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§l'Än:t täglich nachm, mit Ausnahme der Sonn- u. Festtage. ycMSpreis: Vierteljährl. 1 Mk. SV Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 8858. Ai autzerdeutschen Postanstalten laut Zeitungs-Preisliste. Einzelnummer 10 Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit vuclttlruclrerel. beaaimon unil «eredättrrtrller Dresden, Pillnitzer Straße 43. Inserate werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 15 Ps berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Uhr. Fernsprecher:. Amt l. Nr. 1586. 141. Katholiken: Johannes d.T. Mittwoch, dkN 24. JlUil 1903. Protestanten: Johannes d. T. Ä. (sin ernstes Wort zu den Stichwahlen. Es mag manchem Wähler schwer sein, mm auf einmal -ie Parole zn befolgen, für einen Kandidaten zu stimmen, den sie bei der Hanptwahl in allen Tonarten von der eigenen Porlei bekämpft sahen. Leute, denen gestern noch alles denkbar Schlechteste nachgesagt wurde, werden heute wohl- wellend „das kleinere Uebel" genannt oder wünschen doch, w genannt zn werden. Es wird einige Mühe kosten, den «ählern, die man soeben gegen einen Kandidaten bearbeitet im, klar zn machen, das; es ihre patriotische Pflicht sei, ihm durch Zuwendung ihrer Stimme das Vertrauen aiis'msprechen. besonders dort versagt häufig die Disziplin, wo der Kandidat bei den Wählerversammlungen und in den Flug- schraten das Möglichste geleistet hat, um die Gegnerpartei zu verletzen, wo das Gebiet des sachlichen Kampfes ans das pwönüche Gebiet hinübergespielt hat. Dort, wo der Kandidat so unklug war, die Brücke hinter sich gänzlich abznbrechen, wo er in seinen Auslassungen so weit gegangen ist, daß es die Edre verbietet, für ihn einzntretm, da darf man sich micli nicht wundern, wenn die früheren Gegner nicht zn .vilie eilen können, weil erst die abgebrochene Brücke ans einen Rotbail wieder hergestellt werden muß, weil die l'iennnmigsgenossen, die nicht an blinden Gehorsam gewöhnt sind, zneril überzeugt werden müssen, die Wahl des Gegners Bs .kleinere Uebel" und es sei kein Verrat an den e. der eigenen PaiAnders ist es, wo bei '.»-me die gegnerintte Ueberzengnng geachtet wurde. Am lastmtnche Wätzstr All bereits aber die not- S.bntt'ilg verfügen, das: er unter keinen Umständen . LAzialdemotraien eüttreten darf. Es mag ja man- - n , r.-n^mdidat in Sachsen nicht zusagen. Die Ver- ...,en des katholischen Empfindens in Wort und Schrift waren oft so gröblicher Natur, das; sie eine tötliche Ent- ncmdmig herbeigeführt haben. Innerhalb K Tagen lassen n.l, die mit frevelnder Hand zerrissenen Fäden nicht genügend j emlnuvien. Vor allen Dingen ist auch das Entgegen kommen des Gegners eine notwendige Voraussetzung; er j muh zum mindesten die Hand reichen und die Zentrumswähler ^ im Anmen des Patriotismus um Unterstützung ersuchen; I er mnp, über auch die gerechten religiösen Forderungen in pnnlnwcher Weise zn unterstützen sich bereit erklären, Ins sind die Mindestbedingnngen, welche zn erfüllen sind, mn die Bedenken zn beheben, welche jede Partei- lt'ilmn; linden muß, wenn sie vor die schwierige Entsehei- dim.i Mellt ist: Ob sie die Wahlenthaltnng oder Stimm ndjinde mr den Kartelltandidaten als die Parole erklären wli. Der gewissenhaftesten Prüfung müssen sich die ,ji'Mi'»i»s!vähler versichert halten tonnen. Die „Sächsische Wlkszeilnng" ist hierin ein sicherer Regulator. Sie ge währt keiner Wahlparole Ausnahme, die nicht vorher der strengsten Prüfung von den maß gebenden Persönlichkeiten des Wahlkreises unter zogen wurde und die nicht auch vor den führenden Männern des Wahlvereins und des Zentrnms- komitees die stichhaltige Probe bestanden hat. Unter diesen Voraussetzungen können die Zentrumswähler mit größter Ruhe für jeden Kartellkandidaten eintreten, dessen Wahl in der „Sächsischen Volkszeitnng" empfohlen wird. Da gibt es freilich manche Wähler, welche so gern genau die Gründe erörtert hören möchten, welche uns für den Kan didaten eintreten lassen. Diese Herren vergessen, daß die Erörterung der Differenzpunkte in der Oeffentlich- keit der Feind des Friedens ist. Würde damit auch Klärung in die Reihen der Zentrnmswählerschaft ge tragen, so wäre damit die Gefahr verbunden, die Position des Kandidaten, für den man eintreten will, bei seinen eigenen Gesinnungsgenossen zn erschweren. Es ist daher unbedingtes Vertrauen zur ansgegebenen Wahlparole und konsequente Durchführung derselben die Pflicht eines jeden ZentrnmSivählers. Die Stellungnahme in den einzelnen Wahlkreisen richtet sich fast ganz nach der Person des Kandidaten. Es ist dem Zentrum schwer gemacht, in manchem liberalen Knltnrkämpfer ein geringeres Uebel als in dem sozial' demokratischen Gegenkandidaten zn erblicken. Sehen ja doch auch die linken Knltnrkämpfer von Profession in der Sozialdemokratie ein geringeres Uebel, als im Zentrum; die Liberalen vergessen, daß sie im Zentrum denn doch eine nationale Partei unterstützen, in den Sozialdemokraten dagegen Feinde des deutschen Vaterlandes. Aber das altes hindert die Knltnrkämpfer nicht, den Haß gegen Rom höher als den Schutz des nationaleil Gedankens zn stellen. In Leipzig sehen wir soeben das gleiche Beispiel. Sie geben den Zentrnmswählern nicht nur kein gutes Wort, sondern beschimpfen sie neuerdings. Eine solche Kurzsichtig keit ist bedauerlich und macht es den Zentrnmswählern zur Pflicht, sich der Stimmabgabe gänzlich zn enthalten. Es wäre da schwer, zn entscheiden, was das „größereUebel" ist. Die Sozialdemokratie wähnt, am l<>. Juni einen großen Sieg errungen zn haben. Sie will ihn bei der Stichwahl am 25». Juni vervollständigen. Tie hofft wohl gar. mit hundert Abgordneten in den Reichstag ein ziehen zn können. Die Sozialdemokratie aber wird nie — niemals! — die Früchte ihrer Siege ernten dürfen. Drei Millionen Stimmen sind für die Sozialdemokratie abge geben worden, d. h.: Drei Millionen Männer sind dem vaterländischen Gedanken abtrünnig geworden; drei Millionen Männer sind nicht mehr bereit, in der Stunde der Gefahr ihr Leben fürs Vaterland in die Schanze zn schlagen. Das Ausland kann triumphieren ob solcher Schande! Drei Millionen pflichtvergessene, abtrünnige Männer giebt's in - Deutschland — das hat der 10. Fnni gezeigt. Wir wollen ! uns der Hoffnung hingeben, daß unter diesen nur wenige j treue Katholiken sind. Was soll sich nun am M>. Fnni Herausstellen? Der Tag der Stichwahl soll zeigen, wieviele Millionen Männer gewillt sind, der sozialdemokralisänn Gefahr zn begegnen, sich in Treue zmn nationalen Gedanken zn bekennen und fest zn Kaiser und Reich zn stoben. Der Ul. Fnni hat Sachsen vor dem mit Holm trinm phierenden Ausland geschändet. Am 25. Fnni sollen die Zentrumswähler dort, wo man sich mit ihnen ins Ein vernehmen gesetzt hat, die Schande anslöschen helfen. An die Zentrumswähler des 3. Wahlkreises ergeht daher noch mals die Aufforderung: Keine Stimme dem Sozial demokraten, ein jeder stimme für den Kandidaten Heinrich Gräfe in Bischofswerda. Das Vaterland ruft: Katholiken, tretet in seine Dienste! Bebel in Leipzig. Welche Wirkung der Name Bebel ans die Sozial demokratie ansübt, war am Sonnabend drastisch in Leipzig zn beobachten. 1 Stunde vor der festgesetzten Zeit war der Saal von etwa 5-000 Menschen dicht gefüllt, darunter dutzendweise Frauen und Mädchen, sodas; die Polizei das Lokal schloß. Und als der -Obergenosse eintrat, waren die Sozialisten außer Rand und Band vor Begeisterung. In Inständiger Rede wurden dann die scheinbaren Lichtseiten des Sozio.lwmns berückend vorgeführt und die freilich nnleng- baren Blößen des Liberalismus so effektvoll hervorgehoben, das; es den Znhörenden, nach dem Angenblickseindrnck ge urteilt, zur Evidenz klar war: , Für Leipzig liegt alles Heil in der Sozialdemokratie!' Mieder mit dem Kartell!" „Nieder mit Hasse! ' Der kommende Donnerstag wird ja beweisen, ob Hasse m der Grube begraben werden soll, die er und seine Freunde freilich znw. teil selbst geschaufelt; die Leichenrede dazu vielt Herr Bebel im voraus. Mit Freude begrüßte der Obergenosse >m An'-mli oer Wahlen, durch die der Bund der Landiwue, die Anuiennmn, die Liberalen geruhtet worden seien Redner wandte sich dann aem ßulians ;n, dem Hunger- und Wncheriorii. Das war ein vmlbarm- DHeina zur Agitation. Die Millianew : - i-andene mm Millionen, schwirrten nur w durch den Denn, um die die deutsche In dustrie, der Mittel land. da-, .nleiugeweihe schwer geschädigt, nur die die Ledensinuiel oerteaerl werden durch die Mit wirkung Halses. Als Folge davon ließ Redner die Fn dnstriezölle anrücken, d>e Oesterreich, Fialien ans denlsche Artikel legen würde, als Antwort ans unsere Agrarzölle. Ehaniberlains Schntzzollbestrebnugen lennzeichnete er als eine Folge des deutschen Zolltarifs. Derselbe stelle eine grobe Unverschämtheit der Agrarier gegen die denlsche Fn dustrie und ihre Arbeiter dar. Nach der Meinung Bebels ginge es nnicnn Agrariein ganz gni, es seien ja noch keine verhungert, wohl aber seien Fndnstrieea beiter verhungert. Die Unwissenheit in ökonomischer 'Beziehung sei schuld am Niedergang des Bauernstandes. 'Bauern! merkt euch das, wenn die Freunde mit der roten Kravatte kommen und euch ihrer Liebe versichern. Fn der iudnsti iereichen Stadt Leipzig konnte Bebel schon unverblümt reden und so wenigstens sein richtiges Gesicht zeigen; oor 'Bauern hätte er gewiß anders gesprochen. Vernichtung des ganzen Mittel standes, Verallgemeinerung des Proletariats ist Ziel der Sozialdenmli'aOe. Dnminköpse, Schwindler, 'Betrüger sind alle die, welche von einer Verbesserung des Mittelstandes Nach geschiedener Lhe. Ein Sittenbild nus dem heutigen Frankreich. Gn Eonüesi'e de Beanrepaire. — Deutsch von Helene Krembs. - zm'immima lNlichdrnck nerlwirn.) Eine eigentümliche Hast bemächtigte sich seiner; nir gends fand er Rast noch Ruhe, und so gestalteten sich die ersten Reisetage zn einer förmlichen Hetzjagd. Kanin war dos Paar an einem Orte '-„gelangt, so ging es nach einige» Stunden weiter, immer weiter. Es hatte beinahe den Anschein, als ob ein Raubvogel sein Opfer in Sicher lich dringen müsse. ,.Fch möchte das ganze Weltall setzen zwischen uns und das, was hinter uns liegt," sagte Marzel, als Regina ver wandelt ob dieser Eile-eine Frage stellte. „Fch möchte in die Wüste fliehen, um dort unser Glinl zu verstecken." Regina hätte mm dieses Glück eben so gern in be schaulicher Ruhe ans irgend einein sonnigen blumigen Flecken Italiens, nicht zn weit vom Leben und Treiben der Menschen, genossen. Und auch das nur eine Weile, die ersten Wochen des Honigmondes. Später, das stand bei stir seit, würde sie in der Pariser Gesellschaft den Platz ein- »elmieii, welchen sie so sehnsüchtig begehrte. Rach einer Waffe kam der Tag, wo die körperlichen Kräfte sich gegen den Willen anflehnten. Uebermüdet von den Fahrten und Ausflügen zn Fuß und zn Pferde, mußte das junge Paar in Venedig Halt machen. Regina war er krankt, und Bertinet matt an Körper und Geist. Er wollte sich hier in dieser herrlichen Umgebung erholen. Die junge Fran verlieh während einer ganzen Woche ihr Zimmer »icht; jede Störung, der geringste Lärm mußten vermieden werde». Deshalb nutzte Marzel die Stnnden des Tages lür sich aus. Er bestieg eine Gondel und ließ sich ans dem ^!ido, bis an das Adriatische Meer hinausrndcrn. Ans diesen einsamen Fahrten bemühte er sich, sein moralisches Gleichgelvicht wiederznfinden; er überlegte und prüfte kalt blütig seine gegenwärtige Lage. „Fch begreife nicht, dachte er dann, was mich aiffichi. Fch bin kein .Kind mehr; ich wußte, was ich tat. Und ich liebe Regina. . . . Sie hat mir ihr Geschick anvertrvni und sott es nicht zn bereuen haben Was muh an belangt . . . bah, welcher Sterbliche mag ein nn-w-liiibto. Glück genießen?" Zwar flüsterte ihm die innere Stimme zn: Derjenige' welcher treu seine Pflicht erfüllt! Aber er zuckle di- Schultern und höhnte: „Unsinn! Sophisterei!" Als er an diesem Tage ins Hotel znrückkehrte, empfing ihn Regina frisch und munter, mit dem bezauberndsten Lächeln. Sie war zmn Spaziergang angekleidet. Marzel war freudig überrascht, als er sie so hübsch und liebenswürdig fand. „Du bist also vollständig wiederhergestellt, aurri.^imi min?" rief er. „Nun brauche ich armer Mann doch wohl nicht mehr allein nmherznirren?" „Nein, ich gehe jetzt mit, und ich rechne darauf, daß Du mir, da Du Venedig so gut kennst, ein aufmerksamer Führer sein wirst." „Daran darfst Du nicht zweifeln." „Hm! Hm! seitdem wir reisen, ist's mit der Auf merksamkeit nicht so weit her. Mir scheint, Du hast von Anfang cm Deine Kräfte überschätzt und ihnen zn viel zngemntet." „Das soll nicht mehr Vorkommen." „Nun, dann ists gut." „Zuerst wollen wir zmn Markusplatz gehen, das ist selbstverständlich die erste Station, die der Tourist in Venedig macht." Herr Bertinct war anfangs gesonnen gewesen, nicht im Hotel Danieli, der berühmtesten aller Fremden Pensionen, abznsteigen, denn er wollte etwaige Begegnungen mit Be- kannten vermeiden; ave, Regina batte darauf bestanden, in diesem vielbesuchten v-'rnebmen Han>e zu löcheren. Vom Hotel Danieli bis zmn Murtn vstv,'. ss> ss nicht weil; man braucht keine Gondel und iunn en Weg in einigen Minuten abmaäien. Märze! b, > > an en Arm und geleitete sie sorgsam ans Ziel Es gibt in bei' .MN en West wenig O''!.e. me das Schaniviel bas bei M kn-plan > ei.-:, an S-i-önneit lind Erhabenbeit üve'ircch'' Fm Hnn n,runde ,n an ßartige Dom. vorn die Pinzette mir w-, Staune de-- M. Hieodor und dein gewaltigen Ls-V-.'II '.nac!' i ins jeden Beschauer einen bleibenden Eind'i-.t. -lack: R - m : i oe>'en ' innstsinn nnßergewölnnich eniwic-elt war. .wurde von Bewunderung hingerissen. «Kauz beg- inert manne Märze! B ans alle Einzelheiten der Bnnchmi'ke a-ivuerOam. Dana waten sie in die Kathedrale. Hier tanni a,. junge Frau, der Heiligkeit des Ortes nicht achtens. Ochst - chötteliide Bemerkungen, die von ihrer vollständigen >st astinbigkeit zeugte», nicht unterdrücken. Marzel stutzte. Es ist doch nicht so leicht, das zn verleugnen, was man von Fugend ans geglaubt und hoch- gehalten hat. Rechnens 'Benehmen mißfiel ihm, jedes ihrer Worte traf ihn wie ein Nadelstich. Und er versuchte einige scherzhafte Erwiderungen. Aber da sah das junge Weib ihn ans den grün schillernden Auge» verächtlich an. „So sprichst Du, mein Lieber? Fch meinte, von dem Pfaffenkram seiest Du gründlich znrückgekommen; ich habe mich also geirrt." „Das ist kein Pfassenkram, wenn man an Gott glaubt," antwortete Bertinet. „Man muß logisch sein, mein Freund. Wer an Gott glaubt, muß die Gebote halten, welche seine Minister als des Höchsten Gesetz vorschreiben. Mit diesen Geboten jedoch scheinst Du es ziemlich leicht genommen zn haben." (Fortsetzung folgt.)