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Nr. 7V — Itt. Jahrgang ^ ^ Sonnabend den »5. März IV11 achslscheKolksMilll Erscheint täglich nachm, mit Ausnahme der Sonn-und Festtage. Ausgabe 1 mtt .Die Zeit in Wort und Bild- vierte,ISHrlich In Dresden durch Boten 2.40 In ganz Deutschland frei Haus 2 82 ^ in Oesterreich 1.48 * Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht nnö Freiheit Lssts Lsrußsguslls! „„ Vvr-ÜLNobe uous uuä godrnuokto, »Ns Hols- null Stiiarton so^vio oseii IR^LAOAI 11IAI8 voll 00 Llark »ll Rissig« LusvavI, günstig« 2adivsise, Kon«, L»ss»or»d»tt i Nlst-I'iaao, l 8VV1.L««»««« : »»V8ULX 4oI,»iu>.ti«orx,».zU«, IS Für das X. Quartal IVLL abonniert man ans die „Sächsische Bolks- zeitung" mit der täglichen Romcinöeilage sowie der wöchentlich e, scheinenden Beilage „Feierabend" zum Preise von 1.8V Mk. (ohne Bestellgeld), durch den Bolen ins Haus 2.10 Mk. Der Bezugspreis auf die Ausgabe ^ mit der illustrierten Unter- haltungSbeilago „Die Zeit in Wort und Bild" erhöht sich monatlich um 10 Pfennig. Ave Maria! Ueber den Bergen Galiäas funkelte der Morgenglanz der Frühlingssonne, als Gabriel vom Himmel schwebte, die Botschaft zu bringen der Gottesbraut in Nazareth. „Sei gegrüßt, Gnadenvolle: der Herr ist mit dir. du Hoch- gebenedeite unter den Frauen . . .!" Der Bericht der heiligen Schrift über dieses große Mysterium: die wunderbare Plastik des Gemäldes, die Kürze der Darstellung, der Hauch der Wahrheit und die Tiefe der Gedanken, ist von je das Entzücken christlicher Leelen gewesen. Ueber der stillen Kammer der aller- jcligsten Jungfrau, die der Engel, „der vor Gott steht", mit seinem Lichtschein erfüllt, liegt ein Duft von unfaßbarer Reinheit, der Ozon einer anderen Welt. Mit Ergriffenheit verliest der Priester das Evangelium -er Verkündigung, mit Spannung vernimmt es die Ge meinde. Sie wissen, es ist ein mächtiger Markstein an der (Yrenzscheide zweier Testamente, ein Augenblick, wo Zeit und Ewigkeit ineinanderfließen, und das Schicksal von Milliarden in der Wage zittert. Ungezählte Geister mögen >m jenem goldschimmernden Tage auf das beglückende l^iat" gelauscht haben, um es jubelnd vor den Thron zu tragen des Herren aller Dinge. Während die Vieltausend- stimmigen Chöre das „Ave" singen, das neue Lied des neuen Bundes — wer ahnt im Tale der Tränen die unsag bare Freude, wer vernimmt die überwältigende Musik, die sür uns in dem Worte „Erlösung" liegt, eine Erlösung, d,e -ic Seelen vor jenem Jammer bewahrt, der in der Sprache -er Kirche „mors xierpelua, ewiger Tod" genannt wird, und von dessen Opfern Dante das erschütternde „Non !>kin «perruiök 61 urorta, sie haben keine Hoffnung zu sterben" gesprochen hat. Wir wissen immer noch nicht, wie dankbar wir der Muttergottes sein müssen. Erst wenn die Engel uns über -en Abgrund tragen, und wir schaudernd hinuntersehen in Hölle und Verdammnis, werden wir verstehen das „Ave Maria". Ist unsere Marienverehrung im Grunde nur Christusverehrung, hat jener Stern, den das katholische Volk mit soviel Bedeutung „mrrris stellrr, Meeresstern" nennt, sein Licht von der ewigen Sonne, so entbehrt er nicht -eS eigenen Glanzes. „Der göttlichen Wirkung," schreibt Hugo Grotius, „entspricht eine unvergleichliche Mit wirkung," — „der Fülle der Gnaden eine Fülle der Treue." Treu bis an den Tod! Unter dem blutigen Banner von Golgatha finden wir Christi Mutter wieder. Welch eine Mutter I „Ich lese im Evangelium, daß sie aufrecht stand: ich lese nicht, daß sie Tränen vergoß," schreibt Ambro sius. „Wem soll ich dich vergleichen, Jungfrau, Tochter Sions?" Unter der Fülle-von Demut, welche Seelenstärke! In den Stunden des Kreuzes, welche Ruhe, Hoheit und Majestät! Sie waren ihrer würdig Mutter und Sohn, König und Königin der Märtyrer! Ein namhafter französischer Psychologe hat im Hin blick auf die „Modernen" von „Kinderseelen in Männer- icibern" gesprochen und den niedrigen Stand der Willens- energie beklagt. Mit Recht! Das Jahrhundert der Er- findunqen hat die Wissenschaft des Lebens und die Kunst -eS Sterbens nicht erfunden, vielmehr alles getan, sie zu verlernen und zu vergessen. Darum hat es auch die Marienverehrung als „unbiblisch und unmännlich" ver schrieen. Es hatte den Buchstaben, aber nicht die Kraft und den Geist, der stark und lebendig macht. — Schließen wir aufs neue den alten Bund zwischen Christi Mutter und Christi Brüdern! Wenn die Desper glocke hinausruft weit inS Land, wenn am häuslichen Herd daS Weihlicht aufflackert, und im Hause des Herrn die die Sstespaltene Petitzeile oder deren Raum mtt 1a 4, Reklame» mit 8V 4 die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt. «uchdrnckerri, Redaktion und WeschäftSftelle! Dresden, Pttlntqer Etrafie 1». — Fernsprecher I»«« Für Rückgabe unverlangt. Schriftstücke »eine Verbind»»»««» Redaktions-Sprechstunde: I» bis 12 Uhr. f'IIlttlds, ln ,11,n Staclttsllvn psul -liscb -.^,,»0«lb>> k«»n,p»»oi>v» n». 2841, S9S2, 4820, 2458. 387«. 47SS, 6«. Orgel singt den Brautgesang, wird die Gemeinschaft der Heiligen sich erheben zum herrlichen „Ave Maria" . Dstersrende wird unser Herz durchströinen. der Geist Gottes und die Seele seiner Mutter werden uns um geben und voll Dank und Bewunderung werden wir auf- schauen zum Genius einer Religion, die soviel Wahrheit und Schönheit ins Menschenherz gesenkt hat. 8. Stolypins Sturz. Die Ablehnung der Regierungsvorlage über die Ein führung nationaler Autonomie in den westlicben Bezirken des Reiches durch den Neichsrat hat Stolypin zum Rücktritt veranlaßt. Das ablehnende Votum richtete sich unmittel bar gegen Stolypin selbst, der die Vorlage in einigen Reden persönlich auf das eifrigste verteidigt hatte. Ueber einen Konflikt mit der Duma hätte sich Stolypin. wie schon so oft, lächelnd hinweggesotzt. Ein Konflikt mit dem Reichsrate aber >var für Stolypin ein deutliches Zeichen, daß seine Stunde geschlagen habe. Er hat sich beinahe fünf Jahre hindurch behaupten können, weil er eine starke Hand zeigte. Die Stolypinvorlage. über die er „offiziell" fiel, sollte der russischen Minderheit einer starken polnischen Mehrheit gegenüber zum Siege verhelfen. Eine prinzipielle Meinungsverschiedenheit in diesem Punkte bestand zwischen Regierung und Oberhaus nicht. Nur glaubte Stolypin das Ziel durch Schaffung nationaler Kurien erreichen zu können, während der Reichsrat andere Mittel der Wahl geometrie für zweckentsprechend erachtete. Stolypin erklärte nun, ohne nationale Kurien sei die Vorlage für ihn unan nehmbar. Der Reichsrat dagegen ergriff gerne diese Ge legenheit, um Stolypin zu stürzen. Außer Frage steht, daß am Hofe sich in der letzten Zeit Intrigen abgespielt haben, welche die Stellung Stolypins unhaltbar machten. Das beste, was die Freunde dem toten Stolypin nack)- zusagen wissen, ist, daß er nach den blutigen Tagen der Revolution durch Wiederherstellung der Regierungs autorität dem Reiche die Ruhe wiedergegeben habe. Die Etappen der Ministerlaufbahn Stolypins zeigen, wie seine Arbeit beschaffen war. Am 21. Juli 1906 wurde Stolypin zum Ministerpräsidenten ernannt. Dieser Tag aber ist der Tag der Auflösung der ersten Reichsduma. Ein Jahr später, am 16. Juni 1907, löste er die zweite Duma auf. Seit dem 14. November 1907 arbeitete er mit der dritten Duma, deren Majorität ein willenloses Werkzeug in seinen Händen war. Die Revolution war bereits unterdrückt, als Stolypin ans Ruder kam. Er inaugurierte trotzdem eine traurige Aera politischer Verfolgungen und Hinrichtungen. Mit Gewalt stellte er „die Nogierungsautorität" wieder her. Finnland mußte seine harte und rücksichtslose Hand des öfteren spüren. Stolypins Ministerschaft bedeutet für diese Provinz eine ganze Reibe von Willkürakten und Rechtsbeschränkungen. Stolypin war persönlich ein Mann ernster Pflichtauffassung und reiner Hände. Schöpferische Kraft hat ihm jedoch gefehlt. In den fünf Jahren seiner Ministerschaft hat er wenig geleistet, was dem Staate Aus sicht auf eine günstige Zukunft eröffnen würde. Von den in Angriff genommenen Reformen, die Befreiung der Bauern von den Beschränkungen des Grundbesitzes, die Re form des Schulwesens u. a. ist der Ausgang höchst zweifel haft. Auch sonst ist in Rußland vom Fortschritt nicht viel zu merken. Rußland hat zwar jetzt eine Volksvertretung, ist aber im ganzen und großen noch immer dos alte Ruß- land geblieben. Politische Rundschau. Dresden, den 24. März 1911. — DaS Kaiserpaar ist am Donnerstag abends Vs? Uhr in Begleitung des Prinzen Joachim und der Prinzessin Viktoria Luise vom Bahnhofe Friedrichstraßc nach Wien- Schönbrunn abgereist. — Der Reichstag nahm am Donnerstag zunächst die Abstimmung über die Anträge des Freisinns und der Sozialdemokraten zu den Kaliabgaben vor. Beide wurden mit großer Mehrheit abgelehnt. Dann begann das HauS die Beratung des Kolonialetats. Der Abgeordnete Erz- bergcr (Ztr.) leitete die Debatten mit einer großzügigen Rede ein. Er besprach zunächst die finanzielle Entwicklung der Kolonien und will Selbstverwaltung nur nach Selbst- erhaltung gewährt wissen. Dann berührte er die Einge borenen- und Beamtcnfrage und die Eisenbahnpolitik. Dr. Dröscher (Kons.) konstatierte zunächst, daß ihm sein Vorredner den ganzen Kuchen aufgegessen habe: dann wünschte er eine Verminderung der Truppen und Trennung der Justiz von der Verwaltung. An der weiteren Debatte — — Kskkee-Oenuv ist teuer, wertlos, gesuncliieitssciiSciigenä. Kakao-Oenul! ist billix, wertvoll kür Lrnälirung unä Qesunclkeit, wolilsclimeclcenci unci bekömmlieti. >Vir empkelrlen unsere Sperlvlsorteo ru 80, lOO, >20. 140-200 ptg. per ?kunci. Oerlinx 6c i-ockstrok, vresäen. Kieclerlsgen in allen Staätlsilen. beteiligten sich noch die Abgeordneten Ledebour (Soz.), Dr. Goller (Vp.), Dr. Paasche (Natl.), v. Liebert (Rp.) und Noske (Soz.). Das preußische Abgeordnetenhaus begann am Donnerstag die dritte Lesung des Etats mit einer allge- meinen Besprechung. Im Mittelpunkte derselben stand die rlsaß - lothringische Verfassungsfrage. Konservative und Freikonservative fürchteten, daß durch Gewährung der Buiidesratsstimmen an Elsaß-Lothringen Preußen zu arg leiden würde und diese Befürchtung ließ sie keine milden Worte gegen die Regierung finden. Bethmann Hollweg verstand es jedoch, alle ihre Einwände und Bedenken zu widerlegen. Während sämtliche Parteien in dieser Debatte mehr oder weniger zu der elsaß-lothringischen Frage sprachen, konnte der Freisinnige Fischbeck es nicht unter lassen, gegen das Zentrum anzurennen, indem er behaup tete, der Modernisteneid zwinge zur Unwahrheit. Dr. Porsch (Ztr.) bereitete ihm aber eine schneidige Abfuhr. I» der Spezialberatnng fanden die einzelnen Etats eine ziemlich rasche Erledigung. Freitag geht die Debatte weiter. — Die mecklenburgische BerfaffuugSreform ist aber- mal- gescheitert. Da mit den Ständen die Erzielung einer Einigung über die Acndcrung der bestehenden Landes- Verfassung nicht zu erreichen war. verzichtet der Landesherr auf die mtt dem Erlasse vom 18. November 1910 heraus- gegebenen Vorlagen und behält sich in betreff der weiteren Behandlung der VeifassungSreform die freieste Ent schließung vor. — Der Kampf um die elsaß-lothringische Verfassung hat sein Ende noch nicht erreicht, aber das Entgegenkommen der Reichsregierung wird von der Mehrheit des Reichstages gebührend gewürdigt, und es ist anzunehmen, daß die Ver handlungen, die jetzt in der Kommission stattfinden, zu einem positiven Ergebnis führen werden. Allerdings tau chen in einzelnen Punkten immer wieder Schwierigkeiten auf, und Staatssekretär Delbrück wird das „Unannehm bar", das er am Donnerstag einem Kommissionsbeschlusse entgegensetzte, vielleicht noch manchmal wiederholen müssen. Aber fiir die verbündeten Regierungen sei jetzt die Grenze der Zugeständnisse erreicht. Sie seien fest entschlossen, sie nicht zu überschreiten. Darauf werden die Fraktionen, di« die Reform ernstlich zustande bringen wollen. Rücksicht neh men müssen. Sonst arbeiten sie nur venjeniaen Parteien in die Hände, denen das ganze Verfassungswerk ein Dorn im Auge ist. Wir wollen hoffen, daß sich noch eine befriedi gende Lösung finden wird. — Die Neuwahlen zum Reichstage dürften erst im Januar 1912 stattfinden: denn der Seniorenkonvent be schloß in seiner letzten Sitzung, daß Montag der 27. März als Ferientag aufrecht erhalten werden soll. Die zweite Lesung des Etats hofft man bis zuin 1. April, die dritte bis zum 5. eventuell 7. April fertig zu bringen. Auf alle Fälle soll der Etat vor Ostern endgültig fertiggestellt werden. Alsdann beginnen die Osterferien, die bis zum 2. Mai wäh ren. Nach den Ferien soll mit der ersten Lesung des Ein- führnngsgesetzes zu der Versicherungsordnung und mit der zweiten Lesung des letzteren begonnen werden. Außerdem wünscht die Regierung, daß der schwedische Handelsvertrag, das Fernsprechgebührengesetz, das Gesetz über Elsaß-Lo thringen und das Patentgesetz erledigt wird. Die Sommer ferien dürften mit dein 2. Juni beginnen. Die Herbstsession soll am 10. Oktober eröffnet werden und bis Weihnachten dauern. In dieser hofft man die Justizgesetzc und das Pri- vatbeamtengesetz erledigen zu können. Für den Monat Oktober, für bei, nach dein jetzigen Gesetze keine Diäten ge zahlt werden, soll ein besonderer Diätengesetzentwurf ein- gebracht werden. Unsere Parteifreunde müssen nun ihre Versammlungen, bei denen Abgeordnete reden sollen, so legen, daß sie in die sitzungsfrcie Zeit fallen. — Kaliabgabcn. Die große Debatte ist zu Ende: sieben Tage lang hat die Budgctkommission sich abgemllht und zwei Tage das Plenum, um die Frage der Verteilung der Kaliabgaben zu regeln. Zu besprechen war die Verteilung der von der Kaliindustrie aufgebrachten Gelder. Jedes Werk muß für jeden Doppelzentner 60 Pf. Abgabe auf bringen und diese sollen dazu dienen: 1. Dem Reiche die Kosten des Kaligesetzes (500 000 Mark) im Jahre zu decken, 2. fiir Hebung des Kaliabfntzes verwendet zu werden. Die Gegner des Zentrums haben nun bei dieser Gelegenheit auf einen großen Riß im ZeEuin gerechnet: aber es gab am Mittwochabend sehr enttäuschte Gesichter. Das Zentrum stimmte in allen Fragen geschloffen und einmütig: nur ein- mal gab cs einige Absplitterungen. Dem Zentrum aber bleibt daS Verdienst, daß eS nicht den Fonds von 4.8 Millio- Wege« -es Festes Mariä Verkündigung erscheiat die nächste Nummer erst Montag de» 27. März nachmittags.