Volltext Seite (XML)
Handwerk und Gewerkschaften. In Nr. 13 vom 17. Januar behandelten wir das Thema „Handwerk und Arbeiterschaft". Heute wollen wir die Be ziehungen des Handwerkes zur Gewerksck>aft, speziell zur Tarifbewegung, beleuchten. Es ist zu verwerfen, wenn die Gewerkschaften sich n u r von dem Streben nach Erhöhung der Löhne leiten lassen. Daß letzteres mit ein Hauptzweck der Gewerkschaft auch im Handwerke ist, ist selbstverständlich, aber daneben müssen noch andere Momente Beachtung finden. Zunächst müssen die Gewerkschaften alles vermeiden, was danach aussehen könnte, als wollten sie die Gesellen systematisch vom Selbst ständigwerden abhalten. Ihre Pflicht ist es allerdings, vor übereiltem Selbständigwerden zu warnen. Den Handwer kern kann das nur angenehm sein, da ihnen so Schmutzkon kurrenz und Pfuscher vom Halse gehalten werden. Ander seits können die Gewerkschaften den sozialen Aufstieg, der in dem Selbständigwerden ihrer Mitglieder liegt, nur be grüßen. Diese Möglichkeit des Selbständigwerdens ist, wie früher schon betont, immer noch in großem Maße vorhan den. Im Zusammenhänge damit steht die Pflicht der Ge werkschaften, ihre Mitglieder, die Gesellen sind, auf die Not wendigkeit der weiteren Ausbildung hinzuweisen. Denn Tüchtigkeit ist die erste Voraussetzung zum Selbständig werden. Aber selbst wenn die Gesellen nicht zur Selbstän digkeit gelangen, so kann ihnen eine Weiterbildung nichts sckwden. Begrüßenswertörweise weisen daher die christ lichen Organisationen auf die Fachknrse der Gesellen vereine und sonstige Bildungsgclegenheiten hin oder schaf- fen zum Teil sogar selbst solche Bildungsgclegenheiten. Mit der Pflicht zur Weiterbildung hängt die Pflicht der Gewerkschaft zusammen, ihre Mitglieder zur Ablegung der Gesellen- und Meisterprüfung anzuhalten. Das kann wie derum für die Mitglieder nur von Vorteil sein. Auch ließe sich eine bessere Beachtung und Würdigung des Gesellenaus schusses ermöglichen. Aehnlich den bestehenden Arbeiter- ansschüssen könnten durch die Gesellenausschüsse die organi sierten Gesellen ihre Wünsche und Beschwerden vortragen, während der Gewerkschaft die Durchführung der Wünsche in letzter Instanz verbleibt. Demgegenüber steht die Pflicht der Handwerksmeister, die Gleichberechtigung der Gewerkschaften anznerkennen und sie als die geeignete Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der Gesellen zu betrachten. Bei der Beurteilung der ganzen Gewerkschaftsbewegung muß das Handwerk stets beachten, daß das Feld beherrscht wird von den sozialdemokratischen Gewerkschaften, die na türlich gar kein Bedürfnis haben, dem Handwerke beson dere Rücksicht entgegcnzubringcn. Rund zwei Millionen sozialdemokratisch Organisierten stehen nur 300 O0O christ liche gegenüber, die zum großen Teile in der Industrie be- schäftigt sind. Die christlichen Organisationen müssen stets bei ihrer ganzen Arbeit und Taktik diese Nebermacht der roten Gewerkschaften berücksichtigen. Selbst wenn das Handwerk glaubt, sich nicht grundsätzlich mit der Gewerk- schaftsbcwegnng abfinden zu können, so muß sie das an? praktischen Gründen tun. Das Handwerk wird die Orga nisation der Gesellen nicht aufhalten können. Durch seine ablehnende Haltung wir- es höchstens die radikale Richtung, die sozialdemokratische, in der Getverkschaftsbewegung für-, der». Darum ist das Handwerk selbst an der Stärkung der christlich-nationalen Arbeiterbewegung interessiert, die die Existenzbedingungen des Handwerkes respektiert. Die Ge fahr für das Handwerk wächst noch als die Bestrebungen der Sozialdemokratie auf die Monopolisierung des Arbeits marktes hinauslaufen, daS heißt daß nur mehr solche Ge sellen Beschäftigung finden sollen, die sozialdemokratisch organisiert sind. Das Hauptstreben der Gewerkschaften zielt auf den Ab schluß von kollektiven Arbeitsverträgen, sogenannten Ta rifverträgen hin. Daß Tarifverträge im Handwerke möglich sind, zeigt die praktische Erfahrung. Der Tarif- gcdanke hat im Handwerke viel mehr Eingang gefunden als in der Industrie. Im Baugewerbe und im Bekleidungs gewerbe bestehen zahlreiche Tarife. Auch in den anderen Handwerkszweigen, Klempner, Schlosser, Sattler, Bäcker, Friseure, zeigt sich eine starke Tarifbewegung. Das Hand werk muß auch bedenken, daß eine gute Bezahlung seiner seits schon deshalb notwendig ist, weil sonst die leistungs fähigsten Gesellen in die Großbetriebe abwandern würden. Allerdings bildet auch hier die Leistungsfähigkeit des .Hand werkes die Grenze. Ein zu straffes Spannen des Bogens würde die Gesellen selbst schädigen. Die Vorteile hat der Tarif zum mindesten, daß der Friede für längere Zeit in, Gewerbe gesichert ist, daß eine größere Stetigkeit und Sicher heit eintritt, die die Kalkulation erleichtert, daß gleiche Ar- beitsbedingungen und gleiche Arbeitslöhne geschaffen wer de». Gerade durch das letztere wird ein gutes Mittel zur Bekämpfung der Schmutzkonkurrenz geboten. Anderseits muß aber betont werden, daß an sich die Großindustrie sich mehr für den Tarifvertrag eignet als das Handwerk, daß es hier schwerer durchzuführen ist als in der Industrie: denn der Tarif ist dort am meisten passend, wo eine weitgehende Arbeitsteilung vorliegt, die Arbeit mehr uniformiert ist und der persönlichen Fähigkeit zur Gestaltung des Produk tes wenig Spielraum bleibt. Diese Verhältnisse liegen bei der Industrie in viel höherem Maße vor als beim Hand werke. Aber im allgemeinen ist der Tarif auch im Hand werke anwendbar. Soziale, wirtschaftliche und sittliche Erziehungsarbeit ist vor allen Dingen die Aufgabe der konfessionellen Ar beitervereine. Doch kann auch die Gewerkschaft durch Aus nützung passender Gelegenheiten manches tun, wenn sie sich auch nicht systematisch auf diese Arbeit zu werfen braucht. Vieles kann die Gewerkschaft für das Handwerk tun, wenn sie au ihre Mitglieder als Konsumenten appelliert. Mit dem Hinweise, bei dem Handwerke seinen Bedarf zu decken, weil cs sich um die Erhaltung und Stärkung einer für die Allgemeinheit wichtigen Schicht handelt, werden wir nicht iuimer viel erreichen. Denn um eines idealen Vorteiles willen, den Verzicht auf cinen materiellen Vorteil zu sor- der», das läßt man sich vielleicht einmal gefallen, aber auf die Dauer ist das zu v.el verlangt. Die Gewerkschaft muß die Mitglieder überzeugen können, daß sie bei Deckung ihres Bedarfes beim Handwerke auch wirtschaftliche Vor teile haben. Da nützt vor allem der Hinweis, daß das Hand werk Qualitätsarbeit liefert, die momentan zwar teurer, auf die Dauer aber doch billiger ist. Sehr leicht kann die Gewerkschaft die sozialen Nachteile der Warenhäuser, der Wanderlager und Abzahlungsgeschäfte betonen, zum min desten die Leute belehren, im Warenhause zum Beispiel keine Oualitätslvare zu kaufen. Die Erziehung ihrer Mitglieder zur Barzahlung durch die Gewerkschaft ist für das Hand werk ein großer Vorteil. Diese wirtschaftliche Erziehung liegt zugleich im Jnteressc der Gewerkschaften selbst. Legt man die hier erörterten Gedanken zugrunde, so wird sich auf die Dauer auch ein ersprießliches Verhältnis zwischen Gewerkschaft und Handwerk herbeiführen lassen. Vielfach liegt der Grund für die Mißstimmigkeiten darin, daß der eine Teil nicht genügend orientiert ist Uber den an deren. Eine offene ehrliche Aussprache ist hier Las beste Mittel. Die bedrohten Universitäten. Von hochangesehener Seite wird uns aus Wien ge schrieben: Welch einen Sturm hat der Freisinn in seiner Press, und in den Versammlungen, in den Hörsälen und in den Vertretungskörpern erhoben, als Lueger anläßlich des vor letzten allgemeinen Katholikentages in Wien in der großen Universitätsversamnilung in der Volkshalle des Wiener Rathauses das Wort von der „Eroberung der Universitäten" sprach! Die Katholiken Oesterreichs, die Oöprozentige Mehrheit, haben gewiß Anspruch darauf, daß an den Hoch schulen, die sie mit ihren Steuern erhalten, die katholischen Akademiker und Lehrer mindestens die nämliche Freiheit besitze», wie die anderen. Diese Freiheit und Gleichberechti gung, die den Katholiken von einer gewalttätigen Clique vorenthalten wurde, zu erobern, war das selbstverständliche Recht der österreichischen Katholiken und die Parole LuegerS hatte gewiß nichts Aufregendes an sich. Und doch läutete damals der Freisinn mit allen Glocken Sturm, als wären die Universitäten bedroht und es bedurfte langer Aufklärungsarbeit, um die Oeffentlichkeit den Wir kungen der freisinnige» Lügenkünste wieder zu entwinden. Nun aber ist wirklich eine Universität „erobert" worden, aber nicht im friedlichen Wetteifer der Weltanschauungen, sondern mit schändlichen Gewalttaten organisierter Bandi ten. Sozialdemokratische, jüdische, „freisinnige" und anar chistische Studenten haben am 30. Januar die Krakauer Universität nach einem wohlvorbereiteten Plane belagert, erstürmt, die Einrichtung demoliert, die Professoren und lernwilligen Studenten ans der Universität verjagt und sich zu Herren der Hochschule gemacht. Es war eine regel rechte Meuterei, ein Husarenstück der umstürzlerischen Ele mente, die in Galizien fort und fort Zuzug aus dem nahen Rußland erhielten. Es war eine Schilderhebung anarchisti scher Unkulturen und östlicher Barbarei gegen Zivilisation, Ordnung, Disziplin und Autorität, gegen die Grundlagen der Universität. Es ist den Rebellen, die auf der Krakauer ?llma mater wie eine Bande von Tartaren gehaust haben, wirklich gelungen, diese Hochschule für Stunden ganz in ihre Gewalt zu bringen, den ganzen Studienbetrieb zu silieren und ans der geheiligten Stätte der Wissenschaft 28 - Sie neigte das Haupt und fuhr dann fort: „Siehe, als meinen Gatten das Unglück traf, da wollte er verzweifeln und rief zu den Göttern, sie soll ten ihm helfen. Aber die Götter halfen ihm nicht, und düster gnig er um her, ohne sich des Lebens zu freuen, denn er war noch jung an Jahren. Als die furchtbare Wunde geheilt war, kam er mit einer Gesandtschaft nach Nom »nd blieb dort einen ganzen langen Winter. Und da hat er Wunderdinge er lebt und geschaut, Bissnla. Auch in Nom glauben viele noch an die alten Göt ter, aber viele sind von ihnen abgcsallen und beten nur zu einem Gott. (Es läßt sich nicht bestimmen, wann das Christentum zuerst bei den Alamannen Eingang fand, wahrscheinlich schon im sechsten Jahrhundert. — Aber durch den Dienst im römischen Heere und Aufenthalt in Nom hat mancher Schwabe schon viel früher das Christentum kennen gelernt.) Licht und schön wie Baldur ist dieser hohe Himmelsherr, Segen strömt ans seinen Händen, und aus seinem Munde fließt das Wort süß und lieblich wie Honigseim. Nicht von Kampf und Männermord kündet er — sondern von Liebe und von Frie de«! Alle Menschen sollen gut und rein werden, spricht er, und sich lieben wie Brüder. Siehst du, Bissnla, das klingt Heller und froher als unsere düstere Götterlehre. Die Liebe verkündet dieser neue Gott! Kindlein, liebet ein ander! predigen die Priester des neuen Gottes. Und Agnar sagt, es sind ihrer viele Tausende, die dem neuen Gotte dienen und über die ganze Männererde wird er schreiten und alle Menschen die Wahrheit lehren. Ach, Bissnla, wie schön wird das sein! . . . Und in Nom haben sie dem lichten Himmelsherrn hohe Tempel erbaut, in denen sie zu ihm beten. Darinnen glänzt es von Gold und Marmor, Purpnrflaggen hängen an den Wänden und Weihrauch steigt an-S goldenen Schalen auf. Die Priester des neuen Gottes stehen in goldenen Gewändern an den Altären und ein süßer Gesang tönt Vom Himmel herab, daß man weinen muß. Siehst du, Bissnla, nur einmal im Leben möchte ich in einen solchen Tempel Hineinblicken, nur ein einziges Mal! Da ist es bundertmal schöner als in Wallhalla, wo die Männer an die Schilde schlagen, trinken und spielen, und dazu einen Gesang erschallen lässen, der wie Donner klingt — gar nicht fein und lieblich! . . . Und weil mir das alles so wohl gefällt, so erzähle ich meinen Kinder» von dem hohen, lichten HimmelSherrn und lehre sie das Gebet, das Agnar in Nom bei den Christenleutcn ge lernt hat." Bissnla schwieg. Sie konnte Sigrune nicht zürnen, die von dem Gott der Liebe sprach. Das klang so trostvoll, das tvar ihrem Herzen und ihrer Stimmung so verwandt. « „Hüte dich vor den Wotanpriestern," warnte Bissula, „und habe acht, daß man dich und die Deinen nicht als Abtrünnige bestraft." „Es ist unser Geheimnis, Bissula. Niemand kennt eS, als du und die Wala. Und ihr beide werdet unS nicht verraten. Wenn du aber willst, so er zähle ich dir von dem hohen Himmelsherrn." „Nein, nein." wehrte Bissula. „Jetzt nicht — ein andermal! Ich kam in Not zu dir, Sigrun —" ..Bissula — waS ist dir?" Die Maid lehnte ihr erglühendes Gesicht an SigrunS Schulter und sagte leise, verschämt: „Ich bin einem Helden hold und weiß mir nicht Rat. Ar«ch die Wala wußte nicht Hilfe — da kam ich zu dir , , »* , — 25 — Sie legte die Arme um Bissnlas Schultern. „Du kündest mir so Gro ßes, Kind, daß ich cS kaum fassen kann . . . Des Kaisers Goldhclm in de« Händen der Alamannen! Das ist wie ein Sieg unseres Volkes! Komm, in die Sonne, daß ich dir rate . . ." Draußen gab sie Bissnla frei, stellte sich mitten in den warmen Sonnen schein, erhob die Arme und blickte in das goldene Licht. So stand sie eine Zeitlang unbeweglich. Dann begann ihr Gesicht förmlich zu leuchten und laut und feierlich, als verkünde sie den Spruch der Götter, klang es von ihren Lippen: „Nicht sollen die Söhne der Alamannen goldene Helmzier auf dem Haupte tragen! . . . Unheil bringt das dem starken Volke! . . . Versenket den Goldhelm in den Fluten deS Sees, heute noch — in dieser Nacht! . . . Und wie des Imperators Kronhelm im See versinkt ... so versinke auch daS Nömerreich und seine Herrlichkeit! . . . Und die Scharen der Alamannen, zahllos wie die Wassertropfen im Meere, schlagen über dem Nömerheere zu- saminen, bis eS zermalmt ist . . . Das ist der Wala Rat!" Langsam wich die Spannung aus dem Gesichte der Seherin. Sie setzt« sich an den Stamm der Eiche auf den Holzsitz und zog Bissula neben sich nie der. „Tue, was ich dir gebot." sagte sie. Dann nahm sie von ihrem Gürtel eine kleine Nohrpfeifc, wie sie die Hirten haben, und blies ein paar lockende Töne. Aus dem Innern der Höhle traten zwei Mädchen, keine zwölf Jahre alt, und brachten dem Gaste Milch und Brot. „Labe dich," sagte Swawa, „und auch Brumma, die Braune, möge sich setzen." Die Bärin leckte behaglich brummend aus der Holzschale und wälzte sich vergnüglich im Sonnenschein. Unterdessen betrachtete Swawa ihrer Schwester Kind. „Dir steht noch eine andere Sorge im Herzen, Kind," sagte sie. „Sprich — begehrst du Rai von der Wala?" Bissnla errötete und ließ die Schale sinken: ein weißer Strom ergoß sich auf die Erde und Brumma kam herbei und leckte die Milch vom Boden. „Ich fürchte mich fast, es dir zu sagen, Wala," gestand Bissula. „Wie ist eS, Swawa, wenn ein Mädchen einem Helden hold ist?" . . . Swawa erhob sich jäh und ihr Gesicht ward wieder herb und streng. .Danach mußt du mich nicht fragen," sagte sie. „Denn ich habe die Minne aus meinem Leben getilgt! Auch ich kannte sie einst, da ich jung war: aber sie hat mir nur Leid und Sorge gebracht, und Not und Elend! Darum habe ich die Flamme in meinem Herzen gelöscht . . . und nie mehr gebe ich Rat, lver ihn um der Minne willen begehrt! Da ist sich jeder selbst der beste Rätsel löser, Bissula . . . Eins aber will ich für dich tun, Kind, die heiligen Stäbe will ich werfen und die Götter befragen, ob der Held gut ist und treu . . . Das andere — das mußt du dann selber wissen." Sie setzte sich wieder, zog auö ihrem Gewände eine Handvoll finger lange weißgeschälte Stäbchen vom Haselstrauch, raunte leise Worte vor sich hin, und warf die Weißen Stäbchen zur Erde, mitten in die Sonne . . . Ihre Augen betrachteten aufmerksam jedes Stäbchen, wie eS lag, nach welcher Richtung eS zeigte, und ob eS mit anderen sich kreuzte oder nicht. Bissula stand bang daneben, schwer atmend, voll heimlicher Sorge, wie der Spruch der Wala lauten würde. Diese beugte sich noch tiefer über die pDte Alamannen," ^