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Sächsische Volkszeitung : 08.11.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-191111084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19111108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19111108
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-08
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 08.11.1911
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liegen dem Brauche nicht aus dein Zentrum genommen n urde, so ist daran Büiolvs Haß gegen dasselbe schuld, der sich gegen die Gewohnheit auflehnte und dafür sorgte, daß sein Block den Brauch durchbrach. ' Mit der Frage dev BehandlungSzwangrs für Aerzte haben sich die ärztlichen Bezirksvereine in Sachsen in der letzten Zeit mehrfach beschäftigt. Den Anlaß hierzu hat der bekannte Antrag Stadthagen und Genossen ge geben. Zu der Angelegenheit hat auch kürzlich die Aerzte- kammer des Regierungsbezirkes Bautzen in einer längeren Erklärung Stellung genommen, in der es u. a. heißt: Die Kammer hält unter allen Umständen fest an dem den Aerzten in der Gewcrbeverordnung verbrieften Rechte der Freiwilligkeit der ärztlichen Hilfeleistung. Durch das Fehlen eines ärztlichen Behandlungszwanges ist in Deutsch land wohl noch niemand bcgründetermaße» veranlaßt wor den, zum Kurpfuscher zu gehen, und auch künftig wird es eines ärztlichen Behandlungszwanges nicht bedürfen, »in ärztliche Hilfe für die den Knrpfiiscl>ern entzogenen Er- krankungsfälle in völlig ausreichendem Maße zu schaffen. Dafür bürgt schon der Umstand, daß ein Aerztemangel in Deutschland nicht besteht, daß im Gegenteil die Zahl der Aerzte weit über Bedarf ständig wächst; dafür bürgt weiter aber auch die ethische und soziale Berufsauffassung der d>eutschen Aerzte ihrer Berufstätigkeit. Die in 8 3 Ziffer l tis 3 Absatz 2 des Entwurfes eines Gesetzes gegen Miß stände im Heilgewerbe in der Konnnissionsfassung für die Kurpfuscher vorgesehenen Behandlnngsbeschränknngen sind :m Interesse des kranken Publikums bezw. der Allgemein beit, nicht iin Interesse der Aerzte ausgestellt. Tie Kammer lehnt also mit aller Entschiedenheit eine Einschränkung der ärztlichen Berufsfreiheit durch Einführung eines wie immer gearteten Behandlungszwanges ab. Aehnliche Erklärungen sind auch von den Aerztekainmern Ehemniy. Dresden, Leipzig und Zwickau ergangen. Der ärztliche Bezirksverein Zittau hat zu der Frage folgende Resolution einstimmig angenommen: „Dem ärztlichen Bezirksverein Zittau ist es unverständlich, wie ein derartiger Antrag ein- gcbracht werden kann angesichts der Tatsache, daß die deutschen Aerzte noch niemals Kranken ihre Hilfe ver weigert haben. Eine widerspruchsvolle Lage vermag der Bezirksverein daher keinesfalls anznerkennen, ganz abge sehen von der erheblichen Nicherfüllung des ärztlichen Standes. Er weist deshalb mit aller Entschiedenheit eine Einschränkung der ärztlichen VernfSfreiheit durch Ein führung eines Kurierzwangcs in irgendwelcher Form zurück —- Warnung für Bergarbeiter. Deutsche Bergarbeiter für die französischen Bergwerke sind in der letzten Zeit an- geworben worden. Agenten bereisen verschiedene Industrie gebiete, insbesondere Oberschlesien, und schlossen mit einer größeren Zahl von Bergarbeitern ab. Es muß hierbei darauf hingewiesen werden, daß die Lohn- und Arbeits bedingungen für die Arbeiter in den Bergwerken in Frank- reich keineswegs günstiger sind als in Deutschland. Viel- mehr ist der Lebensunterhalt an vielen Stellen der französischen Industriegebiete nicht unerheblich teurer. -* Wertervrognole der Königl. Sä?,,. Lande«. rAerterworti'. zu Dresden sttr dev 8. Noneniber: Lebhafte Westwinde, wolkig, mild, zeitweise Niederschlag. — Luftbewegung: Erdboden Westsüdwest 8, 1.00 Meter Westsüdwest t4. 1000 Meter West t8 Sekundsnmeter. Bericht vom Fichtelberge: S.acker anhaltender Reif, glänzender Sonnen-unter- und Aufgang, Abmd und Morgenrot. —* Wohltätigkeitskonzert. Das Wohltätigkeit«- konzcri, das am 23. November abends 8 Uhr im oberen Saale des Königlichen Belvedere für den Verein katholischer erwerbstätiger Frauen und Mädchen zum Besten seines Arbeiterinnenheims stattfindet, erregt schon jetzt allgemeines Interesse. Das darf auch nicyt Wunder nehmen, da erst- klasstge Künstler, die jugendliche, dramatische Sängerin der Kurfürsten.Oper in Berlin. Frau Tania Oumiroff, Oratorisn- fänger Bruno Bergmann. Königlich Sächsische Hofschau- spielcrin Alice Pölitz, Violinvirtuos Oskar Brosche und unser beliebter und bekannter sächsischer Dtalektdichter Georg Zimmermann, den künstlerischen Teil des Abends bestreiten. BilleltS zu 4,20, Z 15 und 2,10 sind in der tzofmustkalien- handlung Ries, bei Hoflieferant Trümper und im Sekretariat Antonstraße 7 zu haben. —* Herr Friedrich Scholle, Kgl. Feuerwehrinspektor a. T. der beiden Haftheater, ist gestern abend verschieden. —' Der Ingenieur Edward Richter aus Jena spricht heute abend 8 Uhr im Vereinshause Über seine räuberische Gefangennahme und Erlebnisse während der Gefangenschaft. —' Die Wasserstände der Moldau und Elbe betrugen beute in Budweis — 23. Pardubitz —84, Brandeis — 49. Melnik -s- 10. Leitmerstz — 83. Aussig — 69. Dresden — 203 Zentimeter. Glauchau. Ein Arbeiter auS Werdau entriß einem Schulmädchen einen Hundertmarkschein, den es auf der Post einzahlkn sollte, und entfloh mit dem Wertpapiere. Auf das Geschrei des Mädchens gelang es, den Flüchtling ein- zuholen und festzunehmen. Neustadt, 6. November. Auf Brandstiftung zurückzu- führen ist ein Schadenfeuer, das gestern abend im benach barten Polen; auSbrach. Zum zweiten Male innerhalb 14 Tagen brannte es aus dem Gute des Herrn Ernst Schuster, auf dem vor wenigen Tagen erst eine Scheune niederbrannte. Gestern abend fielen 2 Scheunen dem Feuer zum Opfer. Mit knapper Not konnte das Vieh gerettet werden. Es gelang nicht die mindeste Spur von dem Brandstifter zu entdecken. Pirua, 7. November. Die Vorarbeiten zur Errichtung eines Gedenksteines in der Nähe der Stätte, wo am 12. September 10 Mann deS 17. Ulanenregiments aus Oschatz während des Manövers bei Posta in der Elbe verunglückten, sind eifrig im Gange. Die Aufstellung des aus Befehl Sr. Majestät deS Königs zu errichtenden Denk mals wird in wenigen Tagen erfolgt sein. Greiz, 7. November. Die VermählungSfeterlichkeiten am fürstlichen Hofe haben einen glänzenden Verlauf ge- nommen. Am Sonnabend trafen zahlreiche Fürstlichkeiten ein. darunter der Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg- Schwerin mit Gemahlin, Fürst zu Schaumburg. Lippe. Prinz Adolf zu Schaumburg.Lippe mit Gemahlin. Am Sonntagmiltag i/z2 Uhr fand zunächst ein Frühstück in der neuen Burg statt, woran sich nachmittogS 6 Uhr Tafel anschloß. Abends */z8 Uhr folgte cin 1'stäs claiEnt im Sommer.Palais. Montag mittags 1 Uhr würbe d.s Frühstück in der neuen Burg elugenomme», wo auch »ach mittags ^/„7 Uhr die Mittagstafel statlsand. AbenüS 8 Uhr folgte dann die Festvorstellung im Tivoli. Der Theatersaal war in vornehmster Weise dekoriert worden. Bei der Bor- stellung wirkten außer dem Geraer Hostheateiensemble und der fürstlichen Hoskapelle der Königliche Hofopernsänger Professor Dr. v. Bary und die Königliche Kammersängerin Frau v. d. Osten aus Dresden mit. Die standesamtliche Eheschließung des fürstlichen Brautpaares findet Dienstag vormittags 11 Uhr im Roten Salon der neuen Burg statt, worauf ein Frühstück für die Fürstlichkeiten folgte. Nach- mittags 4 Uhr sand dann die kirchliche Trauung im Park palais statt. Die Trauung vollzog Herr Konststorialrat Jahn. An die Trauung schloß sich eine Galatafel an. womit die Festlichkeiten ihr Ende erreicht haben. Gemeinde- und Vereinsnachrichten. 8 Wechsrlburg. In der letzten Monatsversammlung der hiesigen Ortsgruppe des Volksvereins f. d. k. D. hielt der Geschäftsführer einen Dortrag über das Well sprachenproblem und speziell über Esperanto. Aus den Ausführungen des Redners seien hier nur jene Punkte wtedergegeben und zusainmengesaht, welche die hautpsäch- lichsten Einwendungen der Weltsprachengegner betreffen. Die Gegner berufen sich zugunsten ihrer Ausführungen mit Vorliebe aus erste Autoritäten der Sprachwissenschaft, ohne zu sagen, daß die Anhänger des Elperanto sich bei der Vertretung ihrer Sache auf mindestens ebensoviele und bedeutende Koryphäen der Wissenschaft stützen können. Von gegnerischer Seile wird dann mitunter die Schönheit der Esperantosprache bemängelt. Nachdem die EsperantoauS- sprache bekanntlich sehr dem Italienischen ähnelt, muß der Sprachgehörsinn der Esperantogegner schon recht eigenartig ausgebildet sei», wenn sie den Klang der Esperantosprache sür unschön finden. Nicht minder seltsam ist es auch, wenn manchmal von der schweren Erlernbarkeit der Esperanto- spräche geplaudert wird, obwohl ja gerade daS Gegenteil von dem seststeht. Selbst der Mindergebildete kann es leicht in V,—o/« Jahren auch ohne Lehrer erlernen, besonders vorgeblldele Leute in 4—8 Wochen. Noch verwunderlicher ist, wenn man das Erlernen einer nationalen Sprache, z. B. des Englische», als fast ebenso leicht hinstellt. Gewiß ist Englisch verhältnismäßig leicht zu lernen, aber noch viel, viel leichter ist Esperanto zu erlernen, schon allein deswegen, weil es immer eine glcichbleibende Aussprache besitzt. Im übrigen liegt ein gewisser Widerspruch darin, wenn man in Verkennung der Tatsachen das in nationaler Hinsicht ganz „neutrale" Esperanto als eine Gefahr sür die Großmachts- stellung unserer deutschen Sprache hält, andererseits aber die Sprache unserer Nationalseinde, d -s Englische, zu lernen empfiehlt. Dieser Widerspruch in den Ausführungen unserer Gegner tritt umso stärker zutage, wenn man bedenkt, daß erstens Esperanto als Welthilfssprache nicht an Stelle der Muttersprache, sondern nur neben dieselbe treten will und zweitens Esperanto an 40 Prozent germanische Wurzelwörter und einen großen Prozentsatz gemeinverständliche inter nationale Wörter, z. B. teatro, hat und der Nest erst aus romanisch »slawischen Wörtern besteht. Wenn weiter die Gegner einer Weltsprache das Erlernen einer solchen als Modesache ansehen, so zeigen sie sich als schlechte Psychologen. Einer törichten Modelaune wegen opfert man für diese Sache weder Zeit noch Geld, noch setzt man sich deswegen dem Spotte der unaufgeklärten Masse aus. Wer so spricht, hat das Weltsprachenproblem noch nicht richtig erfaßt. Energie und Ausdauer werden allmählich diese Antipathien geaen Esperanto zu beseitigen wissen. Neues vom 7age. Berlin, 6. November. Bei den heutigen Stadtver- ordnete»wnhs.eir der zweiten Abteilung wurden in sämtlichen 16 Bezirken liberale Katzdidaten gewählt. Kiel, 6. November. Von der Westküste der Provinz Schleswig-Holstein laufen Meldungen über starke Sturm- schäden ein. Aus Bredstedt wird berichtet, daß der Deich an der Nordsee in zwei Kilometer Länge und in einer Höhe von zwei bis drei Metern von der Flut weggerissen wurde. Bei Wesselburener Koog ist der Deich in 50 Meter Lände weggeschweinmt. Aus Helgoland wird telegraphiert: Infolge der Stürme und des Hochwassers ist das Vorland überflutet. Tie Düne hat stark gelitten. Infolge anhal tenden starken Sturmes kann die Staatsbahn zwischen Rendsburg und Husum nicht mehr verkehren, da der Damm überflutet ist. Von Fricdrichsstadt sind Wagen mit Booten unterwegs, um die bei Süderstapel und Erfde eingeschlosse- nen Menschen zu retten. Militär ist von verschiedenen Gar nisonen nach den bedrohten Orten mittels Extrazuges ab- gegangcn. Hamburg, 7. November. Der durch den Sturm im Hamburger Hafen und auf der Unterelbe angerichtete Schaden ist sehr groß. Fortwährend laufen neue Meldun gen über gesunkene Fahrzeuge cin. Die Zahl der gesunke nen und an Strand getriebenen Fahrzeuge ist unverhält- nißmäßig groß. London, 6. November. Lloyds« Agentur meldet: Ter griechische Dampfer „Lord Byron, von Theodosia nach Antwerpen bestimmt, ist während des Sturmes in der letz ten Nacht im Kanal gesunken. Von der Besatzung sind 22 Mann ertrunken. Kopenhagen. 6. November. Ganz Dänemark wurde in der letzten Nacht von einem Orkan heimgesucht, der teilweise von Gewitter und Hagel begleitet war. Besonders aus Jütland werden große Schäden durch Ueberschwem- mungen gemeldet. Die Westküste von Jütland wurde von einer Sturmflut heimgesucht. Wien. 6. November. Im Bezirke Ottakring wollte der 16jährige Schusterlehrling Leopold Matejke aus der Wohnung seiner Eltern Sachen wegnehmen. Als die Mutter, die dazu kam, lhm deswegen Vorstellungen machte, schlug ihr der Bursche mit einer Hacke über den Kopf. Nur dem Htnzueilen von Nachbarn verdankt es die Frau, daß sie nicht ermordet wurde. LelegraMM? Bremen, 7. November. Da die in den Sympathie- streik sür die streikenden Tabc.karbetter in Westfalen und Lippe eingetretenen Arbeiten der hiesigen Tabaksabriken bis zum 4. November nicht die Arbeit wieder ausgenommen haben, ist sämtlichen organisierten Arbeitern der ntchtstreiken- den Firmen gekündigt worden, um sie nach 14tägiger Frist zu entlassen beziehungsweise auSsperren. Daraufhin haben die gekündigten organisierten Arbeiter die Arbeit sosort niedergelegt. Die Zahl der AuSständtschen ist ziemlich groß. Stuttgart, 7. November. Heute nacht ereignete sich im Hause des Fabrikanten Wilhelm Ziegler eine furchtbare Gasexplosion. Die drei ältesten Söhne, zwei im Atter von 23 Jahren und einer lm Alter von 19 Jahren, sind erstickt. Der Bater erlitt schwere, ein 14 jähriger Sohn leichte Brandwunden. Die Töchter konnten nur durch das Fenster gerettet werden. Wien. 6. Nov. DaS deutsch-französische Marokko- abkommen wurde heute von dem deutschen und dem französischen Botschafter auf dem Ministerium des Aeußeren mit dem Ersuchen um Zustimmung überreicht. Paris, 6. November. Die Veröffentlichung des Wortlautes des deutsch-französischen Abkommens bietet den Blättern Anlaß zu sehr eingehenden Erörterungen. Der „Tcmps" schreibt- Alle diejenigen, die diesen Vertrag mit dem deutschen Weißbuche von 1905 vergleichen, dürften zur Ansicht gelangen, daß Frankreich, ohne seine Würde und seine Interessen z» verletzen, Deutschland für seine Zu stimmung ebenso entschädigen konnte, wie es vorher Eng- land entschädigt hat. Das „Journal des Däbats" meint: Dem Abkommen fehlt es an Klarheit, Bestimmtheit und Offenheit. Alles zeugt davon, daß jeder Artikel das Ergeb nis eines mühseligen Ausgleiches sei. Besonders bedauer lich sei die Fassung der beiden ersten Artikel, wonach Frank reich sich vorher mit der marokkanischen Regierung verstän digen müsse; Ministerpräsident Eaillaur hätte diese Klausel niemals annehnien dürfen. Er glaubte offenbar, daß der gegenwärtige Sultan und seine Nachfolger niemals im stande sein werden, eine etwaige Meinungsverschiedenheit zu äußern. Wer verbürgt daS? Frankreicb könnte eines Tage-? einem übelgesinnten oder übelbeeinflußten Sultan gegenüberstehen. Frankreich ist also ermächtigt, eine poli- tische Schiitzberrschaft nusziiüben unter dem Vorbehalte der ständigen Zustimmung der Schützlinge. Wir haben eine» hartnäckigen diplomatischen Kampf kämpfen müssen, um zu einem mittelmäßigen Ergebnis zu gelangen. Dieser Kampf darf nicht erneuert werden, er könnte den Frieden gefährden. Darum muß das Parlament das Abkommen genehinigcn ohne Zögern, aber auch ohne Begeisterung. Paris. 7. Nov. Der italienische Botschafter Tittonl erschien gestern lm Quai d'Orsay und teilte dem Minister de Selves mit, daß die italienische Regierung dem deutsch- französischen Abkommen ihre Zustimmung erteilt habe. Paris, 7. Nov. „Le Journal" meldet ans Tanger, daß der Unterdirektor und der Kassierer des spanischen Postamtes wegen Unterschlagungen von ungefähr 100000 Mk. verhaftet wurden. Paris, 7. November. An tausend Kellner veran stalteten gestern vor verschiedenen großen Hotels, in denen zurzeit reichsdeutsche und schweizer Kellner angestellt sind, feindselige Kundgebungen. Die Polizei verhinderte ernste Ruhestörungen. London, 7. November. Wie ein Telegramm vom 29. Oktober aus Töngjue in der Provinz Munan besagt, haben die Truppen am 27. Oktober gemeutert und den General Chang getötet. Der Taota! ist entweder getötet worden oder hat Selbstmord begangen. Die Frauen des Taotai sind in einem Brunnen ertränkt worden. Petersburg, 6. Nov. In der Reichsduma erklärte der Ministerpräsident bei Beratung der Arbeiterkranken- Versicherung, daß das Gesetz keine neuen prinzipiellen Theorien aufstelle, sondern nur. gleich dem deutschen Gesetze, der gegenwärtigen Lage Rechnung trage. Kunst, Wissenschaft und Vorträge. l Dresden. Residenztheater. (.Ich liebe Dich!« Komödie von Rudolf Lotbar. Erstaufführung am 6. November.) Die Bezeichnung Komödie wi»d heute angewendct bei ollen Stücken, von dem der Autor nicht weiß, wie er sie benennen soll. Meistens lässt sich die koche dramatisch an, aber es fü rt nicht zur gewalt samen dramatischen Lösung, sondern endet modern, indem die Nervenanspannung in irgend einer Fcrm gelöst wird, die gewöhn lich alles und auch nichts sagt. AllermctstenS aber schreibt der Autor „Komödie', wenn es ihm mißglückt ist, etwa« Ganzes fertig zu bringen. So ein Zwitter ist die Komödie .Ich liebe Dich!' — Richard Falke ist ein Lump, der in sinnlicher Liebe sür eine Dirne von Rang erglüht ist. der er alle« opfert und die ihn ruiniert, sth etwcgen hat er Etaire geheiratet, eine Frau mit goldenem Herz und auch sonst stark vergoldet Als seine Schwiegereltern nicht« mehr haben, er aber soiort 80000 Mark sür einen gefälschten Wetsel braucht, will sich Tlaire opfern, indem sie auS Liebe zu ihrem Mann Herrn v. Mohr eine halbe Stunde ihre« Lebens für diese Summe verkauft. Eine überaus veinliche und abscheuliche Szene in MohrS Wohnung folgt; ihre Tugend schützt sie vor Ent- ebruvg und dem Selbstmord, den sie nach Rettung ihres Manne« als Sübne sür ihr V-rbrechen begeben will. Mohr gibt ihr da« Gcld, weil er sie schon seit langem im Stillen lieble. Zur rechten Zeit werden ihr über den Charakter ihre« Manne» die Augen ge öffnet. Jene Dirne erscheint in der Wohnung Mohrs und die im Nebenzimmer horchende Elaste hört alle», was deren verhältnt« zu ihren. Manne betriffi; ihr Lebensglück ist vernichtet. Im dritten Akt folgt die Trennung des Ehepaar» und Herr v. Mohr, ein reich licher Fünfziger, darf auf die Hand hoffen Der zweite Skt ist watrlich ein Kaviar für den Erohstadt-Snob, eine literarisch sch, undcltkate Sache. Wäre ein Drama zustande gekommen, so dürfte man jetzt die Tendenzen unter die Lupe nehmen, so aber wird dem Stück ein Schluß aufoklroyicrt. dessen Möglichkeit dem Autor selbst nicht ganz glaubhaft vorkommt. Bis zu diesem Schluß atmet alle« Drama, Verhängnis, Gewalt, Erotik und plötzlich wird der Versuch gemacht, den Titel .Komödie' zu rechtfertigen. — Kränk. Gruudmann (Llaire, und Fräul. Marschall (Magda) spielten sehr tüchtig Herr BefferS (Richard) fiel vollständig ab. wa« wohl Schuld de« Autors ist. Auch Herr Friese wußte nicht recht, was er au« seiner Zwltterrolle, halb verbissener Hagestolz, halb erwachender Liebhaber, machen soll. Wir müssen es anerkennen, mit welcher Delikatesse er Im zweiten Akte spielte, wodurch er die peinliche Situation b deutend milderte. I Dresden. Liederabend von Theodore Bvard. Herr Byard erbrachte den Beweis, ein vorzüglicher Liedersänger zu sein. Seine Stimmittel, ein baritonaler Tenor, sind weder sehr groß noch umfangreich, aber, von warmer Klangfarbe und au«- druckssähtg. werden sie mit hoher Intelligenz hochkünstlertkch ver wendet. E« ist immer erfreulich zu beobachten, wie eia Künstler mit dem Herzen gibt, ganz aufgeht tu dem. was er zu sage» hat,
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