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Mittwoch, 15. Oktobc Fernsprecher 21SSS Postscheckkonto Leipzig Rr. Rr. RS8 L8. Jahrg. GeschSftostele unk Nekadtion, D»*Krn - A. 1«, Holbeinstrahe 4» t», vieNeWHNich w der S«sch8ft»ßell« oder don der Post adgeholt Au»g-,b« 1 4.08 SlnSaabe v Sn Dresden »w ,<m» Deutschland frei Hau» SlnSgab« ^ 4.V8 Ausgabe » 4.08 ^4. — Die Sächsische erscheint a» all«« Wochentage« nachmittags, — Sprechstunde der Redaktion: 11 bis 1« Uhr vormittags. Andeigeni Annahme don GeschSftSanzeigen bis 10 Uhr, von FamIIienanzeigcn bis 11 Uhr dorm. — Vr ft!.- bi» Petit-Spaltpeile 80 tm Neklameteil 1 Familie».Anzeigen 40 ^ — Für undeutlich geschriebene, sowie Fern sprecher Liftgegebene Anzeigen können «tr die Lerantwortlichleit siir die RichtigkeU des LegteS nicht u -ernehmen : irts -rr»«« Industrie und Betriebsräte Der Aufruf zur AHstimrmmq ' Der Gesetzentwurf über die Betriebsräte, über den die . Nationalversammlung in nächster Zeit zu entscheiden baden wird, bringt in der vorliegenden Form olme Zweifel tief gehende Eingriffe in Gebiete mit sich, die bisher ganz oder fast ausschließlich dein Unternehmer oder Betriebsleiter Vorbehalten waren. Der Einspa u ch, der gegen den Eilt Wurf in der augenblicklichen Fassung von der Indn st r i e erhoben wird, erscheint daher durchaus erklärlich. Tie In dustrie läßt dabei dnrchblicken, daß sie nicht gegen ein Mi!- bestiiirmnngsrecht der Arbeitnehmer an sich ist, sondern durchaus bereit ist, dem Gesetzentwurf soweit,zuzusti»imen. als er den Arbeitern und Angestellten ein Mitbestimimmgs- .recht bei der Regelung ihrer Arbeits - und Dienst- Verhältnisse einränint. Wogegen sie sich aber nach drücklich wendet, ist die Absicht, darüber hinaus für die Arbeitnehmer auch ein Mitbestimmungsrecht auf die eigentliche Leitung der Betriebe gesetzlich fest- sulegen. Die Industrie hegt die feste Erwartung, das; der Entwurf in der Form, das? er sich in die rein wirtschaftlich, n Verhältnisse der industriellen Betriebe vinziimischrn sucht nicht Gesetz wird. Zumat die Gründe zum Entwurf nicba lediglich wirtsclaaftliche seien, sondern auch rein poli tische. Nämlich über wie Betriebsräte allmählich zu der V o l l-s o z i a l-i s i e r uaa g zu gelangen, die man ans an derem'Wege nickst so schnell erreichen zu können glaube. Was nun Einzelheiten des Gesetzes anbelongt, denen die Industrie 'nachdrücklich widerspricht, so sind e.s, abgesehen von dem 8 ick- wo die Industrie die Angestellten aus gehobenen Posten, wie zum Beispiel die Prokuristen, von der Einbeziehung in das Gesetz ans genommen wissen möchte, vornehmlich die 88 3ii, 35 und 40, bei denen der scharfe Einspruch der Industrie einsetzt. Nach 8 35 hletzte drei Absätze,) hat der Betriebsrat 1, „an der Einführung neuer Arbeitsmethoden fördernd mitziiarbeiten" und 2. „in Unternehmungen, für die ein Anssichtsrat be steht, einen oder zwei Vertreter in den Aussicht:-- rat zu erlösenden, -welck e mit den übrigen Aufsichtsratsmit- gliedecn gleiche Rechte und Pflichten haben". — Von elfte rem Punkae verspricht sich die Industrie eine Förderung der Produktivität ohne weiteres nicht, fürchtet vielmehr die Gefahr der Unterbindung neuer Methoden. Der zweite Punkt bedeute den ersten Schritt, um in die eigentliche Lei tung des Betriebes Einblick und auf diese Einfluß zu ge winnen und damit in Dinge hineinzuwirtschatten ,von -denen die Arbeitnehmer ihrer ganzen Natur nach nicht Ge nügendes verstünden und auch vielfach nicht verstehen kön nt'e n. Fast größer als zum 8 34 sind die Bedenken zum 8 35 des Gesetzentwurfes, dessen erster Absatz den Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat bazw. Ausschuß „über alle die Arbeitnehmervevhälknisse berührenden Betriebs- Vorgänge" Aufschluß zu geben, soweit dadurch keine Be- MrieKZ, oder Geschäftsgeheimnisse gefährdet werden. Ins besondere hat der Arbeitgeber ans Verlangen „die Lohn bücher vorzulegen und den Betriebsrat über die Leistun gen des Betriebes und den zu erwartenden Arbeitsbedarf zu unterrichten'". In Unternehmungen, die zur Führung von Handelsbüchein verpflichtet sind und die mindestens fünfzig Arbeiter beschäftigen, können die Betriebsräte ver langen, daß ihnen vom 1, Januar 1020 ab alljährlich „eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung für das verflossene Geschäftsjahr zur Einsichtnahme vorgelegt wird". — Zwar sind die Mitglieder des Ausschusses zu Still schweigen über die vertraulichen Angaben verpflichtet. Die Industrie ist jedoch der Ansicht, daß dieses Stillschwei gen vielfach nicht beachtet werden wird oder kann, da die Arbeitnehmer von den von ihnen gewählten Räten Rechen schaft fordern werden. Eine Verletzung der Schweigepflicht bedeutet in vielen Fällen eine Gefährdung des wirtschaft lichen Bestandes mancher Unternehmung, indem unnötiger weise der Kredit geschwächt oder gar untergraben wird. Eine Offenlegung der Bilanzen führt zn unberechtigter Gleichmacherei der Gehälter, Lohntreibereien ohne Rücksicht auf ungünstigere Betriebs- und Bilanzergebnisse in schlech ten Zeilen. Nicht zu vergessen ist auch, daß der Zwang zur Offenlegung der Bilanz unter den Unternehmern selbst leicht zur Verschleierung und Korruption führt und damit zu einer Benachteiligung ehrlicher Unternehmer zugunsten weniger gewissenhafter, zn einer weiteren Untergrabung von Treu und Glauben in Industrie- und Handelsverkehr. Der 8 40 flg. des Gesetzentwurfes handelt von Ein - stell u ng und Entlassung von Arbeitnehmern. Ge gen jede Einstellung kann der Betriebsrat Einspruch er heben, wenn „wichtige berechtigte Interessen des Betriebes oder der Arbeitnehmerschaft verletzt werden". Zwar wird Berlin, 14. Oktober, Die N c i ch s r e g i e r u n g und die preußische S t a a t s r e g ier u n g erlassen folgen den Ausruf: Tcutschc Brüder und Schwestern e.«s den bedrohten Grenz marken! Der furchtbare F am e d e n s v e r t r a g von Ver sailles ist euch bekannt, Unerträgliches legt er uns miß Das Unerträglichste von allein aber ist, daß weite Ge biete deutschen Bodens, Millionen deutsche Volksgenoisrn ohne Befragung vom gemeinsamen Vaterlande los gerissen wurden. i Eine andere Folge der Fmedensbedingaingen aber gibt ''»es, die nach abzuwenden in eurer Macht steht. Ueber Lberschlesien, über oft- und wcstpreußische Preise, über Nordschleswig und di-o rheinischen Kreise Eupen und Malmedy soll die Bevölkerung mittels Abstimmung ent- « scheiden, ob sie beim Deutschen Reiche bleiben ober mit ? einem fremden Staate vereinigt werden will. Freilich sind i die Vorschriften über die Art der Abstimmung mit Vor- l bedacht für uns so ungünstig wie möglich von ! denen ersonnen, die den Frieden diktiert bauen. Dennoch i unterliegt es keinem Zweifel, daß die gesamten Abstim- j mungsgebiete dein deutschen Vaterland erhalten bleiben- j müssen, wenn jeder von e u cl- Alvtimmungeber Mig- I len am Tage der Abstimmung sein e P f l i ch r tut. - Dies gilt nicht mir für die jetzigen Bewohner die- « ser Landesteile, es gilt nicht minder für alle diesen : - H gen, die in den Abstimmungsgebieten geboren sind, L jetzt aber an einem anderen Orte wohnen und dae- 20. « Lebensjahr vollendet haben. Gerade die Zahl der letzteren j ist überaus groß. Von ihnen hängt es daher jetzt ab, der j Heimat, die sie geboren und die ihre Jugend behüt ü bat, sich dankbar zu erweisen. Erich allen rufen nur beule zu. Erhaltet sie deutsch! Ganz Deutschland erwartet von euch, das' ihr alle am Tage der Abstimmung an euren Gebnrts orten leid und dort Seite an Seite mit den ansässigen Bevölkerung von eurem Deutschtum Zeugnis ablegt. Ihr Ansässigen aber, gedenkt aller Mühen eurer Väter und Vorvärter um die deutsche Wohl fahrt und Sitte und gedenkt des Schweißes, mit dem sie den Boden, der euch ernährt, erst urbar gemacht haben! Ihr alle, die ansässigen wie fortgezogenen Männer und Frauen, steht, bedenist cs wohl, vor einer folgenschweren Entscheidung. Bleibt euer Heimatboden deutsch, so oleibt auch euren Kindern der Segen deutscher Arbeit erhalten. Wird er aber fremdländisch, so sind eure Kinder in Gefahr, in fremdem Bolkstnm unterzngehen. Bleibt das Land deutsch, so kann es seine Kraft leihen zum Wiederaufbau des ganzen sdciftschen Vaterlandes, und der Rubin seines Wiedererstarkens wird zwiefach euer Ruhm, Fällt es aber dein Zremdling aahcim. io wird eure Tüchtigkeit nur fremder Wirtichast zur Stär kung gereichen. Rettet ihr euer Land dem Deutschtum durch eure Standhaftigkeit — denn mit DersPrech u n - gen und Lockungen sucht man euch zu umgarnen -- so wird euer Vorbild in Millionen Deutscher tta den abzntretenden Gebieten wohnen, -und. denen das Recht der Volksabstimmung versagt ist, das nationale Empsiadeu. festigen. Fortan werden sie nn, so zäher an ihrem Deutsch tum festhalten. Rettet ihr durch Erfüllung eurer Pflicht als Deutsche dem Vaterland, was ihm heute noch bewahrt wer den kann, so wird dies den Schwachmütigen, die heute am Deutschtum zweifeln, eine Mahnung zur Ein- und Umkehr sein. Selbst weit hinaus ins Ausland werdet ihr dadurch die Ehre des deutschen Namens tragen. Mitbürger und Mitbürgerinnen, in eure Hände ist es nun gegeben, eine Tat zu vollenden, die .inst die Ge schichte an die Seite stellt den großen Taten unserer Ver gangenheit. Ungezählte eurer Brüder und Söhne hoben geblutet und das Leben dahingegeben, um die Heimat un versehrt zn erhalten. Denkt an das viel schwerere Opfer, das sie brachten und dankt es ihnen durch die Erfüllung eurer Vaterlandspflicht in der großen Stunde der Entscheidung. Steht i e st zu unserem Lande, seid treu enrena Volke, erhaltet un versehrt unsere geliebte Heimat!, weiter bestimmt: „Die politische, militärische, konfessionell .' oder gewerkschaftliche Betätigung eines Arbeitnehmers oder seine Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem pol: tischen, konfessionellen oder beruflichen Verein oder eineu: militärischen Verbände darf keinen Grunb zur Erhebung des Einspruches abgeben." — Hier befürchtet die Industrie, daß Lurch die Möglichkeit des Einspruches die Partei- Politik und der nackte W i r t s ch a f t s 1 e r ro r in daÄ Wirtschaftsleben hineingetragen werden. Dem Unteroeh-« wer solle wohl die Verantwortung siir den Betrieb gelosten« er im übrigen jedoch der tatsächlichen Leitung beraubt wers den. Gegen eine Verhütung schikanöser Entlayunge i hcft auch die Industrie nichts einznwenden; sie läßt sich auch er reichen. In dieser Erwartung eines Terrors stimmen auf Grund bisheriger Erfahrungen die Vertreter der ch-istlich- natioualen Abeiterorganisatiouen mit denen dei Iuwustrie überein. Zur Verhütung eines solchen weist da.- „Zentral blatt" (1010, Id) der christlichen Gewerkschaften aus iol- gende Möglichkeit hin: „Mitglieder de: BetrieDuu tes machen sich nur strafbar, wenn sie unbefugt Betrieb - -der Geschäftsgeheimnisse offenbaren, die ihnen in dieser (Nma- schaft bekannt geworden und als 'o.cich bezeichnet m-men sind". Sie haben dann am Antc g Geldürme las Dü Mark oder Hast zn gewärtigen. Wied dic'e srrchöare st ud- limg begangen, um den U-Kernerwer zu. schädigen od-, uu. sich oder anderen einen Vermögensvorlel! zu verüb Aleu, so tritt Gefängnisstrafe ein, Daneben kann auf A'-Oost der bürgerlichen Ebrenrachte und auf Geldstrafe me zu 3000 Mark erkannt werden. Es ist dringend zu wun .neu. daß diese B e st i m in n n g e n -noch a u s g e d e h u t wer den auf einen Mißb r a u ch des M c: o e st i u: ui n u u s - rechtes bei Einstellungen und Entlastungen. - Die Industrie hegt die -eiste E-Wartung daß ihre Aus» ) stellungeu bei der Beratung des Entwurfes- gehört uaö ge- '< würdigt werden. Viele Untern mmer wollen über jedes § soziale Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer sowie über i sonstige Mittel und Wege d-r Iutereyieniug und Vueili- gnng dieser an der Hebung ler ll.-oonktion gern u,w sich, ; reden lassen. Zur Wiederaus'ichcnng nmer-w Wutülast bedürfen wir aber der B e: r.. b s a u r o r i t ä t und l>. n > - t e r u e hm e r f r e ii n >d-e. Beides sieht die Industrie durch t den Gesetzentwurf, der sim sie e:u Svrung ins Duui!.' ist, ! schwer bedroht. ÄUt, öer NtTwk NlverfümmliZW Tie Lcdcrdebattr Stimmungsbild von unserem Parlamentarischen Vertreter Die Lederdebatte in der Nationalversammlung wird all mählich zn einer ledernen Debatte, Ein Blick in dcu Ver- handlungsranm läßt den Zuschauer ichauderns garstck° schrecken. Trostlose Leere! Kein Wunder aber auch, daß die Vollsitzungen unter der außerordentlichen Arbeitsmspan- nung der Abgeordneten in den Kommissionen nngeli 'uer leiden müssen. So fanden am Vormittag des Dienstag nicht! weniger als zehn Kommissionsfitzungcu statt! Bevor die Debatte über die Lederbewirtühastung fortge setzt wird, kommen einige Anfragen zur Erledigung, die weitgehendstes Interesse haben. So wird ans eine unab hängige Anfrage von Regiernngsfeite gcaniavortef, daß ein neuer Entwurf bezügl. der K o m m u n a l i s i e r u n g der W i r t s ch a f t s b'e t r i e b e in Vorbeceitung sei, der dem nächst schon der Nationalversammlung zngehen werde, da sich der alte Entwurf als nicht tauglich erwiesen habe. Ans eine Anfrage des Zentrnmsabgeordneten Hebel über das Verbleiben der Glocken und des GlockenmetallS erfolgt eine mn ungenügende Antwort vom Regiernngstische. Man z deckt sich wieder einmal mit formalen Vorwänden, es wird wohl eines stärkeren Trucks der Oeffentlichken bedürfen, um den durchaus berechtigten Wünschen der Gemeinden mif Rücklieferung ihrer Glocken oder wenigstens Bereitstellu ig neuen Glockeumetalls, wie aber auch der Ergreifung ron Maßnahmen gegen Schiehergeschäfte mit diesem Glocken- metall zum Durchbruch zu verhelfen. Als die Lederdebatte durch den .nehrhettssozstilist'iichm Abgeordneten David sohn wieder ausgenommen wird, bot der Saal folgendes bezwingendes Bild: von der Parier des Redners waren sechs Mann, von den Unabhängigen vier, vom Zentrum elf, von den Temoklateii einer und von dm Rechtsparteien überhaupt kein Mann zur Stelle dazu kämm 13 NegierungSkommissai-e und ein Minister. Davidsohn ist eines der minder sympathische!' Mitglieder des Hauses. Sein gräßliches heiseres Organ milk einem ans die Nerven. Er bellt förmlich, und ans seinem polternden Geb irr:« könnte man fast fchlietzen, daß er jeden Augenblick seine Hemdsärmel ailfkrempett. Die Davidsohnsche Rede ist im Grunde eine nachträgliche Lobrede cn.f Wifiell. den Amtsvorgänger des jetzigen Neichswirtschaftsministers, und es fällt auf, wie Davidsohn sich gegen feinen eigenen (sie- nossen in der Regierung, den jetzigen Wirtschaftsministcr Schmidt, wendet. Wissel! hätte alles recht gemacht, Schnaidt aber habe sich breit schlagen lassen. Der Zeittrums redner Dieb deckt die Schäden der Zwangswirtschaft auf und ruft damit den Minister Schmidt auf den Plan, oer