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Nr. 18« L8. Jahrg. <V«schLst,stell« »nd RedakNo«r DN»*de«-«. IS, Holbetnftratze SttcksMe Freitag, 15. August 191V Wn«st»»echer 21 SS« P»Ucheckwo>,to Leipzig «r.147«7 volksrcmma v»Mhp,rI«, «oSgab, L mU Mustr. «klage dlertekjShrach ».8« Sn r»»«d»n «nd gan, DkMchlond M Hak« 8.80 — «»»gab« » vierteljährlich ».88 In Dresden >md gan, Deutschland sro« Hau« »0« — Di« «üchsische SoU«,eit>mg erscheint an allen Wochentagen nachmittag». — Svrechstunde der Redaktion: 1» bi« AS Ukr vormittag«. . - V»»>1 kV »mnchm. do« D«fth»»«anze>ge» dt« IN »hr. v«>> flamMenan,eigen bi« 11 Nhr vorm. ^ V»e>« W» »i« P«tt^»p»Ich»«e 4« im R,lameteil 1 Fnmwen-Anzeige» S» —Für undeuINch geschricbe«, sowie durch F»rn. ivmch^ «Ug-gebene «»zeigen «Snoen wir die «erantworikichkeit Pr di- Richtigkeit de« Texte« nicht übnnehmrn, Narinnale (Z^?snndnnu 4« Die. Revolution und -er verlorene Kneg haben unser Mtionalgesühl ili serneii Grnndsewen erschüttert und i:> breiten Volksrnassen völlig vernichtet. Tie furchtbare Schmach, die uns im Friedensvcrtrag angetan werben ist, Vis; wir gezwunM» woeben sind, der Auslieferung des Kai. secs und einer Anzahl bedeutsamer Persönlichteilen, berel. Namen uns unsere Kunde noch bekannt geben werden, ar, ein Parteigericht der Entente zuznstimmen, ist spurlos au der großen Menge vorübergegangen. Tie Empörung, die die wenigen noch national empfindenden .Kreise erfaßte, send keinerlei Widerhall. Frieden, Frieden »in jeden Preis war das allgemeir-.e Losungswort. Das Mißtrauen, dam die Arbeitersiasse dem national deutenden Bürg-ertiun ent- gegeubiäugt, die jahrelange Klasscnverhetzimg> der Sozial-' demot'ralie r>or dom Kriege, hat das Band des allninsasfen den N-uoualgeKihls zersch.iNten, hat das (yeuiih! eer rrolktzgvniürnschüft gründlich zerstört. Es ist eine alte Wahr heit, daß Revolutionen nur dann entstehen, wenn die Herr' ichende K!»asse ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen ist, wenn der KlassenegoismnS den regierten Volksklassen die Mit- bestimnumg un Staate versagt, wenn schlechte Moral die herrscheirbe Schielst unterhöhlt hat. Tas N'ationalaesühl wurzelt aber in der Zufriedenheit mit dem Staate, in der Zufriedenheit mit di-m bestehenden Negiernngsnistem. lind es kann gar nicht geleugnet werden, daß diese Zufriedenheit in Tentschland vor dein Kriege nicht bestand, nicht nur in der Arbeiterschaft, sondern weit hinein in die bürgerliche!.' .weise. Trotz des beispielloser wirtschaftlichen AusMvungs, trotz des großen Anwachsens -des Volksvermögens war eine innerpolitische Zerrissenheit, herrschte eine Unzufriedenheit, die sich von Zeit zu Zeit in scharfen Zusammenstößen der Parteien in den Parlamenten Luft machte. Man dcnre nur an die Kämpfe um die Wahlrechtsreformen der Einzelstaa- len. an den Zabernkrawall und die sich immer mehr ver schärfende Gegnerschaft der Polen, Elsaß-Lothringer und Länen. Ja, auch die Abneigung gegen Preußen hatte gegen die siebziger Jahre wieder Angenommen. Man erinnere sich «m die Zeit der Gründung des Preußenbundes und der da mals im preußischen Herrenhause gehaltenen Reden. Eben so war es in außenpolitischer Richtung. Hier war über haupt von nationalem Streben und Zielen nichts zu merken. Wie enttäuscht waren die Ausländsdeutschen von dem ge ringen Interesse, das die breite Masse in Tentschland inner.' entgegenbrächte. Wie wenig Verständnis war für die Ko lonien vorhanden. Und ans der anderen Seite eine scharfe Agitation für Flotte und Heer, die, da sie von alldeutscher Seite stammte, größtes Mißtrauen und Gegnerschaft nickst nur bei den Sozialdemokraten hervorrief. Kurz, wir trieben in einen Krieg, der uns moralisch so schlecht wie möglich ge rüstet vorsand. Wir hatten inner- wie außenpolitisch kei nerlei Ideen. Das Streben nach dem Platz an der Sonne ist keine Parole, inik dein man ein Volk in einen Kampf au,' Leven und Tod, mit einer Hungerblockade und einer Welt von Feinden, immer und immer wieder emporreißen muß. Frankreich hatte sich schon seit Jahr und Tag ans den Weltkrieg gerüstet. Seine moralische Erneuerung, die Hand in Hand mit der clMivinistischen Propaganda der Negierung ging, blieb aber der großen Masse in Tentschland verborgen. Auch in Rußland Nxir eine Idee vovlmnden, der Pansla wismus niit dem idealen Untergrund, durch das orthodoxe Christentum reinkgend auf die materielle Weltanschauung Westeuropas einwirken zu können, konnte in breiten Schich- > len wirken, zugleich begeisterte der alte Traum aller Russen, ' „Üonstantinopel", und der Landhunger der Bauern kam den ' Äiinerioniske» entgegen. In England fühlten sich die herr- -lünden Kreise schon lange durch Deutschland bedroht und durch deutsche Konkurrenz eingeengt und dem zähen Eng länder ist kein Opfer zu groß, ein einmal gestecktes Ziel zu erreiche». Zugleich perstand es die Regierung, durch die Parole „Kampf um den Schutz der kleinen Nationen" und ..die Dergelvaltigung Belgiens" ihrer Haltung die ideale Weihe zu geben, was man beim Engländer durchaus nichr unterschätzen darf. Wir aber verteidigten uns bloß. Im August 101t an gesichts der Niesengesahb und in dem Vollgefühl des guten (yewissens und der reinen Absicksten verschwanden alle inne- ron Zwiste, aller Klassenhatz, zur Verteidigung strömten die Kriegsfreiwilligen begeistert ans allen Ständen zu den Fahnen. Aber als die Grenzen gesichert schienen, die deut- jchen Heere weit im Feindesland standen, der deutsche Sol- dat viele hundert Meilen von der Heimat entfernt dös Ge fühl verloren hatte, zum Schutze der Heimat zu kämpfen, da fing der Mangel einer moralischen Rüstung an, sich be» merkbar zu machen. Der Streit um die Kriegsziele vergif- tete die Stimmung in de: Heimat und an der «Front. Nur zu klar hatte der damalige Kanzler von Bethmann-Hollweg unsere Schwäche erkannt und den Streit um die Kriegsziele nach Möglichkeit zu verhindern gesucht. In dem Moment, Uw in Tentschland die Stimmen laut wurden, die nun eil: größeres Tentschland verlangten, sei es in Europa oder in der'Welt, da war es um die Einheitsfront geschehen. Bis weit in die bürgerlichen Kreise hinein fehlte das Verständnis für solchen Kampf, schien es unfatzlich, ja unmoralisch, daß Opfer, blutige Opfer für die Weltgeltung gebracht werden dürften. Erst reckt griff das Gefühl, Opfer vermeintlich nur für die Interessen einer herrschenden Schicht zu bringen, in den sozialdemokratisch orientierten Arbeitermasscu um sich. Die Folge jahrelanger Verhetzung und vielfach sclbst- gewählter Opposition, aber auch die Folge des Unverstandes einer herrschenden Schicht, die eine vaterländische Pflicht in der lückenlosen Kampfstellung gegen die Sozialdemokratie erblickte. Sozialdemokraten voin Schlage Hervas, der sei nem Blatte den Namen „Ter Sieg" gab und in schärfster Form für die Wiedergewinnung Elsaß-Lothringens und gegen eine Verständigung eintrat, blieben lins versagt, lind die Schuld daran liegt keinesfalls nur bei der Sozial demokratie. Mit dem 'Nationalgefühl aber eng verknüpft war be. uns die Monarchie. Daß die Throne gestürzt wurden, ist zic gar nicht so kleinem Teile Schuld derer, die sich die Stützen des Thrones nannten. Die breiten Schichten des Volkes sahen mit viel Berechtigung in den öffentlichen Ver tretern der konservativen Weltansclp.nilng nicht die Ver fechter einer organischen Fortentwicklnngsthcorie, sondern die Vertreter einer feudalen Aristokratie, die ihre vorherr schende Stellung im Staate nur keinen Preis anfzugeben gewillt wmr. Am ausgeprägtesten war dies im größten Bundesstaate Preußen der Fall. Man sehe nur einmal in einer früheren Rangliste nach und vergleiche die Anzahl der adligen Naiven in leitender Stellung mit den bürgerlichen. Und in den hohen Verwaltungsstellen war es ebenfalls nicht anders. Tie Träger der Krone haben oft versucht, entgegen den Aspirationen der Agrarkonservativen, den inneren Zündstoff anszulöschen, aber vergebens. Das alles mögen diejenige:, sich sagen, die den heutigen Verhältnissen verständnislos gegenüberstehen. Wir haben uns die Monarchie selbst dis kreditiert. Heute daran zu denken, im Volke wieder den monarchischen Gedanke» zu wecken, ist verfrüht. Wohl aber müssen wir das Nationalgefübl wieder anfrichten. So schmerzlich es für die Anhänger der Monarchie ist, daß wir eine republikanische Verfassung haben, so verwerf lich ist cs aber, diesen mouarchiscljen Gedanken durch eine 'Oppositionsstcllung propagieren zu wollen. Darin kann das Volk nur eine' Reaktion erblicken und wird sich desto fester gegen die monarchischen Ideen abfchließen. liozu- Iwtan und „Erunc-Iot-z (ln rni" können wir nicht gebrau chen', sie sabotieren uns die Monarchie. Blätter vom Schlage der „Deutschen Tageszeitung", dir sich die Allüren dei „Nation ki'U'waim-" angewöhnen, sind die schlimmsten Feinde der Deutschen, die in dor monarchischen Staats form ihr Ideal sehen. „Tie Nation ist das Schatzhans des menschlichen Geistes und Fortschrittes, cs stünde dem Proletariat schlechr an, diese kostbaren Gefäße menschlicher Kultur zu zertrüm mern." Tics sagte der französische Sozialist Jean Jagne Janrüs am 21. August 1007 auf dem. internationalen So zialistenkongreß. „Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an, hier sind die stärksten Wurzeln -einer Kraft!" Lang sam beginnt es sich auch im mehrhcitssozialistischen Lager z» regen. Tie Kritik, die der Rede des heutigen Außen ministers Müller ans dem eigenen Parteilager zuteil wurde, bezeichnet den Anfang einer neuen Entwicklung. Hier gilt es anzufassen, hier gilt es beide Hände zu reichen. Nickst Monarchie, nicht Republik, deutsches Denken und nationales Fühlen muß uns "wieder einen. Die Welt hat uns so gedemütigt, hat unsere Ehre so ge kränkt, datz von übernationaler -Harmonie bei uns nicht die Rede sein darf. Mag es mich politisch zurzeit klug sein, den Eintritt in den Völkerbund zu erstreben, niemals aber darf der Gedanke Raum gewinnen, auf dieser Bahn Tentschland einem neuen Aufstieg entgegensühren zu liwllen. Er ist trü gerisch. Nur eigene Kraft, nur nationale Hingebung, nur der Stolz, die Aufrichtung an unseren Nationalhelden aus früheren Tagen, niemals aber schwächlicljer Pazifismus wird unserem Volke eine bessere Zukunft ermöglichen. Nickt das Vertrauen auf das Entgegenkommen fremder Völker, sondern der stahlharte Wille, der aus der heißen Liebe zum Vaterk--nde entspringt, wird uns über die furchtbare nächste Zeit hinweghelfen. Nur der Wille, Deutschland wieder hoch zu bringen, weil es eben Deutschland ist, weil wir den eige nen Wert kennen und nässen, kaß wir der West etwas' zu sagen haben. Wir dürfen uns ans all ee n Niedbrbcuch den Stolz aus unsere Leistungen im st l ieg und Frieden nicht nehmen lassen. Das Voll muß lerne-!, das Andenken seiner großen Führer, seiner gefallenen Helden in Ehren zu halten, es mutz verstehen lerne», daß Opier für das Vater land nie -lulsonst sind. An allen aber, die das Vaterland lieben, -iegt cs nun, diese Gesinnung zu hegen und zu ver breiten. Wir müssen h.-nte als Monarchisten das Ople- »„seier Gehn..... brinzeu. so sehr wir ai.ck an all de - sst". alen, die sich uns mit dem Königshaus und dem TW,' , knüpfen, düngen, und so schwer das Opfer uns wr-st w.n Vatertande zuliebe. Sielst das Volk, daß wir O.-v bringen, dann wird das Misstrauen schwinden. Drnu vstd mit der Zeit die wahre Volksapnieinsch-ast. eu.'üst.en Schon beule stichen die Führer der Mehrl.estsw 'Aisten Stützen im Kampfe mst den unverständigen rst ilalen Eie meinen, die vollends alles vernichten wolle». Wer aber laut die Monarchie proklamiert, der schlägt die Hand ans. die sick da und dort vereinzelt ihm entgegenstreckt, nicht der Pailci »egen, aber des Vaterlandes wegen. Nicht gerrstch- Krit'E soll damit unterbunden werden, es soll nicht verlangt werden daß man sieb heute in einen Republikaner verwan delt, aber verlange» muß man heute, daß die Kreise, die in sich den Berns zum Führen haben und die geistige» Fähig- keilen, Tentschland einen neuen Ausstieg z» ("möglichen, nickt ans Egoismus und mißverstandenem PalriolismnS sieb ansschalten. Wollen nur wieder ein gesundes Nat io-wä ge fühl uns erziehen, so müssen wir an erster Stelle das Opfer persönlicher Anschauung bringen, erst dann können wir Opfer vom breiten Volke verlangen. v. >V. Der Völkerbund Die Steilung Amerikas Rotterdam, l 1. August. Wie die „Daily News" aus Neuyork berichtet, richtete der republikanische Senator Lodge in einer Rede über den Völkerbund einen heftigen Angriff gegen Wilson, der von der Tribüne, aut der sich Soldaten befanden, mit lauten Bravorufen und Händeklatschen begrüßt wurde. Als der Senator William den Präsidenten verteidigen wollte und dein Senator Lodge erklärte, daß er sich lächerlich mache, wunde er von der Tri büne ansgepsiffen. Die Gegner Lodges führen seist eine - Rede gegen ihn an, die er im Jachre lOlä gehalten hat, in der er für den Völkerbund eintrat, was natürlich nicht im Widerspruch damit zu stehen braucht, daß er den in Paris geborenen jetzigen Völkerbund für schleckt hält. London. Ist. August. Tie „Times" meldet ans Neu york' Der Senatsansscknß hat -den Völkerbund s ver - tr a g in seinen Grii»dzügen -angcno m in e n. Der Sieg Wilsons ist so lange nicht vollständig, als nicht die Einzeibe- dingnngen des Vertrages beraten sind und der Vertrag nichr vom Senat und Repräsentanienhaus angenommen ist. Man rechnet, daß dies frühestens im Dezember der Fall sein wird. Tic Neutralen Zürich, llj. Anglist. Wie in Bimdesratskreiscii mit ge teilt wird suchen sich die drei skandinavischen Länder über ein gemeinsames Vorgehen in der Frage des Völkerbundes zu verständigen um den Verhandlung.-» mit der Entente ein größeres Gewicht zu verleihen. Sie erkennen, daß cs für sie nninägüch sein- wind, außerhalb des Völker- b i! n d e s zu bleiben, aber sie möchten doch vermeiden, daß ihr Beitritt ein aggressive Spitze gegen Tentschland erhält und als Anerkennung der gegen den Besiegten verfügten Ge waltmaßnahmen ansgelcgt werden könnte. Wenn sie auch nicht glauben, daß sie das Recht haben, die gleichzeitige- A ii f n a h m e Deutschlands zu r B e b i n g n n g zw maclxm, so »vollen sie doch gewisse G a r anti e n fürbal« digc Aufn a h m e erstreben. Bern, 13. August. Der Tert der BotsMift des Bundes- rates betr. den Eintritt der S ch w e i z in den Völ kerbund wird erst in ei ui gen Tagen verösfentlicht werden. Den Mitgliedern der parlamentarischen Kommission ist der provisorische Text bereits zngcgangen. Deutsch-Österreich Die Antwortnote der Entente Versailles, 13. Anglist. Ter Oberste Rat der Verbün- bündeten, bescl-äftigte sich in der gestrigen Sitznnp mit der Feststellung der Antwort auf die österreichischen Gegenvor schläge und hat beschlossen, aus dem Fnedensvertrag die Bezeichnung ,, D e u t sch ö ste r r e i ch " z„ entfernen und von nrm ab nur noch von der österreichischen Re publik zu sprechen. ^ Paris, 13. August. (Havasmclbimg^ Die Beratnngs- kommission, die beauftragt ist, die Note der österreichischer!