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Sächsische Volkszeitung : 20.10.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192110203
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19211020
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19211020
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-10
- Tag 1921-10-20
-
Monat
1921-10
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.10.1921
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Süchstsch« LoH»»«itung Nr. 21. Seite 2 1 Donnerstag den 2V. Oltoder 1VS1 Letrsüvn hat. Biel« dm« den jüngere» Beamten bentzen ,chea- tiSmus genug, sie möckitcn a»« Orte bleiben, uu« da» zurück« bleibende Deutschtum zu unterstützen. Aber sie werden es nicht können. Dabei ist noch nicht einmal gedarbt an die anderen Hunderte von Bewerber», denen Stellungen für ibre polnische» Verdienste beiin letzte» Putsch versprochen wurden." So weit die Klagen eines Beomtensührers. Dieselbe Not, die hier geschildert wird, macht sich überall bemerkbar. Auch die deutsche Stadtbcrordnetenmehrheit in den Städten wird uns nicht schützen davor, daß das deutsche staatliche Beamtentum in Massen verdrängt wird. Erst in den letzten Tagen fand in Rybnik wiederum ein Kursus- für — Verwaltungsbeamte statt. Auch i» den städtischen Verwaltungskörpern können die Stellen nicht sinnlos vermehrt werden, auch dort wird der Deutsche weichen müssen, um dem Kongresgwlen Platz zu machen zur Belohnung für seine Putschverdrenste. Die großen Waldungen Oberschlesiens, besonders die Besitzungen des Fürsten Pietz, wo einst das Große Hauptauartier lag, des Fürsten Henckcl von Donnersmarck und des Grafen Donnermarck werden durch den vor Jahresfrist gegründeten polnischen Forstbeamtenvercin gleichfalls unter polnischer Verwaltung stehen. Das große Elend, in das uns der Beschluß von Gens ge stürzt hat, zeigt sich schon setzt auf der ganzen Linie. Die zur Aburteilung verurteilten Oberschlesier sind ein Volk, das in tiefste Not geraten ist, und niemand weiß zur Stunde, wie die ser Not auch nur im geringste» zu steuern ist! Die politische Neuorientierung Dir Oberschlesien-Entscheidung wird uns zu einer poli tische» Neuorieuticrung unbedingt zwingen. Nicht allein parla mentarische, sondern vor allem gewichtige innen- wie außen politische Notwendigkeiten drängen zu dem Entschluß, das gegen wärtige Rcichskabinett mit eine: neuen Direktive zu versehen. Das muß geschehen durch den Reichstag als den obersten Sach walter der össentüchcn Interessen des deutschen Volkes. Diese Lage bedingt in sich schon eine» politische» Kurswechsel. Dieser ist aber nur denkbar und durchführbar durch eine Neugestaltung der bisherigen Regierungsbasis. So also wird die Demission des gesamten RcichskabinettS eine notwendige Folge der «ctzten politischen Entwicklung sein. Ob das neue Kabinett unter den jetzigen Parteien oder auch unter den jetzigen Männern, ja selbst unter dem bisherigen Kanzler Dr. Wtrth erstehen wird, ist in diesem Augenblicke eine Frage für sich, deren Entscheidung von der Stellungnahme der Parteien und ihrer politischen Einstel lung zu den Geschehnissen abhängt. Tie politische Neuorientierung wirst wieder Probleme auf, deren Erörterung geeignet ist, den in leyter Zeit mühsam übcr- kitteten Riß im deutschen Parteilager wieder offen hcrvortreten zu lassen. Immer und immer wieder stoßen wir auf Gcund- problcme der Koalition. Wenn man geglaubt hatte — und nicht nur in parlamentarischen, sondern auch in Regierungskreisen gab man sich dieser Auffassung hin — daß mit einem Gesamtrücktritt des Kabinetts für die Verhandlungen um die Schaffung einer sogenannten großen Koalition unter Einbeziehung der Deutschen Volkspartei in die gegenwärtige parlamentarische Konstellation eine größer« Beweglichkeit geschaffen worden sei, so hat mau nicht damit gerechnet, daß dieser offenbare Gewinn dadurch wie der beeinträchtigt wird, daß die Sozialdemokraten in einer sol chen Entwicklung de» Versuch erblicken, das Kabinett Wirth und vor allen, den Kanzler selber los zu werden. In engeren Nartei- bespr.'chnnacn baben die Sozialdemokrat-» ja auch schon mit einem Ansscheiden ans einer neuen Regierungskonstellation »nd mit der dann beginnenden scharfen Opposition gedroht. Statt daß die parteipolitischen Dinge sich gemildert und gebessert hätten, haben üe sich verschärft und verschlechtert. Von der kommenden volitische» Neuorienticriing wird auch die ganze Struktur unseres Parteiwesens entscheidend beeinflußt. Vor allem wird das par teipolitische Gepränc unserer politische» Führung dann bestim mend für das politisch-parlamentarische Schaffen der nächsten Zukunft sein. So baben wir allen berechtiaten Au'aß, die Nenorieniiernng unserer Politik, die durch die Oberlchlesien-Entschcidinig unver meidlich geworden ist. mit gespanntestem Interesse zu ve> folgen. Von ibr wird es abhängen, ob wir einerseits den inneren Frieden und die Ordnung im Inner,, aufrecht erhalten können, und ob eS andererseits möglich ist, ein anßeiipolitisches Programm nicht nur aufzustellen, sondern auch dnrchzusühren, das de» deutschen Lebensinteresscii der nächsten Zukunft gerecht wird. Der Slntraa zum Schutze Deutschlands im amerikanischen Senat abgelehnt Washington, 18. Oktober. Der Senat hat durch Hand- aufhrbcn eine» von dem demokratischen Senator Waljh aus Montana vovgeschlagenen Zusahantrag znm Friedensve, trag mit Deutschla >d abgclehnt, der das Zusammengehen der Ver einigtem Staaten mit anderen Mächten zu de», Zwecke, Deutsch land gegen jeden nicht heraukgeforderten feindlichen Einfall zu schützem, billigt. Ein zweiter Antrag desselben Senator», der verlangt, daß die Vereinigten Staate« für de» Fall, daß Deutschland ochn« Herausforderung seinerseits angegriffen würde, au» freiein Antriebe ihre Hilfe anbietrn, wurde eben falls und zwar mit 88 gegen 8 Stimmen abgelehnt. Senator Hitchcock unterstützte den zweiten Antrag von Walsh, indem er erklärte, die militärische Partei Frankreichs könnte für den Frieden der Welt eine ernste Gefahr werden. Shortridge erklärte andererseits. Frankreich fei zu seiner Furcht berechtigt mit Rücksicht auf die Tatsache» daß es im Verlause von 40 Jah ren zweimal von Deutschland angegriffen worden sei. Lodge, Lenroot und andere Republikaner widersprachen dem An trag mit der Begründung, dah man sich darauf verlassen könne, Deutschland würde für seine eigenen Interesse» sorgen. Für UrigSlllgkeitsklSvung der Berliner Wahlen Berlin, 18. Oktober. Die „Freiheit" bezeichnet die Groß- Berliner Stadtverordnetenwahlen als eine Schande und fordert unter Bezugnahme auf eine Mitteilung, daß im Verfassungs ausschuh des preußischen Staatsratcs die Vertreicr sämtlicher bürgerlicher Parteien die Ansicht vertreten haben, daß die Not- Verordnung, ans Grund dcreir die Stadtverordnetenwah len vorgonommen wurden, ungültig sei, deren Ungültig keitserklärung. Im Versassungsausschuß des Staats rates wurde diese Meinung damit begründet, daß die Notver- ordnimg dem Staatsrate zur Genehmigung hätte vorgelegt wer den Hussen. Es scheint sich im Staaisrate um eine Eifersüch telei gehandelt zu haben. Die Zweifel an der Gültigkeit der Notverordnung sind vom Präsidenten des StaatSrateS angeregt worden, der den Versassungsausschuß veranlaßt hat, dazu Stel lung zu nehmen. Das Plenum des Staatsrates hat sich mit der Frag« noch nicht befaßt. Die preußische Staatsregierung vertritt entschieden die Gültigkeit der Notverordnung und damit auch der stattgefundenen Stadtverordnctenwahlen. Berlin, 17. Okober. Aus Kreisen des preußischen Staats- raics erfährt das „8-Uhr-A bendblatt". daß sich der Verfajjungs- ausschnß des StaatSrateS in der vorigen Woche mit der Frage der Gültigkeit der Notverordnung über die Berliner Stadtverordnetenversammlung be schäftigte, auf Grund deren die gestrigen Stadtverordnctenwah len vorgenommen worden sind. Einige Vertreter der bürger lichen Parteien sollen der Auffassung gewesen sein, daß d:esc Verordnung und damit die gestrigen Stadtverordnetenwahlen ungültig seien, weil die Notverordnung dem Staaisrate nicht borgelegt worden sei, was nach Artikel 40 der preußischen Ver fassung hätte erfolgen müssen. Der Versassungsausschuß soll nun den Beschluß gefaßt haben, die Regierung zu ersuchen, Gutachten namhafter Staatsrechtslehrer über diese Frage ernzuziehcn und die Angelegenheit dem Sraatsge- richtshof zu unterbreiten. Im Anschluß an diese Meldung ver öffentlicht das Blatt die Ansicht eines bekannten Staatsrechts lehrers, der den Grund der Anfechtung der Notverordnung darin zu erblicken glaubt, daß es den Vertretern der bürger liche» Kreise darauf ankam, die Beschlüsse, die die Stadtverord netenversammlung seit ihrer lliigültigleitserklärniiH bis zu ihrer letzten Sitzung gefaßt hat. ebenfalls der Ungültigkeit an heimfalle» zu lassen. Vorläufig handelt es sich ebenfalls nur um einen Beschluß des VerfassuiigSanSschusses des StaatSrateS. Das Plenum hat zu der Angelegenheit noch nicht Stellung ge nommen. Diese Siellungiiahme muß abgcwartct werden. Der Berliner Magistrat bleibt jedoch in seiner sozialistischen Mehr- heit bestehen, weil mit dem Bürgermeister Ritter zehn So zialisten auf zwölf Jahre gewählt wurden. Ten wer unbesol deten bürgerlichen Stadträten stehen acht unbesoldete sozi.i- listische Stadträte gegenüber. VeamLenausschutz des preußischen Landtages Berti», 18. Oktober. Im Beamtenausschuß des preußischen Landtages wurde über den Tenerungsantrag des Zentrums weiterberaten. Im Verlaufe der Debatte erklärte der preußische Fiiianzminister Sä misch, die Staatsregierung verfolge mit wachsender Sorge die inimer weiter sleigondc Teuerung der wichtigsten Lebensbedürfnisse- Von der Regierung werde anerkannt, daß hier durchgreifeiide Abhilfe dringend geboten sei. Eine weitere Anspannung des Systems der Ausgleichsversorgungszuschlüge über 100 Prozent der Grundgehälter hinaus würde grundsätzlich bedenklich und deshalb nicht durchführbar sein. Es müsse deshalb versuch: wer de». im Rahmen der Besoldungsordnung auf anderem Wege zu einer Neugestaltung der Bezüge zu kommen. Die Arbeiten dazu seien im preußischen Staatsministeriun, cingeleitet. Uni aber das Zustandekommen der beabsichtigten Maßnahmen nicht z» gefährden, müsse er sich zur Stunde noch versagen, über weitere Einzelheiten Mitteilungen zn mache». Er werde die Führer der Parteien zu einer Besprechung einladc», sobald die Verhandlungen mit dem Reiche soweit gediehen seien. Der Be. richterstatter Abgeordneter Blank (Zentr.j wie» daraus hin, daß schnellste Hilfe vonnöten sei. Die Redner sämtlicher Par. teien stimmten dem zu. Der Finanznrinister erklärte daraus, er Hofs« nach Fühlungnahme mit de» Parteiführern innerhalb acht Logen hinreichende Erklärungen abgeben zu können, Tie Regelung werde eine großzügige sein und aus alle Staatsbedienstete ausgedehnt werde». Ausschreitungen bei einem Scheervortrag Schweidnitz, 18. Oktober. Der Deutsche Offiziersbund ,n Etricgau hatte für gestern abend einen Vortrag angesetzi, in dem Admiral Scheer über die Taten der deutschen Hochseeflotte im Weltkriege sprechen sollte. Bei Beginn forderten die Arbeite« die Räumung des Lokals innerhalb zehn Minute». Der Kartell. Vorsitzende Fakiolka ersuchte die Arbeiter, den Vortrag anzvhören. jedoch zu bedenken, daß man in Admiral Scheer den Mann vor sich habe, der 1017 sieben Matrosen habe erschießen lassen. Darauf, hin entstand ein wilder Tumult. Der Admiral wurde von der Galerie mit Geschirr beworfen. Zwischen den beiden Parteien entspann sich dine riesige Schlägerei, durch dir der Vortrag verhindert wurde. Die Aussperrung im Zeitungsgewerbe (Eigen r Drahtbericht der „Sachs. V o l k s z e i t g.') Berlin, 10, Oktober, Zur Aussperrung im Zcilimgzgeivcibe meldet die „Rote Fahne": Wie uns nachträglich mitgeteilt wirs, hat nur die Firma Mosse ihr gesamtes Personal cmsgcspcrrt, während i» den übrigen bürgerlichen Zeitun.gsbetrieben die Be legschaften vorläufig bei voller Bezahlung weiter beschäftigt wer den, doch werde aus Solidaritätsgründen mit der Firma Mosse keine Zeitung hergestellt. ES wird also bis auf weiteres le,g bürgerliches Blatt in Berlin erscheinen. Neue Ausschreitungen streikender Gastwirts» gehUfe« Berlin, 18. Oktober. Neue Ausschreitungen streikender Gast. wirtSgehilsen sind gestern abend vorgefallen. Besonders vor dn Traube schwoll die Menge bis aus 1000 Personen an, die sich schlossen vor dem Lokal anlstellte »nd eine drohende Halt»»- einnnhni. Da fick die Massen trotz wiederbolter Aufforderung, die Strohe frei zu machen, und der Androhung des WaffcnaebrauchS nicht entfernten, wurden schließlich die Schußwaffen frei «cinachf, worauf die Demo», (trauten auseinandergingen, um sich vor dem Lokal „Wien-Berlin' abermals zusammenzurotten. Hier wiederholte sich derselbe Vorgang. Die Jägerstrohe mußte hierauf gesperrt und freigemacht werden. Neunzehn Personen, die sich den polizeilichen Anordnungen hartnäckig widersetzten, mußten ststiert werden. An anderer Stelle wurden di« Demonstranten durch Schutzpolizisten oder Hankwachen MÜckgewiesen.' In der Brückknstraße wurden an einem Lokal zwei große Fenster, tchciben, eine Türscheibe sowie rin Im Lokal befindlicher Spiegel voll ständig zertrümmert. Ludwig von Wiltelsbach f München, 18. Oktober. Der iriihere König Ludwig von Bagern ist heule nachmittag '^5 tthr, nachdem ekne gestern ausgetretene Lungenentzündung den KrSsteverfall beschleunigt hatte, in Sarvar (Ungarn) in Gegenwart seiner Töchter und de* ehemaligen Kron prinzen Rupprecht verschieden. Slreik der Innsbrucker Lehrerschaft (Eigener Drahtbericht der „Sächs. VolkSz c i i g."> Innsbruck, 10. Oktober. Die Lehrerschaft von JnnSbrmk und Hötting streikt seit gestern vormitta.q, Ivcil die Lcindcsregie« rung die Gleichstellung mit den Staatsbeamten nicht billigt und mit der Auszahlung der Teuerungszulage» sich im Rückstand bc- sindet. Die Richtlinien der tschecho-slowaktschen Politik Prag, 18. Oktober. Die Nationalversammlung er- öffnete heule ihre Wintertagung. Ministerpräsident Bencsch Verla» im Abgeordnetenhause und im Senat programmatische Erklärungen der nriltn Regierung, in denen er folgende Richtlinien sestlegte: Die äußere Politik wird von folgenden Erwägungen geleitet: 1. Instand- setzung der aus der Pariser Friedenskonferenz hcrvorgegangenen Verträge. 2. Allmähliche Beseitigung aller Konflikte, sowie Schaffung einer neuen internationalen Atmosphäre, in der der Geist de» Hassc- den, nüchterner Ruhe und Mäßigung welchen würde. Die Finanzlage der Tschecho-Slowakei Prag, 18. Oktober. Der vom Fiiianzminister Novat für 1022 unterbreitete Haushaltvoranschlag weist in Ausgabe 10 672 Millionen Kronen und in Einnahmen >8 884 Millionen Kronen auf, so daß sich ein Abgang von 788 Millionen ergibt. In seiner Begründung zum Voranschlag stellt der Finanz»»»!. Sächsische VoltSzeitung — Nr. 243 — 20. Oktober 1921 Zurück zu den heiligen Satzungen Von Franziska Schneider (Nachdruck verboten. — Alle Rechte Vorbehalten./ (17. Fortsetzung.) Am meisten war rS unter den Aussprüchen O'Counells das Wort „Sklaverei", dieses schreckliche Wort, das ein hunderltälti- ges Echo loslöste in der erregten Phantasie des stürmische» Kna- bcnherzcns und es entzündete. „Und Hunderte und Tausende haben „Bravo! Bravo! Hurra! Repeall Repcall" geschrien?" ergänzte er aus seiner inneren Erregung heraus. „Ja, ja, so war eS," erwiderte Mac Donald, der, tr>tzdem er augenblicklich nicht gern in seinem Sinnen gestört war, doch geduldig Rede und Antwort stand. Gmnz behutsam führte indessen Mac Donald sein« Be- gleileriii, deren kleine, weiße Hand ans seinem Arme lag. Wie ans einem Kleinode ruhte sein Blick darauf, ihr Gesicht, daß ihm zur Schnlicrhöhc reichte, entzog ihm der breitrandige Strohhut. auch hielt sie das Köpfchen gesenkt, seitdem sie an seinem Arme einher ging. Gar zu gerne hätte er seine Hand auf die ihre ge legt, doch wollte er die Ruhe eines süßen Kindes nicht stören. Nachdem das Wäldchen durchschritten war, löste Mary ihren Arm aus dem scinrn »nd entschied, hier müsse man Abschied nehmen, da es sonst zu dunkel werde. Nach früherem Gebrauche habe mcin sich gewöhnlich bei der Wicscngnclle getrennt." „TaS kan» man auch heute noch tun," sagte Mac Donald. „Kommen Cie. ich mache wiederum Kehrt und begleite Sie ein Stück zurück bis zur Ouellc, da man allem Brauche treu sei» soll." „So müssen wir sorttahren " erklärte Mary, „dann gibt es eine regelrechte Mondscheinpromenadc." ..Die ist es schon." rief Roby, auf den nächtlichen Gesellen deutend, der mit breitein behagliche» Lachen vom klare» Himmel durch die Nadeln einer Kiefer lugte. Ohne z» fragen, griff Mae Donald Marys Hand und legte sie wieder ans seinen Arm: „Der Banmwurzeln wegen," sagte er leise. Sie ließ es geschehen. Leichten Schrittes über weichen l'.a- delbodc» gingen sie durch liefen Schotten, durch lautlose Stille. AIS sie znm Brunnen kamen, reichten sie einander die Hand zum Abschiede. Einen Angenblick behielt Mac Doimld Marys Ländckie» warm umschlungen. Ganz ohne äußere» Anlaß, aber nn Anschluß an seine,i Gedoukengong, fragte er zum Wasser de». t«nt», dessen blankes Auge mit verstohlenem Blicke a»S MooS und Stein zu den hübschen Menschenkindern blickte: „Miß Mary, man sagt, zu nächtigen Stunden bieten alle Quellen Araber- tränke. Vielleicht ist dieser auch ein Verjnngungsgue.l ,wr jener im Tale zu Avoca. Wie wäre es, wenn ich daraus tränke — tränke so viel, daß zehn Jahre von mir abficlcn?" „Warum?" forschte Mary. „Ilm wieder jung zu sein, so jung, wie ich eS sein möchte. Die liebliche Anmut der Jugend hat mich heute in ihre» Bann gezogen und de» Wunsch wach gerufen, in den Jahren ihr näher zu sein." „Ach, weshalb wollen Sie jung werden?" sagte Mary „gerade im rechten Aller sind Sie, so wie ich mir einen richtige» Mann denke. Eben kein niibesonnciier Jüngling mehr, wie Roby, scherzte sie, aber ein richtiger Kavalier, gerade so, w.e ich ihn mir denke. ' „Ist das wahr?" war die beinahe im Jnbcllone antwor tende Frage. „Aber ganz gewiß. Ich finde Sie noch jung." „Miß Mary, Glück macht jung. Wünschen Sie mir Glück, dann brauche ich nicht ans der Quelle zu trinken." „Jawohl, das wünsche und gönne ich Ihnen vo» Herzen. Trinke» Sie lieber nicht aus der Quelle, Sie möchten mich zuviel trinke» und vielleicht noch jünger als Roby werden und dann hätte ich zum Bruder auch noch einen Kameraden, der mich eben so hänseln würde." .Hastig drehte sic sich um, zog Roby mit sich fort un) rief ihm, nach einigen Schritten sich nochmals wendend, mit leichtem Winken ihrer Hand eine» Gutenachtgruß z», genau wie sic es aks little girl getan. Nachdem die Geschwister seinen Blicken entschwunden waren, blieb Mac Donald noch ein Weilchen stehe». Die Bank am Born rief ihm zu, sich uiedcrziisetze», die silberhellen Stimmen der nimmermüdcn Niren luden ihn znm Träumen ein. „Ach ja, z»»r Träumen," erwiderte cs in ihm. Ec tteß sich nieder und legte de» Hut neben sich. Mit verschlungenen Arme», de» Kopf an de» schlanken Stamm des Baumes gelehnt, das Ohr zum leisen klingende» Plätschern geneigt, gab er sich seinem Sinnen hin. lieber de» laufenchlen Wiesenieppich näherte sich ihm auf leisen Sohlen die Trauinfee. Mit dem berauschend süßen Dufte des nahe» Kleefeldes umhüllte sie den Schläfer, strich die er. guickcnde Irische des Waldes um seine hohe Stirne und ließ das silberne Licht der Nacht über sei» Angesicht rieseln. Ganz sachte ließ sie sich zu ihm nieder, umschlang seinen Nacken, flüsterte heiße, süße Worte in sein Ohr und zauberte ein Lächeln um seine Lippe». Vo» einen, schönen Kinde erzählte sie ihm, das z»r herrlichen Jungfrau erblüht fei. Von einem junge» Weibe sprach sic, dessen anmutige Heiterkeit sein Heim mit einer süßen Melodie erfüllen, den Sonnenschein in jeden Winkel seine- Hauses tragen, ihn nach des Tages Wirken und Mühen auf der Schwelle seiner Türe einpfangeil würde mit lachendem Will kommgruß, mit rosigen, zum Kusse gebotenen Lippen. Nachdem sie seine Seele bis zur höchsten Glücksempsindung getragen, »er ließ ihn die holdselige Menschenfreundin. Sanft löste sir ihre» Zauber und entschwand, um viele andere z» beglücke», zu iröste» und zu crguicken. Mac Donald erwachte. Er richtete sich auf und dehn»? sicb zn seiner ganzen Höhe. Er hatte geschlafen. Wie lange nur? llnd hatte geträumt, süß geträumt, wovon nur? Ach, von Mary, von seiner Mary, dem süßen Kinde, das er sich erkoren an dem Abende eines Tages, a» dem nicht der Schatten eines selch:» Wunsches i» ihm gewesen war. Gr griff zum Hute. Die Hände aus dem Nücke», gemäßig ten Schrittes »nd in sich gekehrte» Blickes, schritt er Heini. Er selber war sich zum Rätsel geworden. Die Worte eines seiner Heimatdichter erstanden in ihm. Er sann ihnen nach, um seinen eigenen Zustand zu deuten: „Die Liebe ersteht i» kurzen Augenblicken, sie stirbt in qualvollen langsamen Zügen." In diesen« Augenblicke sagte sich Mac Donald, dah wahr« Dichtung Wahrheit spricht. Daß die Liebe in kurzen Augen blicken ersteht, würde er gestern noch mit nüchternem Sinne be stritten haben, heute gab er es zu. Beim ersten Anblicke des Mädchens, das er vor einem Jahre »och als halbes Kind betrach tet hatte, war mit mächtiger Wucht die tiefe Leidenschaft des Ntannes in ihm wach geworden. Mit der Energie se'ne« ziel- bewußten Willens wollte er die Erwählte zu gewinnen loche», um jede» Preis. Das einzige Hindernis, das ihm Bedenken machte, >var der große Altersunterschied zwischen Mary und ihm. Doch hatte den nicht sie selber auf die leichteste Art hinwgege- räumt, indem sie ihn zum regelrechten Kavalier erklärt«. Es er schien ihm nunnichr reizvoll, mit der Liebe des junge» Kindes auch dessen vertrauensvolle Hingabe zu erwerben, eine junge, noch bildsame Seele mit ihr zu empfangen, die er zur innigen Vereinigung mit der seinen heranbildci« würde. Sein Hoffen hatte sich so rasch zu festem Glaube» ausgewachsen, daß ihm, indem er sich mit Wärme für den ersten Teil des Dichteransspni- chrs begeisterte, der zweite gar nicht in sein Bewußtsein trat. Ein einzig großes Gefühl hatte urplötzlich ganz von ihm Besitz genommen, alle anderen Interessen, für die er bis jetzt gelebt hatte, waren in den Hintergrund getreten. Nur ein Wunsch be- seelte ihn» möglichst bald das geliebte Mädchen an sich zu ketten, damit kein anderer ihm zuborkomme. Darum nahm er sich vor, sich Marys Vater zu offenbaren, dessen Geneigtheit ihm gewiß war. Er würde ihm sicher behilflich sein, sein»Klei»od ihm zq bewahren, V» er eü mit Sicherheit sei,» eigen nennen dürfte. (8vr»s,»nn, KW )
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