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Nr. 17» Jahrg. Geschäftsstelle und Redaktion» Dresden»A. IS, Holbeinftraste 4S StickMe Donnerstag, 7. August iklv Fernsprecher 21366 Postscheckkonto Leipzig Rr. 147»? voltszeliuna «e»ug»»r«t», «uSgab» 1 mit Mustr. Beilage vierleljährUch ».88 Fl. In Dresden und g-n, Deutschland sr«t Hau« ».»0 Fl. — Au»,ad« » vierteljährlich ».88 Fl. In Dresden und ganz Deutschland sret Haus 8.00 Fs. — Die Sächsische volwzeitung erscheint an allen Wochentagen nachmittags. — Sprechstunde der RedaMon: LI bi» L» Uhr vormtttagS. Aa»«tg»»i «nnahme von «eschüstSan,eigen bi» I« Uhr. von Fnintlienanzeigen »iS 11 Uhr vorm. — Preis für »i« Bettt-SpaltjeUe »O im Rellameteti 1 Fl. Familien.Anzeigen 30 ^ — glir undeutlich geschriebene, sowie durch Kern» sprecher ausgegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit sür die Richtigkeit des LexleS nicht üdeuchhmen. Ludendorff G> Es ist durchaus begreiflich, daß nach einer solchen Katastrophe, wie sie über uns herein-gebrochen ist, der Streit über die Ursache und die Schuld am verlorenen Krieg die Spalten der deutschen Presse füllt. Der Streit tobt unter schiedslos innerhalb der Parteien, es gibt sowohl im rechten Lager Anhänger der Verständigungsidee, wie bei den Mehr- heitsparteien ebenfalls nicht restlos alle dpvon überzeugt sind, daß die Möglichkeit zu einem Ausgleichsfrieden mit der Westentente bestanden habe. Angriffe auf Angriffe erfolgen, Enthüllungen rufen neue Enthüllungen hervor, und doch kann der unbeteiligte Zeitungsleser, der objektiv zu sein wünscht, sich keinerlei klares Bild von den Vorgängen machen. Es ist selbstverständlich, daß jede der streitenden Parteien das für sie Günstige aus der Fülle des Materials hervorsucht. Das Bedauerliche, aber Wohl nicht Abwendbare an der traurigen Kampagne ist, daß Männer, die in treuester Pflichterfüllung iher ganzen Kräfte uneigennützig dem Wohle des Vaterlandes gewidmet haben, heute vor weiten Kreisen des deutschen Volkes in den Schmutz gezogen werden. Eine der vielen Persönlichkeiten, die von ihren poli tischen Gegnern auf alle nur mögliche Weise verunglimpft werden, ist der General Ludendorsf. Noch vor Jahresfrist bedeutete er die Hoffnung Deutschlands. Noch vor Jahres frist jubelte ihm das deutsche Volk zu, und heute wird er dein- selben Volke als der schlimmste Schuldige an der Katastrophe dargestellt. Ja, der Reichskanzler Scheidemann konnte nicht unterlassen, ihn einen „genialen Hazardeur" zu schimpfen. Welche echt deutsche Würdelosigkeit. Die linksstehende Presse und ganz besonders die sozia listische beider Richtungen kann sich gar nicht genug darin tun. den ehemaligen Generalquartiermeister in allen Ton arten zu beschimpfen. Aber eines soll das deutsche Volk nie vergessen. Wenn heute deutscher Boden unversehrt geblieben ist und dadurch überhaupt ein Wiederaufstieg möglich ist, so hat es das in erster Linie Ludendorff zu danken. Und wenn heute Deutsch land so am Boden liegt und ein Spott seiner Feinde ist. so hat es das in erster Linie denjenigen zn danken, die im kritischsten Momente aus Parteieigennutz die Revolution entfachten. Man tut gut, sich von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, wenn die Blatter der „Vorwärts"richtung den Mund gar zu voll nehmen in der Anschuldigung gegen die führenden Männer der Kriegszeit. Und die Revolution ist doch wohl von den Sozialisten gemacht worden. Wir haben in der Revolution Wilson, wenn er über haupt gutwillig war, die einzige Waffe, die er im Kampfe mit Clcmeuceau haben konnte, das war die Bedeutung der amerikamsclM Truppen, selbst aus der Hand geschlagen, indem wir uns wehrlos gemacht haben. So wehrlos, das; wir nickst einmal ein paar polnischer Banden, die uns die Ostprovinzeu besetzten, Herr werden konnten. Es nutzt heute nichts, sich in fruchtlosen Anschuldigungen zu ergehen. Der schmachvollste aller Frieden ist geschlossen. Wie es dazu kam, darüber Aufklärung zu geben, ist eine berechtigte Forderung des deutschen Volkes. Sie kann ge geben werden durch den Staatsgerichtshof, wenn er wirkliche Garantie der Parteilosigkeit gibt. Dann wird auch Luden- dorfs sein Recht. Es ist aber eine böswillige Verdrehung, will man heute aus einer Denkschrift der Obersten Heeresleitung über Friedensziele, ihr die Schuld an der etwaigen Verlängerung des Krieges zuschieben. Tie sozialdemokratische Presse, vom „Voiuxnts" bis zur „Leipziger Volkszeitung", jubelte laut, als die Denkschrift Hindenburgs und Ludendorffs über die Kriegsziele veröffentlicht wurde. Wer weshalb? Erstens ist es «in Verbrechen, wenn man Annexionist ist, das ist lediglich eine politische Frage, zweitens mußte die Oberste Heeresleitung, ivenn sie um ihre Ansicht über Kriegsziele befragt wurde, sich rein auf militärische Gesichts punkte beschränken. Es ist doch selbstverständlich, daß die Reichsregierung hier den Friedensschluß aus rein militä- rischen Gesichtspunkten beurteilt wissen wollte. Dem Reichskanzler lag es ob, die militärischen mit den politischen Gesichtspunkten zu vereinen. Daraus, das; Ludendorff die Mnaszrenze für Deutschland erstrebte, ist ihm kein Vorwurf zu machen, es ist eine alte militärische Forderung. Kindlich sin- geradezu die Glossen, die mau in den sozialistischen Blättern findet, über den Passus, in dem von dem nächsten Kriege die Rede ist. Die Denkschrift der Heeresleitung als solche ist jedenfalls als BelastungS material gegen Ludendorff für den nun einigermaßen objek tiven Leser nicht zu gebrauchen. Denn als Militär wurde von ihm ein fachmännisches Urteil verlangt und nichts anderes. Wie lveit nun aber Ludendorffs politische Tätigkeit reichte, das ist heute noch nicht zu übersehen. Erfolgte siö im Gegensatz zur Reichsleitung, so hat er sein Ressort über schritten, und- hat er sogar versuchst, durch Einflußnahme, z. B. auf den Kaiser, eine Friedensmöglichkeit zu unterbin den, sp wären die Angriff« auf ihn gerechtfertigt. Bisher aber ist dafür noch kein Beweis erbracht worden. Die Denk schrift ist jedenfalls keiner. Will man heute überhaupt von einer Schuld Ludendorffs sprechen, so kann man ihm nur zur Last legen, daß er nie manden in der politischen Reichsleitung gefunden hat, der ihm auch nur einigermaßen an Energie und Fähigkeit ge wachsen war. Ludendorff ist ein gewaltiger Mensch. Er lebt« in seiner Aufgabe und gab sich ihr mit der ganzen Leidenschaft eines großen Mannes hin. Ihm fehlte aber ein Bismarck als politischer Gegenspieler. Es ist bekannt, welche schweren Kämpfe Bismarck und Moltke ausgefochten haben. Mit Ludendorsf aber kämpfte kein eben bürtiger Gegner; so zwang ihn das Schicksal selbst zur Politik. Ein so gewaltiger Geist konnte der Versuchung nicht widerstehen, die Führung des gan zen Volkes zn übernehmen, da er sah, daß es führerlos war. Und das führerlose Volk jauchzte ihn zu. Heut loill es ihn steinigen. Um so mehr ist es Pflicht eines jeden anständigen Deutschen, auch wenn er Ludendorffs militär politische Ansichten nicht teilt, deni nun demagogisch Ange griffenen den Platz wieder anzMvcisen, der ihm zukommt. Schuld oder nicht schuld. Ludendorffs Werk, die Ver teidigung Deutschlands, ist ihm gelungen, und N>er die un versehrten deutschen Flur?n sieht und an die Wüste in Frank reich denkt, muß ihm ewig danken, Daß er das deutsche Volk nickst zum Siege führen konnte, ist's seine Schuld? Hätten alle Deutschen ihre ganzen Kräfte, körperlich und geistig, mit solcher SelLstverachtung, mit so heiliger Leiden schaft in den Dienst des Vaterlandes gestellt, wie er, wer weiß, ob wir nach Versailles gemußt hätten. v. VV. Vo» Wettkries zur Weltkrise Der größte Fehler jener Ratgeber der Herrsckierhäincr Mittel- und Osteuropas, die den Weltkrieg, in die Wege leiteten, war der, daß sie nur mit militärischen Faktoren rechneten, nicht aber mit politischen, gesellschast- lick-en und wii'tsckxiftlicheii Folgen eines andauernden Kriegszustandes den sie mindestens als wahrscheinlich in Rechnung stellen mußten. Vom rein militärischen Gesicksts- punkte ans betrachtet war auch die Lage Dcntschlauds gegen über den benachbarten Staaten eine relativ günstige und das militärische Pachtverhältnis Oesterreich-Ungarns gegenüber Rußland, Serbien und Italien konnte sich, wie Conrad mit Recht behauptete, in den künftigen Jahren nickst ver- bessern, sondern nur verschlechtern. — Wäre der Weltkrieg mit rein militärischen Mitteln ausgefochten worden, wären nicht politisch)«, gesellschaftlich und wirtschaftlich)« Fragen hineingeraten, so ist es mindestens sehr wahrscheinlich, daß er dennoch, wenn auch nicht mit einem vollkommenen Siege, so doch mit der Behauptung der Führerrolle Deutschlands ans dem europäischen .Konti nente geendet hätte. Unglücklicherweise trug aber dieser Krieg gleich vom Anfänge an alle Merkmale dessen an sich, daß auch die siegreich sich behauptendem Mittelmächte durch die Andauer des Krieges völlig ziisammenb rechen müssen werden. Die englisch« Presse hat bereits nach) den eichen größeren Niederlagen Frankreichs und Englands in: August 1914 darauf Hingelviesen, daß der Weltkrieg zugunsten Großbritanniens erst nach drei Jahren entschieden iuerden könnte, da es nicht gelungen sei, Deutschland mittels rein militärischen Mitteln in drei Wochn nioderzuringen. Diese britische Berechnung hat sich um ein Jahr, aber nicht inn länger geirrt. Wäre die russische Revolution im Jahre 1917 nicht ausgebrochen und hätte sie zu Ende dieses nicht wieder anarchokommunistische Zerstörung dieses Reiches durch Lenin und Genossen geendet, so hätte Deutschland und Oesterreich-Ungarn bereits Ende 1917 mangels entsprechen der Lebensmittel vor der von England geleiteten Koalition kapitulieren müssen. Die russische Revolution hat diesen Zusammenbruch aber nur um ein Jahr verzögert, dann aber um so schrecklicher gemacht. Zum politischen Zusam menlruch gesellte sich noch der gesellschaftliche. Tie Frage, ob ein Ausgleichssrieden während dieser Weltkriagsjahre noch möglich war, wird immer vom neuen aufgeworfen. Der deutsche Kaiser sck-eint selbst cm einen solchen Ausgleich gedacht zu haben, und zwar seiner zeit, als die diesbezüglichen Verhandlungen noch im Ge heimen stattfaniden und hauptsächlich zwischen den Höfen der Kaiserreiche Mitteleuropas und jenen Rußlands gepflo gen win den. Er tvurde aber durch die Kriegsziele des bri tischen Kcbinettes sehr bald enttäuscht, die als Bedingung der Kncgsbeendigun-g die Beseitigung der deut schen F lo t t e n inacht forderten. Diese Situation er gab sich bereits in den Herbstmonaten des Jahves 1914. Da mals sprach Kaiser Wilhelm die Worte, daß i n s o l gedeS Willens Englands der Weltkrieg solange dauern müsse, bis nicht der letzte deutsche Mann in den Kampf gestellt wird; Der gleich)« hartnäckige und unversöhnliche Gegner wie England gegen über Deutschland war Italien gegenüber Oe st er- reich-Ungarn. Sobald ersteres in den Weltkrieg ein- trat, war es sicher, daß dieser nur mit der Zerstückelung der früheren Monarchie oder aber mit denn Untergänge Italiens als Großmacht enden werde. Mit Rußland allein wirr ein Ausgleich Deutschlands und Oesterreich-Ungarn mit -dem früheren Zarenreiche leichter möglich gewesene Die drei Kaiserreich« waren nur durch wichtige tiefgehende Jnter- c'sengegensätze voneinander getrennt. Noch größer warm aber die Interessengemeinschaften, die sie gegen innere: nd äußere Feinde verbanden oder die siebciei n e r halbwegs vernünftigen Po l i t i k hä t t en ver binden müssen. Freilich war ein Ausgleich zwilchen Rußland and den Kaiserreickien Mitteleuropas in dem Mo mente nicht mehr gegeben, als das Zarenreich unter eng lischen Einfluß gelangte, und dies war bereits damals der Fall, als das 1915 geschlagene Rußland dringend englische Hilfe benötigte und den größten Teil seines GoldsckMtzes Großbritanien und seinen Verbündeten zur Verfügung stellen wollt' Wenn ubrrhausl ein Ausgleichssrieden mög lich war. io war kies nni io l. r ge der Fall, als das ruffi che Zarenreich noch der mäckstigste Faktor in der Koalition war und gleichzeitig Italien an Oesterreich Ungarn noch nickst den Krieg erklärt l>atte. Nach den russischen Niederlagen bei Lodz und Liinanowa hätte dieses Reich noch Frieden schließen können, und zwar einen für die drei benackjbarten Kaiser- reick)e sehr günstigen Ausgleichsfrieden, wobei allerdings sowohl Rußland als auch Oesterreich terri toriale Opfer hätten bringen müssen. Später tvar eine solche Ausgleichsmöglichkeit wohl nur mehr theoretisch mög lich. Tenn.mit denr Ausbruche der russischen Revolution und mit dem Eintritte Italiens und Rumäniens in den Weltkrieg war einerseits die drohende Revolutioniening der starken Monarchien Mitteleuropas gegeben, andererseits liatte sich aber England und Nordamerika verpflichtet, Ita lien und Rumänien solche Gebiete zn verschaffen, ohne die das Bestehen einer Habsbuvgermonarchic undenkbar war. In der italienischen Kammer ist kürzlich darauf lstngewieiea ttivrden, daß der Londoner Vertrag Fiume Italien deshalb nicht zusprach, weil damals eine völlige Auf lösung der Ha b s burge r m o n a rchi e noch nicht i n A nbe t ra cht g e z o g e n w o r d e n i st. Und doch war damals bereits die Bremiergrenze Italien ziigesprochen worden! Als aber Rumänien in den Weltkrieg eint rat, iiurd,' auch die letzte Möglichkeit seitens der Feinde fallen gelassen, die Habsburger Monarchie zu erlmlten. Die Kriegszielerkiarunaeu der Gegner zu Ende des Jahres 1916 geben dafür den sprechenden Beweis. Mit dem Untergärige des russischen Zarenreiches, der Habsbnrgerinonarchie und der deutschen monarchischen Staaten hat sich aber die Politische, soziale und wirtschaft liche Krise nicht allein auf diese Länder beschränkt, sondern sie geht über die ganze Welt hin. Wir sinder st znBe- ginnedieser gewaltigen Krise, deren Ende gar nicht absehbar ist. Wir wollen damit nickst bS- l>aupten, daß der Aiiarchokommiinismus «ine Zukunft hat. Wer die sozialen, wirtsck)aftlichen und politischen Triebkräfte, die das schrankenlose von Amerika verkündete Selbstbestim- miin,echt der Völker geschaffen hat, we 'den in den Ländern aller Kontingente immer stärker in Erscheinung treten, die zu gewaltigen Umwälzungen und Ereignissen führen, denen gegenüber diejenigen, di« den napoleon ischeu Kriegen gefolgt, geringfügig sein weiden. Die Ereignisse in Ungarn Ein Königreich Ungarn-Rnmiinien Wien, 6. August. Die neue ungarische Regierung hat die Krone von Ungarn in einen: Manifcst dem KönigFerdinandvonRumänienangeboten. Sie begründet diese Tatsache damit, daß die Pariser Frie denskonferenz einen großen Teil Ungarns mit mehrerer« Millionen ungarischen Einwohnern Rumänien zuerkannt hätte. Ungarn will mit dem Königreich Rumänien in eine Personalunion eintreten. Die Wasfenstillstandsbedingungen Wien, 6. August. Die vom rumänischen Armeeoberkom mando ausgestellten Waffenstillstandsbsdingungen für Un» garn sind folgend«: Uebergahe des gesamten Kriegsmaterials, Herabsetzung