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Freitag ^en 31. Dezember j818 »uch IvaS die „Heimarbeit" zu Hause tut und will, und was wir von der Zukunft hoffen, wird in lehrreichen Umrissen »orgeführt. .Heft 2 führt den Titel: „Deutschland im Weltkrieg" und enthält die weltpolitischen Ueberblicke gesammelt, die seit .itriegSbegiun in der „Westdeutschen Urbeiterzeitung" gestanden, und die so viel Anklang ge funden haben. WaS die viel umstrittene „deutsche Kultur" ist, welche „Kräfte" deS deutschen Lebens sich nun besonders bewähren. was Reich und Vaterland uns gegeben und warum wir nun „gegen eine Welt" zu kämpfen haben, ist da in knappen aber aufschlußreichen Uebersichten dargelegt. Die Teilnehmer an den Zkriegskursen und Versammlungen, die der Volksverein für das katholische Deutschland und der Verband der katholischen Arbeitervereine Westdeutschlands für seine Vereinsleiter im Laufe des Krieges veranstaltet »at, werden manches dort Gehörte hier wieder Nachlesen können. Das 3. Heft: „D i e ka t h o l i s ch e n A r b e i t er de r e i u e n n d d e r W e l t k r i e g" legt eingehend Rechen schaft über die (Grundgedanken, denen unsere Kriegsarbeit Gefolgt ist, und erörtert die Wege, die der Verband zur Linderung der Kriegsnot gegangen ist. In den Heften 4: „Schwert und Kreuz" und 5: „Heldentum" end lich spricht in herrlich tiefen und warmherzigen Betrach tungen der Verfasser der Sonntagsandachtcn der „West deutschen Arbeiterzeitung", Dr. Adolf Donders, zu den gläubigen Seelen im Feld und in der Heimat und leitet sie an. Gottes Wahrheit und Gottes Wort zu dieser Zeit recht in sich zu erfassen, und Opfer und Pflichten in der Nach folge Gottes tren und stark zu tragen. Wer je an des Ver fassers „Stillen Gedanken", die vor einigen Jahren unter dem Titel „Heimkehr (zu Gott)" im Volksvcreinsverlage erschienen sind, Herz und Gemüt erhoben bat, wird diese neuen Gaben mit besonderer Freude begrüßen. " Die Hefte, so schlickst und knapp sie scheinen, geben doch im ganzen ein schönes Bild katholischer Vaterlandsarbeit und Glaubenskrast in diesem Kriege. Und was man sonst in langen Reihen von ktriegsschriften liest, davon ist hier in bewußter Anpassung an das praktische Leben recht vieles kurz und schlicht beisammen. Die Hefte verdienten auch außerhalb der Vereinsarbeit beachtet und fleißig genützt zu werden. Insbesondere verdienten die Hefte 2, 4 und 6 in allen Kreisen verbreitet zu werden, indes 1 und 3 jedem ein eindringliches Bild katholischer Vereinsarbeit im Kriege zeichnet. Der Verlag hat von jedem neben der ganz billigen und für die skrieger aus den Vereinen auch unentgeltlich ab gegebenen Feldausgabe noch eine Auflage auf besserem Pa nier und mit festen: Titelumschlag Herstellen lassen, die zuin Preise von 30 Pf. für das Heft geliefert wird und auch im Buchhandel zu haben ist. Die auch in dieser Gestalt noch sehr billigen, inhaltreichen Hefte werden sicher vielen eine xern czesehene Gabe sein. Helden-Trost! Mutter mein, was weinest Du? Störst ja meine Grabesruh. O gönn' mir den süßen Schlaf, Ich schlug mich gut und kämpfte brav, Trug viel Beschwerden im Unterstand Und litt den Tod fürs Vaterland. Für goldener Freiheit Morgenrot Starb freudig ich den Heldentod! Geliebte Mutter, waS trauerst Du? O gönne mir die Grabesruh Und glaube fest: in Himmelshöhcn Da gibts ein herrliches Wiedersehen! Dort wird Dein Held Dir entgegeneilen Und ewige Freuden mit Dir teilen! Eugen Lehmann. Sächsisch« Bolkszettuiijj Nr. 300 — Lette 6 Persien Von Heinz Man 1 he Nachdruck nicht gestattet. Es ist ein festes Gesetz der historischen Entwickelung, daß im Laufe der Zeit die Blüte staatlichen Lebens und poli tischer Geltung unter den einzelnen Völkern wechselt. So werden und vergehen gewaltige Staatengebilde oft jäh und schnell, oft aber langsam im Laufe von Jahrhunderten und Jahrtausenden. Und nur noch spärliche Reste bleiben, bis auch sie eines Tages die Beute eines frischen, jüngeren Volkes werden. Diese Entwickelung hat auch Persien mitgcmacht. Einst im Altertum ein Weltreich, ist Persien jetzt ein Staaten gebilde, das nur noch durch die Eifersucht anderer besteht, die einander den Besitz nicht gönnen. Rußland und Eng land hätten beide gerne Persien in ihrem Besitz, da es nach seiner geographischen Lage der Schlüssel ist für die Be herrschung des Orients. Wenn es einer der beiden Mächte gelänge, sich so in Persien festzusetzen, wie das England in Aegypten gelungen ist, dann wäre Persien als selbständiger Staat vernichtet und die Türkei in ihrem Kerne bedroht. Häufig aber schlägt einem niedergehenden Volke noch einmal eine Schicksalsstunde, die ihm, gut benutzt, die alte Freiheit geben kann. Für Persien hat sie nunmehr ge schlagen. Ter Weltkrieg ist auch für die Perser die nie wiederkehrende Gelegenheit, die alte Freiheit zurück zu erlangen. Einst, zur Zeit des griechischen Altertums erstreckte sich das Perserreich vom Sudus bis nach Mazedonien, vom Kaukasus bis nach Aegypten. Was wir jetzt noch unter Persien verstehen, finden wir auf dem asiatischen Hochlande von Jron, südlich am Kaspischen Meere, ein kümmerlicher Rest jenes gewaltigen Reiches. Eingekeilt zwischen Rußland und Britisch-Jndien, war es lange ein Ziel der Begehrlich keit dieser beiden Staaten, die ein Stück ums andere von Persien ablösten. Dem Volke fehlte die innere Spannkraft, cs war erschlafft unter der Wucht des herrschenden Despo tismus. Vergeblich suchte man im Beginn des 20. Jahr hunderts das Heil im Verfassungsstaate. Die damals herr schenden Wirren führten zu dem Vertrage von 1907, der Rußland den Norden Persiens, England den Süden als „Interessensphäre" zuwies und den mittleren Rest für neu tral erklärte. Persien ist ein trockenes und dürres Land: dabei ist aber der Boden keineswegs völlig unfruchtbar. Bei genügender künstlicher Bewässerung ließen sich ihm manche Erträge ab ringen. Wie sollte das aber geschehen, da die persische Re gierung jahrhundertelang ihre Hauptaufgabe in der Ein ziehung von Steuern erblickte, ohne für die Förderung der Kultur etwas zu tun. So ragen jetzt waldlos die Berge empor, endlos dehnen sich im Innern des Reiches die wasser armen Ebenen, zum Teil von weiten Salzwüsten bedeckt: und nur an den südlichen Gestaden, am Persischen Golf, findet sich die üppige Vegetation des Orients. Hier gedeiht reicher Obst- und Weinbau, hier finden sich ausgedehnte Rosenhaine. Am Kaspischen Meere blüht, begünstigt von zahllosen Maulbeerbäumen, eine reiche Seidenraupenzucht. Der größte Teil des Landes aber, das große Becken des Innern, ist wüst, glühend heiß am Tage und im Sommer, empfindlich kalt bei Nacht und im Winter. So schwanken die Temperaturen zwischen -s- 70 und — 25 Grad Celsius. Man hat täglich Wärmeschwankungen bis zu 65 Grad beob achtet. Dabei ist der Niederschlag recht gering: selten be trägt er mehr als 125 Millimeter. Soll also hier eine Kul turpflanzenwelt gedeihen, so kann nur eine reichliche künst liche Bewässerung helfen. Andernfalls muß das Land Wüste sein. Der Natur des Landes entsprechen völlig die Bevölke rungsverhältnisse. Wir geben nachstehend eine Uebersicht im Vergleich zu Deutschland. pro ztci» Ftüchenraum veoölkrrungt» in glcm zahl Persien (ganz) 1 645 000 9 500 000 l 1907) 5.9 Deutschland 640 857 64 925 933 (1910) 120.0 Von dem Gebiet Persiens gelten 350 000 Quadratkilo meter zur englischen und 790 000 zur russischen Interessen- sphäre. Die 9,5 Millionen Perser stellen ein buntes Gemisch verschiedenartiger Völker dar. Neben den Nachkommen der alten Perser, den 5,6 Millionen Tadschik, die ziemlich seß- Haft sind, gibt es entsprechend dem Wüstencharakter weiter Landesteile viele Nomaden. Unter ihnen finden sich Amber, Türken, Kurden, Beludschen, Zigeuner und noch eine Reihe anderer Völker. Ungefähr alle Perser, 8H Millionen, sind Mohammedaner. Sie sind aber im Gegensatz zu den Tür ken Schiiten, d. h. solche Mohammedaner, die nicht die Sunna, die Tradition, und die 3 ersten Kalifen anerkennen. Sunniten gibt es in Persien etwa 800 000. Der Rest ent fällt auf die Parsen oder Feueranbeter, Inden nnd einige Tausend nestorianischer Christen. Ungeachtet seiner ungünstigen klimatischen Verhältnisse darf man Persien doch kein hoffnungsloses Land nennen. Bei neuzeitlicher Bewirtschaftung könnte man dem Boden manche Erträge abringen. Wichtige Kulturpflanzungen haben wir schon kurz erwähnt. Wir nennen noch Baum wolle, Orangen, den Oelbaum, Reis, Saffian, Indigo. Persien ist das Vaterland des Tabaks (persisch: tombaku). Auch der Kleinviehzucht sind einzelne Gebiete sehr günstig. Bekannt sind die Perlenfischereien des Persischen Golfs. Zahlreiche Bodenschätze — Salz, Naphtha, Schwefel, Kohle, Blei, Kupfer und Edelsteine — harren einer ergiebigen Ausbeute. Berühmt auf der ganzen Welt sind die farben prächtigen Perserteppiche. Me Erwerbszweige und Kul turen aber werden nachlässig betrieben und von der Regie rung wenig oder gar nicht gefördert. Ter Gesamthandel bezifferte sich 1912/13 auf 215,7 Millionen Mark Einfuhr und 165,8 Millionen Mark Ausfuhr. Fast 50 Millionen zahlt Persien also jährlich an das Ausland mehr, als dieses ihm für seine Waren bezahlt. Das ist für Persien eins ge waltige Summe, die nicht gerade günstig auf die Ver- mögenslage des Landes wirkt. Die folgende Uebersicht möge kurz die Haupthandelszweige vorführen. Persien führte aus (1911/12): im Werte von 28,1 Mill. Rkk im Werte von 29,2 Mill. E. im Werte von 23,3 Mill. Rtk. im Werte von 18,5 Mill. Mk. im Werte von 13.1 Mill. Mk 8.6 Mill. Akk 7.6 Mill. iNk. 7.2 Mill. Mk. Baumwolle Baumwollwaren Früchte Teppiche Reis Opium im Werte von Häute im Werte von Seidenraupengespinste im Werte von Die Verkehrsmöglichkeiten sind sehr schleckst. ES mangelt an guten Straßen, Eisenbahnen fehlen fast völlig. Erst die Bagdadbahn mit den geplanten Anschlüssen aufs persische Hochland wird hier einige Besserung bringen. Ver hältnismäßig gut ist Persien mit Telegraphen linien ausgestattet, deren es 15 608 Kilometer besitzt. Das Telephon dagegen ist nahezu unbekannt. Die militärische Macht des Staates ist gering. Das Heer soll im Frieden 24 600, im Kriege 130 000 Mann be tragen. Die „Flotte" besteht aus 8 Schiffen mit zusammen 10 Kanonen nnd 5 Polizeibooten. Bei einer so geringen Ausnutzung der völkischen Wehrkraft kann ein Staat wie Persien neben solch beutegierigen Nachbarn wie Rußland und England nicht aufkommen. Hinzu kommt, daß nur ein geringer Teil der Armee europäisch ausgebildet ist. Zur Verwaltung, die vorwiegend in der Einziehung von Steuern besteht, ist das Land in 10 Provinzen eiuge- teilt. Alle, besonders ihre Städte, tragen deutliche Zeichen des Verfalles an sich. Ueberall trifft der Reisende auf ver lassene Orte und Ruinenfelder von Städten, die einst eine reiche Bevölkerung zählten. Im Norden liegt in der gleich- Stellc mitgeteilt, daß ich eS dir, meinem besten Freunde, für den ich die Ermittelung unternahm, mitteilen würde." „Eine Ermittelung, für mich?" Der Professor rieb sich die Hände, wie ein Mensch, der sich über etwas freuen kann. „Ja. ja, mein Lieber — deine Angelegenheit gab mir keine Ruhe. Ich wollte dir Klarheit verschaffen. Denn das, was du mir gestern erzählt hast, widersprach so allen herkömmlichen Gebräuchen unserer Armee, was unsere Offiziere anbelangt, daß es mich auch persönlich interessierte. Man ist doch nun mal Staatsrechtslehrer und kennt so manches, wovon die große Menge sich nichts träumen läßt." „Und was hast du getan?" „Noch gestern abend schrieb ich einen Brief an einen Studienfreund von mir, — den Namen darf ich dir nicht sagen. — Aber es mag dir genügen, man hat so seine Be ziehungen — seine hocheinflußreichen Beziehungen — und dazu gehört mein Studienfreund. Der sitzt hier an der Spitze einer mit dem Hof eng zusammenhängenden zkanzlei." „Zu dem kam ich beute ganz früh und wurde sofort von ihm empfangen. Natürlich erzählte ich dem zuerst die ganze Sachlage, wie sich ein dramatischer Konflikt mit an scheinend sehr schwerwiegenden Folgen für deinen Stephan nnd dich ergeben hat. Dann meine Vermutung, daß dieser Konflikt ein Unsinn wäre, weil eben unser allergnädigster Herr, unser Kaiser, die Sachlage anders beurteilt und mit seinem kaiserlichen Willen dokumentiert hat." Die Haushälterin unterbrach die Rede und brachte Kaffee herein. Aus einen Wink des Professors entfernte sie sich schnell wieder. Er selbst bediente seinen Gast nnd goß die Tassen ein. „Also weiter, mein lieber Freund —" „Ick- kenne die Angelegenheit," sagte mein alter Studienfreund und lächelte dazu äußerst geheimnisvoll. „Desto besser," erwiderte ich, „da brauchst du nicht lange Nachforschungen anzustellen." „Er rief einen unteren Beamten und ließ sich — eine Geheimnummer nennend, — ein Aktenstück bringen." „Bevor er es aufschlug, zeigte er mir den äußeren Deckel, und da las ich einen Namen, der dir sehr gut be kannt ist, nämlich: Frau Hauptmann Andraski." Er beobachtete für einen Augenblick das Gesicht seines lieben Gastes und sah, daß der Domrendant in äußerster Spannung ihn betrachtete. Jetzt sprach der Professor weiter: „Ein ziemlich umfangreiches Aktenstück. Mein Freund schlug die letzte Seite auf und zeigte mir eine Quittung. Eine gewöhnliche Postquittung, wie wir sie erhalten, wenn man eine Geldsumme durch die Post an jemand sendet." „Lies das Datum," sagte er zu mir. „Und jetzt las ich zu meinem größten Erstaunen: ab gesandt am 31. September 1914: 600 Kronen." <— „An Frau Hauptmann Andraski?" „Jawohl, mein Lieber. An die Mutter deines Stephan. Und gleichzeitig zeigte mir mein Freund nicht nur diese letzte Quittung, sondern einen ganzen Stoß, lange, lange Jahre zurück, ich glaube, an die 30 Jahre, prompt jedes Vierteljahr mit der in dieser Hofkanzlei mathematischen Pünktlichkeit zu jedem Ouartalsersten." „Du sagtest Hofkanzlei?" Der Professor prallte zurück: „Staatskanzlei — ich habe mich versprochen." „Also ein Verwandter von der Frau Hauptmann?" „Mein Studienfreund? Nein, mein lieber Junge, mit der ist er nicht im geringsten verwandt." „Wie kommt er aber dazu, das Geld zu senden?" „Im Auftrag eines andern." „Darf ich den erfahren?" Jetzt machte der Professor wie ein geübter Schauspieler auf der Bühne eine große Panse. Er wußte, nun konnte er die Hauptsache mitteilen, die ihm ebenso unerwartet und fast unglaubhaft zuerst erschien, wie sie jetzt nach Kenntnis- gäbe bei dem Domrendanten wirken würde. „Quäl mich doch nicht so," bat der Domrendant. Der Professor lachte: „Quäl ich dich? Hast du noch keine Ruhe gelernt? Wir sind doch beide alt genug geworden. Aber nun komme ein mal möglichst nahe, damit niemand weiter etwas darüber erfährt. Ich kann nicht wissen, ob nicht jemand von meinem Hauspersonal zufällig au der Tür vorübergeht und, ohne es vielleicht zn wollen, den Namen hört. Den aber darf außer dir niemand hören." Dem Domrendanten wurde seltsam zumute. Heir; drang ihm das Blut in den Kopf und zitternd beugte er sich zu den: Professor, um den gefährlichen Namen zu hören, den niemand weiter hören durfte. „Noch näher, mein Freund," sagte der Professor, hielt dann seinen Mund ganz dicht an das Ohr des Dvm- rendanten und flüsterte: „Der Kaiser." Jetzt wurde dem Domrendanten eiskalt. Die Zigarre entfiel seinen Händen, sodaß sie der Professor hastig vom Teppich aufnahm, damit sie kein Loch hineinbrenne. Dann sah er, daß ihn sein Gast mit blassem Gesicht anstarrte. „Trink einen Schluck Kaffee." Der Domrendant gehorchte. „Und nun rauch dir eine neue Zigarre an." Die Hände des Domrendanten zitterten, als er die Zigarre zum Munde führte, dann sagte er ganz langsam: „Und — und — kannst du mir eine Erklärung dafür geben?" „Kann ich. Selbstverständlich. Schau mich nur nicht so verwundert an. Es ist alles ganz rein menschlich. Nnd unser Kaiser — Gott schütz ihn noch recht lange für unser Land — du — er besitzt mehr als wir alle an menschlicher Güte und Barmherzigkeit." (Forts, folgt.)