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Leute sich befinden. Deren Handlungsweise ist unentschuld bar. Es genügt nicht, wenn diese Kreise von dem zu Be ginn des Krieges eingeschlossenen Gold etwas Herausrücken. Das vaterländische Gewissen muß sich bei ihnen rühren und sie zur Hergabe des letzten Goldes drängen. Ne bringen damit keine persönlichen Opfer, sondern dienen nur ihrem eigenen, leider mißverstandenen Interesse. Wer Gold zurückbehält, dient nicht sich selbst, aber er schwächt sein Vaterland. Ir. Kriegstagung des Sächsischen Landtags Dresden, 2-1. Juni. Die Zweite .Kammer trat heute vorinittag kurz nach 1» Uhr in Gegenwart des Naatsministers Grafen Vitzthum v. Eckstädt und mehrerer Regierungs- kommissace z» ihrer 2. öffentlichen Ntzung zusammen. Bor Eintritt in die Tagesordnung widmete Präsident Dr. Vogel dem verstorbenen Vorstande des Stenographi schen Landesamtes OberregierungSrat Prof. Dr. Clemens einen herzlichen Nachruf und dankte ihm für seine Tätig ten im Interesse der Kammer. Die Mitglieder des Hauses erhoben sich zum ehrenden Gedächtnis von ihren Plätzen. Auf der Tagesordnung standen die Allgemeine Vor beratung über das König!. Dekret Nr. 7 betr. den Entwurf eines Gesetzes über die H i n a u s s ch i e b u n g derNeu- Wahlen für die Zweite Kammer der Stände- Versammlung sowie die allgemeine Vorberatung über den Antrag des Abg. Easta n und Genossen betr. die E i n - tührung des allgemeinen, gleicheri, ge heimen und direkten Wahlrechtes für die Wahlen der Zweiten S t ä n d e k a in m e r. Auf Vorschlag des Präsidenten beschließt das Haus, die beiden Punkte gemeinschaftlich zu behandeln. Naatsminister Graf Vitzthum v. Eckstädt er- greist hierauf zuerst das Wort zur Begründung der Re gierungsvorlage. Wenn ihm heute die Aufgabe zufalle, den Gesetzentwurf der Staatsregierung in der Kammer einzu- fubren, so sei er sich bewußt, daß das mit dem Gesetzentwürfe verfolgte Ziel die Billigung des ganzen Landes und beson ders die Billigung der Wählerschaft finden werde. Trotz dem wolle er hervorheben, daß die Staatsregierung sich nur schweren Herzens zu diesem Schritte entschlossen habe und nur gewichtige Gründe seien für die Einbringung der Re-' gierungsvorlage maßgebend gewesen. Der Herr Minister verwies dann auf die Bestimmungen der Verfassungs urkunde, durch welche die Mandatsdauer der Abgeordneten festgelegt worden sei. Wenn durch den Gesetzentwurf eine Aenderung dieser Bestimmungen herbeigeführt werden solle, so bandle es sich in dem vorliegenden Falle um eine Aenderung der Verfassung. Dies sei zwar rechtlich zulässig, doch sei es notwendig, daß lnenür ganz besonders dringende politische (Gründe vor liegen. Nach den Vorschlägen des Dekrets solle die Wahl im Jahre 1017 vor sich gehen. Um den Wählern ihr volles Snmmrecht zu erhalten, werde die Negierung Dem nächsten ordentlichen Landtage einen besonderen Gesetzentwurf vor legen, und sie sei auch bereit, bei den bevorstehenden Tepu- tationSberatnngen über den vorliegenden Gesetzentwurf sich über die Grundzüge des neuen Gesetzes zu informieren. 'Lebhaftes Bravo.) Abg. Flei ß n e r (Soz.) begründet nunmehr den A n - trag des A b g. E a st a n und Genossen. Die sozialdemo kratische Fraktion habe bereits in der letzten Session er klärt, daß der Antrag auf die Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechtes für die Wahlen zur Zweiten Ständekammer wiederkommen werde, wenn er abgelehnt werden sollte. Nach seiner Meinung und der jenigen seiner Fraktionsgenossen sei auch jetzt gerade die geeignetste Zeit für die Einbringung eines derartigen An trages. Seine Bewilligung sei eine Selbstverständlichkeit, und in seiner Fraktion sei die Meinung vorhanden, daß kein neuer Landtag unter dem jetzigen Wahlrechte gewählt wer den dürfe. Der Redner beantragte schließlich die Verweisung seines Antrages an die zweite Deputation. Abg. Hettner lnatl.) spricht sich namens seiner poli tischen Freunde für die Regierungsvorlage aus und erörtert die Gründe, die bereits im Dekret anfgeführt worden sind. Die Vornahme einer Landtagswahl in jetziger Zeit würde eine große Ungerechtstrkeit gegen die im Felde stehenden Staatsbürger bedeuten. Jedenfalls könne die Kammer, wenn sie der Vorlage zustimme, auch der Zustimmung des Volkes sicher sein. Mit der Verlängerung der Wahlen aus zwei Jahre erkläre er sich gleichfalls einverstanden, da eine kürzere Dauer nicht angebracht sei. Die nationalliberale Fraktion stimme dem Sekrete zu, aber nicht ohne Ein- iehränknng. Er hoffe, daß die Vorlage unter Hinzusügung des von ihm angedeuteten Teiles einstimmig angenommen werde. Bezüglich des Antrages Eastan könne er sich dahin aussprechen, daß nach der Meinung seiner Fraktion die Er örterungen dieser wichtigen grundsätzlichen Frage mit dem allgemeinen Burgfrieden in Widerspr n ch stehe. (Lebhaftes Bravo.) Abg. Brodaus (Fortsehr.): Jin Namen seiner poli tischen Freunde könne er sich mit der Regierungsvorlage ein verstanden erklären. Er bedauere, daß durch den sozial demokratischen Antrag der Burgfrieden gestört werde. In der jetzigen Zeit, in der das Hauptziel sei, unsere äußeren Feinde zu schlagen, müsse der innere Ausbau etwas zurück treten. Nach deni Kriege sei das allerdings etwas anderes. Vizepräsident Opitz (kons.) erklärt namens der konser vativen Fraktion die Zustimmung zu der Regierungsvor lage. Dagegen sei der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion für die jetzige Tagung nicht geeignet, weil diesem außerordentlichen Landtage mit der ihm zugemessenen Zeit die Lösung dieser prinzipiellen Frage nicht möglich sein werde. Auch stimme der Antrag nicht mit dem allgenieinen Burgfrieden überein, den auch die sozialdemokratische Frak- tion anerkannt habe. Gegen eine Verweisung des Antrages an die zweite Deputation werde seine Fraktion nicht stimmen. Abg. Uhlig (Soz.) erklärt zunächst namens seiner Fraktion die Bereitwilligkeit derselben, der Regierungs- Vorlage zuzustimmen. Bezüglich des Antrages Eastan sei gesagt worden, daß der gegenwärtige Zeitpunkt nicht ge eignet sei, diesen Antrag zu erörtern. Hiergegen müsse er einwenden, daß die bürgerlichen Parteien doch früher Zeit genug gehabt hätten, ihre Stellung zu diesem Anträge fest- zulegen. Auch der Vorwurf eines Bruches des Burgfriedens sei unberechtigt. Die Kammer beschloß hierauf einstimmig die Ver weisung des Antrages an die zweite Deputation. Nächste Sitzung: Freitag vormittag i/j>10 Uhr. Tages ordnung: Allgemeine Vorberatung über die Königlichen Dekrete Nr. 6 betr. die Hinausschiebung der Wahlen beim Bergbau und die Abänderung der Bestimmungen über die Neuwahl der Beisitzer der Bergschiedsgerichte und Nr. !) betr. die Abänderung einiger Bestimmungen des Schonzcir- gesetzes und des Kaninchengesetzes. , Nächsten Montag wird die Kammer nachmittags -1 Uhr zusammentreten und den Oßyetzentwurf über die weitere Hinausschiebung der Gemeindewahlen sowie den hierher gehörigen Antrag des Abg. Schanz und Genossen in allge meine Vorberatung nehmen. Am Dienstag soll dann dis allgemeine Vorberatung der Denkschrift der Königlichen Staatsregierung über die aus Anlaß des Krieges ge troffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der VolkS- ernährung und der hierher gehörigen Anträge stattfinden. X- 4- * Tie sozialdemokratische Fraktion der Zweiten Kammer hat folgenden Antrag cingebracht: Die Kammer wolle be schließen: die Regierung zu ersuchen, dem nächsten ordent lichen Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den das gesamte Staatssteuerwesen einer Reform unterzogen wird. Ferner ist von der sozialdemokratischen Fraktion noch folgende Interpellation cingegangen: 1. Welche Schritte hat die Regierung bis jetzt unternommen, um die Er nährung der Bevölkerung in der Kriegszeit zu sichern und dem Lebensmittelwucher entgegenzuwirken? 2. Welche Maßnahmen gedenkt die Regierung zu ergreifen, um künf tig in der gleichen Richtung zu wirken und insbesondere die bevorstehende Ernte im Interesse der Gesamtbevölkerung nutzbar zu machen? 3. Was hat die Regierung unter nommen und was gedenkt sie ferner zu tun, um dem Preis wucher auf dein Schlachtviehmarkte entgegenzutreten und die Fleischversorgung des Volkes sichcrzustellen? 4. Beab sichtigt die Regierung, ihre Maßnahmen auch auf die Zeit nach dem Kriege zu erstrecken, um den Folgewirkungen des Krieges aus die Versorgung mit Lebensmitteln vorzu- bengen? Der Weltkrieg Der amtliche deutsche Tagesbericht (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, 25. Juni 1915. Westlicher Kriegsschauplatz. Im Nahkampf südlich von Souchez erbeuteten wir mehrere Maschinengewehre. Wiederholte feindliche Vorstöße gegen die Labyrinthstellunug wurden abgeschlagen. Im Wcstrande der Argonnen brach der Angriff eines französischen Bataillons gegen unsere vorgeschobenen neuen Stellungen unter schweren Verlusten zusammen. Im Nachstoß entrissen wir dem Feinde noch einen Graben mit zwei Blockhäusern; drei weitere Maschinengewehre und drei Minenwcrfcr fielen in unsere Hand. Auf den Maashöhen scheiterten die westlich der Tranchee angesctzten französischen Angriffe vollkommen. Oestlich der Tranchüc eroberten wir einen vom Feinde zäh verteidigten Verbindungsgraben zurück. Bei Leintrey östlich von Lune- villc wurden kleine feindliche Unternehmunugcn abgewiesen. Oestlich er Kriegsschauplatz: Das vorgestern eroberte Torf Kopaczycka wurde wieder geräumt. Südöstlich Chorzele in der Nähe des Dorfes Stcgua drangen unsere Truppen nach hartnäckigem Nah kampfe in einen Teil der feindlichen Linien ein und setzten sich darin fest. Südöstlicher Kriegsschauplatz: Truppen des Generalobersten von Woyrsch haben in der Verfolgung das Waldgcbict südlich Jlza durchschritten. Die Lage bei den Armeen des Feldmarschalls von Mackensen ist im Wesentlichen unverändert. Nordwestlich von Halicz mußten Teile der Armee des Generals von Linsingcn vor überlegenen feindlichen Gegen angriffen bei Martinow auf das Süduser deö Dnjestr zu- rückgcnommcn werden. Weiter stromauf sind wir in fort schreitendem Angriff; der linke Flügel der Armee steht bei Chodorow. Oberste Heeresleitung. Oesterreichisch-ungarischer Tagesbericht Wien. (W. T. B.) Amtlich wird vcrlautbart den 24. Juni mittags: Russischer Kriegsschauplatz. Die allgemeine Lage in Ostgalizien hat sich nicht ge ändert. Oestlich und nordöstlich von Lemberg sind Kämpfe mit starken russischen Nachhuten im Gange. Am obere» Dnjestr wurden Mikolajow und Zydarzow genommen. Fluß abwärts letzterer Stadt sind die verbündeten Truppen unter heftigen Kämpfen an mehreren Stellen auf das nördliche Tnjestrnfer vvrgcdrnngen. Zwischen Weichsel und San setzt der Feind de» Rückzug fort. Nördlich der Weichsel wurden russische Nachhuten über die Kamicnna znrückgcworscn. Ostrowicc und Sandomierz sind von unseren Truppen besetzt. Italienischer Kriegsschauplatz. An der Kärntner Grenze wurde» beim Kleine» Pal Angriffe starker italienischer Truppen abgewiese». Sonst fanden an dieser Grenze und au jener von Tirol nur Gc- schützkämpfe statt. Im Krn-Gebiete herrscht Ruhe. Am Jsonzo heftiger Gcschützkampf. Angriffe der Italiener bei Gradioka und Moufaleone scheiterten. Ter Stellvertreter des EhefS des Gcneralstabs: v. Höfer, Feldmarschall-Leutnant. Ter Eindruck der Einnahme Lembergs bei den Feinden Den Morgenblättern zufolge macht die Einnahme Lem bergs in Frankreich und England einen niederschmetternden Eindruck. Man fürchtet vor allem den Einfluß auf die Balkanstaaten. Die „Times" glaubt, die Abrechnung mit den Zentralmächten werde bis zum nächsten Frühjahr ver schoben werden. „Ein russisches Manöver" Nach der „Voss. Ztg." leugnen die italienischen Blätter jede militärische Bedeutung des Falles von Lemberg und be zeichnen ihn als russisches Manöver. Tie Folgen der Mailänder Unruhe» Die „Voss. Ztg." meldet aus Lugano: Die Schweizerische Regierung ist von deutscher Seite ersucht worden, den durch die Mailänder Unruhen deutschen Staatsbürgern zugefügten Schaden feststellen zu lassen. Die italienische Regierung hat diese Schätzung bereits Ende Mai vornehmen lassen. — Ter Verein der Mailänder Kaufleute soll beschlossen haben, alle Zahlungen an Firmen feindlicher Länder einzustcllen. Italienische Reservisten auf der Heimreise Das '„Berl. Tagebl." schreibt: Nach dem „Giornale d'Jtalia" sind 150000 italienische Reservisten und Freiwillige aus Argentinien nach Italien ab gereist. Ternburg nicht kriegsgcfangen Wie die Angehörigen des Staatssekretärs a. D. Dcrn- burg radiotelegraphisch erfuhren, trifft der Staatssekretär voraussichtlich Sonnabend in Berlin ein. Der Danrpfer „Bergens-Fjord" wurde von der englischen Regierung frei- gegeben. Die deutsche Losung In der „Post" heißt es: Die Losung, womit gestern de: preußische Landtag auseinanderging, ist „Durchbiszum vollen Sie g". Immer stärker wird das Verlangen des Volkes nach einem Kriegsziele, das der großen dargebrachten Opfer entspricht. Vagabundcnbandcn in Klein-Asien K o n sta n t i n o pe l, 25. Juni. Die „Agence Milli" meldet, daß der Feind an einigen Punkten der Küste Klein- Asiens unter dem Schutze seiner Flotte Vagabunden- banden landet. Die Vernichtung einer solchen aus griechischen Banditen bestehenden Bande möge ähnlichen Versuchen als warnendes Beispiel dienen. Der Feind, der systematisch Heiligtümer schändet, hat ein griechisches Kloster auf Milas zerstört. Der Präsident des preußischen Abgeordnetenhauses verunglückt B e rlin , 24. Juni. (W. T. B.) Der Präsident des preußischen Abgeordnetenhauses Graf v. Schwerin-Löwitz wurde heute abend durch einen Automobilunfall verletzt. Sein Kraftwagen stieß an der Kreuzung der Straße Unter den Linden und der Wilhelmstraße mit einer Kraft droschke zusammen. Graf Schwerin erlitt eine stark blutende Verletzung an der rechten Schläfe, konnte sich aber, nachdem er in der Unfallstation einen Verband erhalten hatte, in seine Wohnung begeben. Sein Zustand gibt zu Besorgnissen keinerlei Anlaß. Tic Italiener drangsalieren die Grenzbcvölkerung Wien, 24. Juni. (W. T. B.) Aus dem Kriegspresse quartier wird gemeldet, daß die Italiener sortfahren, die Bevölkerung der besetzten Grenzorte zu drangsalieren. In Brentonice wurden der Bürgermeister und einige Einwohner als Geiseln fortgeführt. Eines der österreichischen Mörser geschosse hat in einer italienischen Batterie einen Volltreffer erzielt und ein Munitionsmagazin gesprengt. Fackelzug in Wien Wien, 24. Juni. (W. T. B.) Bei einbrechender Dunkelheit zogen mehrere Fackelzüge vor das festlich illu minierte Rathaus und vor das Kriegsministerium. An der Spitze des einen Zuges schritt Bürgermeister Weißkirchner mit dem Wiener Gemeinderat und den Bezirksvertretungen. Unübersehbare Menschenmengen brachen immer wieder in stürmische Hochrufe auf die verbündeten Monarchen und die Armeen aus. Ein russisches U-Boot durch ein deutsches Flugzeug vernichtet Berlin, 24. Juni. Am 22. Mai wurde in der Ost see ein russisches Unterseeboot, anscheinend vom „Akula"- Typ, durch ein deutsches Flugzeug, 25 Seemeilen östlich von Gotland, mit Bomben beworfen. Der Erfolg konnte damals nicht festgestcllt werden. Nunmehr wird von russischer Seite zugegeben, daß dieses Unterseeboot verlören gegangen ist. (W. T. B.) Kriegsstiftung Berlin, 24. Juni. Dem Zentralkomitee vom Roten Kreuz ist von der deutschen Zentrale für Kriegslieferungen von Tabakfabrikanten, Sitz Minden i. Wests., eine Spende von 5,00 000 Mark überwiesen worden. Die Torpedierung eines englischen Kreuzers zugegeben Rotterdam, 24. Juni. Die englische Admiralität gibt bekannt, daß das Kriegsschiff „Roxburgh" am 20. Juni in der Nordsee durch einen Torpedoschuß ge troffen worden sei. Der Schaden sei nicht erheblich.