Volltext Seite (XML)
Aus Stadt und Land. (Fortsetzung au» dem tzauptblatt) ' Auf der Dresdner Vogelwi ? je begann vorgestern nachmittag das Schieben ans den groben Vogel. Es wurde in üblicher Weise von dem Königs. Kommissar Herrn Kammerhcrrn Grafen v. Ncx-Zehista eröffnet, der, von Böllerschüssen begrübt, gegen 3 Uhr nachmittags im König!. Zelte eintrnf. Hier erwartete ihn der Gesamt- Vorstand der Gesellschaft mit Herrn Vorsteher Stadtrat Weigandt an der Spitze, der Herrn Kammerherrn Grafen v. Rex zu seiner Ernennung zum Vertreter des Königs be glückwünschte, nachdem er dieses Amt seit 5 Jahren für Herrn Kammerherrn v. Stammer verwaltet hatte. Herr Kammerherr Graf v. Rex dankte für die freundlichen Worte und hob hervor, das; er sich im Kreise der Bogen schützengesellschaft jederzeit wohlgesnhlt habe. Hieraus er- öffnete er das Schieben für die Mitglieder des Königs hauses. für welche er 17 Schüsse nbgnb. Er schob für die Frau Prinzessin Johann Georg die b Vhrn-Prämie und für die Prinzen Friedrich Christian und Ernst Heinrich je einen Span. Der Besuch auf der Festwiese war auch vor gestern ein zufriedenstellender. Leider hatten die Fieranten und die Besucher sehr unter der Stanbplage zu leiden, ob wohl seitens der Gesellschaft fortwährend Sprengwagen auf dem Festplatze verkehrten, um den Staub wenigstens etwas zu mildern. —* Mit der Aufhebung des Schächteverbotes hatte sich bekannt! ch kürzlich das Stadtveiordnetenkollegium beschäftigt und den Rat ersucht, beim Königliche» Ministerium des Innern die Bekanntgabe dev Gutachtens der medizinische» Fakultät der Unioersi'ät Leipzig über die Aushebung des Schächte Verbotes zu erwirken. Das Ministerium des Innern hat jedoch die Bekanntgabe dieses Gntcchlens abgelchnl, da e» nach der Ansicht und dem Willen der Fiknllät nicht für die Oesfentlichkeit bes.i nmt sei. Der Net nah,» in seiner letzten Sitzung hiervon Kenntnis. Bautzen, l. August. Kommenden Sonnabend fährt das Peisonal der hiesigen Mechanischen W berei zum Be suche der Hygienr-Antzslellnnq nach Dresden. — Beim Ab fuhren eines vollbeladenen Wagens geriet am Montagvor mittag ans dem hüsigeu Bahnhöfe ein in Seidau wohn- Hafter 81 jähriger unverheirateter Kutscher zwischen seinen eigenen Wagen und eine Lofi, wobei er eine Gehirn erschütterung und einen Rippend, »ch erlitt. Obwohl er längere Z-it im Stadtkcankenhanse bewnbtloS war, geht es ihm bereits wieder besser. — Wahrscheinlich durch Selbst entzündung begann gestern mittag im Hofe des Sattler- Meisters Pietsch hier ein gezupfter, in der Sonne liegender Haufen Afrtk zu brennen und sogleich stand auch Herr Pietsch, welcher die Znpsmaschine bediente, mitten in Flammen. Durch die aus die Hilferufe herbeigeeilte Nach barschaft wurde Verhütet, dah das in unmittelbarer Nähe befindliche Warenlager in Brand ge iet. Ein offenstehender Fensterflügel, auf den die Sonnenstrahlen gerichtet waren, mag die Ursache der Selbstentzündung gewesen s in. Großenhain. >. August. Die Scheunen- und Stall gebäude des Freigutes Kolkwitz bei Striesen sind durch ein Schadenfeuer zerstört worden, das wahrscheinlich durch Selbstentzündung von Stroh entstanden ist. Nirdrrpsirn>icnstiel, 1. August. Erschossen hat sich im hiesigen Werkswalde der 26jährigc Fabrikarbeiter Vau- mann ans Neudörfel. Der Grund ist unbekannt. Lcdcran, 1. August. Die Ehefrau des Wassermeisters Hofmann wollte kochende Wäsche aus dem Kessel heraus- i'.ehmen, wobei sie jedenfalls von einem Hitzschl-ag betroffen worden ist. Infolgedessen stürzte sie mit dem Gesicht und den Händen in das kochende Wasser, wodurch der Tod der bedauernswerten Frau eintrat. Schöiieck, 1. August. Ein größerer Brand entstand in dem am Bahnhofe gelegenen Dampfsägewerke van Berger, wodurch das Maschinenhaus, der Schuppen und die Scheune sowie bedeutende Holzvorräte zerstört wurden. Tharandt, l. August. Im Walde zwischen Borlas und Edle Krone fand gestern nachmittag gegen b Uhr ein Post- assistent eine bewusstlose Frau mit einer Schußwunde in der rechten Schläfenseite und einer zweiten in der Brust vor. Er nahm sich sogleich der Schwerverletzten an, zog einen Arzt herbei und vermittelte, nachdem sie mit einen: Notverbande versehen worden war, deren Transport nach der Station Edle Krone, von wo ans er sie mit dem nächsten Zuge nach Dresden überfiihrte. Hier brachte man sie im Krankenwagen nach dem Friedrichstädter Kranken hause. Es liegt Selbstmordversuch vor. lieber die Per sönlichkeit der Lebensmüden konnte festgestellt werden, daß sie in einem Nachbarort wohnhaft sein soll Der Beweg grund zu ihrem Vorhaben ist unbekannt. Zwickau, 1. August. Ter 27jährige Lehrhäuer Scheffel ans Friedrichsgrün wurde im Morgenstern Schachte zu Reinsdorf durch Herei »brechendes Gestein verschüttet. Der Bedauernswerte konnte nur als Leiche geborgen werden. Kirche und Ankerricht. k Da« Seltgsprechungsdekret der Siiüerin der Kon- grozatlon der bannherztgen Schwestern, der Witwe Lcgras, wud jetzt veröffentlicht. Es bestimmt, dah vom August au dieser O densstifteiin die Ehren einer Seligen erwiesen werden. DaS Dekret lässt überdies ersehen, daß die Heilig- spiechnng eingelc-itet ist. In einem Zusätze entschuldigt sich die Nitenkongregativu, daß durch die Ungunst der Zeit sich die Sache so lange verzögert habe. Ir Der Verband der kathol. Studcntcr.vcreiue Deutsch- landü besteht nach der in Nr. 10 der Akademischen Monats- klätter veröffentlichten Srmestralen VerbandSslatistik nach dem Stande vom 1. Juli llllt aus fit Koivorationeu mit tnöq.samt 1030 aktiven und 99l inaktiven Mitgliedern. Ne» eingetreten sind in diesem Sommers.'inesler 300 Füchse. Unter den Allen Herren des Verbandes befinden sich 1337 Theologen. 1337 Juristen, 1070 Mediziner, 10-tfi Philo- logen und 081 Techniker. Seit der letzten Februnrfiatistik hat die Zahl der aktiven und inaktiven Milglicdcr um >03 zngenommen. Die Akademischen Mouatsblätter ei scheinen gegenwärtig in einer Auflage von 9000 Exemplaren. Neu ausgenommen wurden auf der letzten Generalveisaminlung in den Verband die Vereine Semnonia (Berlin) und Rheno- Palatia (Zrelbnrg). Ir Unter „Pfiffen- und Klöstrrstatistik" oder anderen ähnl'chen gleichweriigr» hctzeriiche» und ketzerischen Notizen v rkünden in den letzten Lagen verschiedene liberale und sozialdemokratische Blätier die Anzahl der in Belgien bestehenden K öster. Der „Voiwäus", Berlin (23. 7.)' läßt sich dazu folgend rmaßen vernehmen: „Wie das jüngst herausgegebene Jahrbuch des belgischen Klerus zeigt, bestehen zurzeit in B.lgieu 2437 Klöster mit weit über -10 000 Mönchen und Nonnen. (Tie Zahl dieser Drohnen ist zwar nicht angegeben, aber da es im Jahre 1900 nicht weniger als 33 000 waren und da nach d r Trennung von Kirche und Staut in Frankre ch viele Tausend Mönchlein und Nönnchen nach Belgien, „ins Paradies der Küche", flohen, so ist die Zahl 40 000 eher zu niedrig als zu hoch gegriffen.) In den Arroud.ssemei'.ts Ecclo. St. N colaS. Jhiclt und Roulers gibt es keine einzige Kommune ohne Kloster. Im Arron dissement Eomtral rnr eine, in den Airoi d. Oste, de und Hpres bloß je 2, in Lermode 3. je 4 in de» Arrond. Bcügge, Dixmnde, Antwerpen und fi in Malines. Sonst aber wimmelt und kribbelt es in ganz Belgien von Klöstern, Pfiffen, Mönchen, Nonnen, und die ganze schwarze Garde betrachtet es als ihre vornehmste Ausgabe, den Sozml SmuS (Dader die Wut. D. Red.) und die Art» ilerorgaivsation zu bekämpfen." Ans diele mit fanatischer Bosheit durch und durch gespickte Notiz erübrigt sich jede Bemerkung. Vermischtes. V Unsere Planeten im Anglist dieses Jahres. Von unseren Planeten bewegt sich im August der Mars lechtslänfig im Sternbild des Stieres. Ende des Monats kan» er bereits über 6 Stunden lang beobachtet werden. Der Jupiter hingegen, der sich rechtslänfig im Sternbild der Wage bewegt, ist Ende Anglist mir noch eine Stunde lang sichtbar. Der Saturn bewegt sich rcchtsläusig im Sternbild des Widder. Sein Aufgang erfolgt vor Mitter nacht. Tie Tauer seiner Sichtbarkeit ist im Zunehmen be griffen. Im September wird er bereits über 9 Stundeu am nächtlichen Himmel wabrnehmbar sein Ter Uranus bewegt sich rechtslänfig im Sternbild des Schützen, er geht morgens nach 2 Ubr unter. Nicht sichtbar ist im August für uns Erdeninenschen der Merkur, während uns die Venns als Abendstern leuchtet, aber schon Mitte Anglist in der Dämmerung verschwindet, um uns im September als Morgenstern zu erscheinen. Für gewöhnlich geht bekannt lich die Venns zur Zeit der unteren Konjunktion über oder unter der Soniienscheibc vorbei. Es ereignet sich aber in Zwischenräumen von 8, lOfisR, 8 und 121 Jahren, daß zurzeit gerade die Ekliptik von der Bahn der Venns ge schnitten wird und dann geht der Planet als kleine dunkle Scheibe vor der Sonne vorbei. Diese Vcnusdurchgänge sind für die kosmische Meßkiinst von derselben Wichtigkeir wie die Feststellung des Meters für die irdische: denn bei solcher Gelegenheit kann die astronomische Beachtung und Berechnung die Entfernung der Erde (und Venns) von der Sonne am geiianesten ansfindig machen. Die letzten VcniiS- durchgänge fanden am 8. Dezember 1874 und 6. Dezember — 64 — Er machte Malvine eine verabschiedende Verbeugung, und diese zog sich erbittert zurück. Als sie aus der Tür des Gemaches trat, sah sie Lenhardt in einer der gegenüberliegende» Türen verschwinden. „Er hat gehorcht," knirschte sie zwischen den dünnen, festauseinander gepreßten Lippen hervor. „Ich befürchte, der Hohn in dem Oiesichte dieses Menschen bedeutet für uns nichts GutcSI" Knilin war Malvine verschwunden, als Lenhardt an die Tür des Ge maches klopfte, in dem sich der Freiherr befand. In seiner Hand trug er ein durchnäßtes und zerrissenes Kleid. Ucberrascht sah ihn der Freiherr an. „Wa Sbringst du, Lenhardt?" „Ich befürchte, traurige Nachrichten, gnädiger -Herr, wenigstens eine Bestätigung meiner ersten. Sehen Sie das Kleid der Entflohenen, William hat es unweit der Weidenhäiime aus dem Waldbache gezogen. Es bleibt kein Zweifel übrig, das Fräulein konnte sich nur in dem Augenblicke ihres Ge wandes entledigen, wenn sie die Absicht hatte, ihren Tod in den Finten zu suck-en." Nur mit Mühe verbarg der Freiherr seine Freude. Lenhardt hatte vollkommen recht, und Williams scharfsinniges Auge hatte das Kleid entdeckt. Davon, daß er deusclbeu darauf aufmerksam gemacht, sagte Lenhardt nichts, in der richtigen Voraussetzung, daß William selbstverständlich gern alleiniger Entdecker des wertvollen Fundes bleiben würde. Jetzt unterlag cs für den Freiherr» auch keinem Ztveifcl mehr, daß Nora tot sei, und wenn sich auch lein Gewissen zu regen begann, die Nachricht war für ihn von solch unschätz barem Werte, daß die Freude mit leichter Mühe dasselbe übertäubte. „Wahr! Wahr!" rief er aus. „Nun ist alle Hoffnung vorbei, die Un glückliche wiederzufiuden. Giob Befehl, daß der Waldbach noch einmal gründ lich durchsucht werde, damit wenigstens ihre sterblichen Ucberrcste den Platz in geweihter Erde finden können. Tic Beklagenswerte. Ein solches Ende!" Lenhardt ging. Draußen atmete er tief auf. Der Streich ivar voll ständig gelungen, der Hieb, den seine erbittertste Feindin gegen Noras vor läufige Sicherheit geführt, vorläufig pariert — der Freiherr vollständig beruhigt. Vollständig beruhigt war Herr von Minkwitz nun allerdings nicht. Erst mußte Noras Leichnam gefunden werden, aber ihr Tod war bei ihm Ueber- zeugung geworden. Endlich, endlich würde er Ruhe finden. Ruhe! Der Freilierr schauerte in sich zusammen. Tie Dämmerung war mittlerweile hercingebrocheu und das flackernde Feuer im Kamin be leuchtete mit seinem Scheine jeden Gegenstand. Dem Frciherrn war es, als ct> es plötzlich um ihn lebendig würde, als ob die tanzenden Schatten ge- 'penstisch ihre Arun- nach ihm ausstrcckten. Er wollte die Furcht die er nie gekannt und die ihn jetzt plötzlich wie mit eisernen Armen umklammert hielt, von sich abschüttelu — es gelang ihm nicht. Jetzt lachte er laut und höhnisch auf und — ein greller Mißton! — die Hellen Schiveißtropfen standen ihm auf der Stirn. „Licht! Licht!" schrie er dem eintretenden Disper entgegen. Im näch sten Augenblicke war es tagl>cll in dem Gemach. Erschöpfi sank der Freiherr »n seinen Sessel zurück und lag nnt geschlossenen Augen wie ein Toter. — Ol — Bei den letzten Worten erst schien wieder Leben in Juan zu kommen. „Sie ballen es für möglich, Herr Meiner, daß Nora zu retten ist?" fragte er. Der Advokat zuckte mit den Achseln. „Ich will Ihnen keine Hoffnungen machen, mein junger Freund, aber in diesem Falle halte ich alles für möglich. ES heißt, rasch zu Hände!». Verlieren Sic vorläufig nur den Mut nicht. Wir haben einen gefährlichen, aber ich boffe nicht unüberwindlichen Gegner." „Und was soll geschehen? Ich gkaube, die größte Eile tut Not." „Derselben Ansicnt bin ich ancb. Suchen Sie eine Unterredung mit dem Freiherr» und dann vor alle» Dingen eine solcl>c mit Ihrer Nichte zu ge winnen. Sie werden sich dann mit leichter Mühe über ihren Geisteszustand Klarheit verschaffen." „Aber ich sagte Ihnen, sic sollte gestern abend schon mit dem Irren ärzte abreisen." „Wissen Sie den Ort?" „Nein — nach dem südlichen Frankreich." „Sie werden den Freiherr» bitten, Ihnen zu sagen, wohin Ihre Nichte gebracht n orden ist. Er kann» Ihnen die Auskunft nicht verweigern." „Und was dann?" fragte Juan gespannt. „Zweifellos haben sie ibre Vorsichtsmaßregeln zur Genüge getroffen," sagte der alte Meiner nacbdcnklich. „Aber sei dem wie ilmi wolle, mit Güte oder Gewalt: Nora muß in unsere Hände gelangen, sonst ist sie rettungslos verloren." Es war, als ob die Worte des alten Mannes plötzlich Juans gesunkenen Mut wieder wachricseu. Noch vor kurzer Zeit hatte ihm eine Unterredung mit dem Freiherr» über diesen Punkt vergeblich gedünkt, jetzt — er sab in ibiu nur noch einen Verbrecher — scbntc er sie bcrbei, um nur einen Blick in das Gewebe, welches die unglückliche Nora umgab, zu werfen. „Ja, Sie haben recht, mir beginnt ein schreckliches Licht zu tagen!" ries Juan aus. „Aber wenn er mir jede Auskunft verweigert — wenn er sich meine Einniischuug in die ganze Augelegenbeit verbittet?" Eine Minute lang gab Herr Meiner keine Antwort. „ES ist möglich," sagte er dann. „Nicht allein möglich, sondern wabrschcinlich. Ich bin aber nicht unborbereitet. Nur im äußersten Notfälle werden wir unS an die Be hörde wenden, vorläufig List gegen List. Wir sind also über den Punkr einig Nora v. Minkwitz muß iw liniere Hände koinmen. Sic werden ver suchen, vb cS möglich ist, dem Freiherr» in Güte beiziikommen, für alle anderen Fälle bin ich vorbereitet." „Ader wenn sic »ns auS den Augen kommt, wenn uns ihre Spur ver loren gebt!" rief Juan aus. „Ich hoffe, das wird nick» der Fall sein. Hier, lesen Siel" Herr Meiner batte ein kleines ziisamniengefaltctcs Billett aus der Tasche gezogen und hielt eS Juan entgegen: „Mein teurer Oheim! Erwarten Sie mich vorläufig nicht zurück. Ich bin gezwungen, im Interesse unserer Angelegenheit eine weitere Reise vor zunehmen — Sie werden mit mir zufrieden sein. Georg." Juan sah Herrn Meiner fragend an. „Diese weitere Reise, sollte sie nicht mit Noras Abreise nach dem süd lichen Frankreich in Verbindung stehen?" cntgegnete der Advokat. „Ich bin i. ..Ein Kind des Südens." 1« i '.I j