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Nr. 2V5 — d. Jahrgang Donnerstag de» 2tt. Dezember RVIO KGscheNolksMng k.^datt,ne «eNUkil« oder deren Raum m>» »rlcheint täglich nach«, mit kuraahme der Sonn- und Festtage. vierte,jährlich Ra Saab« t.i Mit »Die Zeit in Wort und Bild' vie il.io In Dre»den durch Boten »,4V Deutschland frei Hau« S.SS Ä. In gang Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die gespaltene Petitzeile odn ^ren Raum m,, IS Reklamen mit SO ) die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt Sii,«ii-«°b.n-^ an D^5cleli s>5 l.euchter, ^ancktzalencker oder sieuerreug kökime 8- I'lenkieli, Vitctorisstegöe llc. 9 kernLpcectiec 4337 Eine vaterländische Forderung. LreSden, den 28. Dezember 1910. „Fort mit den Kulturkämpfen,!" So schloß der Ab geordnete Gröber seine markige Rede im Reichstage und er gab damit die Parole für das gesamte Zentrum aus, ja zu unserer Freude dürfen wir sagen, für alle vernünftigen Deutschen, denn die Knlturkäinpferei, das heißt die künst liche Erregung konfessionellen Haders, ist das Krebsübel für das deutsche Volk. Die Forderung von Gröber hat auch eingeschlagen, denn selbst in protestantischen Kreisen erkennt man an, daß die liberale Katholikenhetze ein politisches Nebel ist. Der kürzlich erschienene Aufsatz der „Krenzzeitg." gegen den Abgeordneten Everling sagt genug. So kommen die Liberalen selbst in die Klemme: bei den Katholiken non Selbstachtung müssen sie den letzten Nest an Sympathie r r- lieren, ein Katholik, der heute noch liberal wählt, sollie mindestens in politischer Hinsicht auf seinen Geisteszustand untersucht werden müssen. Ehrliche Protestanten haben die stete Hetze auch satt und die Regierung wird schließlich nicht mehr länger schweigen können: sie muß der Wahrheit gemäß den Liberalismus als Friedensstörer anklagen. Da greift dieser zu einem alten Mittel: er will kein Wässerlein getrübt haben und läßt behaupten, daß er sich nur in der Abwehr befunden habe: das Zentrum habe pro voziert, es seien besonders die Abgeordneten Erzberger rnd Gröber gewesen, die eine „protestantische Antwort" nötig gemacht hätten. Die parteiamtliche „Nat.»lib. Korresp." bringt es sogar fertig, das gesamte Auftreten des Abgeord neten Everling zu verteidigen. Die Nationalliberalen tre ten also geschlossen hinter den Evangelischen Bund mit der Motivierung: „Der nationalliberale Abgeordnete Dr. Ever ling hat am 14. Dezember iin Reichstage eine Rede gehal ten, in der er die evangelischen Interessen gegen die Pro vokationen der Zentrumsabgeordneten Gröber und Erz berger in Schutz nahm." Die „Kreuzzeitg." aber, die den Bnndesdirektor unsanft am Ohre nahm, erhält folgende Zensur: „Es bleibt der „Kreuzzeitg." jetzt nur noch übrig, die falsche Devise der „Germania": „Für Wahrheit, Frei- heit und Recht!" auch sich selbst zuzulegen. Dann wäre ihr schmählicher Verrat der protestantischen Interessen auch äußerlich zur Kennzeichnung gebracht." Wenn also ein rechtsstehendes protestantisches Blatt sich gegen die Kultur- kämpfer wendet, so soll dies ein „schmählicher Verrat der protestantischen Interessen" sein. Sind wir schon so weit, oder will dies der Liberalismus zum Gemeingnte seiner Wähler machen? Diese Frage genügt. Nun begeht über die „Nat.-lib. Korresp." eine grobe Fälschung, wenn sie das Zentrum als den Angreifer hin stellt. Der wahre Sachverhalt ist vielmehr folgender: Der erste Zentrumsredner Speck sagte kein Wort über kirchen politische Fragen, es waren die liberalen Abgeordneten Bassermann und Dr. Wiemer, die die Enzyklika Pascenvl. Höckels endgültiges Eingeständnis der Bilderfälschung. „Sandalion" heißt die neueste Broschüre Höckels. Man ist stark versucht, „Scandalion" darauf zu reimen. Mit großem Trompetenstoß hat der „Neue Frankfurter Verlag" die Reklame eingeleitet. In einem Aufruf zu einer Häckel- spende hatte er geschrieben: „Sein (Häckels) Austritt aus der Kirche und die Hiebe, die er in seiner neuesten Schrift gegen seine Feinde austeilt (ein mauschelndes Deutsch!), wird alle reaktionären Instinkte, wird das ganze Rudel seiner Feinde aufs neue gegen ihn auf den Plan rufen." Diese Weissagung — das können wir jetzt nach Durch- sicht des Machwerkes sagen — wird nicht in Erfüllung gehen. Wohl zeigt sich Häckel hier wieder als der unüber treffliche Meister im Schimpfen, als welcher der alte Polterer bekannt ist. Das nimmt niemand ernst und den von Häckel Beschimpften gereicht das Toben des wilden Mannes nur zur Ehre: denn cs ist der deutliche Beweis, daß ihre Hiebe, die sie Herrn Häckel haben zuteil werden lassen, „sitzen". Eine ganz andere Wirkung aber wird diese Broschüre haben. Sie öffnet jedem, der noch denkt — waS allerdings bei den sogenannten Freidenkern und eigent lichen Lesern der Sachen aus den: „Neuen Frankfurter Ver lag" nicht der Fall ist — die Augen über Häckels „wissen schaftliches" Arbeiten und seine Nachhilfe, mit denen er un bequeme Tatsachen seinen Zwecken dienstbar macht. Die Broschüre soll eine Widerlegung der gegen Häckel erhobenen Anklagen des Fälschens von Zeichnungen sein! Daß er, um Beweise für seine Aufstellungen zu bekommen, einfach dem Leser etwas vorgezeichnet als in der Natur wirklich vorhanden, während es nur in Häckels Phantasie den Modcrnisteneid und die Borromäus-Enzyklika in die Debatte zogen: dabei legten sie eine ganz unentschuldbare Unkenntnis an den Tag; sie verwechselten die beiden päpst lichen Rundschreiben und bewiesen dadurch, daß sie keines gelesen haben. Abgeordneter Erzberger begnügte sich da mit, diese Unkenntnis festznstellen und den ganz richtigen Satz aufznstellen, daß nichtkatholische Abgeordnete sich um diese Dinge nicht zu kümmern hätten, sie gingen sie nichts an und zudem hätten sie bewiesen, daß sie „keinen blauen Dunst und keine Ahnung" von der Sache hätten. Das war doch alles nur Abwehr. Im Anschluß an den Satz des Reichskanzlers, daß er keine Ausnahmegesetze Vorschlägen werde, vermißte der Redner den konsequenten Nachsatz, daß die bestehenden aufgehoben werden. Also mit keinem Worte eine Herausforderung, alles in der Abwehr. Ta aber kam der liberale Abgeordnete Schräder und hatte die Kühnheit, am 13. Dezember „den neuen Kulturkampf" zu eröffnen, wie die „Kreuzzeitg." sagt, indem er u. a. ausführte: „Was soll dazu eine Regierung sagen, wenn die katho lischen Priester so verpflichtet sind? Werden sie nicht in diesem Sinne auch alle erziehen, die ihnen anvertraut sind? Aber auch das überlasse ich der katholischen Kirche. Aber haben wir nun noch die Möglichkeit, einem solchen Manne staatliche Aemter anznvertranen? Können wir ihm anver- tranen die Schulaufsicht, den Religionsunterricht in den Schulen? Das geht doch nicht mehr an! Das ist auch der Grund, warum ich diese Sache hier zur Sprache bringe . . . Aber das Verlangen — ich will nicht sagen den Wunsch — habe ich, daß unsere Regierung sich die Frage vorlegt, ob die Verwendung der katholischen Priester im Staatsdienste fer nerhin möglich ist. Ich glaube, es ist nicht möglich und da mit wird allerdings die Frage gelöst sein, deren Lösung ich dringend ersehne, nämlich die Beseitigung des Einflusses der katholischen Kirche — ich möchte es ebenso machen mit der evangelischen Kirche — ans unsere Erziehung." Das Zentrum hätte sogar diese ungeheuerliche Provo kation xuhig hingenommen, indem es einen Schlußantrag unterstützte. Man wollte um des Friedens willen diesen tückischen Angriff unerwidert lassen. Aber da sprangen die liberalen Kulturkämpfer Everling und Müller-Meiningen ans, protestierten und die Linke forderte namentliche Ab stimmung. Der Antrag wurde mit Stimmengleichheit ab gelehnt und min konnten die Kulturkämpfer ihr Rößlein weiter tollen. So ist der wahre Sachverhalt. Der Liberalismus war und ist der Angreifer, von die ser Schuld kann er sich nie reinwaschen. Mit Recht sagt daher auch die „Kreuzzeitg." in ihrer Wochenrundschau: „Das Friedens- und Versöhnungsfest der Christenheit ist zwar von den politischen Parteien nie sonderlich respek tiert worden; aber daß die liberalen Fraktionen des Reichs tages die letzte Sitzung vor dem Feste benutzten, um in die sem Parlamente, das Verse ssungsgemäß in kirchlichen Din gen keinerlei Zuständigkeit besitzt, einen Ncligionsstreit zu entfachen, ist doch etwas neues. Die liberale Presse hat den Streit ausgenommen und man merkt aus vielen Anzeichen, daß ein bestimmtes System in der Sache liegt: die evange lische Bevölkerung soll wie in den 70er Jahren mit Angst und Schrecken vor Nom erfüllt werden, damit sie bei den nächsten Reichstagswahlcn solche Kandidaten wählt, die gegen Rom die moderne Kultur und Wissenschaft zu ver teidigen am lautesten versprechen. In den 70er Jahren haben die Liberalen mit dieser Kulturkampfstimmung gute Wahlgcschäfte gemacht. Nicht zum Schaden Noms, wie das Fiasko der altkatholischen Bewegung zeigt, und nicht zum dauernde» Vorteile des Liberalismus, wie die Erstarkung des Zentrums in allen katholischen Teilen des Reiches be weist. Auch nicht zum Segen für die evangelische Kirche, die trotzdem wieder einmal vor die Gefahr gestellt werden soll, durch eine autikatholische Gesetzgebung, „der Parität we^en", um einen großen Teil ihres Einflusses auf ihre eigenen Gemeinden gebracht zu werden. Auch heute wie der kann der Liberalismus keine unklügere Taktik einichla- gen, als wenn er. wie zu der Zeit nach dem Vatikanischen Konzil, das die Unfehlbarkeit des römischen Papstes dekre tierte, die politische Macht aufruft zum Kampfe gegen an- geblich staatsgefährliche römische Glaubenssätze. Denn jeder noch halbwegs gläubige Katholik wird im innersten Herzen erschrecken über die Konsequenzen, die sich für sein Glau benslebe» ans einer Bundesgenossenschaft mit Freidenkern und Protestanten gegen die Autorität seiner Kirche ergeben, deren Vermittelung er für sein Seelenheil nun einmal nicht entbehren zu können glaubt." Wir haben dem nichts hinzuznfügen, als die Fest stellung, daß selbst ein protestantisches Blatt unumwunden zugibt, daß die Liberalen einen neuen Kulturkampf ver suchen, daß sie die Wahlen mit Katholikenhab machen wollen: auch eine Frucht der Blockpolitik! Aber mit Gröber erheben nur um so nachdrücklicher die echt vaterländische -Forderung: Fort mit den Kiilturkämpfern! Diese Forde rung muß bei den nächsten Wahlen überall praktische Kon- segnenzen haben und es müssen die Katholiken des ganzen Reiches es als eine Pflicht der Selbsterhaltung und der Ehre anschen, jeden Kulturkämpfer jedweder Farbe niederzustim- men und zwar in geschlossener Einmütigkeit. Zur Angelegenheit des Prinzen Alax. Ter „Königlich Sächs. Staatsanzeiger", das „Dresdner Journal", veröffentlicht folgende amtliche Erklärung: Die Erklärung im amtlichen Teile unseres Blattes vom 24. d. M., Nr. 208, den vielbesprochenen Artikel Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Max betreffend, ist uns nicht von der Königlichen Staatsregicrung, auch nicht vou den in I'lvnnjxolivi« beauftragten Herren Staatsministern sondern von dem Ministerium des Königlichen Hauses zu gegangen. Wie wir feststellen können, sind weder die Staatsregierung noch die in UvanrMem beauftragten Herren Minister mit der Angelegenheit befaßt gewesen und sie haben von der Erklärung vor ihrem Erscheinen keine Kenntnis gehabt." > Diese amtliche Feststellung benimmt jede» Zweifel an der Herkunft der Erklärung. Von verschiedenen Seiten wurde es getadelt, daß sich ein amtliches sächsisches Blatt mit einer inneren Angelegenheit der katholischen Kirche befasse. Man vergißt dabei, daß es sich hier nicht allein um die Angelegen heit eines Priesters der katholischen Kirche, sondern um den Bruder Sr. Majestät des Königs handelt, also um eine An gelegenheit, die in diesem Falle sehr wohl eine amtliche Darlegung begreiflich erscheinen läßt. Inzwischen ist, wie bereits gemeldet, Se. Königliche Hoheit Prinz Mar aus eigener Entschließung nach Rom gereist, »in den ganzen Zwischenfall versönlich zu erledigen. Wie der römische Korrespondent der „Köln. Volkszeitg." er fährt, hat der Prinz alsbald nach seiner Ankunft eine ihm vorgelegte Erklärung voll und ganz angenommen und existierte! Ein gewiß ganz eigenartiges Beweisverfahren I Wer sich solche Anklagen machen lassen muß, hat allerdings Grund, sich zu verteidigen und die Anklagen als jeder Unterlage entbehrend nachzuweisen. Aber ach! eine solche Verteidigung! Zwar versichert Häckel seine Leser, „es würde ein dickes Buch geben, wollte man alle diese „Jrr- tümer" untersuchen, richtigstellen und widerlegen" (S. 16), aber von diesem dicken Buch bringt er gar nichts. Ja, wirk- lich: auf den 65 Seiten der Broschüre findet sich nichts, wirk lich gar nichts, was einer Rechtfertigung oder Widerlegung auch auf Sternendistanz ähnlich sähe! Um diese jämmer liche Hohlheit zu verbergen, schimpft Häckel alle seine Gegner „Jesuiten". Offenbar kennt er seine Pappen- heimer und weiß, daß ihnen, wenn man das Wort „Jesuit" nur anklingt, aller Verstand zum Kuckuck geht und nur wilder Zorn Platz greift, bei dem man dann die Schwäche der Häckelschen Ausflüchte nicht mehr sieht. Häckel entrüstet sich »nieder einmal über den angeblichen Jesuitengrundsatz, daß der Zweck die Mitte! heilige. Offen bar weiß Häckel nicht, »vie das Verhalten eines Mannes ist, der nach solchem Grundsatz handelt. So »vollen »vir ihm ein Beispiel vor Augen stellen, an dem er das genau studieren kann. Unter dem Datum 25. November 1010 hat ein Mann in Jena in einer Zeitschrift an das famose „Freie Wort" Gründe für seinen Austritt aus der Kirche aufge zählt, und da liest man: 0. „Nachdem ich so seit mehr als fünfzig Jahren aus reinster Ueberzeugung von den Glaubenslehren des Christentunis mich innerlich abgelöst hatte, wäre es nur folgerichtig gewesen, dieser Erkenntnis auch äußerlich durch Austritt aus der evangelischen Kirche angemessenen Aus druck zu geben; ich unterließ diesen letzten Schritt lediglich and Rücksicht auf meine Familie und auf liebe Freunde, denen ich dadurch schweren Kummer »nd auch Schaden zu gefügt haben würde." Dieses Schreiben mit seinem Bekenntnis zu dem Satz, daß der Zweck das Mittel heilige, trägt die Unterschrift — Ernst Häckel. Da ist jedes weitere Wort überflüssig. Und nun, was hat Häckel auf den Vorwurf der Nas- führung seiner Leser durch gefälschte Bilder zu erwidern? Wie schon gesagt, nichts! Um zweierlei hat es sich in jenen Anklagen gedreht, um Fälschung der Zeichnung eines „San- dalen"keims und um Fälschung von Embryonenbildern. Auf diese Anklagen kommt Häckel ans nur ganz wenigen Seiten zu spreche» und er bekennt, „Veränderungen" vorgenommen zu haben, aber zu dem Zweck des besseren Verständnisses! Man beachte, daß es nach Häckel, wenn er über Jesuiten schimpft, eine scheußliche Moral ist. »ach dem Satz zu han deln. der Zweck heiligt das Mittel!! Solche „Derbcsse- rimgen" vorgenomme» zu haben, gibt Häckel zu bei der Zeichnung eines Sandalion nach dem Grafen Spee: „Ich habe die zufällige Asymmetrie (Ungleichheit) beider Körper- Hälften ausgeglichen und den störenden Rest des an- hängenden Tottersackes sowie den Bauchstiel und das Bruch- stück der unten anhängenden Zottenhaut, die gar keine Be deutung für die bleibende Körperform besitzen, weggelassen" (S. 43) Wie mit dem Sandalion, so verhält eS sich auch mit den anderen Embryonenbildern, die ich „gewissen los" gefälscht haben soll: sie sind Scl>emata oder Dia- grammc, in denen die absichtliche Verbesserung des unzu reichenden Originalbildes lediglich dazu dienen soll. daS schwierige Verständnis des Objektes dem Leser zu er- leichtern" (S. 46). DaS ist alles, was Häckel zur Sache zu sagen weißt