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Vernehmet nun da» Dekret, das die heilige Kongregation von den Sakramenten auf Befehl Seiner Heiligkeit Papst PiuS X. am 8. August v. I. erlassen hat: Dekret über das Alter für die Zulassung zur ersten heiligen Kommunion. Welch besondere Liebe Christus aus Erden für die Kinder gehegt hat, daS bezeugen aufs Klarste die Berichte des Evangeliums. Mit ihnen zu verkehren, war ihm eine Wonne; seine Gewohnheit war eS. ihnen die Hände aufzulegen, sie in seine Arme zu schließen, sie zu segnen. Er duldete nickit, daß die Jünger die Kinder zurückwiesen, und tadelte sie mit den ernsten Worten: „Lasset die Kindleln zu mir kommen, und wehret ihnen nicht; denn für solche ist das Reich Gottes*)." Wie sehr er aber ihre Unschuld und Seelenreinheit schätzte, das bewies er genugsam, als er ein Kind herbeirief und zu den Jüngern sprach: „Wahrlich, Ich sage euch, wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich einzehen. Wer immer also sich ver- demütigt wie dieses Kind, der ist der Größere im Himmelreiche. Und wer ein solches Kind ausnimmt, nimmt mich aus-)." Dessen eingedenk, hat die Kirche von Anfang an sich bestrebt, die Kinder Christo zuznführen durch die eucharisttsche Kommunion, die sie ihnen sogar schon im Säuglingsalter in Verbindung mit der Taufe zu spenden Pflegte. So ist es in fast allen Ritual, büchern bis zum 13. Jahrhundert vorgeschrieben; stellenweise erhielt sich diese Gewohnheit noch länger, uno bet den Griechen und Orientalen besteht sie bis heute. Um der Gefahr einer Verunehrung des kon- sekrierten Brotes namentlich von seiten der Säuglinge vorzubeugen, bildete sich der Brauch, den Kindern die heilige Eucharistie nur unter der Gestalt des Weines zu reichen. Doch nicht bloß bei der Taufe, sondern auch nach- her wurden die Kinder wiederholt mit der göttlichen Speise gestärkt. Denn in einigen Kirchen war es Sitte, den Kleinen die heilige Eucharistie gleich nach dem Klerus zu spenden, in anderen gab man ihnen nach der Kommunion der Erwachsenen die übrig ge- bliebenen Partikeln. Später veraltete dieser Brauch in der lateinischen Kirche, und man begann, die Kinder erst dann zum Tische de» Herrn zu führen, wenn sie einen gewissen Grad des Vernunfigebrauch S und des Verständnisses für daS allerhetltgste Sakrament erlangt halten. Dieser neue Brauch, von verschiedenen Partikular- lynoden bereits angenommen, erhielt ihre feierliche Bestätigung auf dem vierten allgemeinen Lateran konzil im Jahre 1215 durch Verkündigung de- be rühmten 21. Kanons, der den Gläubigen, nachdem sie den Vernunftgebrauch erlangt haben, die sakra mentale Beichte und die hl. Kommunion vorschretbt mit den Worten: „Jeder Gläubige, des einen wie des anderen Geschlechts, soll, nachdem er zu den Jahren der Unterscheidung gelangt ist, wenigstens einmal im Jahre dem verordneten Priester alle seine Sünden im Geheimen aufrichtig beichten und die ihm auserlegte B. ße nach Kräften verrichten; ferner soll er ehrfurchtsvoll wenigstens zu Ostern das Sakrament der heiligen Eucharistie empfangen, falls er nicht nach dem Urteile des verordneten Priesters aus einem ver nünftigen Grunde annehmen darf, daß er die heilige Kommunion eine Zeirlang verschieben könne." Der Kirchenrat von Trient*) bekräftigte daS Lateranische Dekret, bedrohte mit dem Banne jeden, der rS zu bestreiten wage, mißbilligte aber in keiner Weise den alten Brauch, den Kindern die heilige Kommunion schon vor erlangtem Vernunftgebrauche zu spenden. „Wenn jemand leugnet", so lautet der Kanon, „daß alle einzelnen Gläubigen beiderlei Geschlechtes, wenn sie zu den Jahren der Unterscheidung gelangt sind, wenigsten- zu Ostern die heilige Kommunion empfangen müssen, gemäß dem Gebote unserer heiligen Mutter, der Kirche, der sei im Banne." ^) Somit sind kraft des angeführten und auch jetzt noch geltenden Lateranenstschen Beschlusses die Gläu bigen, sobald sie die Unterscheide gsjahre erreicht haben, verpflichtet, wenigstens einmal im Jahre zu beichten und zu kommunizieren. Indem man nun aber die Jahre des Vernunft- gebraucheS oder der Unterscheidung näher zu bestimmen suchte, schlichen sich im Laufs der Zeit nicht wenige Jrrtümer und beklagenswerte Mißbräuche ein. ES trat die Meinung auf, für den Empfang der heiligen ') Mark. 10. lS. 14. IS. ») Matth. IS, S-S. ') 8ss>. XU, ä« Oommunroo«, o. 4. >) Los». XIII, äs Lnobrrristlkr, o. S. oem. V.