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heulen. Es sind überall dieselben Schlagworte — darüber wallen wir kein Wort verlieren, wir nehmen es ihm nicht übel — und überall dieselbe entsetzliche Wut. Wir wollen ihn nur ans eins aufmerksam machen. Wenn er so von oben herab mit großartigem Pathos schreibt: „Es sollte einmal in einem geschlossenen katholischen Distrikte, etwa in den Rheinlanden oder gar in Oesterreich ein protestan tisches Blättchen es wagen, auch nur mit dem jüngsten Herrn Kaplan so zu verfahren, wie es sich in nnserm pro testantischen wachsen das nltramontane Blatt den ange sehensten evangelischen (Geistlichen der Residenz gegenüber erfrecht! Berleger, Redakteur, Trucker und Hetzer würden vor den Staatsanwalt geschleppt..." so zeigt das Blatt damit, wie wir oben schon erwähnten, das; es keine blasse Ahnung hat, wie die Protestanten auch in katholischen (hegenden, auch besonders in nnsern Rheinlanden, über „die angesehensten katholischen Geistlichen nnd Würdenträger", ohne provoziert zn sein, schimpfen nnd doch nicht vor den Staatsanwalt gezogen werden, oder wie man sie laufen läs;t, selbst wenn es mal zn toll gewesen war. (Wenn die „Tüchs. Bolksztg." protestantische Geistliche in die Polemik hineinzog, so haben sie durch ihre ungerechtfertigten An griffe anfdiekatholische.Kircheeinesolcheselbstverschuldet. T. N.) Wir könnten dein „Freib. Anz." das beweisen, verweisen aber blos ans die ungezogenen Allgriffe Böhtlingk'S gegen den Erzbischof s)r. Rörber, Bischof l)r. Kornm n. a. Der „Freib. Anz." sollte sich erst nmsehen in der Welt, ehe er solche Ausrufe erlägt, sonst kann er sich gewaltig blamieren. Oder meint er, seine Elaborate drängen nicht bis an den Rhein? freilich, wenn der Ton nicht so über die Matzen hochmütig nnd abstotzend gewesen wäre, würden wir uns auch nicht im Besitze jener Nummer befinden. Ein solches Treiben, das blos gegen die Katholiken hetzen soll, ist — um mit dem „Freib. Anz." zn reden — „feig nnd unehrenhaft", ja noch mehr, es ist infam, unehrlich nnd nnwahrhaft. Möchten die sächsischen Pastorenblätter am Rhein in den ganz katholischen (hegenden lernen, welche Freiheit die protestantischen Blätter hier genietzen, dann würden sie toleranter urteilen über ein einziges katholisches Blatt in einem protestantischen ^ande, das die Rechte der katholischen Minderheit vertritt. Bon Toleranz zeugt ihr Beneginen nicht; und sie mögen bedenken, wie man in den Wald hinein- ruft, so schalll's heraus. Reichstag. «21 l. Sitzung am 20. Januar.) Am Montag begann der Reichstag die erste Lesung des Etats, nnd zwar in einer Weise, der ein grotzer Zug entschieden nicht abznsprechen ist. Das Verdienst hieran gebührt dem Sprecher des Zentrums, I)r. Schädler, der gleich nach der herzlich unbedeutenden einleitenden Rede des Reichsschatzsekretärs das Wort erhielt. Seine Instän dige Rede war ein Meisterstück parlamentarischer Bered sainkeit. Inhaltlich wie nach ihrer politischen Bedeutung zerfiel sie in drei Teile. Ter erste Teil bildete eine Kritik der Finanzgebahrimg des Reiches nnd des neuen Etats, wobei es der -sentrumsredner besonders an Mahnungen zur Sparsamkeit nicht fehlen lies;. Der zweite Teil beschäf tigte sich ansschlietzlich mit der Swinemünder Depesche des Kaisers an den Prinzregenteil von Bapern, und der dritte Teil der Rede galt einige» Forderungen, die besonders im Hinblick ans die bevorstehende Erneuerung des Reichstags von Bedeutung sind. Das Hanptstück der Rede war aber fraglos der mitt lere Teil, der ebenso machtvoll in der Form wie entschieden in der Sache Verwahrung einlegte gegen die Einmischung des Kaisers nnd Königs von Prentzen in eine inner bayerische Angelegenheit. Die Mitglieder des Bnndesrats konnten sich dem Eindruck ebensowenig entziehen wie die Abgeordneten aller Parteien. Von beiden Seiten drängten sich die VnndeSratsmitglieder. die wohl noch zahlreicher als die Abgeordneten anwesend waren, an den Redner heran, der offenbar noch mehr Auf merksamkeit fand, als nachher der Reichskanzler, dessen Ausführungen freilich auch überaus schwächlich waren. Den Schliff; bildete die Versicherung, das; der Kaiser nicht an eine Antastung der Rechte der Bundesstaaten denke. Man braucht nicht an eine solche Absicht des Kaisers zn glauben nnd wird doch sagen müssen, das; sein Auf treten nicht selten die stete Beobachtung der bundesstaat lichen (hrnndsätze nnd Rücksichten vermissen lätzt. Und wenn der Reichskanzler dem Kaiser das Recht zn unbeschränkter Meinnngsäntzerimg znspricht, so vergitzt er, das; der Kaiser eine Vorzugsstellung genietzt, die es ilinnöglich macht, ihn für seine „privaten" Aentzerlmgen ebenso wie jede andere Persönlichkeit verantwortlich zn machen. Wer selbst die freieste Kritik übt. mns; aber auch der eigenen Person gegenüber Andern das volle Recht der Kritik einränmen. Und darin liegt die (Gefahr, in welche sich die kaiserliche Autorität begibt, wenn der Kaiser in dem Wettstreit der Parteien mit Privatansichten hervortritt. Der Verlauf der Sitzung war folgender: Sckmtzsekretär v. Thiclinnnn bespricht den Etat und folgert daraus die A'vNveiidigkeil einer Reichssinanzreforin. Abznwarten sei aber erst, ivaS der neue Zolltarif an Mehreinnahmen bringe. Piü dahin werde wohl Niemand geneigt sein, neue Stenern zu beschlietzen. Was die lleberweisnngsstenern anlange, so habe der Reichstag die Einnahmen pro >002 ans Zöllen »in 12 Millionen über den Voranschlag der Regierung erhöht. Dieser so um 12 Millionen erhöhte Etatsansatz werde nicht nur erreicht, sondern sogar um eine Kleinigkeit überschritten werden, etwa um 8 Millionen «Heiterkeit». Er müsse aber das Haus trotzdem bitten, diesen Weg. einen Etatsansatz zn erhöhen, nicht öfter zn beschreiten (erneute Heiterkeit». Der Tchatzsekretär verbreitet sich dann eingehend über die Einzelressorts im Etat. Er betont dabei ». n. auch die Ausgabe eines neuen Dienstgcbandes sür das Marineamt. Dieses müsse sich einen Platz sichern. Denn, man möge über die Warenhäuser denken, wie man »volle, Tatsache sei. das; Wertheim immer mehr »in sich greift «Heiterkeit). AÜg. Sclinedler >Etr.): Die Entwickeln»;; des Defizits, die lins krv Schatzsekretär gegeben, hat »ns dasselbe nicht schmackhafter fftzvngclit. Bei den Mehrausgaben in den beiden Vorjahre» sind zn bemängeln die vielen Etatsüberschreitungen. Namentlich inbczug auf Telegrannnansgaben. Richtig ist ja, das; diese Ueberschrcitungrn zum Teil durch die politischen Verhältnisse verschuldet sind. Sv bei der Ostasiatischen Expedition. Aber es ist doch zu »nt:»scheiden, was Staatsdepesche ist, und was nicht. So haben Mitglieder der Gesandtschaft in Ebina ein Danktelegrannn von 5>«»0 Mk. kosten für Auszeichnungen von Allerhöchster Seite depe'chiert «Redner verliest dasselbe unter Heiterkeit des Hauses). Auch bei der Marinever- tvaltung, die ja gewöhnt ist, aus dem Vollen zu schöpfen, sind große Elatsüberschreitungen, ebenso bei der Militärverwaltung, auch durch Manöver. Sachverständige sagen, die Manöver haben bereits ihren kriegsmäßigen Eharaktcr verloren und sind zu Schaustellungen geworden. Mit den Elatsüberschreitungen wird es nicht besser werden, che wir nicht einmal nachträglich unsere Genehmigung ver sagen. Redner plaidiert weiter für Sparsamkeit, Abstriche ain Etat, erhebt Bedenken gegen die Gehaltsaufbesserung der Oberstleutnants, gegen die militärtechnische Hochschule. Dergleichen habe Wohl Zeit für später! Weitere Bedenken Haler gegen das neue Dienstgebände für das Marineamt gerade „im teuersten Viertel". Die Zuschußanleihe wird diesmal schwerlich ganz beseitigt werden können. Herr v. Thiel mann sagt, zu neuen Stenern »verde jetzt Niemand Lust haben. Ich glaube, auch später nicht! Redner verlangt weiter vom Reichs kanzler Auskunft über Venezuela, beklagt die neuerlichen Soldaten- inißhandlnngen und kommt daun zu sprechen auf das Swinemünder Kaisertclegramm an den Prinzregente» von Bayern wegen Ablehnung gewisser künstlerischer Forderungen durch das Zentrum im bayerischen Landtage. Redner verliest das Telegramm und rechtfertigt das Verhalten des Zentrums in Bayern unter Hinweis auf die Würzburger Affaire; die Spitze richtete sich nicht gegen den Prinzregenten, sondern gegen das Ministerium in Bayern. Es habe sich auch nicht gehandelt um eine persönliche Forderung des Regenten, sondern um eine Ausgabe des Staates. Der Prinzregent habe eine Kränkung in der Ablehnung der Positionen auch nicht erblickt; um so auffallender war es, daß ein anßerbayerischer Monarch in solche Entrüstung geriet. Geld verweigern ist off das einzige Mittel, um auch dem Herrscher naheznlegen, daß seine Minister das Vertrauen eines Teils des Volkes nicht haben. Diese Swinemünder Depesche hat uns nicht geschwächt, sondern das Vertrauen des bayerischen Volkes zu uns nur gestärkt. An die Stelle des konstitutionellen Regiments setzt dieses Eingreifen das i-o-ff» voluntrm mijiromn lvx! Und nicht etwa nur in» eigenen Lande, sondern in einem anderen souveränen Bundesstaate! DerKaiser ist in» Reich, »veil es kein Einzelstaat ist, nicht souveräner Monarch. Er hat mir das Präsidium des Bundes. Das Zentrnn» legt gegen diesen verfassungsividrigen Vorgang Verwahrung ein, um >o inehr, als die Stelle, von der er ausging, nnverantwortlich ist! Und da haben »vir uns an den Verantwortlichen zu halten, und das ist der Reichskanzler. Hat er den Kaiser informiert? Hat er den Depeschenwechsel ver anlaßt? Und wie denkt er für die Folgezeit solche das Volk auf regende Zwischenfälle zn verhindern? Wenn Jemand geschrieben, der Kaiser sei iin Süden verhaßt, so sei das nicht wahr. Im Gegenteil! Allerdings aber scheinen die berufenen Berater nicht immer zur Stelle zn sein. Die Nähe der Wahlen legen noch zwei Forderungen nahe. Sicherung des Wahlgeheimnisses nnd Diäten. Dabei erkläre er, daß das Ecntrum für eine Schmälerung des allgemeinen, gleiche», direkten und geheimen Wahl rechts nicht zu haben ist, nicht daran denkt und es auch nicht »vill! Weiter übt er Kritik an den in Sachen Krupp herbei- geführtcn Arbeite radressen, von denen man nicht wisse, ob sie freiwillige seien. Endlich plaidiert Redner für Beseitigung aller Neste der Knlturkanipfgesetzgebnng. Reichskanzler Gra; Bülolv: Ich bin verpflichtet, die Verant- wortnng der Akten des Kaisers zn übernehmen, welche der Gegen zeichnung bedürfen, also für Anordnungen nnd Verfügungen, welche Rcgicrnngsakte sind, aber nicht für persönliche Akte, mögen sie auch noch so programmatischer Natur sei». Doch eine gewisse mora lische Verantwortlichkeit muß ein gewisscnhafler Reichskanzler auch für diese übernehmen. Ich bin selbstverständlich dazu bereit. Hier handelt es sich um eine persönliche Meinungsäußerung des Kaisers, und diese »vill doch gewiß auch Herr Schaedler dein Kaiser nicht verbieten! Ich übernehme aber als Reichskanzler gern die Verantwortnng für die Rückwirkung, welche die rein persönliche Knndgebnng des Kaisers haben könnte. An dem persönlichen Eharakter des Depcschcnwechscls ist auch nichts geändert worden durch die Veröffentlichung des Telegramms durch das Wolsfsche Telegraphenbnrean. Dieses Bureau ist keine staatliche Einrichtung, es untersteht keiner Regierungsstelle. Von einer Trübung der Be ziehungen zwischen den beiden Biindesfürsten, wie Herr Schaedler sie behauptet, kann in keiner Weise die Rede sein. Der Prinzregent hat seinen kaiserlichen Freund nicht mißverstanden. «Gelächter». Wie wenig an eine solche Trübung zn denken ist, können Sie daraus entnehmen, daß der Prinzregent vier Wochen nach Empfang des Telegramms durch den Prinzen Ludwig gelegentlich einer Manöverreise den» Kaiser noch mündlich seinen Dank für das Tele-- granun ausgesprochen hat. «Heiterkeit». Ich zweifle nicht an dein bayerischen Patriotismus Herrn Schaedlers. Aber ich glaube, wo es sich mn die Wahrung der Würde Bayerns handelt, ist der Prinz regent doch noch zuständiger als Herr Schaedler. Der Prinzrcgent wüßte sehr wohl, daß der Kaiser nur seinen persönlichen Empfin dungen hat Ausdruck geben »vollen, daß den» Kaiser jede Absicht, in die parlamentarischen Angelegenheiten Bayerns einzngrcifcn, fern lag. Vor allem aber wüßte er, daß es den» Kaiser nicht einfallen könne, einen» Biindesfürsten oder einem Bundesstaate zn nahe zu treten. Unitarische Tendenzen existieren nicht, wenigstens nicht bei den Regierungen. Der Kaiser ist davon durchdrungen, daß nur bei der >vech»elseitigen vertrauensvollen Achtung der Rechte der Biindesfürsten eine gedeihliche Enlwickelnng des Reiches gesichert ist. An der föderativen Gestaltung des Reiches wird der Kaiser nicht rütteln und sie vor jeder Antastung bewahren. Abg. Graf Stolberg «kons.) führt ans. auch er meine, wie der Abg. Schaedler, daß die Etatsüberschreitnngen alles erlaubte Maß überschritte». Weiler hält er im Gegensatz zn Schaedler für geboten, die im Etat für die Oberstleutnants eingestellten Gehalts aufbesserungen zu bewilligen. Die Zuschnßanleihc aus der Welt zn schaffe», wie das in Vorjahren geschehen sei, »verde diesmal wohl nicht gelinge». Einigermaßen bessern müßten sich die Verhältnisse sowohl finanziell wie wirtschaftlich, wenn erst der Zolltarif in Kraft gesetzt sei. Denn dieser steigere einmal die Zollertrüge und wirke außerdem indirekt durch Hebung der Landwirtschaft nnd damit auch durch Hebung der allgemeinen ^teuerkraft. Lasse aber die Inkraft setzung des Zolltarifs noch lange auf sich warten, so seien neue Steuern nicht zn umgehen, denn auf die Dauer lasse sich mit Znschnßanleihen allerdings nicht wirtschaften. Hierauf «> Uhr Vertagung. — Dienstag 1 Uhr Fortsetzung. Politische Rundschau. Deutschland. — Die Polenfrage war im Jahre 1802 die Achse der gesamten preußischen Politik; sie wird es offenbar auch im Jahre 1808 sein. Das lehrte schon der Beginn der Etatberatnng im preußischen Abgeordnetenhanse am gestrigen Montag. Was außer der Polenpolitik der Regierung in die Debatte noch hineinspielte, war ohne große Bedeutung oder erregte wenigstens kein lebhafteres Interesse. Zuerst wurde das Thema der hakatistischen Polenpolitik, die nach der wohlbegründeten Auffassung des Zentrums in weitem Umfange ans Protestantisiernng hin- anSlänft, von dem Abg. Fritzen-Borken angeschlagen, der namens des Zentrums sämtliche die Förderung der haka- tistischen Politik bezweckenden Forderungen des Etats, ins besondere die für Errichtung eitles königlichen Residenz, schlosses in Posen und für Beamtenznlagen, entschieden ablehnte und weiterhin die alten Beschwerden und Forder ungen des Zentrums ans dem Gebiete der Kirchen- und Schulpolitik erneuerte. „Immer dasselbe", werden die Gegner wieder sagen; ja, „immer dasselbe" müssen die Zentrnmsredner immer »nieder Vorbringen, »veil der Wider stand der Regierung gegen ihre billigen Forderungen — „immer derselbe" bleibt. Am Montag schwieg sie sich noch vollständig über diese Dinge ans; nur die Fritzensche Kritik der Polen Politik vermochten den Herrn Minister präsidenten Grafen Bülow zn einer Entgegnung Anreizen, die in der Versicherung „Irenen" Festhaltens der Regierung an ihreni Poleuprogramm gipfelte. Neu »var nur die Ankündigung einer Vorlage, durch welche, womöglich noch zum 1. April, die Ansiedelungskommission für West Preußen und Posen, in zwei Kommissionen, eine für Posen und eine für Westpreußen, zerlegt »verden soll. Außerdem sollen in der diesjährigen Nebenbahnvorlage die Fm derungen für den Äat um 84 Millionen Mk. verstärkt werden. Diese Art „kultureller Hebung des Ostens" »verden sich auch die Polen gern gefallen lassen. Von den folgenden Rednern zeigten sich die Abgg. Graf Limburg (kons.), Nölle tnatl.) und Frhr. v. Zedlitz (freik.) von der Polenpolitik der Regierung befriedigt, während die Abgg. Wiemer (freis. Volksp.) und Ehlers (freist Volksv.» verschiedene Bedenken hatten. Die Etatsberatnng wird am Dienstag fortgesetzt »verden. — Ganz vernünftige Ansichten äußern selb» unsere „nationalsten" nnd ,alldeutschesteist Politiker nicht selten, »venu es sich um — außerdentsche Verhütt nisse handelt. So hat z. B. die nationalliberale „National Zeitung" wiederholt den spanischen Ministerpräsidenten Silvela gelobt, »veil er die Verfügung Sagastas, wonach in Katalonien der Religionsunterricht nicht mehr in katatonischer Mutter-, sondern in der spanischen Sprache erteilt »verden soll, wieder aufgehoben hat, während sie doch andererseits der» Polen nicht das Recht auf Religions unterricht in ihrer Muttersprache zngestehen »vill. Ganz ähnlich kommt auch der bekannte Or. Karl Peters, ein Liebling der „Alldeutschen", in einem Artikel des „Tag" über Südafrika dazu, das Recht der Muttersprache zn ver leidigen nnd es als einzig richtige Staatsweisheit zn erklären, die Untertanen ruhig in ihrer Muttersprache reden nnd erziehen zn lassen. Er lobt es, daß England seinen Untertanen ihre Sprache unbehindert läßt. Warum »oll dies aber bloß für England nnd Spanien gelten — warum nicht auch für Deutschland? — Im Wahlkreise Hanau-Gelnhausen, dessen beträchtliche Minderheit katholischer Wähler bisher den frei sinnigen Bewerber (früher den konservativen) unterstützte, wird, wie »vir hören, bei den bevorstehenden Reichstagswahlen eine Zeutrumskandidatnr aufgestellt »verden. Wir begrüßen diesen Entschluß mit Genugtuung. — Die Mittelmeerfahrt des Kronprinzen im nächsten Frühjahr soll, wie versichert wird, einen ganz privaten und unpolitischen Eharakter tragen. Er wird von seinem Bruder Eitel Friedrich begleitet sein. Professor El einen in Bonn, Reisebegleiter des Kronprinzen in den Niederlanden, Süddentschland nnd der Schweiz, soll auch diese Reise »nitmachen. — In Peking wurde am 18. d. Mts. das von der chinesischen Regierung zum Andenken an den ermordeten deutschen Gesandten Freiherrn von Ketteler errichtete Denkmal feierlich enthüllt. Hierzu waren die deutschen Offiziere, viele chinesische Würdenträger und Ausländer er schienen. Prinz Tschun erklärte in seiner Ansprache, das Denkmal solle ein Symbol des Wunsches sein, stets in freundschaftlichen Beziehungen mit den andern Mächten zu leben. Oesterreich-Ungarn. — Der kleine Erfolg gegenüber den acht tschechisch radikalen Obstrnktionisten durch eine Dauersitzung von 50 Stunden hat die Stimmung im Abgeordnetenhanse, das 425 Mitglieder zählt, ungemein gehoben. Man in sogar so zuversichtlich geworden, das; man von dem Ende der jungtschechischen Obstruktion, die gegenwärtig gerade pausiert, mit großer Bestimmtheit spricht. Das klingt sehr siegesgewiß, obwohl dafür noch gar kein ersichtlicher Grund vorhanden ist. Es ist ja noch nicht einmal über das Schicksal der Mittwochsitznng, die sich mit der ersten Lesung der Wehrvorlage befassen sollte, irgend etwas von Seite der Jnngtschechen entschieden. Die parlamentarische Kommission des Klubs, die heute Dienstag znsannnentritt, wird darüber erst schlüssig »verde». Für den Jnngtschechenklnb kommt höchstens das eine Moment, welches ihn mehr als je von der Obstrnktion abhalten könnte, in Betracht: das; die slavische Solidarität nenestens gänzlich in die Brüche ;n gehen droht. Frankreich. — Br. C o m bes, französischerKonseil-Präsident, Minister des Innern und des Kultus, muß immer etwas Katholisches haben, das er vernichten kann, sonst ist ihm nicht wohl. Jetzt kommen die bretonischen Geistlichen au die Reihe. Mit Wohlbehagen nimmt die katholikenfeindliche Presse von Mittel- und Westeuropa den Schwur des Herrn Eombes zur Kenntnis, das; er entschlossen sei, sich in diesem Kamme „durch keinen Widerstand erschrecken zn lassen" nnd daß er am Ist. Januar wieder den Gehalt von 81 Pfarrern ge sperrt habe, »veil sie den Kindern den Katechismus in ihrer Muttersprache lehren »vollen, in der einzigen Sprache, die sie verstehen. Eombes verlangt nämlich, das; die Pfarrer nicht in der bretonischen Sprache, also der Muttersprache der Kinder, diese nnterrichtcn. sondern in der französischen Sprache. Die Hakatisten können stolz sein über ihren ge lehrigen Schüler in Frankreich! Aus Stadt und Land. Dresden, 20. Januar 1902. ' Zur Kronprinzessin-Affäre. Unter dem Namen „Herr und Frau Andrö Görard" sind die flüchtige Krön Prinzessin von Sachsen und Monsieur Girou iu einem Hotel in Mentone abgestiegeu. Die Abreise von Genf an die Riviera soll bereits zu Beginn des Winters iu der Absicht der Krouprinzessin gelegen haben und nicht die Folge eines Plötzlichen Entschlusses sein. Es heißt, daß zwischen der Kronprinzessin und ihrem Auwalt Lachenal Meinnngs Verschiedenheiten entstanden sind. Die Kronprinzessin, die erklärt hatte, das Urteil des Ehescheidungsgerichtes in Montreux abwarten zu wollen, änderte in letzter Stunde ihre Dispositionen und nahm den Weg nach Mentone. - Wie voranözusehen war, hat sich die Spekulation sofort der Sensationsaffäre bemächtigt. Ansichtskarten und Bilder er scheinen tagtäglich. Nunmehr fangen auch die Kolportage Verleger an. das Publikum mit Schuudware zu regalieren. Diesen Leuten ist nichts heilig — sie kennen nur ein Ideal — den Profit, dem zuliebe sie die Ehre der Nation, des