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Lrscheliü täglich nachm, mit «uSmchme der Sonn- und Festtage. Ausgabe ä.i Mit »Die Fett ln Wort und B!Id- vlerteljahrltch- », IO ^ In Dri-sden durch Boten Ä,10 In gang Deutschland stet Haus S,L« »«Saab«».! Ohne illnltrtcrte Beilage viertelt. 1,80 ^k. In Dresden d. Bolen 2,10 ,<». In ganz Deutschland sre' " S.jrS — titnzel-'.st, 10 q — Zettungsdrelsl. Nr. l Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden dle kgesvaltene Pettlzclle oder deren Raum mt» »L ^.Reklamen mit SO g die Feile berechnet, bet Wiederholungen entsprechenden Rabatt. Buchdrucker««, Redaktion »nd ttleschäftsstrllei Dresden, PtNuther Strasse 11t. — Fernsprecher ISS« JürRUckgabe unverlangt. Schriststüik« keine iverbtndltchkett Redaktion»-Sprechstunde: 11—12 Ubr. > . 1 Die Landtagswahlen in Altenburg. Rositz. den It. Avril 1910. Anl 14. April finden im Herzogtum,: Sachsen-Alten- burg die Lnndtcigswahlen statt. Schwere Kämpfe liegen hinter uns und wenn wir am heutigen Tage die Situation überschauen, dann kommen wir zu dem Ergebnis, daß auch hier in Altenburg der Liberalismus, die sogenannte fort schrittliche Volkspartei, die Geschichte der Sozialdemokratie besorgt. Zwar lehnen es die entschiedenen Liberalen energisch ab, ein Wahlbündnis mit der Sozialdemokratie geschlossen zu haben, aber ihre Taten strafen sie Lügen. In fast allen Wahlkreisen, in denen bisher konservative Abge ordnete gewählt waren, hat die fortschrittliche Volkspartei eigene, sogenannte Zählkandidaten aufgestellt, wodurch nur eine Zersplitterung der bürgerlichen Stimmen herbei geführt wird, da es aussichtslos ist, das; in den ländlichen Wahlkreisen liberale Abgeordnete durchkommen könnten. Und da in Altenburg keine Stichwahlen stattfinden, sondern einfach Stimmenmehrheit entscheidet, so tritt die Befürch tung zutage, daß die Sozialdemokratie die Früchte der Arbeit seitens des Liberalismus einheimsen wird. Die Existenz eines abgeschlossenen Bündnisses zwischen dem Liberalismus und der Sozialdemokratie wird übri gen- trotz Dementis nicht besser gekennzeichnet als durch l Tatsache, daß in dem sozialdemokratischen Organe, der „Altenburger Volkszeitung", entschieden liberale Männer zur Wahl eines Sozialdemokraten auffordern. Und der Aufruf der Sozialdemokraten fordert die Wähler ans, keinen vom Bund der Landwirte, keinen Mittelständler, keinen vom Neichsverbande ausgestellten Kandidaten zu wählen, aber gegen die Kandidaten der fortschrittlichen Volkspartei wendet er sich mit keinem Worte. Diese Tat sachen lassen doch tief blicken. Namentlich sind cs die Agitatoren der fortschrittlichen Volkspartei, die die wüsteste Steuerliche treiben, und da der Hansabund zur Unterstützung der liberalen Kandidaten anffordert. können wir es wohl verstehen, aus welchem Geldbeutel diese Machenschaften bestritten werden. Tag täglich wird der abgedroschene Gaul der Reichsfinanzreform bestiegen und Attacken gegen den sogenannten „schwarz- blauen Schnapsblock" geritten, und man kann konstatieren, daß die Sozialdemokratie von ihrem liberalen Bundes genossen vortrefflich in der Anwendung von Schimpf kanonaden ausgebildet wird. Ein freisinniger Parteisekretär Matheus aus Halle reist im Lande umher mit dem Bestreben, das Schimpf- lcxikon der Sozialdemokraten zn bereichern. In einer großen Versammlung in der Stadt Altenburg wütete dieser Herr in einer fast dreistündigen Rede hauptsächlich gegen daS Zentrum, so daß unbefangene Beurteiler seiner Aus führungen zu der Ansicht kommen könnten, es gälte, im Altenburger Lande das Zentrum nnterzukriegen. Der Zank dieser Taktik bestand nämlich darin, das Bündnis mit den Sozialdemokraten zu rechtfertigen, indem andere Parteien schon immer bereit gewesen seien, mit den Sozial demokraten Bündnisse abznschließen. Zur Beweisführung erzählte der Redner dann die schon 199mal widerlegte Un wahrheit von dem Abschluß eines Bündnisses zwischen Zen trum und Sozialdemokratie in der Sakristei des Domes zu Speicr. Mit Pathos nannte der Redner den in der Ver sammlung anwesenden Redakteur Tikreiter von der „Alten burger Volkszeitung" als Zeugen für seine unwahren Be hauptungen, da dieser Herr seinerzeit bei diesen Ab machungen mit beteiligt gewesen sei. Dieser wies aber diese Beschuldigungen entschieden zurück und erklärte, daß die Ausführungen des Referenten faustdicke Lügen seien, alles was über diese Sache geredet und geschrieben worden, seien Legenden und niemals seien in der Sakristei des Domes zu Speicr oder überhaupt in einer Kirche derartige Ab machungen getroffen worden, was der Sekretär der ent schiedenen Liberalen rnbig, obne zn mucksen, einsteckte. Trotzdem schied man als gute Freunde und am anderen Tage konnte man im Altenburger Sozialisienblattc lesen, daß durch diese anregend verlaufene Versammlung die Aussichten der fortschrittlichen Volkspartei ganz bedeutend gestiegen seien. Und so ging es fort bis auf den bentigen Tag, man mied es peinlich, in Wort und Schrift aneinander zn ge- raten. Dafür besuchte man gemeinsam in starker Ver tretung die Versammlungen des Bundes der Landwirte und der Mittelstandsvereinignng, um dort zu zeigen, wie weit der „Fortschritt" bis ins Lager der Sozialdemokratie schon vollzogen sei. In einer dieser Versammlungen konnte man an der Tätigkeit des anwesenden Abgeordneten des be treffenden Wahlkreises absolut nichts aussetzen, bis ein frei sinniger Volksschnllehrer daran erinnerte, daß dieser Abge ordnete seinerzeit gegen den Antrag, den Religionsunter richt aus der Schule zn beseitigen, sowie gegen die Ab schaffung der geistlichen Schulaufsicht gestimmt habe. Der bisherige Vertreter dieses 3. ländlichen Wahlkreises er widerte diesem Herrn prompt, daß nach seiner langjährigen Erfahrung die Religion unbedingt in der Schule den ersten Platz einnehmen müsse, und der Beifall vieler anwesenden Familienväter zeigte diesem unerschrockenen Herrn, daß er auf dem richtigen Wege ist. Dann fuhr der Redner fort, wenn dem so ist, dann müssen sie auch für die Beibehaltung der geistlichen Schulaufsicht stimmen, denn gerade die libe ralen Lehrer seien es, die Fachaufsicht verlangen, und meines Erachtens ist es der Geistliche, der in dem Fache Religion kompetent ist. (Bravo!) Diese Worte, ihr katholischen Wähler deS Altenburger Landes, sind für uns maßgebend, wenn wir vor der Frage stehen, wem sollen wir unsere Stimme geben? Ta es uns nicht möglich ist, eigene Kandidaten durchzubringen, so bleibt für uns nur die Möglichkeit, jenen Männern unsere Stimme gegeben, die, von christlichen Grundsätzen getragen, im Landtage ihres schweren Amtes als Volksvertreter wirken. Dies sind auch die Grundsätze unserer großen Partei, der Zentrnmspartei Deutschlands, und wenn wir auch bisher, verlassen von allen, ganz allein unsere Wege gehen mußten, die Zeit muß kommen und wird kommen, wo uns solche Männer Gehör schenken und eintreten für unsere Existenzberechtigung als Katholiken im Altenburger Lande. Wir alle wissen es, daß uns die drückenden doppelten Kirchen- und Schulstenern manchmal den Mut rauben, noch an eine Gerechtigkeit zn glauben, aber wenn es noch Männer gibt, die den Mut haben, öffentlich für die Er haltung der christlichen Religion und deren Förderung in der Schule einzutreten, dann wird auch die Zeit kommen, wo uns diese Männer Gerechtigkeit widerfahren lassen. Darum bleibe keiner zurück, auf jede Stimme kommt cs an. wählen wir die aufgestellten Kandidaten der konservativen Partei. Die „Altenburger Volkszeitung", das Organ der Sozialdemokraten, geriert mit Urteilen bürgerlicher Poli tiker und Zeitungen über ihre alleinseligmachende Partei. Wir wollen es unterlassen, einige Beispiele hier anzuführen, ganz abgesehen davon, daß manche bürgerliche sonst hervor ragende Politiker ein Lob der Sozialdemokratie gesungen haben, das ihnen wenig zur Ehre gereicht. Da man aber auch Hervoragende. Zentrnmsführer zitiert, so müssen wir bemerken, daß die „Altenburger Volkszeitung" geschickt nur das abdruckt, was ihr anscheinend zum Ruhme verhilft, und wodurch die Ausführungen jener Zentruiiismänner in ein ganz anderes Licht gestellt werden. Die Zentrums- Partei hat es noch nie unterlassen, auf die gefährlichen, sinn- täuschenden Machenschaften der Sozialdemokratie hinzu- weisen, wodurch sie sich in ganz besonderem Maße den Haß der Sozialdemokratie zugczogcn hat. Von den Zitaten der „Altenburger Volkszeitung" hat für uns nur das eine Interesse, die Ausführungen des Grafen Hoensbroech. Im Jahre 1891 schrieb dieser ehe malige Jesuit in der „Krenzzeitung" einen scharfen Artikel gegen die Sozialdemokratie, in welchem er erklärte, daß sich die Ileberzeugimg Bahn brechen muß, die Partei des er klärten »nd gewollten Umsturzes, die Sozialdemokratie, hat kein Recht auf Anerkennung politischer Existenz; er schloß mit de» Worten: Hinaus mit den Sozialdemokraten aus dem dentsck-e» Reichstage! Die „Altenburger Volksztg." zitiert nun im Schreiben desselben Grafen Hoensbroech an den „Vorwärts", welches er einige Jahre später absandte und worin er erklärte, in der Sozialdemokratie berechtigte Bestrebungen erkannt zn haben. Und in einem zweiten Schreiben an das Zentralorgan, nachdem ihm der „Vor wärts" seine Ausführungen vom Jahre 1891 jedenfalls unter die Nase gerieben hatte, freut er sich, die Aus lassungen als unreife und völlig unrichtige Jugendarbeiten öffentlich verleugnen zu können. Er nenne sie Jugendarbeiten; denn obwohl er damals, als er schrieb, 42 Jahre alt gewesen sei, habe er sie geschrieben mit der Unkenntnis und dem Unverständnis über die tatsächlichen Verhältnisse, die der Jugend eigen. Er wäre damals etwas über ein Jahr der Abgeschlossen heit des Jesuitenordens, heransgetreten gewesen und seine Kenntnis von der Sozialdemokratie war durch die jesnitisch- nltrainontane Erziehung wesentlich beeinflußt, da er dieser Erziehung bis zum 42. Jahre unterstanden hatte. Erst all mählich lernte er mit eigenen Angen die törichte Furcht vor der Sozialdemokratie richtig cinschätzen. Und im Jahre 1991 erklärte derselbe Graf in einer Versammlung in Lndwigshafen am Rhein am 29. April: Gegenüber der ultramontanen Gefahr käme die sozialdemokratische Gefahr gar nicht in Betracht. Die Sozialdemokratie sei eine durch aus berechtigte Erscheinung. So die „Altenburger Volks- zeitung". Armer Hoensbroech! So weit ist cs mit ihm ge kommen, daß ihn die Sozialdemokratie als Kronzeugen für ihre Existenzberechtigung zitiert, und es kann wohl für uns katholische Männer kein abschreckenderes Urteil gebe», als obige Auslassungen eines tief gefallenen, ehe maligen katholischen Ordensmannes geben. Aber »och eine andere Seite gibt es hierbei zu betrachten. Wie ist es mög lich, daß der Mann, der bis zu seinem 42. Lebensjahre hinter stillen .Klostermanern lebte und der sich dort nach seinen eigenen Aussagen kein klares Bild von der religions losen Sozialdemokratie bilden konnte, überhaupt so tief fallen konnte, daß er jetzt ungläubig rast- und ruhelos durch die Welt zieht als ein Apostel des Unglaubens? Für uns katholische Männer eine ernste Mahnung, auf der Hut zu seinl Wir stehen im öffentlichen Leben mitten drinnen und die zuckersüße, verlockende Speise einer ungläubigen Welt anschauung wird uns täglich in den Zeitungen der Gegner geboten. Wollen wir stark bleiben, dann ist es unerläßliche Pflicht, für die Verbreitung der katholischen Presse einzu treten, sie zu unterstützen und das ist für uns die „Sächs. Volkszeitung". Die jetzigen Kämpfe bei den Landtags- Wahlen und allen anderen Wahlen sind die Vorposten gefechte zn den kommenden Neichstagslvahlen; es wird ein Kampf aller gegen alle werden, der letzten Endes die Sig- I natnr eines Kampfes des Unglaubens gegen den positiven Glauben tragen wird. Da werden Männer gebraucht, die geschult durch eine gute katholische Presse, dem freisinnig- Glanbcn tragen wird. Da werden Männer gebraucht, die. in der Lage sind, die Beweisführung für die Notwendig keit der Religion, namentlich in der Schule, antreten zu können gegenüber den Forderungen freisinniger Lehrer und sonstigen religionslosen Agitatoren. Mag man auch noch so sehr den Fortschritt auf allen Gebieten preisen, den man erkämpfen und bringen will, wie die Tatsachen es beweisen bier beim Wahlkampfe in Altenburg, führt dieser Fort schritt unbedingt in das Lager der Sozialdemokratie. Die angestrebten Forderungen der fortschrittlichen Volkspartei sind längst durch alte Forderungen der Sozialdemokratie überholt: sie beweisen nur, daß sich beide Parteien in ihrer* Grundsätzen, Beseitigung jeglicher positiven Religion, im wesentlichen ergänzen. Darum, katholische Männer, auf die Schanzen, mit klarem Blick den Feind erkannt, und wer aus sich heran? den Kampfplotz nicht überschauen kann, wer den Feind und seine Machtstellung nicht taxieren kann, der lese die „Sächs« Volkszeitung" und suche sie bei seinen Freunden zu ver breiten. Das sind die Konsequenzen, die wir aus der Betrach tung der Altenburger Landtagswahlen ziehen. W. v. PvULische Rundschau« Dretden, den 12 Ap-.il 19tO. — Aus Anlaß der Einweihung der Jerusalemer Zionskirche wurde dem Kardinal Fischer iu Köln der Rete Adlerordcn 1. Klasse verliehen. - Im preußischen Abgeordneteuhause wurde am Montage in die 2 Beratung des EisenbahnetatS einge- treten, und zwar fand der Etat in finanztechnischer Richtung seine Besprechung. Der Finanzminister konnte hierbei mit Freude feststellen, daß das letzte Etatsjahr wesentlich besser als das Vorjahr abgeschlossen habe. — Am Dienstag end- güllige Abstimmung über die Wahlreform. — Brthruan«.Hollweg als Vermittler. Wie die „Königsberger Allgem. Ztg." „von zuverlässiger Seite" höit, ist der Umschwung in dem Verhalten des Berliner Polizeipräsidenten v. Jagow aus ein dringendes Eingreifen des Reichskanzlers v. Bethmann-Hallweg zurückznsühren. Die früheren Verbote des Polizeipräsidenten waren im Einverständnis mit dem Minister des Inneren v. Moltke ergangen. ES scheint mm eine neue Anweisung an sämt liche Polizeipräsidenten ergangen zu sein; denn diese Ver halten sich in allen Städten gleichartig und genehmigen jetzt Veisammlimqen unter freiem Himmel. — Das Erträgnis der neuen Rcichssteuern. Das größte Erträgnis ergaben bis 1. März 1919 die Grund- stücksübertragnngen mit 29 794 918 Mark. Die Brannt weinsteuer ergab an Betriebsauflage 12 947 784, an Ver- branchsabgabe 2 159 983 Mark. Die Leuchtmittelsteuer brachte 5 483 234, die Zündwarenstener 3 838 886, der Lcheckstempel 2 722 383, die Stempclabgabe von Gewinn anteil- und Zinsbogcn 2 133 422 Mark. Die Essigsäure- verbranchsabgabe brachte nur 138 331 Mark. Was die früheren neuen Steuern anlangt, so brachten vom 1. April 1999 bis 1. März 1919 die Erbsck-aftsstcuer 34 953 159 Mark, die Personcnfahrkartcn 17 365 578, die Zigarettensteuer 17 551955, die Frachturkunden 13 836 276, die Schaum- meinstener 8 584 991 und die Erlanbniskarten für Kraft fahrzeuge 2 146 892 Mark. Die ergiebigste Einnahme quelle sind und bleiben für den Neichssäckcl die Zölle, dem* sie brachten in dem Zeiträume von 11 Monaten, vom 1. April 1999 bis 1. März 1919 das nette Sümmchen von zirka 614'/. Millionen Mark. Republikanische Zrntrumsleute. Unter dieser Spitz marke schreiben freisinnige Blätter, daß das Zentrum sich als die „beste Stütze der Throne empfehle": aber die Zen- trnmsabgeordneten Wetterlä und Nicklin hätten sich im Landesaiisschiiß zu Straßburg als offene Republikaner be kannt. Dann wird über das Zentrum wieder einmal los gezogen. Was ist nun Tatsache? Zunächst gehören die beiden genannten Abgeordneten der Zentrmnsfraktion des Reichstages gar nicht an. Aber was baben sie denn gesagt? Wetterlä sagt: „lieber die Möglichkeit einer republikanischen Ver fassung hat meine Partei noch in keiner Weise verhandelt. Ich selbst jedoch bin überzeugter Anhänger der republi kanischen Idee." Und Abgeordneter Dr. Ricklin führte auS: „Ich glaube, daß die Monarchie für den Elsaß- Lothringer nicht paßt. Für Preußen paßt sie ausgezeichnet. An ihr müsse Preußen festhalten, denn seine jetzige Stel lung verdankt es allein den Hohenzollern. Wir aber können