Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 12.03.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190703127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19070312
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19070312
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-03
- Tag 1907-03-12
-
Monat
1907-03
-
Jahr
1907
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 12.03.1907
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Antrra»« werden o»e S getvntt. Peni.zeNe od. deren Raum mit lS 4, Rcllame» mit ktt 4 die ^eil, berechn,, d, Wicderb. bedeut, Rabatt. Vuchdrrilferei, Redaktion und <«eschäftSsteNe- DreSde», Ptllntqer Stratze 1!« — Fernsprecher -tr. 1308. ———>. - > Krfcheinl täalied aach«. mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. vezugSprer- - Liertelj. 1 SO 4 (ohne Bestellgeld), für Lester.' reich »li SS d. «et a. a- Postanstalten l, ZeitungSvreiSliste Nr. «8S8. Vazelimmmer 10 Pf. — RedaklionS-Sprechstunde - 11—1» Uhr. I Unabhüilglgks Tageblatt für Wahrheit, Recht «.Freiheit r. Die wahren Freunde der Reichsbeamte«. Die Fürsorge für die Reichsbeamten ist die erste Vor aussetzung für eine tadellose Verwaltung. Sie müssen so gestellt sein, daß sie mit ihrer Familie sorgenfrei in die Zukunft sehen, daß sie ihre Kinder ordentlich erziehen und ausbilden lassen können. Die Gehälter, die die Beamten in den Reichsbetrieben gegenwärtig beziehen, entsprechen nicht diesen Bedingungen. Alle Lebensmittel sind im Preise ge- stiegen und während der Arbeiter mit Rücksicht auf die teu rere Lebenshaltung Lohnerhöhungen erhält, während der Kaufmann bei der guten Geschäftslage profitiert, stand der Reichsbeamte auf der alten Stufe seiner Einnahmen. Angesichts dieser brennenden Forderung der sozialen Gerechtigkeit gegenüber den Neichsbeamten, denen infolge ihrer Stellung kein Mittel zu einer ausgiebigen Agitation wie anderen Ständen zu Gebote steht, hat das Zentrum es als seine erste und wichtigste Aufgabe betrachtet, gleich bei Beginn des Reichstages auf eine Erhöhung der Gehälter hinzuwirken. Schon im Jahre 1905 hat das Zentrum be antragt, daß zum Beispiel die Gehälter unserer Postämter- beamten um 100 Mark erhöht werden sollen; fast der ganze Reichstag stimmte zu. Aber im Etat von 1906 hatte die Regierung keine diesbezüglichen Vorschläge gemacht. Auch im Etat von 1907, der dem alten Reichstags vorgeschlagen wurde, fand sich nichts. Es kam die Reichstags- auflösung. Nunmehr spielte in wohlberechneter Weise die Frage der Gehaltserhöhung der Reichsbeamten in den: Wahlkampfe eine große Rolle. Wer aber ist bemüht, seine Zusage einzulösen? Nur das Zentrum, zum Aerger der „nationalen" Mehrheit. Die Regierung legt den Nachtragsetat über die Teuerungszu lagen vor, worin jeder Unterbeamte unter 1600 Mark ganze 30 Mark Zulage erhalten soll. Keine Partei hat einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, nur das Zentrum for- dort für jeden Unterbeamtcn 100 Mark Zulage und für jeden mittleren Beamten unter 3000 Mark Gehalt 150 Mk. Zulage. Es hat bereits zwei entsprechende Anträge gestellt und wird unbedingt auf diesen beharren. Das hat der Ab- -gevrdnete Speck bereits im Plenum angekündigt. Nun wurde am Freitag der Pastetat beraten... Seit zwei Jahren fordert das Zentrum eine Erhöhung der Ge- Hölter. Aber die Regierung tat nichts. Deshalb brachte eS sofort den Antrag ein, Kapitel 86, Titel 19, anstatt 475 Unterbeamte von 1000 bis 1500 Mark zu setzen: von 1000 bis 1600 Mark; Kapitel 85 Titel 22 anstatt 32 953 Lbcr- Postassistenten usw. von 1500 bis 3000 Mark zu setzen: von 1800 bis 3600 Mark; Kapitel 85 Titel 23 anstatt 3051 Vor- fteher von Postämtern dritter Klasse (Postverwalter), da- von 3046 mit Gehältern von 1600 bis 3000 Mark, zu setzen: von 1800 bis 3600 Mark; Kapitel 85 Titel 25 anstatt 43 476 Unterbeamte von 900 bis 1500 Mark und 79 Post schaffner von 1000 bis 1600 Mark zu setzen: von 900 bis 1600 Mark bezw. von 1000 bis 1600 Maick, und endlich die Gehalte der Landbriefträger, die heute 800 bis 1000 Mark umfassen, zu erhöhen von 800 bis 1200 Mark Dieser Antrag des Zentrums war der erste, der «ingebracht wurde und im Block großen Aerger hervor- rief. Jetzt mußte er auch Farbe bekennen. Aber da war die Not groß. Am Freitag mittag fand eine gemeinsame Besprechung der Blockparteien statt und am Freitag abend legten sie ihr Resultat in Form einer — Resolution vors Zunächst schrieben sie die Gehalts erhöhung vom Zentrumsantrag ab und dann ober forderten sie nicht diese selbst, sondern ersuchten die Regierung, daß sie diese Gehaltssätze einstellen soll. Also statt des sofortigen Brotes eine leere Resolution. Um aber Nach außen hin einen anderen Eindruck zu erwecken, schrieb am Sonnabend früh die „Nat.-Zeitg.": „Der nationale Block. Konservative und Reichspartei. Nationalliberal', freisinnige und Wirtschaftliche Bereinigung, hat einen ge- meinsamen Antrag auf Gehaltserhöhung eingebracht. Er kommt damit dem Zentrum zuvo r." Frecher 1 st wo h l n och n i e ge l o g e ii w o r d e nI Am Donners tag und Freitag früh läge» schon die Zentrumsanträge vor; am Freitag mittag hielt der „nationale Block" erst seine Besprechung ab und abends ließ er den vom Zentrum obgeschriebenen Antrag verteilen. Aber trotz dem schreibt die „Nat.-Zeitg." der Block „kommt damit dem Zentrum zuvor". Die Wahrheitsliebe dieser Blätter richtet sich von selbst. Die Beamten aber sehen, wo ihre Freunde sitzen. Deutsch?* - - Im Reichstage wurde am Sonnabend zunächst die Besprechung der Interpellation über die Wasserstraßenab- gaben verschoben und dann die Zentrumsinterpellation über die Weiterführung der Sozialreform besprochen. Trimborn begründete sie in ausgezeichneter Weise; er fragte nach dem Stande beS BerufsvcreinsgesetzeS, der Arbeitskammern, des kleinen Befähigungsnachweises und des Ausverkaufs- Wesens, um so die Regierung und den Block zu zwingen, ein« klare Antwort zu geben. Staatssekretär Graf Posa- dpwSky gab viele Worte, aber alles erst für die „nächste Session"; wenn auch eine Verzögerung eintritt, so liegt doch «in neues Bekenntnis zur Sozialreform vor, das cingelöst werden muß. Im Zentrum wurde eS mit Beifall ausge nommen; eS Hai den Erfolg, hier Klarheit geschaffen zu hoben! Aber der laufenden Session traut die Regierung selbst nichts zu. Dr. Hi ober (nat.-lib.) hielt eine sehr arbeiterfreundlick>e Rede, im Abgeordnetenhaus«: hält man cs anders. Hennig (kons.) war mehr zurückhaltend, Mugdan (freis. Vereinig.) und Schack (Wirtschaft!. Vereinig.) freier und fortschrittlick>er. Hue (Soz.) stellte sich in der Nolle des betrübten Lohgerbers dar. k. Berlin. 14. Sitzung vom 9. März 1907. Präsiden! Graf Stolberg eiösfnel die Sitzung um 11,20. Auf der Tagesordnung sieben die Interpellationen der Abg. Vklknecht und Genosten und Dr üblich, betr Einführung von Sch ff chrtsabgaben auf natürlichen Wasserstraßen in Preußen. Staatsiek'elär Graf v. PosadowSkh erklärt, daher später die Interpellationen beantworten werde. Es folgt die Interpellation der Avg. Tnmborn, Dr. Hitze, betr. Rechtsfähigkeit der Berufsvrreine, Befähigungsnachweis. Ausverkaufswesen, Arbeitszeit der Fabrikarbeiterinnen, Slrveits- kammern. Die Jnteipellalion lautet „Wir richten an den Herrn Reichs kanzler die Anf»age: I Ist zu erwarten, daß die verbündeten Regierungen noch im Laufe Vieser -scsion bei dem Reichstag ern- bringen werden: a) ein« Borlag.', betreffend die Rechtsfähigkeit der BerrNsvereine. weiche den bei Behandlung der vorjäi-r gen Vorlage im Srnne einer fr «veUllweren Gestaltung geäußerten Wünschen Rechnung tragt (stehe Verhandlung des Reichstages XI. Legislatur- Periode. II. Session 124, 125.. 120 und >27. Sitzung vom 2l., 24, 26 und 27 Novemb r 1906 S. 8160 u. ff.), b) eine Vorlage bevufs Einführung des sogen, kleinen Befähigungsnachweises (siehe Erklärung des St.iatssekretä, s Miai v. PosadowSkh. XI Legislatur periode. II. Zession. 121 Sitzung vom 19 November 1906, S. 8, 77V), o) eine Vorlage. welche auf dem Gebiete des Aus» verkau'swesens eine Verschärfung des Gesetzes gegen den unlauteren Wetibewerb insbeiondere Hinsicht ich der sogen. Nachschübe versiebt (siehe Erklärung des Staatssekretärs Graten ». PosadowSkh. Xl Legislaturperiode. II. Session, 84 Sitzung vom 23. Februar 1906 S. 982', rl) eine Vor 1, g >, durch welche die Arbeitszeit in Fabiiken für Arbeite innen nur ochsvns 10 Stunden täglich be messen wird «siehe Erklär, ng des Staatssekretärs Grafen von PosadowSkh, XI LegiSlaturre ode, II Scision 34. Sitzung vom 3. Februar 1906, S. 9801).)? — II. Ist der Herr Reichskanzler in der Lage nähere Mitteilungen zu machen über Org misntion, Umfang und Aufgaben der in der Eiklärrmr des Staatssekretärs Grafen v. P sadowskti vom 80. Irrruar 19 4 cXI. Legislaiur- periode, I. Session 22 Sitzung, S. 610) in Aussicht gestellten Arbeitskammern sowie über den Zeitpunkt, bis wann eine bezüg liche Vorlage zu erwarten stehr?" — Abg. Trimborn (Zentr): Der letzte Reichstag bat nur ein soziales Gesetz geschaffen, das über die KaufmannSgerichte. An diesem Mangel trägt der Reichstag keine Schuld, sondern die ver bündeten Negierungen, welche leine Vorlagen unterbreiteten. Sie machten nur einige Zusagen. Das Parlament hat manches gefördert und zur Reife gebracht. Heute frage ich nun nach dem werteren Gang der Dinge .mo will nur tatsächlich reife Materien behandeln. Die Frage der Versicherung der Privatbeamten und die Vereinheit lichung der Arbeiterversicherung sind im Stadium der Vorarbeit, für die Heimarbeiter sind Gesetzentwürfe angekündigt und auch als Initiativanträge eingebracht. Deshalb beschränken wir uns auf die Interpellation in dieser genannten Materie. Neue Mehrhei'S- verhältnisse im Reichstage sind vorhanden, wie stehen sie zur Soztalreform? Wie halten es nun die verbündeten Regierungen mit der Sozialreform? Bremsen sie oder setzen sie Dampf dahinter? Die Thronrede spricht von einer Wetterführung derselben. Auch der Reichskanzler sprach hierüber einige Worte. B as aber stellt der Reichskanzler denn konkret in Aussicht? (Rufe: Gar nichts? Er „denkt" nur!) Will man auch auf sozialem Gebiete das Zentrum ausschalten? Der Reichskanzler und die neue Mehrheit müssen sich nun konkret aussprechen. Nicht mehr vage Zusagen wollen wir! Redner geht nun auf die ein zelnen Materien näher ein! Er findet es sehr auffallend, daß nicht einmal das Berufsvcreinsgesetz angekündigt worden ist. Und doch wittern die Freisinnigen Morgenluft. lHeiterkrit.) Alle diese Materien sind über das Stadium des „Denken?" längst hinaus. (Heiterkeit.) Eine Mittelpartei waren wir von Borzeiten an. Aber der Reichskanzler „denkt" erst heute da^anl Den kleinen Be fähigungsnachweis baben 1897 die Nationalliberalen verhindert. Halten die verbündeten Regierungen an ihren früheren Zulagen fest? Wie „denkt" sich der Reichskanzler das Verhältnis zwischen Bcrufsvereinen und ArbcitSkaminern? Die Reform des Vereins« recht» genügt uns nicht. (Sehr richtig!) Ich hoffe, daß die Linke hier ebenio wie wir anftriti. Die Rechte aber muß mit uns die Mittelstandsvolitik fördern. Wir werden «n der früheren Sozial politik sestzuhalten suchen. Wenn wir übertrumpft werden, uns kann es nur recht sein. Es wird zu Gunsten des Volkes ge arbeitet; das ist der Zweck der Interpellation. (Beifall nn Zentrum.) Staatssekretär Graf v. PosadowSkn: Der Reichskanzler und die verbündeten Regierungen sind fest entschlossen, die Sozial politik fortzustthren. Manche Leute halten die Sozialpolitik für verbängnisvol!: sie lialten sie für entnervend. Auf diesem Stand punkt stehen wir nicht. Das deutsche Volk kann die Sozialpolitik nicht aufhalten: es muß solche treiben. Das Berufsvcreinsgesetz war besser wie sei» Ruf: cs mar wie Maria Stuart: man hat es nicht verstanden. Berufsvereine und Arbcitskammcrn stehen in keinem Zusammenhänge: es wäre vielleicht besser, zuerst letzteren Gesetzentwurf cinznbringen. Das Bernfsvercinsgesetz muß um- gearbeitel werden. was noch Zeit erfordert, das Gesetz über die Arbeitskainmcrn soll in der nächsten Session vorgclegt werden. Der kleine Befälnqungsnachweis hat schon 2 Lesungen im Bundes- rat hinter sich: dir Lesung finde, bald statt. Wann daS Gesetz an das Haus kommt, hängt ganz allen, von den g schäftlichcn Dispositionen des Reichstages ab. lieber die Verschärfung dcS unlauteren WettbewerbgescsteS fanden Verhandlungen im ReickiS- amtc des Innern statt. Sachverständige wurden gehört. Das Er gebnis der Verhandlung? i -,-ird nun geprüft, so daß ich heute noch teine bindende Erklärung abgcben kann. Der Zehnstundentaa der Arbeiterinnen m»,! kommen: die it stündige Arbeitszeit ist nicht länger ainrecht zu halten (Beifall.) Ich hoffe, daß die ver bündeten Regierungen in der nächsten Session einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen werden und sic darüber mit dem Handels- minister einig werden. Mit Abschlagszahlungen kommt man auf diesem Gebiete am weitesten. Der Reichskanzler hat nur für seine Person eine Zusage über die Reform des Vereinsrechts gemacht. Fein werden die Ressoris weiter verhandeln Die Forderungen müssen sich,n dem Rahmen der politischen Möglichkeiten halten. Mit Geißen kann man nicht alles machen: der AnstandSsinn muß gehoben werde.,! Das Publikum muß sich selbst helfen. WaS an mir liegt, wird geschehen, um die geforderten Maßnahmen zu fördern (Beifall.) Abg. Dr. Sv ahn (Zentr.) beantragt die Besprechung der Interpellation. (Die NationalliberalOt erheben sich erst, als das Zentrum den Sikenblcibenden: Aha! zuruft.)« Abg. Dr. Hteber (Natl.): Diese Erklärung »es Staats- sekretLr» haben »ir erwartet. So steht es nicht, daß die Sozial politik die Domäne des Zentrums gewesen sei. (Rufe Der Nationalliberalen noch weniger!» Der neue Reichstag muß zeigen, daß er die Sozialpolitik jetzt nach Schwächung der Sozialdemo- kralle erst recht betreibt. Der neue Gesetzentwurf über die Rechts fähigkeit der Berufsvereine muß freiheitlicher gestaltet sein > nd darf kein Mißtrauen gegen die Arbeiter hegen. Redner stellt sich zu den einzelnen Forderungen des Zentrums freundlich. Abg. Henning (Kons., wünscht keine Uederstürzung und will Matz halten Unser altes Preußen war stets ei» rookor- 6a Kronos und es kann wieder der Wellenbrecher für die Revolution werden. Die Süddeutschen sollten uns keine Vorwürfe macbe». An dem Ausbau der Sozialpolitik wollen wir Mitarbeiten. Tie Reste der letzten Session müssen erst aufgearbeitkt werden, namentlich die' Reform des U'UerllütznngswohnsitzgcsegeS. AcbZts- kammern stehen w.r freundlich gegenüber. Abg Huö (Sozd ): Konservative und Nationallibcrale seberr im preußischen Abgeordnetenhaus? ganz anders aus, als sie sich hier geben. Die Handwerksmeister täuschen sicti, wenn sie von dem Befähigungsnachweis eine Besserung erwarten. Wir treten für reine Arbeiterkammcrn ein: wenn wir früher für Arbeils- kaminern eintraten, so geschah eS aus Zweckmäßigkeilsgiüuden. Redner polemisiert des längeren gegen die christliche Arbeiter bewegung. Die Arbeiterbewegung muß vereinheitlicht werden: denn der Gegner bchaud lt alle Arbeiter gleich. Abg. Bruhn (Antis): Die Sozialdemokraten versprechen mehr, als sie halten können. W-r hatten am Befahguugsnach- weis unbedingt fest. Man sagt, da? Handwerk klage zu viel-, die Börse aber klagt noch iveit mehr. Die meisten Handwerker wollen den Befähigungsnachweis. DaS Haus vertagt sich ans Montag 2 Uhr. Fortsetzung der Interpellationen (betr. Strafprozeßrc'orm). Schluß ',,4 Uhr. Ranoichau. Dresden, den I l.März 1907. — Zur braunschweigischen Frage. Die E i n st i in in i g- keit des Bundesrates bei seinem letzten Beschlüsse in der LrauiiWncigischeil Frage wurde, wie die „Braunschw. N. Nachr." berichten, erzielt unter dem Drucke von Preu ßen, das zunächst plante, noch einen weit schärferen An trag, als geschahen, einbringen zu wollen. Diese Haltung Preußens fei wesentlich auf die persönliche Gegnerschaft des Kaisers gegenüber dem Herzog Ernst August zurückzuführen. Wenn uuil auch auf eine unverbindliche Anfrage der Herzog Jolsann Albrecht von Mecklenburg seine Zusage erteilt habe, eventuell die Regentschaft in Brauuschweig zu übernehmen, so habe Preußen, uni einen einstimmigen Beschluß zu erzie len, doch zugesagt, auf Wunsch auch einer Proklamierung des Prinzen Maximilian von Baden, des ältesten Schwieger- sohnes des Herzogs von Cumberland, zuzustimmen. Im zutreffenden Falle würde damit auch eine Herzogin von Braunschweig und Lüneburg demnächst hier ihren Einzug halten und hoffe man dadurch, einen gewissen Uebergang zur endgiltigen Regelung der braunschweigischen Thron folgefrage zu schaffen. Die demnächftige Regentschaft würde also einem Mitglied«: des Hauses Braunschweig-Lüneburg zusallen. Außerdem bringt das Blatt eine Zuschrift b«S Landgerichtspräsidenteil a. D. Dr. Tedekind, wonach bi- jetzt „keine der in Betracht kommenden Instanzen des Her zogtums und des Reiches" zu dem Vorschläge des Herzog- Stellung genommen hätte, die streitige Thronfolgefrage der Entscheidung des Reichsgerichts als Schiedsgericht zu unterbreiten. Ehe nicht Preußen und der Bundesrat sich zu diesem Vorschläge geäußert hätten, dürfte eine Regenten- lvahl nicht erfolgen. — Silbenstecherei! Zu den Auseinandersetzungen stoi schen dem Abgeordneter Erzbergcr und dem Ehef der Reichs kanzlei bemerkt selbst die ausgesprochen nationalliberole „Dortmunder Zeitg.", daß der Chef der Reichskanzlei sich am Ende nur auf eine kleinliche Silbcnstecherei Hobe stützen können. Dieses Urteil eines ganz liberalen Blattes sagt i» der Tat genug und dürfte das Richtige treffen. Der ganze Streit soll eben die höchst unangenehme Tatsache verdunkeln, daß die höchsten Reichsbehörden jahrelang von den Miß- ständen Kenntnis hotten, ohne daß sie etwas Durchgreifen, des zur Abhilfe taten. Man strafte jene Beamten, dir dis Mißstände anzeigten, und will nun gegen jene Abgeordneten vorgelnm, die auf Besserung hinarbeiteten und dazu braucht man in der Tat — Silbenstecherei! Rekapitulieren wir di« Aussagen des Herrn von Loebell und jene des Herrn Abge ordneten Erzberger, von Loebell sagte, der Abgeordnete Erzberger sei bei ihm gewesen, um eine Einstellung de» Disziplinarverfahrens zu erzielen; dieser aber erklärte, daß er eine generelle Untersuchung aller Mißstände herbeiführen wollte. Herr von Loebell beruft sich für die Richtigkeit sei ner Auffassung auf Erzbergers eidliche Aussage; aber in dieser steht gerade davon kein Wort, daß er die Einstellung des Disziplinarverfahrens gefordert habe; hier heißt eS nur, daß er einen anderen Ausweg der Affäre Pöplau als in einem Disziplinarverfahren gewünscht habe und diese er blicke er in einer generellen Untersuchung aller Mißstände. Es mußte festgcstcllt werden, ob diese vorhanden sind oder nicht, und der Schritt des Beamten, der einen Abgeordneten um Abhilfe anging, lvärv sodann ganz anders beurteilt lvor- den. Die gesamte Unterredung fand vor 1«/. Jahren statt. Herr von Loebell mußte selbst zugeben, daß seine einseitig« Aktennotiz nicht vollständig sei. Aber trotzdem soll nun diese Beweiskraft lxtbcn. Jedoch hat der Ehef der Reichs kanzlei darüber kein Wort gesagt, was er getan lxit, um die kolonialen Mißstände zu beseitigen, ob er dem Reichskanz ler hierüber Vortrag gehalten bat usw. Angesichts der Größe und Schlncre der kolonialen Mißstände handelt e- sich hier um einen ganz untergeordneten Punkt, was der Abgeordnete Erzberger gefordert lxit. Selbst wenn wir zu- geben wollten, er hätte gefordert, was Herr von Loebell sagt, so war die Regierung trotzdem verpflichtet, di« Mist-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite