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srr. SS. Gsnuabend, de« 18 MSrz iriSS. 4 Jahrgang. SMtUN »rtcheint tägltib uachrn. mit vezuir-vreiS : Pie-tcljithrl I aukerdeulschen PoNaniialtenlt. NiiSnnkme der Eoiui- ,i:id fleslraoe «1k. L<» Pf. ohne BeOellqeld . «ei ^eilunf.SdreiSI ^in^elnuaimcr IVP< st«sdi>s»giü-z t sgerisn M Gakfk.ei,. ftecdr u. Vrelbeil. Inserate werden die 6aespnlte»c Pelirzeile oder deren Ronmmi lH Pf. berechnet, bei Äiederhoinng bcdeu'ender Rabatt. vuchdrulterri, Redaktion und weschäst-stell« - Tretden. Pillnit»rr Lerakie tik — Fernsprecher diu» i Nr IMS. Ein Wort zum Kampfe Keffer, die kon fessionellen Verbindungen. Von einem Akt'ven. „Die konfessionellen Korporationen haben als studen tische Körperschaften keine Existenzberechtigung." Er kommt etwas spät, dieser Beschlich des Eisenact>er Deutschen Studententalies, volle 60 Jahre nach Gründung der erste» katholischen Korporation, der Bonner „Bavaria". In jenen Zeiten freilich dachte man anders über die Existenz berechtigung unserer Verbindungen. Schreiber dieses har selbst in den alten Konventsbüchern der „Bavaria" von dem durtlxliis freundschaftlichen Verhältnis derselben zu den Bonner Burschenschaften gelesen, vor allen: zur Burschen schaft „Alemannia" und zur Burschenschfast (späteren Landsmannschaft, jetzigem Korps) „Teutonia": ein Ver- bältnis, das sich nicht nur im bloßen Grüßen, sondern auch au regem gegenseitigen Besuch der Kneipen und anderer eifj-ieller Veranstaltungen äußerte. Heute freilich liegen die Tinge anders. Nachdem sich N'ue winzigen Uranfänge der 40 er und 50 er Jahre im Laufe der Zeit zu einer so großen Macht entwickelt haben, und die Zahl der farbentrageuden katholischen Verbin dungen, gegen die sich doch in der Hauptsache der Kampf ruhtet, mittlerweile auf mehr als 00 gestiegen ist — davon allein 48 dem Kartellverbaud der katholischen deutschen Studentenverbindungen (C.-V.) augehörig — seitdem sieht mau uns mit anderen Angen au. Jetzt werden gegen den mrderbliclieii Einfluß unserer katholischen .Korporationen schwungvolle Nedeu gehalten, die sich in der Regel durch ein durch) keinerlei Sachkenntnis getrübtes Urteil auszeichnen. Man wirft unseren Verbindungen in der Hauptsache vor, den konfessionellen Zwiespalt in Kreise hineingetragen zu haben, in die er nicht gehört. Wie steht es damit? Nachdem ruan von der früher verfochtenen Ansicht, die jüdischen Kor porationen seien nicht konfessionell, sondern national — eine Behauptung, die sich schon dadurch von selbst richtet, daß die jüdischen Verbindungen keine getauften Juden auf- neluueu abgekommen ist, sucht man neuerdings das Be stehen der jüdischen Korporationen damit zu — entschuldigen, daß mau sagt, man müsse den Israeliten schon das Recht, stch znsammenzuschließen, einräumen, weil es ihnen durch die Statuten der anderen Korporationen verwehrt sei, diesen bkizutreten. Uns Katholiken aber, denen nicht die von einigen jungen Leuten willkürlich verfaßten Statuten, son dern unsere Kirche und unsere innerste, heiligste Ueber- ztuguug den Einritt in die schlagenden Korporationen ver wehrt. uns will mau dieses Recht absprechen! Mit dem kirchlichen Duell- und Mensurverbot ist für jeden ver nünftig denkenden Menschen, auch wenn er für seine Person anderer Meinung sein sollte, die Frage der Existenzberechti gung der katholischen Korporationen als studentischer Hörpcrschastcn ein für allemal abgetan. Und wenn unsere Korporationen nun einmal existieren, und berechtigt sind, zu existieren, ist das denn gleich eine Be leidigung und Provokation der übrigen Studentenschaft? Ist es wirklich so gefährlich, wenn der junge Mann, der auf die Hochschule hinauskommt, auch die Anschauungen Anders denkender kennen lernt, und, wenn er sich nicht auf ihren ktanapunkt stellen kann und will, diese Ueberzeugung wenigstens achten lernt? In unserer Zeit beschäftigt man sich gerade ost und intensiv genug mit religiösen fragen, so daß es wohl für jeden Gebildeten der Mühe wert erscheinen könnte, sich auch über die Anschauung des Gegners zu orien tieren. Freilich auf dem Boden eines womöglich schon vom Gymnasium her mitgebrachten Vorurteils, da Leute, die uns, unser Wesen und unsere Ziele nicht im mindesten kennen, durch Hetzreden und Verbreitung des größten Un sinns über unsere Verbände nur noch bestärken, ist das nicht möglich. Vor allen Dingen aber: Ist cs wirklich die flammende Begeisterung für die akademische Freiheit, die treue Liebe zu dem durchaus bedrohten Vaterlande, die unseren Gegnern die Waffen gegen unsere Korporationen in die Hand drückte? Oder sollte da vielleicht nicht ein wenig — Neid und ein ganz klein bißck>en Angst mit im Spiele sein? Tie zumal in jüngster Zeit von Jahr zu Jahr, ja sogar von Semester zu Semester rapid steigende Anzahl unserer .Korporationen, und nickst zum mindesten die gesellschaftliche Stellung, die wir uns im Laufe der Zeit in deu besten Kreisen erworben haben, das ist es, was die Gegner mißgünstig gestimmt. Tenn unsere Stärke ist nicht nur eine guantitative, sondern auch eine qualitative. Aus allen Kreisen des katholischen Deutschlands setzen sich unsere Verbindungen zusammen, Söhne der angesehensten Familien können sie in ihren Reihen aufweisen. Und was nicht zu unterschätzen ist, unsere Korporationen haben nunmehr auch ein gewisses Alter er reicht. Hinter der Aktivitas steht eine große Anzahl „alter Herren", die sich zum Teil in einflußreichen Stellungen be finden und die jederzeit treu den aktiven Verbindungen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Jetzt beginne» unsere Gegner einzuseheu, daß sie unsere Bedeutung anfangs unterschätzt haben, jetzt sucht man nach Gelegenheiten, uns zu Leibe zu rücken. In Jena wurde der Streit vom Zaune gebrochen, die technischen Hochschulen müssen ilm natürlich „glorreich" weiterführen. Jetzt ist allerorts die Entrüstung groß. Aber wenn auch jetzt der Eisenacher Studeutentag uns unsere Existenzberecküigung abspricht, eristieren werden wir vorderhand doch noch. Und wenn mau uns auch au maßgebender Stelle gar nicht so ge wogen ist, als es wobl für deu oberslächlicbeu Beobachter den Anschein haben dürfte, rechtlich — das wird allge mein zugegeben — kann man uns nichts anhabe». Und so wird wohl die nächste Folge des ganzen Rummels nur die sein, daß die katholischen Korporationen nur um so fester Zusammenhalten, und die kleinen Reibereien zwischen farbentrageuden Verbindungen und nichtfarben- tragcnden Vereinen ganz verschwinden. I'. O. > r Den?(cher Nvirirsr«k- s. Berlin. lv>5>. SiPtt! - n: IN. März INV5. Das Hans setzt die Beratung des Etats des Reichs kanzlers fort. Mg. Bebel (SoG.): Alle Ausnahmegesetze nützen nichts, die hiervon betroffenen Parteien werden nur groß unter der Herr schaft derselben. Redner kritisiert sehr eingehend die bestehenden Auslieferunge-verträge mit Rußland. Es ist eine Dchncach und eine Schande, daß cS zwei Staaien gibt, die solche Verträge ab geschlossen haben. (Präsident Grus Ballest re in ruft den Redner deshalb zur Ordnung.j Rußland habe deutsche Dampfer gemietet, welche Kohlen mit sich führen und die russische Kriegs flotte begleite». Die Mannschaft weigere sich »an. die Weilerfahrl nützumachen, sie habe nicht gewußt, zu welchem Zweck sie ver wendet werden solle: sie sind nun gewissermaßen in der Gefangen schasr des russischen Admirals. V-stch.'Stellung nehme die Regie rung gegenüber der Forderung der Man »schau ein. aus ihrer Lage befreit zu werden? In Rußland weigern sich Hunderte Militärpflichtiger, sich auf den Kriegsschauplatz z» begeben. Die schwerste» Sinnen werden über dieselben verhängt. Da? sei Sache Rußlands und werde von dem Redner nicht sririsieri. Aber wenn Deutschland Militärpflicht ge Flüchtlinge an Rußland aus- liefere, so sei das eine eklatante Verletzung' d-s Vöic-rre.his Dann behandelt er den König-berger Prozeß: er >v>, ft dem Justiz minister Schönstedt Rechtbenanng vor. ("ebliailes Bravo links. Präsident Gras Balle st re in: Ich rufe Sie zum zweiten Male zur Ordnung! Lebhaftes Bravo rechts I) Nicht nur der Justiz- minister Schönstedt muß fort, auch der Generalkonsul in Königs berg. (Ruse: Auch der Reichskanzlei?) Die Verhaftung des Fräulein Berson war ebenso ein Willkürakt. Wir hoffen, daß dem heutige» Rußland bald ein nemS Rußland gcgenüberslehk, das an Stelle des Despotismus ein anderes Rußland bringt. (Lebhaftes Bravo links.) Reichskanzler Graf Bülow: Als Reichskanzler habe ich darüber zu wachen, daß das Sümmenverkällnis im Bundesrat nicht verschoben wird; der Reichskanzler hat hier über den preußi schen Ministerpräsidenten gesiegt. (Heiterkeit.) Ter Abgeordnete Ehrzanowski hat gestern eine Sprache geführt, die in einem anderen Parlamente nicht möglich sein würde. (Sehr richtig!) Die Deutschen sind wellbürgerlich angelegt: wir müssen uns augen scheinlich zwingen, national zu denken. Wir haben uns im Laufe der Geschichte für fast alle Völker begeistert: aber viel Gutes ist dabei nicht herausgekommen. Die Ostmaikcnfrage ist für uns nur eine Machlfrage und muß hiernach behandelt werden. Die aroßpslnische Agitation hat den Gegensatz zwischen Deutschen und Polen erzeugt; das haben wir uns nicht länger gefallen lassen können. Wir verfolgen nur eine defensive Politik in den Ost- inarken. Wir sorgen mir dafür, daß wir nicht von den Polen verdrängt werden. Reden, wie die gestrige des Redners der Polen, bestärken uns nur in unserer Politik in den Ostmarken. Bebel beschwerte sich über meinen Ton gegenüber dem Abgeord neten v. Vollmar, aber er möge doch erst selbst gegen diese» freundlicher sein. Die deutschen Transportschiffe dürfen nur Kohlen liefern, sind aber sonst ganz unabhängig von der russischen Flotte. Sollte die Hamburg Amerika-Linie, die diese Schisse stellte, gegen die demschen Gesetze und den Heuervertrag sich verfehlt habe», so wird sie bei nnS zur Rechenschaft gezogen. Die Angriffe gegen den preußischen Iustizmimstcr Schönstedt weise ich mit aller Entschiedenheit zurück: über den bekannten .Königs berger Prozeß spreche ich nicht mehr. Der Atsg. Vcbrt hat. ich will nicht sagen mit Lciauferligleit, ich sage mit jugendlicher Raschheit eine Anzahl unrichtiger Behauptungen antgesirllt (Heiterkeit.) Warum ist jetzt die svzialdeniokrainche Presse sleis gegen Rußland? Die Sozialdemokratie »endet alle Mittel an, um nnS mit Rußland zu verhetzen. Reden, wie die des Abg. Bebel er schweren Misere Beziehungen zu Rußland. Mit weichem Rechte spielt die Sozialdemokratie den Hofmeister des Ali-rlandcs? Cs ist eine alte deutsche Sitte aber llnsiue, über Vorgänge in anderen Ländern zu protestieren. Wir haben den Griechen-, Bulgaren-, Polen- und Burenrumniel gehabt, jetzi ioll ein Russeinummrl gar kommen. In »nnere ruisische Verhältnisie mischen wir uns nicht ein. Der Beschluß der Stuttgarter Volksveisamn-long, jeder auf geklärte Mensch müsse sür Rußland ans anccrc Zustände binaibcist «, ist ein Unsinn. (Bravo!) Jeder aufgeklärte Mensch sorgt dalnr, daß er in seinem Valerlande in Frieden leben lann, er stecke ober nicht seine Finger in alle fremde-» Töpfe. (Lebh. Biavo!» Abg. Frhr. Hehl v. Herrnsheim (nat.-iib ): Die große Mehrheit der staawelhalteiiden Parteien zollt der Politik des Reichskanzlers volles Vertrauen. Die Schaffung einer großen deutschen Flotte ist von großer handelspolitischer Bedeutung. Die süddeutschen (rinzeljtaatcn bieten keine einheitliche Politik, jeder arbeitet für sich, das ist ein Fehler. Die Arbeiter find in Deutschland weil besser gestellt «IS in allen Republiken. Abg. Schräder (Freist Berg.) slimmr der Resolution des Zentrums, betrcsfcnd die Vertretung der Neichlande im BnndeS- ratc, zu. Abg. Böckler (Anlist) polemisiert gegen den Abg. Bebel und verteidigt den Grafe» Reventlow. Abg. Heine (Soz.) begründet die wzialdeimckratisckie Reso lntion, betreffend Verantwortlichkeit des Reichskanzlers Die heutige Verantwortlichkeit ist nur eine Pbraie, sie siebt wobt im Artikel 17 der Verfassung, aber cs fehle die Handhabe seitens des Reichs kanzlers. Als Suase könnte nur anerkannt weiden: Entfernung vom Amte. Ein besonderer StaatSgcrichtShof müßie darüber urteilen. Der Wille zur Macht würde genügen, um ein solches Gesetz zu erhaben, dazu gebürt noch ein Stück Rücksichtslosigkeit. Abg. Stadthagca (Soz.) begründet die Resolution, nach welcher d:S Au'enthaltSrecht der Fremden gesetzlich geregelt werden soll. Abg. Grober (Zenir.): Wenn die Sozialdemokratie eine Regeln»» des F:en>de»rechtes wünscht, so lege sic einen cnisprcchen- dcn Gesebentwu: f vor. wie wir cs auch bei?» Dolcian zanlrag getan haben. Aber nach der ablehnenden HaNnuci der verbündeten Regi-rn-g-v in dieser Sache, erscheint nnS die Anssordernng auf Vorleavng ein-s entiprechenden Gesetzentwurfes so. wie wenn wir Vom Berbrechertyprrs. Es war die kriminal-anthropologische Schule, deren Haupt in den letzten drei Jahrzehnten der Italiener Eesare Lombroso gewesen, welche in der Beurteilung des Ver brechens den Standpunkt pertrat, das; dessen Ursache weniger in dein Willen des Verbreckzers zu suchen sei, als vielwehr in dessen anatomisckzer, physiologischer und psycho logischer Naturausstattung. Ter Verbrecher wird als Ver brecher geboren und kann darum ebensowenig als eilt ge borener Irrsinniger zur Verantwortung gezogen werden. Neben der etwa vorhandelten erblichen Belastung, die von großem Einfluß ist, ist daher stets auch zu untersuchen, ob der Verbrecher nicht etwa „physisch defekt" ist. Solche phy sische Defekte können entstehen dadurch, daß ein Individuum in feiner Entwicklung zurückgeblieben (Atypien) oder in eine frühere, niedrigere Entwicklungsstufe des Meuscheutypus zurückgcfallen ist (Atavismus). In folgerichtiger Entwick lung dieses Gedankens kam Lombroso, dessen Buch 1/»<»m<» cl«4in<im'nt<- 1878 erschien lind in fast alle Sprachen über setzt wurde, zu der Aufstellung eines eigenen „Verbrcclrer typus", der erkennbar sein sollte an der Formation des Schädels und Gehirns, z. B. fliehende Stirne, Progna- tiSmns (Vorspringcn des Unterkiefers), der Obren, der Nase. Stand der Sensibilität und des Stoffwechsels »sw.: oder wie Dr. Hans Knrella, der Uebersetzer und Propliet Lombrosos in Deutschland, des Meisters Lehre schildert: „Diese Hypothese besagt, daß alle echten Verbrecher eine bestimmte, in sich kausal znsamenbängende Reihe von körperlichen, anthropologisch nachweisbaren, und seelischen, psycho-physiologisch nachweisbaren Merkmalen besitzen, die sie als eine besondere Varietät, einen eigenen anthro pologischen Typus des Menschengeschlechts cbarakteri sicreit und deren Besitz ihren Träger mit unentrinnbarer Notwendigkeit zum Perbrecher wenn auch vielleicht zum uueutdeckteu werden läßt." (Naturgeschichte des Verbrechers. Stuttgart 1^98. S. 2.) Wird einmal ein Verbrechcrtypus angenommen, so kann mau bei einem einzigen nicht sieben bleibeit, sondern wird sür die verschiedenen Verbrechen verschiedene Typen suchen: Mörder-, Dieb-. Raubmörder, Vagabuuden-Typus. Die Sache wäre soweit ja recht nett für die Polizei, die daun nur die „physisch defekten" Individuen ii» Interesse des Schutzes der Gesellschaft irgendwo zu internieren hätte und diese au deu nicht zu verleugucudeu Ebaraktereigeu- sckrafteil des „Typus" leicht erkennen könnte, wenn sie nicht Auen gewaltigen Haken hätte, nämlich deu Nachweis dieser eigenartigen Schädelformen. Was daun, wenn inan diese Beschaffenheit des Schädels, Gehirns, .Kiefers, Haarfarbe »sw. auch bei ehrlichen und völlig hariuloseu Meusckxm Nach weisen kann und ebenso nachweist, daß richtige Schwerver brecher von diesem Verbrechertypus keinen Zug batten? Kein Wunder, daß bei solcher mangelhaften Beschaffen heit des Untergrundes die Wisseiiscliast diese Hypothese ver werfen wußte im Interesse ihres eigenen Ansehens, wie dies gesckxch auf deu kriminal-anthropologischen Kongressen zu Rom 1885, wo Larassagne Uugenauigkeiteu, Uebertreibungcu und voreiliges Verallgemeinern Lombroso zum Vorwurf wachte, dann zu Paris (1889), zu Brüssel (1892) und Genf (1890), wo die Ablehnung fast einstimmig erfolgte, ebenso zum Nom 1894. wo Dirchow sich dagegen erklärte. Auch andere Anthropologen von Ruf. wie Ranke, Binsannger, Kirn. Kühn und andere haben die Hypothese rund abgelehnt. Es kann beute als allgemein geteilte Anschauung in den fachwissenschgftlichen Kreisen geltet!, wenn Bär schreibt: „Es gibt keine charakteristische Eigentümlichkeit in der Gesaiiitbildung des Menschen, aus deren Vorhanden sein wir mit einiger Bestimmtheit auch nur behaupten tonnen, daß der Träger dieser individuellen Deformität «Mißbildung) ein Verbrecher sei. Viele Verbrecher, und sogar viele schwere, zeigen gar keine Anomalie» in ihrer körperlichen und geistigen Gestaltung und andererseits haben viele Menschen mit ausgeprägten Zeichen morpho logischer Abnorniitäten niemals eine Neigung zum ver brecherischen Leben gezeigt." (Der Verbrecher in anthro pologischer Beziehung. Leipzig 1898. S. 894.) Sehr viel Wasser in seinen Wein bat dann Lombroso selbst geschüttet, als er ans dem kriminal anthropologischen Kongreß zu Genf <189«!) erklärte: „Im Beginn meiner Studien gewann ich die Ueber- zeiigiing, das; ungefähr 85 Prozent der VerbrMer ge borene, unheilbare VerbrMer seien, gegen die es nur ein Schutzmittel gebe: die Ausscheidung ans der Gesellschaft. Im Fortgang meiner Studien kam ich zu milderen Sclsiuß- folgeriingen. Ich überzeugte mich, daß der größte Teil der geborenen Verbrecher heilbar sei und man ihnen gegenüber ein verschiedenartiges Vorgehen versuchm tonnte." Damit ist die Sache selbst preis-gegeben. denn des Pudels Kern war ja der. daß der geborene Verbrecher „mit unentrinnbarer Notwendigkeit" znin Verbrecher wird, also unheilbar sein soll; wenn jetzt der größte Teil „heilbar" ist. so ist der Hypotbest' durch ihren Urheber selbst der Todes stoß gegeben, wie denn auch die ganze krimiiial-anthrol'o- logische Schule allüberall deu Kredit verloren hat mit Aus nahme Italiens, wo noch einige leideusclxiftliche Partei gänger einen verlorenen Posten verteidigen.