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Beilage zu Nr. 244 der „Sächsischen Volkszeitung". Die Fabrikarbeiterin in der Großstadt. Die mancherlei Schäden, welche der moderne Fabrik betrieb für die Arbeiterioelt mit sich gebracht hat. treffen die unverheirateten Arbeiterinnen ihrer ganzen Konstitution nach besonders schwer; und hier »nieder diejenigen am meisten, welche, vielfach losgelöst von den Banden der Familie, im Getriebe der Großstadt auf sich allein ange wiesen sind. All' die wirtschaftlichen und sittlichen Ver hältnisse. die dem Großstadtlebcn besonders eigen sind. ^ kommen auch im Leben der unverheirateten Fabrikarbeiterin zum Ausdruck. Entsprechend der verschiedenen Beschäftigungs art, dem Alter und etwaigen Zusammenhang mit der Familie gestaltet sich die Lage der unverheirateten Fabrikarbeiterin höchst verschiedenartig. Ein ziemlich treffendes Bild von der Lebenshaltung ^ der unverheirateten Fabrikarbeiterinnen in der Großstadt, wie sie ihr verdientes Geld verwenden, wie sie wohnen, wie sie sich ernähren, was noch zu ihrem Ausgabe-Etat gehört, wie sie ihre arbeitsfreie Zeit verbringen, gibt eine Erhebung der Assistentin des Gewerbeinspektionsbezirkes Berlin für 1902; dieselbe erstreckt sich auf 939 unverheiratete Arbeiterinnen der verschiedensten Beschäftigungszweige im durchschnittlichen Alter von 20.6 Jahren. Von den Ergeb nissen sei nur einiges »nitgeteilt. Der Wochenlohn der befragten Arbeiterinnen wechselte nach ihrer Beschäftigungsart und betrug im Durchschnitt 11,36 Mk. Vergleicht inan diesen Durchschuittsverdieust mit den Ausgaben, so ergibt sich, datz der erstere in Höhe von 11,36 Mk. schon durch die unentbehrlichsten Bedürfnisse ausgewogen wird. Diese berechnen sich für Wohnung und Essen iin Durchschnitt zu 7,62 Mk. und im übrigen bei niederen Sätzen für Kleidung zu 1—2 Mk. und zu 1 Mk. für andere kleine Ausgaben, Fahrgeld oder auch für das bescheidenste Vergnügen, zusammen mithin auf 10,12 bis 11,62 Mk, Alles andere kann also nur in Frage kommen, wenn die Arbeiterin noch von ihren Eltern unterstützt wird, oder einen hohen Lohn verdient und dabei sparsam ist. Jode wesentliche Behinderung an» Verdienen oder jeder außergewöhnliche Anspruch bringt sie in Not. Mögen in Berlin die Mitzstände, welche die industrielle Arbeit für die unverheirateten Arbeiterinnen mit sich bringt, auch besonders scharf hervortreteu, auch in anderen großen Orten, rvo bestimmte Industriezweige große Arbeiteriunen- massen herangezogen haben, zeigen sich manche Mitzstände rnit nicht geringerer Deutlichkeit. Ein Grundübel ist die zum größten Teil unzureichende Entlohnung der weiblichen Arbeitskraft, solange aber die Arbeiterinnen die Organi sation in Gewerkvereinen »licht mehr als bisher als eine Pflicht ihrer Selbsterhaltung ansehen — steckt doch dieselbe gewissermaßen noch in den Kinderschuhen und schreitet nur sehr langsam vorwärts —, wird sich die Lohnhöhe von selbst ganz gewiß nicht heben. Abgesehen davon, daß manchen Arbeiterinnen -der ge ringe Lohn eine vernünftige Ernährung erschwert, so steht andererseits aber auch fest, daß vielen der Sinn für diese fehlt. Das sieht man schon daran, daß diejenigen Arbeite rinnen, welche früher Dienstmädchen waren, viel mehr auf eine solche Wert legten, »veil sie etwas vom Kochen ver- standen und einige wirtschaftliche Erfahrung besaßen. Viel fach trifft jedoch auch die Arbeitgeber Schuld. Wie wollen die jenigen Mädchen, welche fernab von ihrer Wohnung arbeiten, ^ etwas Marines mittags zn sich nehmen können, wenn es ihnen ! — Ausnahmen gibt es allerdings — in Form von Speise- ! Wärmevorrichtungen re. an Gelegenheit fehlt, sich warme Speisen ! und Getränke — Kaffee — zu verschaffen! Es wird daher überall anzustreben sein, daß solche Arbeitgeber Speiseküchen in , ihren Betrieben cinrichten, in denen möglichst Speisen zu > billigem oder Selbstkostenpreise abgegeben werden oder doch ^ wenigstens Gelegenheit zur Bereitung derselben beziv. zum Aufwärmen geboten wird. Die wirtschaftliche Unerfahrenheit vieler Arbeiterinnen zeigt sich weiter in der Herstellung und Bewertung von Wäsche und Kleidungsstücken. Un zweifelhaft wird ein FortbildungSschttlunterricht für die Arbeiterinnen bis zu 18 Jahren wohl in der Lage sein, den Mädchen wenigstens eine gewisse hauSwirtschastliche Ausbildung und eine Belehrung über die richtige Ver- Wendung von Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen. Zu einem derartigen Unterricht von Slaatswegen wird es jedoch wohl so schnell nicht kommen; um so mehr wird bei aller Anerkennung, was seitens Unternehmer, Gemeinden, Privater Vereinigungen lArbeiterinnenheimen. barmherzige Schwestern usiv.) nach dieser Richtung hin schon geschehen ist, auf dem Gebiete privater Fürsorge für die Hauswirt- ! schastliche Erziehung nicht locker gelassen werden dürfen. Ein bedenklicher Punkt sind noch die Unterkunfts- ! Verhältnisse der Arbeiterinnen. Wo sich schlimme Mitzstände zeigen, dürfte von einer Wohnungsinspektion Abhilfe zu erwarten sein. Vor allem wird man, wo die Arbeiterinnen- beschäfrignng sich konzentriert, mit den» Ausbau und Schaffung von Arbeiterinnenheimen fortfahren müssen. Mögen manche Mädchen sich an der hier herrschenden strengen Hausordnung stoßen, und deshalb die Heime »neiden, so steht doch fest, daß diese in erster Linie geeignet sind, den Arbeiterinnen geeignete Unterkunft, Belehrung und Unterhaltung zu bieten. Uebrigens zeigt sich ii» der Saminlung des hier wieder- gegebenen Materials hinsichtlich der Lebenshaltung der Arbeiterinnen wieder einmal der Wert der weiblichen Fabrikinspektion. unll Dnksl^arnitur«!» in joäor krc!»8lap;o, 1''iimsi-8cbnlon, IRstsIIsr, l-lrttatsobnlan, liömor null zVoiiilwIolio im öäi-;oiili8til. Ililllg lollSIIIlUs. Xäni-Ziol». Uosliokör. Haussämtz" kräftig zu fördern und ihm viele neue Anhänger ZN verschaffe». Er verdient es in der Tat. dag er in jeder kattwlisäien Familie Zutritt finde, damit der Einfluß der schlechten Lektüre immer mehr ve> drängt werde. p — Han-eL»teil. Dresdner Kurse vom 23. Oktober 1V03. B«nk Diskont. Reichsbank 4 Proz. »Lombarden 5, Proz.) Amsterdam 3-/, Proz. Brüssel 3 Proz. London 4 Peoz. Paris 3 Proz Petersburg 4//, Proz. Wien 3- - Proz. Deutsche Fonds und Ltadtnnleihen. S 8 »V, SV- Kirchlicher NZochenkalender. Einundzwanzigster Sonntag nach Pfingsten. St. Mennokirche zu Meißen: -,-'28 Uhr Frnbgoltesdienst, 9 Uhr Predigt und hl. Messe. Nachmittags -^3 Uhr Rvsenkranzgebet. Wiela: Sonntag. 25. Oktober, 9 Uhr Gottesdienst. Büchertisch. Mit einem überaus interessanten Inhalt eröffnet der „Deutsche Hausschatz" seinen 30. Jahrgang, aufs neue bestätigend, was die katholische Presse schon oftmals hervvrhob, das; der „Deutsche Hans- schatz" den Vergleich rnit den «katholischen Zeitschriften wohl ans» znhalten vermöge. Das 1. Heft setzt ein init einer Novelle: Anita von A. Veldenz, einer der begabtesten katholischen Schriftstellerinnen der Gegenwart, beginnt einen Kriminalroman: Durch wessen Hand? von Fr. Thieine »nd sodann eine Erzählung aus Böhmen: Ei',n Kreuzweg von Heinrich Baar, die einen besonderen Genuß in Aussicht stellt und zweifelsohne großes Aufsehen bei den Lesern erregen wird; schildert doch Baar, ein katholischer böhmischer Pfarrer, in erschütternder Weise das soziale Elend, dein ein Teil des niederen Klerus in Böhmen preisgegeben ist. Fritz Bergen, einer der tüch tigsten Künstler Münchens, hat stimmungsvolle Illustrationen zn der Erzählung geliefert. Was den sonstigen Inhalt des 1. Heftes betrifft, so ragen besonders zlvei Beiträge hervor, der eine: Unter den Pionieren des Rechtes, von I)r. Fr. Funder, erzählt von der 25jährigen Geschichte der österr. Besetzung Bosniens und der Herzegowina, einige dramatische Episoden ans dem Räuberleben jener Länder und deren Zustände vor der Okkupation und zieht ^ dann eine Parallele zwischen dem, was Bosnien und die Herzegowina früher war und jetzt ist. Der andere Beitrag aus der Feder des ! bekannten Weitreisenden, des Generalkonsuls Ernst von Hesse- ^ Wartegg, führt den Leser nach Gwalior, an den Hof eines reichen indischen Fürsten. An diese Aufsätze reihen sich: Franz Grill parzer, der österreichische Schiller, von I. Erklimm»; Werk- ^ zeuge und Waffen der prähistorischen Menschheit, von 1)r. Wels- ^ heimer. Heinrich von Podewils, ein Soldat und Diplomat des 17. Jahrhunderts. Die früheren Beilagen sind um eine: j Büchertisch betitelt, vermehrt worden, eine Neuerung, die »vir lebhaft begrüßen. Dem Hefte ist rin hübsches Farbendrnckbild: Papst Pius X, nach einem Gemälde von A. Binder, bcigesngt. Mögen diese Zeilen dazu beitragen, die Verbreitung des „Dcmschen 3 8 3 3 3 3 3 3 »'/, SV- 3'/, 3V- »V- SV, 4 3V- 4 8V- 3'/. Oeutsche Reichsanl. 90,20« do. da. Int.-Sch. Deutsche Reichsanl. 101,608) do. abgest. unkündb. do. do. 500 do. 300 do. do. b. 1V05 Sachs. Rente 5000 M. do. 3000 M. 1000 M. M. M. do. 200 Dt. 100 M. S.St.-Al.1855 100 Tl. 95,10bz do. 1352/08 500Tl. 100,50Ä do. 100 Tl. do. 1807 500 Tl. do. 1807 100 Tl. do. 1809 500 Tl. do. 1809 100 Tl. Leipz.-Dr. Eisb.-Obl. Akt. d. Löbau-Zittauer Eisenbahn 100 Tl. 99.90G do. 25 Thl. 102.25G Ldr.-Br. 1000,500 Tl. 99.80G Ld.-Clt.-R.OOOOM. 90,»0G 3'/i do. 1500 Mk. 90.90G 3'/,! do. 300 Mk. 97.50B 4 j do. 1500 Mk. 103.40B Ausland! 4-/, Oesterr.Papierrente 4'/, do. Silberrcnte 4 ! do. Goldrente 101,00G 88.80G 88.80G 88.80G 88.50B 89.50B 89,50B 89.50B 100.40G 100.50G 1W.40G 100.50G 100,40G 4 4V- 1 1 1 1 1 1 1 1 1 SV. Ungar. Goldrente 4V-°/o Ung.Stsb.-A. 100.75G 10l,70G 99,75G 3 3". 3V- 3V. 3V- 3V, 3V, 4 4 3'/, 3'/- 3-/, 3'/- 3'/- 3V- '»>/ o /- 3V- 3'/, 4 4 4 3V- 4 3V- 3 4 4 Preuß. konsol. Anlei he —.— do. lOl.OOB do.abst.ukb.b.1905 lOl.OOB Dr.St.-Schdsch.1871 100,20G do. da. 1875 100,20« do. do. 1886 100.20G do. do. 1893 100.20G do. do. 1900 105.20B «sstg.St.-A. lKleinb.) 100,50« Bautzner Stadtanl. 09.75G Chcmn.Stdtal.1863 100.00G do. 1874 100,OOG do. 1879 100.00G do. 1889 100.00G do. 1902 100.00VG Freiberger Stadtanl. —,— do. 1895 — Lpz.Stadtanl.v.1897 —,— Löbauer Stadtanl. —,— Meeraner do. —,— Plauensche do. 1903 100.25B do. do. 1897 104.00B Pulsnitzer do. —,— Ncichenbacherdo. 103,OOG Riesaer do. —,— Zittauer do. 103,OOG do. do. von 1901 103,70G Krcuzkrchg.-Schdsch. —,— che Fonds. «llgem.D.Kreditast. 174,50b« Berliner Bank —,— do. Spar-u.Dep.-B. 09,00« Chemnitzer Bankverein —.— Dresdn-Kreditanst. fr. 9,50G Dresdner Bank l53,25bz Dresdn.Bankverein 99.25G Leipzig. Bankaktien fr. —,— Leipzig. Hypot.-Bank Bank-Aktien. 1 1 1 1 1 Ungar. Kronenrente 98.00Ä Rumän. Staatsrente —,— do. 1890 80.75G do. 1891 — do. amort. 99,508t 102.50G Bank Ol.OOG Löbauer Mitteldeutsche Oberlausitzer Reichsbank —,— Sächsische Bank 128,OOG Sücbs.Bvdeii-Kred. 144.00VG Sächs.Diskont-Bk. 100,00bz Vorschußbank Freiberg — Zlvickaucr Bank Deutsche Pfand- und Hypothekenbriefe. 8>/,!«.D.Krcditanst.Pfb. 99.75G 4 Km.Bk.d.K.S.Al.Sch. 99.75G 4 do. 102,OOG 4 Grdrnt.-u.HhP.-Ast.d. St.Dresd. Pfdbr.1 104,50bG 4 do. Grundrente 1 102,50« 3'/, Hp.-Obl.d.B.s.d.R.D. 98.40B 3 Landwirtsch. Pfdbr. 3'/, do. 4 do. 3 Landwtsch. Kreditbr. 3'/- do. 4 do. 3 Lausitzer Pfandbriefe 89,008t 3'/,! do. do. 100.75VG 4 >Leipz. Hyp.-Banksch.il 98,008t !Lpz.Hhp.-Bk-u.A.-Sch. 4>/, Oer.VlIb.1908ukdb.98.20bG 3 ! do. Serie VIII l03,10G 3',; Mttd.Bdkr.mik.blWO 97.00G 87.50G 99.00bz 104,25« 87.508t 99,00bz 103,25« 4 4 3 o /, 4 3V- 4 4 3V- 3V, 3'/, 3-/2 3V- 4 4 3-/2 3V- 3 4 4 4 Mtld.Bdkr.uk.b.1907 100.20G do. do. 1909 101.25G do. Grundrentbr.l 88.008) do. do. II 97,OOG do. do. III 101,50« Pr.G.-Kred.-Pfandbr. 90.00« do. v. 1890 ukv.v. 1909 102,50« do.Bkr.Pfl.1899-1910l02.50G do.v. l890unkb.b.1900 90.5081 > do. K.-Obl. 1887/91 99.30« do. 1896 nkb. b. 1900 99,00« Schs. Bdkr.-Pfdb. S. l 99,506t do. do. 11 99,508) do. do. IIl 104.50B do. do. IV 103,10B do. do. V 99.008) Sächs. Erbl. Pfdbr. 100,00« do. do. 91,25« Südd. Bodkr.-Psandbr. —,— Dresdn. Börsenanleihe — do. Logenanl. — 1 7 1 1 t 8 do. do. 1900 100.20« BaugesellschaftS-Aktien. !Bank für Grundbesitz —I 7 ! Dresdner Banges. iResidenz-Baubank —s 7 j do. St.-Pr.-A. Transport-Aktien. 193.00bG iDtsche. Straßenb. 150,00« I Dresdn. Straßenb. 173,25bG l Dresdner Fuhrwesen 7x,0< >B lDpfsch.-8ts.ver.Sch. 117.00« 1 ! Kette 08.30bG 1 ! S.-B. Dampfschiff. — 1 i Sächs. Straßenbahn 129.00B l ! Mainkette 99,008) Blei iin Herzen. Erzählung von I. N. von der Lans. AuS dem Holländischen übersetzt von L. van Heemstede. «34 Fortsetzung.! (Hochdruck verboten.! „Wie werden »vir morgen dort überall mnherschweifen!" sagte sie fröhlich, „sieh' »nal da. Konrad, welch' ein präch- ! tiges Schloß taucht da plötzlich vor uns auf." „Das ist die neue Drachenburg. Von der alten steht nur noch die Ruine hoch oben auf dem Berge." „Fahren wir dort hinauf?" „Natürlich, das Hotel liegt am Fuß der Ruine." Nach wenigen Minuten schon waren sie am Ziele und weideten von derTerrasse des Hotels aus ihre Blicke an dein un vergleichlichen Panorama, das sich zu ihren Füßen ausbreitete. Henriette »var nicht von dort fortzubringen. bis die letzte Röte der untergehendeu Sonne, die alles mit ihrem entzückenden Farbenspiel übergossen hatte, von» Himmel verschwunden »var. Und als sie endlich in einem lauschigen Eckchen, von wo man die ganze Herrlichkeit übersehen konnte, bei einer Flasche feurigen Drachenblutes saßen, und die Musik, die gerade eine Pause gemacht hatte, von neuem anfing und eine etwas schwermütige Weise spielte, als der Duft des Weines und die Poesie von Berg und Strom ihre Wirkung übten und alles in reinster Harmonie zusammenzuklingen schien, da blickten sich die jungen Leute schweigend ai» und ein feuchter Schimmer lag in ihren Augen. „Willkommen auf demjDrachenfelS!" sagte Konrad. indem er sein GlaS erhob und die beiden anderen taten still Bescheid. „Ein wunderbar schöner Abend!" sagte Henriette end lich, wie aus einem Traum erwachend. „Sie sagen ja kein Sterbenswörtchen. Adolf!" „Es ist mir, als wenn ich im Himmel wäre", versetzte dieser leise, ihr eine Weile in die klaren Augen schauend, worüber jetzt ein Schleier wie von sanfter Wehmut ge- breitet war. „Und wenn wir morgen erwachen und die Sonne über all dieser Pracht aufgehen sehen, das wird ein über- au» köstliches Gefühl sein," sagte Henriette. „Dann wirst Du aber früh bei der Hand sein, ^ Jcttcheu," warf Konrad lachend dazwischen. „Die Sonne wird mich nicht mehr im Belt finden!" ! versicherte sie. „Es wäre auch eine Sünde, hier seine Zeit zu ver- > schlafen", pflichtete Dolf bei. Als Konrad am nächstcu Morgen ziemlich spät and > den Federn kau», hatten seine beiden Reisegefährten schon ziemlich lange auf der Terrasse im Anblick des erwachenden Tages, der sich aus dem Nebel losraug uuü sich in das goldene Strahleukleid der Sonne hüllte, geschwelgt. Sie waren jetzt eifrig mit der Korrespondenz beschäf tigt. Henriette hatte eine Karte mit der Ansicht vom Drachenfels an ihren Vater geschrieben und hielt sie dein Bruder unter die Nase. „Ich habe an Adolf eine gute Stütze gefunden," schrieb sie. der mit mir glücklich an einer Leine zieht. Sonst würden »vir nnsere kostbare Zeit in den Städten, die ans Konrad eine große Anziehungskraft ansüben, zn sehr vertrödeln. Jetzt muß er mit uns aiff die Berge, ob er will oder nicht —" „Wart' Du kleine Hexe," rief Konrad, „ich will Dich lehren, mich beim Vater anznschwärzen." Und damit hatte er ihr die Karte rasch entwendet, ehe Henriette sich dessen versah. „Ich will nur einen Gruß darunter setzen," sagte er, indem er seinen Blaustift ans der Tasche zog nnd mit großen Buchstaben schräg über das Gekritzel seiner Schwester hinweg die Worte schrieb: „Glaub ihr kein Wort. Vater, sie flunkert gewaltig. Herzlichen Gruß. Dein Konrad!" Und trimiiphierend warf er die Karte, alles Sträubens seiner Schwester ungeachtet, in de» Briefkasten, der am Hotel angebracht »var. Die Karte, die Adolf an seine Mutter geschrieben hatte, steckte schon darin: eS »var ein HerzenSerguß voll ungetrübter Seligkeit. 11. Ein paar Jahre waren dahingegangei», nnd in dieser kurzen Zeit hatte sich viele» geändert. Konrad de Vries und Adolf Weever, die früher so unzertrennlichen Freunde, sahen einander nur noch selten. Worin lag der Grund dieser Eiitfremdimg? Die junge»» Leute wußte»» es selber kann». Konrad hatte vielleicht noch garnicht eiiimal darüber nachgcdacht, sein Kopf stand jetzt nach ganz anderen Dingen. Der Eifer, womit er eine zeitlang im Verein mit den» ange strengt arbeitenden Adolf zur großen Freude seines Vaters dem Studium abgelegen hatte, war plötzlich wieder abge kühlt worden. Das Studium der Medizin hatte für ihn überhaupt sehr wenig Reiz, und es bedurfte nur eines geringfügigen Anlasses, ihn davon abznziehen. In» Kreise seiner früheren Kameraden an irgend einem Abschiedskommers teilliehineiid, war in ihm wieder der alte flotte Bruder Studio erwacht, nnd es vergingen mehrere Tage, ehe er daran dachte, wieder zn einem Buche zn greifen. Es fehlte ihm dir rechte Lust, nnd wenn Adolf zur gewohnten Stunde kam. um sich mit ihm an die Arbeit zn setzen, fand er den Freund entweder nicht zu Hanse oder nicht zur Arbeit aufgelegt. Als guter Freund hielt Adolf sich für berechtigt, ihm darüber Vorstellungen zn machen; das erste Mal ließ Konrad sich die Zurechtweisung gefallen, das nächste Mal aber wies er ihn barsch ab. Adolf sah bald ein, daß es zwischei» ihnen ans »var. und zog sich mit schwerem Herzen zurück, tief betrübt, daß die Freundschaft, »vorauf er geglaubt hätte, Häuser bauen zn könne»», so rasch abgrsprungen »var. Doktor de VricS, dem die Veränderung nicht entging, stellte Konrad darüber zur Rede und wollte wissen, »veshalb er nichr mehr mit Adolf, von welchem ihn» immer mir Gutes berichtet wurde, znsammenhalte. Damit goß er nur Oel in das Feuer. Konrad verlor zwar die Achtung, die er seinem geliebte»» Vater schuldig »var, keinen Augenblick ans dem Auge, aber er gab doch einigermaßen gereizt zur Antwort, daß er ManncS genug sei. um allein -n arbeiten, und keines MentorS bedürfe, der ihm fortwährend ans die Finger sehe und über seine Fortschritte dem Vater Bericht erstatte. (Fortsetzung folgt.)