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— Die Versammlung de» Berba«de» deutscher Gewerdegerichte findet in diesem Jahre -um ersten Male unter Teilnahme der neu errichteten deutschen Kaufmann», geeichte am 18. und 19. September in Würzburg statt. — Der 19. BerufSgeueffeuschastdtag iu Lübeck be schäftigte sich im weiteren Verlauf seiner Verhandlungen mit der Frage der Abänderung der Schiedsgerichte. Die hierzu vom Au-schutz verfaßte Denkschrift, die den gesetz- gebenden Körperschaften unterbreitet werden soll, wurde gutgeheißen. Direktor Wenzel-Verlin berichtete über die Reservefondsfrage und beantragte, beim Reichstage in seiner nächsten Session in dieser Frage von neuem vor- stelltg zu werden. Als Ort der nächsten Tagung wurde Nürnberg gewählt. — Der 16. Evangelisch soziale Kongreß in Hannover nahm folgende Resolution an: .Der Goangelisch-soziale Kongreß erklärt, daß unter den kirchlichen Einrichtungen, die antisozial wirten. jrn»s Filtrier- «>>stem besonders schädlich ist. welches die Provinzial- und Grneralsynoden im wesentlichen zu Versammlungen staat licher und kirchlicher Würdenträger und der Geburts und Geldaristokratie macht. Der Loangeliich-soziole Kongreß erkennt an, daß die Vertretung der Kirche nicht von den Mächten ihrer geschichtlichen Entwickelung getrennt werden darf, aber er verlangt, daß sich in dieser Vertretung auch der soziale Aufbau der Kirche widerspiegelt.* Ob die Herren nicht selbst fühlen, welch ein Wider- sprrrch es ist den modernen Staat über die Kirche zu stellen und sie zur Magd desselben zu erniedrigen, aber anderer seits sich dagegen zu verwahren, daß die Vertretung der Staatskirche eine Versammlung staatlicher und kirchlicher Würdenträger ist. Die Resolution hätte folgerichtig nur von staatlichen Würdenträgern im Dienste der Kirche sprechen sollen. Den in der Resolution ausgesprochenen Wunsch nach einer sozialen Vertretung der Kirche finden wir mit Rücksicht auf den Charakter des Protestantismus als eine lose Vereinigung der verschiedensten Glaubens meinungen. wo eine so viel Berechtigung hat als die andere nur natürlich. Auf de« Burschcvtag, der in den Pfingsltagen in Eisenach stattfand, wurde über den Antrag der Erlanger Burschenschaft Bubenruthia eine Resolution angenommen, in welcher „mit Freuden die vom Verbände deutscher Hoch schulen geleitete Bewegung für die akademische Freiheit und gegen die konfessionellen Verbindungen begrüßt" wird; es wird weiter den „Mitgliedern der Burschenschaft zur Pflicht gemacht, die konfessionellen Verbindungen zu bekämpfen". Zur Kennzeichnung dieser widerlichen Hetzerei genügt es wohl, darauf hinzuweisen, daß sogar der „Fränk. Kur." „recht erheblichen Zweifel hat, ob mit diesem Vorgehen der Sache, der es dienen will, genützt wird". Das meinen wir auch. Es ist doch, gelinde gesagt, eine Unverfroren heit ohnegleichen, wenn unreife Elemente sich erdreisten wollen, den Katboliken rundweg die Treue zum Vaterlaude abzusprechen, wie es iu der Begründung der Resolution geschieht. Diese Leute Hetzen gegen die kath. Korporationen, und im selben Moment bekennen sie sich selbst in dein An träge als Protestantische Korporation. Am besten charakterisierte sich die Bubenruthia durch das schöne Wort, der Intoleranz könne „nur durch intolerantes Handeln und Wirken gesteuert werden". Die Herrchen wollen also mit Absicht und Bewußtsein intolerant sein. Das ist wenigstens noch ehrlich. Im übrigen zeigt die Kund gebung, was gewisse Kreise sich heute in dein weit über wiegend katholischen Bayern den Katholiken gegenüber herausnehmeu zu dürfen glauben. Welch« Gesinnung gegen die Katholiken werden wohl Beamte mit ins Leben nehmen, die ans solchen Korporationen hervorgehen? Die Dklegiertenversamuiluug des Gcsanrtverbandcs evangelischer Arbeitervereine zu Breslau nahm folgende Re solution an: „Kongreß bedauert, daß die wohlwollenden, begründeten Vorschläge der Regierung zur Bergarbeiterschntz- novelle durch das Abgeordnetenhaus eine Verstümmelung erfahren hat. welche den Interessen der Arbeiter widerstreitet." Die preußischen Konservativen mögen sich diese Mahnung zu Herzen nehmen. In der Haiiptvcrsaiiiiilliiiig der Deutschen Kolo- nialgrsellschnft zu Essen am 15,. d. M. wurde betreffs einer Reickskoloinalbank beschlossen, sie verkenne nicht die in dein Anträge entbaltene koloiiialfreimdliche Tendenz, sei jedoch der Ansicht, daß die für die wirtsckxfftliche Erschließung unserer Schutzgebiete erforderlichen beträchtlichen Mittel durch den Betrieb der projektierten Kolonial- und Uebersee- bank nicht beschafft werden können. Das Projekt sei vom rechtlichen und banktechnischen Standpunkte aus abzuleh nen. Im weiteren Verlaufe beschloß die Versammlung, dem Kolonialrate die Einstellung größerer Mittel für die geologische Erforschung der Schutzgebiete zu empfehlen. Ferner wurde ein Antrag angenommen, an den Reichs kanzler die Bitte zu richten, es möge am Endpunkte der Togolnnterland-Balm in Paliine oder Umgebung mit Rück sicht ans die große Anzahl Europäer einerseits und die Be dürfnisse der Eingeborenen anderseits (Pockenimpfung, Le- prabekäinpfiing nsw.) ständig ein Negierungsarzt angestellt werden. Weiter wurde beschlossen, ein Dcntsch-Ostafrika- nisches Besiedlnngskoinitoe zu bilden, dem zur Aufgabe ge- mackst wird, im Nahmen der zur Verfügung stehenden Mittel die Ansiedlnng von Weißen in Dcutsch-Ostiafrika zu fordern. Hierauf wurde die Sitzung auf Freitag der- tagt. Ans das Glückwunschtelegramm des norwegischen Kominmiidierenden Admirals Sparre zur Hochzeit des dentsck>en Kronprinzen hat Kaiser Wilhelm folgendes Ant- worttclegramm gesandt: Ich l>abe Ihre Glückwünsche zur Hochzeitsfeier des Kronprinzen mit Freude entgegenge- iwnlmen und spreche Ihnen und dem Offizierkorps der Königlich norwegischen Marine meinen besten Dank dafür aus. In der gegemvärtig in Berlin tagenden General- Versammlung des alten Verbandes deutscher Bergarbeiter verteidigte Huck das Zusammengehen des soizaldemokrati- scheu Verbandes mit dem christlichen Gcwcrkschaftsverbande im Bergarbeiteransstande. Sodann wurde folgende Re- solution angenommen: „Die von der Verbandsleitung wäh rend des Generalstreiks im Nnhrgebiete erfolgte Taktik war geboten durch die unumstößliche Tatsache., daß die Organ,- sation der Bergleute nicht einheitlich und schon deshalb sehr mangelhaft ist; ferner durch den Umstand, daß unter den ge gebenen Verhältnissen nur den Werkbesitzern «in Streik er- wünscht sein konnte. Ein längeres Aushalten im Streik hätte zur Zeit den Arbeitern keinen Erfolg, der gewerkschaft lichen und politischen Arbeiterbewegung aber schweren Scha den zugefügt. Die Generalversammlung ist der Ueberzeu- gung, -aß der Bergarbeiterschaft noch größere Kämpfe gegen das rücksichtslose Unternehmertum bevorstehen. Um hier- für gerüstet zu sein, bebarf es unbedingter Einigkett der Berufsgenossen, bedeutender äußerer Ausbreitung un finanzieller Stärkung des Bergarbeiterverbandes und tüch- tiger gewerkschaftlicher Ausbildung der Mitglieder." Bittere Klage führt der Geschäftsbericht, weil von den 32 000 neu eingetretenen Mitgliedern nur 12 000 im Verbände geblie ben sind, die übrigen sind großenteils in den christlichen Ge werkschaftsverband eingetreten. — Alis der 16. Generalversammlung des Verbandes deutscher Bergarbeiter wurde am Mittwoch das vom Vor stand vorgeschlagene Streikreglement ohne Debatte ange nommen. Hierin heißt es, daß. wenn wegen Maßregelun gen. Lohnabzügen und ähnlichen Schädigungen der Ar beiterschaft Arbeitseinstellungen (Abwehrstreiks) geplant werden, dies der Verbandsleitung spätestens vierzehn Tage vor dem Streikausbruch mitzuteilen ist. Sollen zur Durch führung ausgestellter Forderungen Arbeitsniederlegungen (Angriffsstrciks) erfolgen, so ist dies der Verbandsleitung mindestens acht Wochen vor Beginn des Streiks mitzu- teilen. Streiks dürfen ohne Zustimmung des Verbands- Vorstandes nicht unternommen werden, da sie sonst aus Verbandsmittelii keinerlei Unterstützung erhalten. Wäh rend der ersten 14 Tage eines Streiks wird keine Unter stützung gezahlt. Weiters wurde beschlossen, zu den S o - z i a l i st e u k o n g r e ss e n Delegierte zu entsenden und den Angestellten und Agitatoren des Verbandes die Agi tation gegen den Alkohol zur Pflicht zu machen. — Die 16. Tagung des Evangelisch-sozialen Kongresses winde am 13. und 14. d. M. zu Hannover abgchalten. Pro fessor I>. H a l-n a ck führte den Vorsitz. Pfarrer Hackinann- London sprach über die sozialen Kräfte im Christentum und im Buddhismus. Ans seine etlvas gelehrten, mitunter auch unrichtigen Ausführungen können wir hier nicht eingehen. Er nannte das Christentum mit seinem religiösen Ideal gegen soziale Aufgaben indifferent, nannte aber später als Prinzip der christlichen Sittlichkeit die Liebe, getragen von der freien Persönlichkeit. Mit diesen, Prinzip sei das Christentum grundsätzlich an soziale Arbeit gewiesen. Darin liegt denn doch ein Widerspruch: Wenn das Christentum gegen soziale Aufgaben indifferent ist, so kann doch das Prinzip seiner Sittlichkeit es nicht zur sozialen Arbeit nöti gen. Tann führte er ans: Der Buddhismus vermag einen neuen Aufschwung seiner sozialen Wirksamkeit nur dadurch zu gewinnen, daß er in christliche Bahnen einlenkt. Darin liege das stille Einverständnis, wo die größere soziale Kraft zu finden ist. An, Abend des ersten Kongreßtages war ein Volksabend veranstaltet. Fräulein von Hindersin-Hannover sprach über die Notwendigkeit der Mithilfe der Frau ans sozialen, Gebiet, I>. Friedrich Na,„nanu über den religiösen Wert der Arbeit, Professor Adolf Wagner-Berlin über die Erhaltung des Bauernstandes. — Der Gesamtverband dcr evangelischen Arbeiter vereine hielt am Mittwoch Sie Delegicrtenversammlnng in Breslau ab. Dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, daß der Verband 80 000 Mitglieder zählt. Außerhalb des Verbandes stehen noch 80—40000 Mitglieder. Herr Pfarrer Liz. Weber hielt eine Rede, in der er die Grund sätze der Ev. Arbeitervereine betonte. Aus derselben ist folgende Stelle hervorzuheben: „Es ist einer der schönsten Eindrücke meines Lebens, als ich in Frankfurt a. M. auf den, christlich-nationalen Arbeiterkongretz war. Da waren wir, die Vertreter von 55,0 000 Arbeitern, zugegen: Wir halten zusammen, katholische und evangelische Arbeitervereins, wir halten wie ein Mann zu- sammen gegen die Feindesmächte." Dann ist der An schluß der evangelischen Arbeitervereine an den Evange lischen Bund in Sachsen ein grober Verstoß. Wenn diese Vereine in die konfessionelle Hetze hincingezogen werden, so ist das einträchtige Zusammengehen aller christlichen Männer sehr in Gefahr, in die Brüche zu gehen. — Der erste Vcrbandstag der kathol. Vereine der erwerbstätigen Frauen und Jungfrauen Deutschlands fand am 14. d. M. in Berlin statt. Wie wir gestern im Berichte des Delegiertentages des Verbandes der kathol. Arbeiter- vereine mitgeteilt haben, haben bereits 5,1 Arbeiterinnen- vereine mit über 0000 Mitgliedern ihren Beitritt in den Verband erklärt. Zur Versammlung waren 31 Delegierte erschienen. An der Beratung der Statuten nahmen teil Fräul. Schmidt-Trier, welche über die Ziele und Zwecke des neu zu gründenden Verbandes sprach, ferner Dom kapitular Dr. Braun-Würzbnrg. die ehrwürdige Mutter Gertrud (Gräfin Schafgotsch) und Baronin v. Gordon. Sie zeigten von der regen Diskussion, die sich an die Be ratung der einzelnen Statuten knüpfte, welch inniges Interesse sie an dem Geschick der katholischen Arbeiterinnen nehmen, deren Los durch diese Nengründnng in jeder Beziehung gefördert werden soll. Nach Annahme der Statuten sprach der DiözesanpräseS Herr Kuralus Klug über: Die Bezirksverbände im Verhältnis zum Verbands- Vorstand. Als Sitz des Verbandes, wurde Berlin gewählt. Bei der Wahl des Derbandsvorstandes ist infolgedessen der Berliner Bezirkspräses Kuratns Beyer zum Verbands- Präses gewählt. Man wählte eine provisorische Kommission zur Vorbereitung der Besetzung der Posten der Verbands- leiterin und Generalsekretärin. Drei Arbeiterinnen wurden in der, Vorstand gewählt. — In bezug auf die kirchlichen Zustände in Bremen schreibt die Evangelische Kirchenzeitung: „In Bremen wird 1) getauft ohne den dreieinigen Gott (Dom), 2) kommuni- ziert ohne Wein (Rcmberti), 3) konfirmiert auf einer Stu- dierstube nach anderthalbstündrger Unterweisung, trotz des Vetos des zuständigen hannoverschen Geistlichen (Remberti), 4) konfirmiert ohne Apostolikum auf grund eines von den, Geistlichen verfaßten Glaubensbekenntnisses, wobei in uner hörter Fälschung zwei bischöfliche Begriffe für unbiblische Sachen mißbraucht werden (Remberti), 5) amtiert unter ge- flissentlicher Leugnung eines historischen Jesus (Martini), 6) in der Passionszett Schiller gepredigt statt Christus (Stnsgarii). Hat der Senat jetzt endlich Zeit und Aist, diesem gehäuften gotteslästerlichen Unfug zu steuern? . . . Warum ermannt sich Bremens Christenheit nicht zu einer imponierenden Protestversammlung, in der die ganze gesittete Welt hinter ihr stände, gegen das freche Heidentum in Schule und Kirche, mit einem einzigen Schrei weithin hallender Empörung? Warum? Wir erwarten von Bremen die Antwort, nachdem es Jahre lang unser religiöses Empfinden hat mit Füßen treten lassen, ohne daß die positiven geistlichen Kräfte, über die Bremen verfügen soll, sich der Sache angemessen gerührt." — I» der Württemberger K«»«er der Abgeord«ete« legte die Regierung den Entwurf einer Verfassungsänderung vor. Zur Einführung der Vorlage hielt der Minister- Präsident eine längere Ansprache, in der er erklärte: Die Grundlinien des Entwurfes bestehe» in der Beibehaltung des Zweikammersystems, in der Umwandlung der Zweiten Kammer in eine ausschließlich aus Erwählten des all, gemeinen Stimmrechts zusammengesetzte Volkskammer sowie in der zeitgemäßen Erneuerung und Verstärkung der Ersten Kammer. Das Festhalten an dem Zweikammersystem ist für die Regierung ein unerläßliche« Erfordernis für das Zustandekommen der Reform. Ein Ersatz für die aus der Zweiten Kammer ansscheidenden Privilegierten ist nur in- sofern vorgesehen, als die Zahl der Abgeordneten der Stadt Stuttgart auf 0 vermehrt wird, welche durch Proportional- Wahl gewählt werden sollen. Damit wird die Abgeordneten- kammer künftig aus zusammen 75 Abgeordneten gegen bisher 93 bestehen. Was den Wahlmodus betrifft, so soll das bisherige System der Stichwahlen beseitigt und für de» zweiten Wahlgang das System der verhältnismäßigen Mehrheit eingesührt werden. In die Erste Kammer sollen neu eintreten: 6 Mitglieder der Ritterschaft, 4 Vertreter der evangelischen Geistlichkeit, 2 Vertreter der katholischen Geistlichkeit, ferner je ein Vertreter der Universität Tübingen und der Technischen Hochschule Stuttgart und schließlich je zwei Vertreter des Handels- und GewerbestandeS und der Landwirtschaft. Die letzteren vier sollen vom Könige er nannt werden. — Ein Teil der englischen Presse hat begonnen, in der Marokko-Angelegenheit den Mantel nach dem Wind zu drehen. So schreibt die „St. James Gazette", die bisher in einer ausgesucht verbissenen Tonart gegen Deutschland losgezogen war: „Das englische Publikum hat die deutsche Marokkopolitik ziemlich böswillig mißverstanden. Anfangs, beim Besuch in Tanger, wurde nur dem Kaiser persönlich der Text gelesen wegen seiner angeblich gewohnheitsmäßig übereilten Einmischung in Dinge, die ihn nichts angingen. Später, als die deutsche Sondergesandtschaft nach Fez aus brach, hieß es, Deutschland bedrohe planmäßig den euro päischen Frieden. Und jetzt, wo diese Mission sich als voll- kommen erfolgreich erwiesen hat, giebt es in England immer noch Leute, die sich über die vermeintliche Torheit der deutschen Politik wunder». Wir Engländer haben den ganzen Marokko handel über den deutschen Kaiser verunglimpft, weil er ohne Not einen europäischen Krieg riskiere. Der Kaiser aber kannte die Franzosen besser als wir. Er wußte von Anfang an, daß sie wegen Marokko nie und nimmer den Degen ziehen würden. Die Berliner Regierung rechnete darauf, daß Frankreich es auf einen Krieg mit Deutschland noch hundertmal weniger ankommen lassen werde, als aus einen mit Marokko, und der Verlauf der Dinge hat gezeigt, daß ihre Rechnung stimmte. Anstatt zu kämpfen, wird Frank reich in Unterhandlungen treten, und sitzen die Vertreter der beiden Mächte erst einmal friedlich am Beratungstisch beisammen, so werden sie vielleicht Gelegenheit zu gleich zeitiger Regelung anderer Differenzen nehmen. In letzterem dürfte die „St. James Gazette" sicher recht behalten, denn die deutsche Regierung wird sicher Frankreich in der liebens- würdigsten Weise entgegenkommen und cs gibt wohl kaum einen Deutschen, der nicht wünscht, daß dies geschehe. Frank reich denkt eben ritterlicher als das habgierige Old England, von dem selbst die eigenen Kolonien nichts wissen wollen. — Eine verdiente Anerkennung ist dem Zentrumsab- geordneten Trimborn zu teil geworden; er wurde für 5 Jahre zum Mitglied des Landesparlamentes berufen. Diese Neugründung zu gunsten des Handwerks ist in erster Linie auf den Abg. Trimborn zurückzuführen und deshalb war es nicht mehr als billig, daß er auch in diese ehren amtlich berufen worden ist. — Die Japanerbcgeisterung in Berlin war eine un- gemein große; so oft die japanischen Hochzeitsgäste sich sehen ließen, wurden sie stürmisch begrüßt, lebhafter als sonst jemand. Wie dies ansteckend wirkt, hat ein Post beamter in Potsdam gezeigt. Das Kronprinzenpaar be suchte am letzten Sonntag unerwartet das Kaiserpaar. Das Publikum in Potsdam bereitete sehr lebhafte Kund gebungen. Ein Postbeamter, der unseren Kronprinzen nicht gleich erkannte und ihn noch in HubertuSstock vermutete, fragte, ganz überrascht von dem jubelnden Empfange: „Das ist wohl der japanische Prinz Arisugawa?" Ein homerisches Gelächter war die Antwort und mit ganz ver dutztem Gesicht zog der brave Beamte ab, als er vernahm, daß der Jubel dem Kronprinzenvaar galt. Oefterreich'Ungarri. — Der Zolltarif kam am Donnerstag im Herrenhause zur Beratung. Der Bericht der Kommission schließt mit folgenden politischen Erwägungen: Die AuSgleichskommisfion hält an der Ueberzeugung fest, daß die Aufrechthaltung des einheitlichen Zollgebietes den Interessen der beiden Staaten am besten entspricht. Angesichts der jüngsten Verhandlungen im ungarischen Abgeordnetenhause über den Antrag auf Schaffung eines Zolltarifs für ein selbst ständige» ungarisches Zollgebiet hält die Kommission den Zeitpunkt nicht für gekommen, um -um Schutze der wirt schaftlichen Interessen an die Herstellung eine» Zolltarif» für ein allfälliges selbständige» österreichisches Zollgebiet zu schreiten. Niederl«»de. — Heute. Freitag, finden die Wahle« für die Zweite Ka««er statt. Die Losung lautet: Für oder wider da» christliche Ministerium. Die christlichen Parteien gehen, mit Ausnahme der Stadt Hilversum, geschloffen zusammen, auf Grund der Anerkennung de» gegenseitigen Besitzstände».