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Nr. 150. Dienstag, den 5. Juli 1004. 5. Jahrgang. Sächsische KolksMng Erscheint tiigltch nachm, mi» Ausnahme der E>-ur> und Feitcaae. ' ! .. ^ ^ > Inserate werde» die 6>,eir>alle>ie Peützeile „der deren Ran.» m ! llnabdanaiae; Lrgedisttk« Asdrbett. strebt u. freideit. R^dakkionS-SprechiNinde: II—12 Uhr. >! "" " ' PtUiiitirr Etrasie 4!I. — Hernidreeber VIinl s ^!r. UM,. Erscheint tiigltch nachm, mit Ausnahme d «e,na«pre,»! Bierleljührl I «k. SV Pf. ^ auherdeutschen Poilanstall.lt. sseitunaSpretSI »injeluummer iv RedakrtonS-Sdrechslilndc: II—12 Uhr. Unabhängige; Lageblatt lür Ulabrbett. stecht u. freiheit. Inserate werden die Kaeipaitene Pe'.ilzeile oder deren Nanni in IS Pf. derechnel. bei Wiederbatuna bedeutender Rabatt. Bnchdruiserrt, Redaktion und Vleschiiftostelle: Tre-dea Pilliittirr Strakir -1!I. — Herninrerber Rmt l Nr. i:M>. Danksagung. Aus Anlatz des 2jährigen Bestehens unserer Zeitung sind uns voll Nah und Fern zahlreiche Glückwünsche nnd nennenswerte Beträge für den Pretzfonds zugcgangen. Zugleich wurde uns vielseitig rückhaltlose Zustimmung und Anerkennung für die bisherige Haltung derselben in redaktioneller Beziehung ausgesprochen, was uns ermutigt, unentwegt auf den bisher betretenen Bahnen fortzu schreiten. Allen unseren Freunden und Gesinnungsgenossen sei dafür der innigste Tank ausgesprochen, und die Bitte wärmster Unterstützung in Wort und Tat auch für die Zu kunft daran geknüpft. Redaktion und Verlag der „Sächsischen Volkszeitung". Die Lehren ans dem Pommernbankprozesr. Mit dem Urteilsspruch im Prozetz gegen die Ange klagten der Pommernbank hat eine höchst unerfreuliche Sache sein Ende gefunden. Es war keine geringe Arbeit, welche von den in Betracht kommenden Richtern geleistet werden mußte. Vom 2. Mai bis zum 1. Juli hat der Pro zeß gewährt, nicht ganz so lange als wie die vorjährigen Verhandlungen, die am 1. Mai begannen und am 20. Juli den überraschenden Ausgang nahmen, daß das Gericht zu einem blnn liquot für Verurteilung und Xnn lignnk für Freisprechung kam. Als am 20. Juli vorigen Jahres die Entscheidung des Gerichtshofes in die Worte ausklang: Die Akten gehen an die königliche Staatsanwaltschaft zurück, der gegen Schultz und Romcick erlassene Haftbefehl wird aufgehoben — da konnte man vielfach die Ansicht hören: „Der Prozeß ist begraben, Schultz und Nomeick werden ver schwinden." Die Angeklagten sind nicht geflüchtet-, sie haben sich von neuem dem Gericht gestellt, nicht im Vollbe wußtsein ihrer Schuldlosigkeit, sondern vermutlich aus der praktischen Erwägung heraus, mit allen Mitteln zu kämpfen und soviel wie möglich an Ehre und vor allem an Vermögen zu retten. Der Kampf um die Ehre hat, wie nicht anders erwartet werden konnte, mit einer Niederlage geendet, der Negreßprozeß, der sich an das Strafverfahren anschlicßen dürfte, wird vermutlich nicht anders enden; was Schultz und Romeick von ihrem Vermögen der Pommern bank resp. deren Nachfolgerin zur Verfügung gestellt haben, wird ihr definitiv zufallcn, ein schwacher Ersatz für die Ver luste und Schädigungen, die die Bank durch ihre früheren Direktoren erlitten hat. Die Verluste bei dem Zusammenbruch dieser Banken sind nicht geringe. Der Verlust der Pommern-Bank ist von der Bank-Kommission auf etwa 28 Millionen M k. berechnet. Die spätere Realisierung durch die jetzige Verwaltung hat ergeben, daß der Verlust für die damalige Zeit richtig berechnet ist. Dieser damals rechnungsmäßige Verlust ist unterdes in Höhe von 8 Millionen M k. wirklich geworden. Durch Verkauf von Grund stücken usw. und bei günstiger Entwicklung der Baulust und Bailtätigkeit wird sich der berechnete Verlust noch verrrin- gern. Zu den oben berechneten Zahlen treten noch die Kosten der Sanierung im Betrage von NH Millionen. Bei der Strelitz-Bank sind die Verluste auf 11,5 Millionen Mk. berechnet. Das Gericht bezeichnet in der Urteilsbegründung die Taxierung der Grundstücke als den Schlüssel zu diesen Machinationen; damit ist in der Tat auf einen wun den Punkt hingewiescn. Es dürfte sich die Frage erheben, ob nicht die Errichtung besonderer Tarämter in die Wege zu leiten sei. Tenn was nützt das gesamte Neichs- hypothekenbankgesetz und alle staatliche Aussicht, wenn die Tarierung der Grundstücke nach einein künftig vielleicht eintretendcn Wert vorgenommen wird, der aber jetzt noch ganz in der Luft hängt. Es muß im Interesse der Besitzer von Hypothekenpfandbriefen darauf gedrungen werden, daß die traurigen Vorkommnisse der Pommernbank sich nicht wiederholen. Tic Urteilsbegründung kommt aber auch auf einen anderen nicht minder wichtigen Punkt zu sprechen, als sie die strafmildernden Gesichtspunkte aufsührt. Ta lesen »vir: „Es muß aii dieser Stelle auch Hervorgeboben werden, daß der A u f s i ch t s r a t in unverantwortlicher Sorglosigkeit uiid Nachlässigkeit den Angeklagten ihr leichtfertiges Ver fahren außerordentlich erleichtert bat. Hätte der Aufsichts- rat nur das erste Geschäft in der Schönhauser Allee sich an gesehen, so hätte ihn dies genügend veranlassen müssen, die Angeklagten zu warnen." Wir wollen nicht den betreffen den Persönlichkeiten einen Vorwurf machen nnd dies um so weniger, als die Begründung an der Stelle sagt, daß der Aufsichtsrat ganz und gar in den Händen der Ange klagten gewesen sei, die ihn durch ihren Aktienbesitz be herrscht hätten. Zweierlei Gesichtspunkte hat eine künftige Gesetzgebung ins Auge zu fassen. Es dürfte sich die Frage erheben, ob nicht in der Handelsgesctzgebnng Abschnitt Akticngescllscklaften eine Bestimmung Aufnahme gefunden hat, welche die Höchstzahl der Aktiengesellschaften bestimmt, denen eine Person als Mitglied des Aussichtsrats ange hören darf. Wir sind der Ansicht, daß eine Zugehörigkeit zu 10—15 Aufsichtsräten das Höchste ist, was eine Person regelmäßig leisten und verantworten kann. Das ganze Institut des Aufsichtsrats hat nicht viel Wen. wenn es nicht besser funktioniert, als man cs leider vielfach beobachten muß. So lange alles gut geht, kümmert sich der Aufsichts- rat um nichts; geht cs aber schief und will der Aufsichts- rat einschreiten. so ist es oft zu spät. Woher kommt dies? Ein nicht geringer Teil der Ur sache ist darin zn suchen, daß in dem Aufsichtsrat Personen sitzen, die schon in mehr als einem Dutzend anderer Gesell schaften auch diese Funktion ausübcn; in der Regel aber be schränkt sich diese Tätigkeit auf das Einstreichcn der nicht geringen Tantiemen. Wie kann aber ein solcher Anssichts- rat seine Obliegenheiten getreulich erfüllen? Deshalb er scheint uns eine solche Beschränkung sehr angezeigt. Dazu dürfte noch ein zweites treten. In dem Prozeß hat sich ergeben, daß die Direktoren durch die Höbe des Aktienbesitzes den Aussichtsrai säst ganz in Händen hatten. Es fragt sich nun, ob der Gesetzgeber nicht auch eine Be schränkung des Aktienbesitzes seitens der Angeklagten der Gesellschaft vorschreibcn oder bestimmen soll, daß die An gestellten höchstens so viele Prozent Teile der Gesamtstim- menzahl (vielleicht sogar der Anwesenden in der Gencral- versainnilling) führen dürfen. Wir verkennen nicht, daß auch Bedenken gegen eine solche Erwcrbsbeschränknng be stehen; es hat unter Umständen sein Gutes, wenn die An gestellten durch Aktienbesitz an dem Blühen der Gesellschaft interessiert sind; aber dies Interesse kann auch durch ge ringeren Gehalt und Beteilitping am Gewinn geschaffen werden. Auf der anderen Seite ist cs aber sehr mißlich, wenn Angestellte mit ihren Stimmen eine Generalver sammlung förmlich beherrschen und so in de» Aufsichtsrat Leute entsenden können, die ihnen znsagen. Immerhin müssen diese Fragen angesichts der Vor kommnisse im Pommernbankprozeß erörtert werden. Mit Spannung sah man auch der Begründung des Urteils nach der Richtung entgegen, ob über die Affäre M irba ch et wa? ausgeführt wird; man liest nun in dem Abschnitt „In direkte Untreue" folgendes: „In diesen Abschnitt fällt auch der vielbesprochene Fall Mirbach. Die Angeklagten nah men die in Frage stehenden Summen von der Jmmobilien- Verkehrsbank, beglichen sie aber mit Werten, die sie damals für vollwertig hielten und halten konnten, wenigstens ist ihnen das Bewußtsein der Minderwertigkeit nicht nachge wiesen." Das Gericht mag so urteilen auf Grund der vor liegenden Tatsachen: die öffentliche Meinung denkt nicht so günstig über diese Machinationen. Wir bedenken hierbei ganz gut, daß eben die öffentliche Meinung nicht immer auf Grund gerichtlich feststehender Tatsachen sich bildet; sie ist vielmehr so etwas, das in der Luft liegt. So auch hier. Ob die Verurteilten sich mit dem Gerichtsspruch bescheiden werden, ist noch nicht bekannt; jedenfalls werden sie cs ver suchen, an irgend einer Stelle einzubaken, um an die höhere Instanz appellieren zu können. Jur 51. General-Versammlmisl der Katholiken Deutschlands in Regensbnri;. N egen s b n r g , 2. Juli. Die sehr kurze Spanne Zeit von zwei Monaten trennt uns noch von der 51. Generalversammlung der Katholiken Dentschlands in Regensbnrg. Ta immer noch Anfragen be züglich des Termins derselben einlaufen, stellen wir wieder holt fest, daß die Generalversammlung am Montag, den 22. August, beginnt und bis zum Donnerstag, den 25. An glist, dauert. Am Sonntag, den 21. August, werden die ka tholischen Arbeiter-, Handwerker- und Gesellenvereine einen großen Festzug und Versammlungen abhalten. Sonntag abend findet in der Festhalle die Begrüßungsfeier statt. Ter Ban der Festhalle hat bereits begonnen; er wird bis Mitte August fix und fertig sein. Die Halle wird in ihrem Parterre allein über 0000 Sitzplätze fassen. Die Vorstandschaft des Lokalkomitees hat ein vor läufiges Programm der offiziellen Veranstaltungen und der Ncbenversniiimlungen entworfen. Katholische Vereine nnd Verbände, die in Regensbnrg »nährend der 51. General versammlung zn tagen beabsichtigen nnd im Programm Erwähnung finden wollen, werden dringend ersucht, in kürzester Frist sich bei dem Vorsitzenden des Lotalkomitees, Kommerzienrat Pustet, anznmclden nnd ihre besonderen Wünsche schriftlich einzureichen. Wir machen auch neuer dings wieder darauf aufmerksam, daß Anträge, welche auf der Generalversammlung behandelt werde» sollen, so bald als möglich an den Vorsitzenden des Lokalkomitees einge sendet werden. Dem Antrag muß nicht nur der Name des Antragstellers, sondern auch des Herrn beigesiigt sein, der denselben bei der Generalversammlung begründen wird. Anträge, welche diese Namen nicht enthalten, werden zur Beratung nicht zngelassen. Tie Anmeldung zur Mitgliedschaft oder zur Teil nahme bei der Generalversammlung sind an den Vorsitzen den der Anmeldekommission, Verlagsbnchbändlcr H. Pawe- lek, zn richten. Tie Karten inerden gegen Nachnahme mit Zuschlag des Portos den Bestellern zngeschickt. Wer den Betrag vorher einsendet, wird gebeten, demselben 20 Pf. für das Porto der Zusendung seiner Karte bciznsügen. Die Mitgliedskarte, welche zur Teilnahme an allen offiziellen Veranstaltungen berechtigt, kostet 7.50 Mk.; die Teilnehmer- karte, welche nur zum Besuche der vier öffentlichen Ver sammlungen berechtigt, kostet 5 Mk. Wer auf eine Wohnung reflektiert, möge dieselbe beim Vorsitzenden der Wohnungskommission, Fabrikbesitzer Fr. T. Miller, unter Angabe seiner Spczialwünsche bestellen. „Unverwesliche heilige Leiber" werden in manchen Leasen und Heiligenleben aufgesührt und als besonders beweiskräftig zur Bekämpfung des die Wunder leugnenden Unglaubens betont. Es ist mit solchen „unverwesten" Leibern eine recht eigene Sache und Vor sicht dringend geboten nicht bloß hinsichtlich der Betrach tung des Vorkoninlnisses aller Wunder, sondern auch in der Wertung des Wortes „unveivest". Mit Recht betont der Verfasser (Dr. G. A. Müller) des Artikels „Unverwesliche heilige Leiber" im Deutschen Hausschatz (1902 S. 359- 368): „Die Unverweslichkcit von Leichen ist bekanntlich keine allzu seltene Erscheinung. Hin und wieder liest man von der Entdeckung von Friedhöfen, deren chemische Bodenbeschaffenheit die Leichenzcrstörung mehr oder min- der hemmt . . . ein zumeist leicht aufzuklärendes Problem der Wissenschaft." Der Verfasser spottet dann über die Besucher des Blei- kellers im Bremer Dom: „Die Fremden, die durch die Hansastadt Bremen kommen, laufen, getreu der Vorschrift sämtlicher roter und gelber Reisehandbücher, ausnahmslos in den be- rühmten Bleikeller im Dom, wo innen ein halbes Dutzend „»«verwester Leichen" aus den letzten fünf Jahr- Hunderten gezeigt werden. Ich kann versichern, daß die Besucher des berühmten Ratskellers die klügeren sind; denn die „unverwesten Leichen" im Bleikellcr sind nur bis auf die „Ledcrhaus'' ausgetrocknete, unscheinbare Mumien, die ihre Erhaltung irgend einer heute noch be stehenden Eigenschaft des Gewölbes verdanken. Derartige mumifizierende Grabvcrlicße gab und gibt es in Tcntsch- land wie in den übrigen Ländern Europas noch manche." Trotz dieser kritischen Vorsicht begeht der Verfasser den selben Fehler, den er den Besuchern des Bremer Bleikellers zum Vorwurf machen will, indem er ans den „unverwesten Leib" der hl. Katharina von Bologna und der hl. Cäcilia in Nom hinweist, „welche den Glauben an eine göttliche Wundcrwirkung geradezu herauszufordern geeignet" sein sollen. Die Tradition der Leiche der hl. Cäcilia knüpft an die berühmte Statue des Bildhauers Maderna an, wo die Heilige liegend dargcstellt ist, wie sie eben den Todesstreich empfangen hat. Indes unterliegt es gar keinem Zweifel mehr, daß von einem unverwesten Leib der hl. Cäcilia keine Rede mehr sein kann (vcrgl. die diesbezüglichen Arbeiten von P. A. Kirsch „Die hl. Cäcilia"). Aehnlich schreibt de Waal-Rom auf grund neuerer Untersuchungen (Römische Ouartalschrift 1901, 70): „Wenn im Gegensatz zu San Saba die in Santa Cäcilia vorgenommcncn Nachgrabungen und Forschungen den Erwartungen nicht entsprechen . . .. so hat inan sich in etwa auch in dem Befunde bes Sarkophags enttäuscht gesehen, da wir uns nach der Statue Maternas und der Inschrift derselben die Leiche der Heiligen nicht als wenige und in Asche verfallene Uebcrrcste zu denken ge- wohnt sind." (Vcrgl. Literarische Rundschau 190-1, S. 191.) Hinsichtlich der hl. Cäcilia von Bologna handelt es sich ebenfalls wie bei sonstigen Reliquien um eine mumien- hafte Erhaltung des Leichnams, für welche die Bezeichnung „unverwest" eine ganz entschiedene Ucbertreibung bedeutet. da man bei dem Worte „unverwest erhaltener Leib" doch an ganz anderes zu denken pflegt, als an solche Konser vierungen. Daß in der „apologetischen Verwertung" dieier „un verwesten" Leiche größere Vorsicht geboten, mag folgende Mitteilung von Kirsch in der „Literarischen Rundschau" zeigen: „Hätte der Verfasser des „Hausschatz-Artikels" Ge legenheit gehabt, wie ich, vor drei Jahren die Entrüstung zweier wackerer amerikanischen Geistlichen zu sehen, so wäre er vielleicht vorsichtiger in seinen Ausführungen gewesen. Dieselben hatten sich vor ihrer Abreise in einer Diskussion über die Wunder mit einem Andersgläubigen auch auf den „unverwesten heiligen Leib" der bl. Katha rina von Bologna als „apologetisches Moment" berufen. Bei ihrer Anwesenheit in Rom machten sie speziell die Reise nach Bologna, um den „unverwesten heiligen Leib" in Augenschein zu nehmen und kehrten — furchtbar ent täuscht zurück" la. a. O.). Apologetischen Wert haben nur Tatsachen, nicht Le genden. erst recht nicht Uebertreibnngc». Wer mit solchen operiert, kämpft mit einem gläsernen Schwert, ja, der richtet mehr Schaden als Nutzen an, da der Rückschlag nicht ausbleibt. Wir betonen das und wünschen, daß in gewissen Hei ligenleben, Legenden, Beschreibungen derartige „Wunder" wegbleiben, da gerade in der Gegenwart eine gewisse Presse nach solchen Dingen spürt, um sie und damit zugleich den Katholizismus lächerlich zu machen.