegt werden, bieten sie für jeden Anlagesnchende» nicht nur eine reichliche Berzinsnng. die sich im Lnrchschnitt der 16 Jahre ans rnnd IG Prozent be rechnet, sondern auch eine unbedingte Gewahr gegen jeg liche wnrsverlnste. Diejenigen Besitzer der neuen Anleihe, deren Stücke schon in de» ersten fahren zur Rückzahlnng ausgelosl werden, habe» noch de» besonderen Vorteil, daß sie dm Auswsuuasvrämie von Prozent sofort erhalten, also > ei unserem allerseinsten Anlagepapier eigentlich eine Ver m'u,,g gen etwas über 7 Prozent erzielen. >e immeunebr fortschreitende Erleichterung des Geld- m u ües findet „> der an, Donnerstag erfolgten Herabsetzung <e-.- .Beiwsbankdislonts ans t fb Prozent ihren präg- rnmwsten Ausdruck. Die abermalige Tiskonterlnäßignng wird sicherlich belebend auf Handel. Gewerbe und .Industrie einwirken und anw dem Markte der Hlipothekenvsandbricfe Weiter«- ziäuser zu sichern und so unsere Hypothekeninstitute in die Lage versehen, durch Hergabe von B->nae1d> > n und Sächsische BolkSzemmh Hypotheken auf den Bauniarkt befruchtend einzuwirken. Auch am internationalen Geldmarkt hat die größere Gcldslüssig- keit zugenommen. So konnten die österreichisch-ungarische Bank ihre offizielle Bankrate auf 5 Prozent und die Bank von England den Wechseldiskont aus 4 Prozent ermäßigen. Auch der Status der Bank von Frankreich hat eine weitere Aufbesserung erfahren. Die Sätze für Geld am offenen Markt lassen deutlich unsere heimische Gcldabndanz er kennen. Der weitere Rückgang des Privatdiskonts ans 3 Prozent dokumentiert die herrschende Geldslüssigkeit und zeigt, daß das Interesse für Diskonten anch i» dieser Woche angehalten hat. Tägliches Geld war z» IG Prozent, Geld für Ultimo zu 4 Prozent angeboten. Sowohl die Seehand lung als anch die Preußische ZentralgenosienschastSkasi? waren ständig mit Offerte» zu de» Tagessätzen der Börse am Markte. Was die einzelne» Effektengebiete anbelrissl, so ging es auf dem Branereimarkte sehr rege z». Auch diese Woche zeigte sich weitere Nachfrage der Branereiaktien zu Anlage- zwecken, da man allgemein annimmt, daß die herrschenden niedrigen Preise für Rohmaterialien den Gesellschaften für das laufende Jahr gute Aussichten eröffnen. Im Mittel punkt deS Interesses stand die Fusion der Schultheiß- Bronerei mit der Berliner Unionsbranerei »nd der Span- danerberg-Branerei. Mit dieser Transaktion ist die Kvn- zentrationsbewegnng im Groß-Berliner Branereigewerbe wieder in Fluß gekommen. Im Zusammenhang mit dieser Fusion avancierte Berliner Union 6 Prozent (03). Ferner profitierten Berliner Kindl 2 Prozent (235), Schösserhof > G Prozent (51), Reichelbra» 3>,ck Prozent (211,-50). Naturgemäß profitierten auch Branbankaktien <00 Prozent) -j- 2 Prozent. Ans dem Markte der Papiersabriten und photogra phischen Artikel erfuhr Mimosa eine kräftige Belebung und konnte mit einer Knrsavance von 5-ck) Prozent <130) die Woche verlassen. Dagegen lagen Banken-, Ban- und Transportgesell- scbasten still. In Elektrizilätsgesellschasten- und Fahrradsabriten- Aktien fanden nur wenige Positionsverändernngen statt; doch war das Knrsnivean behauptet. Die Beschäftigung de«' elektrischen Industrie ist nach wie vor vorzüglich. Auch in der Berichtswoche stieg Sachsenwerk wiederum um 2G Pro zent ans 107G. Ans den, Maschinenmarkt tendierte das .uursnivean im altgenieinen nach oben, wenn auch anderseits tue und da Abschivächttngen zn konstatiere» waren. Keramische Werte zeigten eine recht feste Haltung in Anbetracht der günstigen Situation in der Porzcllan- indnstrw. »amentlich der gesteigerte» Exvortzifsern. So profitierten Hntschenrenther 2s-tz Prozent (I60G). Von diverse» Indnstrieaktien wurde» Kunstleder 1 Pro zent (143) höher ans dem Markt genommen. Der Fondsmarkt war gut behauptet. Zprozentige Reichsanleihe notierten 76(-j- 0.75) und Oprvzentige Sachsenrente 76,45 (-j- 0,25). Die ausländischen Fonds schwächten sich gleichfalls ab, und es waren die mexikanischen Anleihen stark rückgängig ans die Nachricht hin, daß der Ziniendienst einstweilen ein gestellt würde. Nr. 20 — Seite 5 Das Geschäft in den übrigen Anlagewerten ist etwas lebhafter geworden, und es waren hochverzinsliche Industrie- obligatione» zu anziehenden Kursen bevorzugt. Für billige Stadtanleihc» macht sich bei Neuemissionen eine gute Nach frage bemerkbar, so daß das Knrsnivean dieser Werte sich im allgemeinen etwas heben konnte. Vermischtes V Die Spielschulden eines Prinzen. Der Herzog von Morte-Mart hat. wie aus Paris gemeldet wird, von dem Pariser bürgerlichen Gericht das Enlmüiidipungsver- fahren gegen seinen Sohn, den Prinzen von Tonngy- Eharennle, eingcleitet. well er ein unverbesserlicher Spieler ist. Sein Vater hat nach seiner Verheiratung 1007 zum ersten Male vier Mill'onen und vor kurzem zum zweiten Male drei Millionen Spielschulden sür ihn beglichen. Der Gerichtshof sprach nach Kenntnisnahme von diesen Tatsachen die Entmündigung des Prinzen aus. v Der 200-Millionennachlatz eines ehemaligen Laufjungen. Eine große Ueberraschung brachte in Neu- hork die offizielle Vermögensfeststellung der Hinterlassen schaft deS im Juni vergangenen Jahres in London ver- storbenen amerikanischen Eisenbahnkönigs Anthoni B ady. Als vor einigen Monaten der Regierungskoinnckssar mit dem Notars Bradys sprach, glaubte der Rcgieningsvertreter mit der Annahme von 60 Millionen Dollar Vermögen über die eigentliche Hinterlassenschaft weit hinauSgeganaen zu sein. Tatsächlich hat sich ergeben, daß Brady 200 Millionen Dollar Hinterlisten hat. Brady begann seine Laufbahn im Jahre 1370 als Laufjunge in einem kleinen Nenyurker Hotel. v Ein Kind von einem Wiesel lebensgefährlich verletzt. In Bourbon-Lancy entkam ein sür zahm ge haltenes Wiesel ans seinem Käfig, sctrang aus ein allein in Ser Stube in seiner Wiege liegendes anderthalbjähriges schlafendes Kind und bis ihm die Kehle durch. DaS fürchterliche Geschrei des Kindes ries Nachbarn herbei, die sie verschlossene Tür gewaltsam sprengten und das schwer- oerwundete Kind von dem gierig sein Blut saugenden (leinen Raubtier befreien konnten. Man zwerfelt an dem Auskommen des Kindes. v G u t gerügte r „ sals ch e r A r g w o b n ". Ich war bei einer Dame in Berlin >V. zur üblichen Besuchszeit. Wir unterhielten uns; doch mittendrein stand sie ans und meinte: ..Ich habe rin Nebenzimmer den Monteur wegen der elektrische» Beleuchtung; und da will ich mal Nachsehen wie weit der mit seinem Helfer ist." Und sie verschwand im Nebenzimmer. Die Tür stand halb offen; ich hörte jedes Wort. Zuerst einen Schrei, dann die Töne höchster Angst: „Aber Marie, Sie haben ja hier das ganze Silberzeug offen liegen lasten! So was schließt man doch weg, wenn man Arbeiter im Hanse hat!" Dies alles so laut, daß es natür lich der Monteur und sein Lehrling ebensogut hörte, wie 'cl es hören mnßte. Ich dachte flüchtig, jetzt komme es z» eine, fürchterlichen Szene. Aber der Monteur mar schlagfertig: in unverfälschtem Berlinisch ertönte es herein: „Karle, jel> man raus und kiek nach de Flurgarderobe! Tort Hab ick meine Weste und meinen Rock hinjehangen. Ans de Weste nimmste Uhr un Kette, »n aus de linke Rocktasche de Ieid- beerse und det trägste allens zu meiner Ollen. Wa mbeeten — üO — Der Asrllansr K3 ti. gorNehun«, EaiolnS erschrak für den Unglücklichen mit. als er plötzlich Sesse, die er für deS Vetters heimliche Tochter hielt, auf der Diele des Schlosses Mnkrow erblickte. So sehr sie sich auch sträubte und protestierte, nötigte er sie. n»vor züglich zn verschwinden — — und zwar durch den Park, ehe sie noch von der Gräfin gesehen werden konnte. Als er anfatmend vo» dieser Expedition znirickkehrte, führte ihm Win Diener den Grafen Dörring zu, — in einer Weise, die einem Gefangenen- tiansvoit nicht unähnlich sah. Ter Gras rang heftig gegen die eherne» Pranke» des Holsteiners an. „Zum Donnerwetter, Kerl, lassen Sie mich los! Was fällt Ihnen denn ei»! Ich habe keine Zeit!" Aber Jochen Ziebarth ließ nicht eher locker, als bis er ihn seinem Herr, mit einem triumphierenden „Ta is he -I" vorgeführt hatte. „Ich bitte um Verzeihung, Herr Graf, wenn der Tölpel Sie belästigt hat!" sagte der Afrikaner ernst, aber verbindlich. „Ick bitte Sie dringend m» eine Unterredung, die keinen Aufschub leidet." „Sehr gern," erwiderte der Offizier zerstreut. „Stehe zu Ihrer Ver fügung. Ich bin nur etwas eilig. Prinz Leopold hat sich für die nächste Stunde angemeldet — und zwar offiziell. Ich muß mich umziehen und haben Sie vielleicht zufällig etwas gefunden?" „Allerdings. Sie vermissen dieses Bild nicht wahr?" Ter Graf riß die ihm hingehaltene Photographie an sich. — „Gott sei Dank!" stöhnte er befreit auf. „Da ist es!" Er hatte nicht übel Lust, seiner Freude durch einen Jndianertanz AnS- dluck zu geben. Daran hinderte ihn jedoch eine Frage, die ihn verdutzt auf- sehen machte. „Darf ich fragen, Herr Graf, wie Sie zu dem Bilde der Braut meines Vetters kommen?" „Ich meine Sie kennen diese Dame —" „Gewiß. Eben deshalb. Ich mutz Sie bitten, nicht auszuweichen. Hat Ihnen die Braut meines Vetters dieses Bild selbst gegeben?" „Ich verstehe immer „Braut"," murmelte der Offizier ratlos, mit einer unwillkürlichen Handbewegung nach der Stirn. „Verzeihen Sie, Herr Baron," sagte er dann vorsichtig, wie zu einen! Kranken, „falls in Ihrer Reiseapotheke das Chinin alle geworden sein sollte " „Herrrr l" Die drohenden Weiterungen wurden glücklicherweise durch den alten Baron abgeschnitten. „Kinder, was macht ihr denn da für einen LärmI Heute ist über- Haupt wieder mal der Teufel kos. Der Prinz kann jeden Augenblick kommen — und Charlotte läßt sich nicht sehen. Un- Sie sind ja auch noch nicht in Uniform, Dörring!" „Ich fliege —" „Und du, Nolus," fragte der Baron, als er sich mit dem Vetter allcitt sah. „willst du nicht auch etwas Toilette machen? Prinz Leopold hat sich ganz offiziell angemeldet —" ^ ... .. < „Ist niir sehr gleichgültig. Und -eine offizielle Stmunung dürfte auch Umschlagen, wenn ich dir iaae " Von einer Sitzung des Staatsrates, die heute in ihrer Angelegenheit in der Residenz stnttsinden sollte, hatte er ihr gestern gesprochen. Sie hatte nicht viel davon verstanden. Sic wußte nur, daß sie ihren Poldi zmn Fressen lieb hatte Angesichts der frische», lenzfrohe» Natur faßte sie dieses Emvfinden so übermächtig, daß sie dem irgendwie Ausdruck geben mußte. Da sie immer drastisch und unbedacht in ihren Ansdriicksinittel» Wae. splitterte eine kostbare Delfter Vase zu Boden . Im Anblick der Scherben faßte sie doch ein gelinder Schreck, der iicki zn Besorgnis steigerte, als sie seststellte, daß die Vase zu den wenigen Stücken gehörte, die die Tante aus ihrer verschwundenen Pracht der gräflich Sobierowskischen Wirtschaft herübergerettet hatte. Sie legte sich schnell einen „unglücklichen Zufall" zurecht und ging nach nute», um wenigstens ihrem Vater von dein Unglück Meldung zu machen. Auf der Treppe nach der Diele fuhr sie zurück, da sie die Stimme der Tante hörte — und zwar in einem Tonfall, in dem eS ihr nicht rötlich er- schien, sich vor ihr sehen zu lassen. Die Gräfin zankte mit Minna. Das war ja an sich nicht »ei, — abei das Thema interessierte die Barvließ derart, daß sie auf ihrem angestammten Lanscherposten ansharrtc. „Ich bemerke mit Befremden," eiterte die Gräfin erregt, „daß Sie sich mit dein Diener unseres Gastes cbgeben. Sie hocken fortwährend zusammen — in der Küche und neuerdings anch im Park, wie ich gesehen habe. Ick' dulde in meinem Hause solche Beziehungen nicht." „Das is ja fast wie bei KonsistorialratS. wo ick voricbtes Jahr jedient habe," maulte Minna entrüstet. „Herr Ziebarth hat mich bloß »'fragt — - " „Herr Ziebarth hat Sie gar nichts zu fragen!" „Na schön! Dann werde ick ihm den Brief, den er mir von dein aln- kanischen Herrn Baron für die Frau Gräfin »sieben bnt „Einen Brief an mich —?" „Ick kann n ja wieder zurückseben." „Nein. Geben Sie her! Ich ich entsinne mich, wein Vetter wollte mir eine Aufstellung über die Kultur deS Tabaks machen, de» wir bier an bauen werden." log die Gräfin. „Na also hier is der Tabak — „Es ist gut, Sie können gehen." winkte die Gräfin verwirrt ah, indem sie den Brief in ihrer Binse barg. Damit zog sie sich zurück. Gilfe sah noch, wie sie die Hand ans die Stelle drückte, wo sie den Brief verwahrte. Das strenge Gesicht d,-r Tan!' hatte dabei einen Ausdruck fast überirdischer Verzückung. Die Baroneß pfiff leise durch die Zähne und nickte vor sich hin. « gegen ihre Gewohnheit stieg sie langsam, Stufe für Stufe herab „nd sitzle,,- kerte mit den Fingern — wie jemand, der eine geheimnisvolle »nd kitzliae Geschichte erfahren. In ihren Erwägungen wurde sie durch ihren Bruder unterbrochen, de, Doktor Billerbcck und Tochter »nter lauten Frendenbezengmigen vor sich her schob. Während die jungen Mädchen sich begrüßten, nahm Alex den Dotio« unter den Arm.