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MchsMeUolksMim >v«ji,a-pretS; ! Ausgabe 1 mit 2 Beiln« n vtertsIjSbrlich 2,1« In! Dresden durch Bote» 2 4« ^ In qanz Deutschland frei Haus 2.82 -tt: in Oesterreich Itt N. l Ausgabe » nur mit Feierabend viertelsahrtich 1,8« In Dresden dnrch Loten 2,1 «H In ganz Deutschland frei HauS 2,22 in Oesterreich 4,«V W — EinzcI-Nr. I« 1 Redaktions-Sprechstunde: 1« bis 11 Uk>r vormittag». ! ! Für Rückgabe cingesandter Schrjststücke macht sich die Redaktion n cht verbindlich: Rücksendung ersolgt, wenn Rückporto bei gesügt ist. Brtejlichen Ansragen ist AntwortSporto detgusügen. I Anabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Unterhaltungsbeilage Die illustrierte Zeit und Sonntagsbeilage Feierabend Anzeige» r 1 Annahme von GeschäftSanzeigen bis I« Uhr, von Familien- anzcige» dis 12 Uhr. ! Preis sür die Petit-Spaltzeilc 2« ^, im Reklameteil U« Für »udcutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aus- gegebene Anzeige» können wir die Verantwortlichkeit für die I Richtigkeit des Textes nicht übernehmen. Geschäftsstelle und Redaktion Dresden, Hvlbeinstrakc 18 Nr. 222 Fernsprecher 1366 Sonnabend, den 28. September 1912 Fernsprecher 1366 11. Jahrg. Aie Geschäftsräume der Saxonia- Buchdruckerei und Sächsischen Volkszeitung befinden sich jetzt HoLbeinsLrafte Hb. «««»«»««»SSM»«»»»»»» Wochenschau, Die Deputation der Zweiten Ständekammer für das neue Volksschulgesctz bemüht sich, den Regiernngsentwurf zu „verbessern" Wie diese „Verbesserungen" in religiösen Dingen aussehen, zeigt folgende kurze Zusammenstellung.: Tie konfessionelle Volksschule soll zwar beibehalten wer den, aber der Entschluß ist gegen eine sehr große Minder- heil gefaßt worden. Sehr schwerwiegend ist der Beschluß, daß das Gelöbnis der BekenntniLtreue, das bisher von allen Lehrern, die zur Erteilung von Religionsunterricht berechtigt waren, gefordert wurde, künftighin in Wegfall kommen soll. Nur der Diensteid soll noch verlangt werden unter Anwendung, der Vorschriften für die Staatsdiener. Durch diese Bestimmung soll erreicht werden, daß auch solcl>e Lehrer, die innerlich mit dem religiösen Bekenntnis gebro chen haben, die Möglichkeit haben, fernerhin Religions unterricht zu erteilen. Auch die von der Regierung borge- schlagene kirchliche Aufsicht über den Religionsunterricht ist nicht gebilligt worden; ein Beschluß über Ersatz hierfür konnte nicht gefaßt Warden. Endlich fordert die Deputation die zwangsweise Einführung der allgemeinen Volksschule Ulkt der Maßgabe, daß bei ihr vom dritten Schuljahre ab eine Abteilung mit höheren Bildungszielen unterhalten werden darf. Die gegenwärtige Tagung, der Deputation wird an diesen Beschlüssen vielleicht noch manches ändern, ümd zwar tvahrscheinlich noch mehr im Sinne der Lehrer schaft. Mit großer Spannung blickt man in weiten Kreisen unseres Volkes ans die Verhandlungen des demnächst zu sammentretenden Landtages, bei denen diese Beschlüsse der Deputation, sowie der Entwurf der Negierung erneut zur .Beratung gelangen werden. Der sozialdemokratische Parteitag in Chemnitz hat keine großen Taten vollbracht. Er hat gegen frühere Par keitage einen ruhigeren Verlauf genommen. In erster Linie ist dies darauf zurückzuführen, daß man sich in Chemnitz krampfhaft bemüht hat, alle Erörterungen zu vermeiden, die die innere Zerfahrenheit der Partei offenbar gemacht hätren. Nicht mit Unrecht ist er darum der Parteitag der Phystonomielosigkeit genannt worden. Die Verhandlungen waren größtenteils inhaltlos und langweilig, nur am letz ten Tage kam daS übertünchte Bild früherer Parteitage nochmals zum unverfälschten Ausbruch. Es galt die Ab- schlachtung Hildebrandts, der sich an den marxistischen Dog men der Partei versündigt hatte und im Gegensätze zu kehr vielen anderen, die sich der gleichen Sünde schuldig ge macht haben, auch den Mut seiner Ueberzeugung hatte. —WWE»—»M»——M»MWW—-MM»,—»——»»«, Das viel erörterte Stichwahlabkommen zwischen Freisinn und Sozialdemokratie fand dis Billigung, des Parteitages und zwar in einer Weise, die es nicht ausgeschlossen erschei nen läßt, daß sich die Genossen auch in Zukunft zu ähnlichen 28ahlgeschäfte:i mit den Linksliberalen bereit finden lassen werden. Dem Parteivorstande ist ein ans 32 Mitgliedern bestehender ParteiauSschnß beigegeben worden, wodurch das revisionistische Element einen stärkeren Einfluß ans die Parteileitung gewonnen hat. Ueberhaupt ,hatten die Re visionisten in Chemnitz glückliche Tage, die Radikalen gaben chren Wünschen in allem nach, da sich in der heutigen So zialdemokratie die Ueberzengung doch immer mehr Bahn bricht, daß es vor allem darauf ankommt, das Ziel, den Umsturz der bestehenden Gesellschaftsordnung, vor den Augen der Menge möglichst zu verdeckest, nm es desto schneller zu erreichen. In der Verfolgung des Zieles sind sich die Radikalen nnd Revisionisten einig, mrd darum lassen die Radikalen den Revisionisten viel freie Hand. Das ein- zige Opfer, das sie für ihren PartcifcmatismuI forderten, war die Hinrichtung Hildebrandts, die sie auch mit über wältigender Mehrheit durchsetzten. Inwiefern die dies jährige rote Woche die innere Entwickelung der Partei be einflußt hat, wird erst die Zukunft lehren. Es wird sich vor allem darin bemerkbar machen, wie sich die sozialdemokratische Partei bei kommenden Wahlen zu den linkSlibcralcn Par teien stellt. In der österreichisch-ungarischen Delegation hat der Minister des Aeußeren Erklärungen abgegeben, in denen die kritischen Bewegungen, die über dem Balkan zittern, ihren Ausdruck finden. Aus der Rede des Mini sters geht es klar hervor, daß Europa neuerlich vor der Ge fahr eines großen Balkanbrandes steht, ununterbrochen melden sich die Wctterzeichen am Himmel nnd noch sind zwar Hoffnungen berechtigt, daß auch diesmal die Gefahr sich abwenden lassen werde, doch kann niemand bestimmen, was schon die nächsten Tage bringen. Das Erposä beschäf tigt sich fast ausschließlich mit der Balkanfrage und den da mit in nächster Verbindung stehenden europäischen Ange legenheiten, den türkisch-italienischen FricdenSvcrhandliin- gen, dem Meinungsaustausch der Mächte, der persönlichen Fühlung des Ministers mit den Amtsgenossen und Fürsten dO verbündeten Staaten nnd des befreundeten Rumänien. Es läßt schicksalsschwere Ereignisse ahnen, die im Hinter gründe drohen, und es bildet für die österreichischen nnd ungarischen Delegierten eine wichtige Mahnung, den Ernst der Stunde nicht zn verkennen. Zugleich enthalten aber die Worte Berchtolds auch eine Warnung sür dis Minister Sasanow und Grey, die zurzeit in London sich über die in ternationale Lage besprechen. Die beiden Minister werden nicht umhin können, die ernsten Erklärungen des österrei chisch-ungarischen Chefs des auswärtigen Amtes zu bcach- len und in den Kreis ihrer Erwägungen zu ziehen. D i e L a g e a u f d e m Balkan ist tatsächlich äußerst drohend. Die Montenegriner, die Serben und die Bul garen können es nicht fassen, daß sie den günstigen Moment nicht benützen sollten, um über den „kranken Mann" äm Bosporus hcrznfallcn. In Bulgarien versichern der Kö nig, die Negierung und die am Frieden interessierte Jn- dustriewelt, daß sie sich krampfhaft bemühen, die Volks- massen vor unüberlegten Schritten zurückzuhalten. Dia nächsten Tage schon müssen zeigen, was von diesen Ver sicherungen zu halten ist. Die bulgarische Negierung will die Autonomie Mazedoniens; sie weiß aber ganz gut, daß die Türkei unter den jetzigen Verhältnissen überhaupt nicht in der Lage ist, ernste Reformen durchzufiihren. Es sieht also fast so aus, als ob Bulgarien sich von ehrgeizigen Plä nen leiten ließe und den Krieg wünsche. Inzwischen gehen die FriedenSverhandlungen zwischen der Türkei nnd Italien ruhig weiter. Vorderhand anscheinend ohne Erfolg. Es werden bis jetzt täglich Vor schläge nnd Gegenvorschläge gemacht, ohne daß man eine halbwegs geeignete Basis für den Frieden finden könnte. Alle Verhandlungen scheitern an den Grundschwierigkeiten, nämlich beiderseits annehmbare Lösungen der Souveräni tätsfrage lind der Inselsrage zu finden. All die anderen Fragen, über >velcl)e die Unterhändler angeblich einig ge worden sein sollen, sind nebensächlicher Natur und üben auf den Friedensschluss keinen Einfluß ans. lieber die letzten Kämpfe in der Ehrenaika werden »och immer sich widersprechende Berichte ansgegeben. Es scheint aber, daß es den Italienern gelungen ist, nach schweren Kämpfen und Verlusten ans beiden Seiten ihre Stellungen zu behaupten. In der Türkei sowohl wie in Italien trifft man neue Kriegsvorbcrcitungeii. England hetzt noch immer gegen Deutschland. Wenn aber etwas geeignet war, abkühlend ans die Zei- tungSstrategen zn wirken, so waren cs die englischen Land- manövcr nnd ihr jähes Ende. Wegen zn guter Aufklärung ans beiden Seiten hätten sie abgebrochen werden müssen, so verkündet »ns der offiziöse Draht — denn keine aus ländische Dummheit ist so dumm, daß sie nicht von den telegraphischen Aureans in Tcntschland dienstwillig ver breitet würde. Deutschen Fachleuten ist es längst kein Ge heimnis mehr, daß man in englischen Manövern KriegS- bilder zu sehen bekommt, die man in keinem Feldzüge je gesehen hat, noch je wieder sehen wird. Die Wahrheit wird denn auch hier wohl sein, daß die — deutsche — Invasions- ormce und die englisclie Armee, die London decken sollte, derart durcheinander gekommen ivoren. daß der Nest hätte im Boxkampf anSgemacht werden müssen. Tie Mongolei hat sich bekanntlich bald nach der Umwandlung Chinas in eine Republik für unabhängig er klärt, wobei die mongolischen Fürsten ziemlich offen An- lelmimg an Rußland suchten. Tic republikanische Regie rung ihrerseits ging, nachdem im Innern wieder normale Verliältnisse geschaffen waren, daran, die Mongolei mit Gewalt in den chinesischen Staatsverband zurückzuführen, zn welchem Zwecke eine größere militärische Expedition ent sandt wurde. Ta langen min täglich Meldungen ein von Grausamkeiten der chinesischen Erpcditionstrnppcn gegen die Mongolen, von Kämpfen zwischen Chinesen »nd Mon golen »sw. Die meisten dieser Meldungen kommen aber über Petersburg, wo man ein Interesse daran hat, mög lichst dick anfzntragciv nm die Noiwciidigkeit einer Inter vention Rußlands zn zeigen. Das wird wohl auch so kommen! . . . ' ' , ".?*» Im großen und ganzen ist die Weltlage, kste der österreich-ungarische Minister des Aeußeren sich auSdiückte., „keineswegs beruhigend". Eine Umwälzung in der Ernährungsfrage Von Dr. Joh. Alexander. sRachdruck dervoten.l Unsere Hausfrauen können jubeln: Die Fleischpreise Mögen steigen, so hoch sie wollen, das Fleisch als Nahrungs mittel wird in nicht allzuferner Zeit als überwundener Standpunkt gelten; aber noch mehr: Nicht nur das Fleisch als solches, auch Eiweiß — denn das ist ja Fleisch — in jeder Form, ist, wie nunmehr erkannt, durchaus kein un- -entbehrliches Nahrungsmittel, wie bisher angenommen swurde. Wir haben also auch nicht mehr nötig, uns nach - mehr oder weniger fragwürdigen und vielen unsympathi- j scheu Eiweißstoffen anderer Art umzusehen, als da sind ldas Hühnerei und die verschiedenen Arten Pflanzeneiweiß, die sich bekanntlich in den Hülsenfrüchten, dem Getreide, Nüssen nnd puderen Samenträgern pflanzlichen Ursprun ges vorfinden und in dieser schrecklichen Zeit der Fleisch teuerung von Vegetariern angelegentlichst, obwohl meist vergeblich, empfohlen werden. Von jeher galt es. als unumstößlicher Grundsatz, daß wir denjenigen Staff, der das Muskelfleisch ausmacht und der von dem Chemiker als Eiweiß bezeichnet wird, nur da durch im Körper neuerzeugen können, daß dem Organis mus solcher Eiweißstoff selbst — und nicht etwa die den selben zusammensetzenden Bestandteile — zugeführt werde. Dies lehrte nicht mir die Erfahrung an uns selbst, sondern auch die Erfahrung, welche die gesamte Tierwelt zeigt. Was ist nun aber eigentlich Eiweiß? Der Chemiker versteht darunter nicht einen ganz bestimmten Stoff, son dern faßt unter diesem Namen eine Reihe von Körpern zu sammen, welche stets die fünf chemischen Grundstoffe oder Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel in wechselnden Mengeverhältnissen enthalten. Im Durchschnitt finden sich in den Eiweißkörpern in 100 Ge lvichtsteilen 5,2 H-Z Gcwichtsteile Kohlenstoff, 7 Wasserstoff, 22 Sauerstoff, 17 Stickstoff und mir etwa N/> GcwichtSteil Schwefel. Diese „chemische Analyse" gibt aber noch nicht den geringsten Aufschluß über die eigentliche Natur der Eiweißstofse, vor allem nicht über ihre Entstehung aus den fünf erwähnten Grundstoffen. Keinem Chemiker ist es bis her gelungen, Eiweiß künstlich zu erzeugen, was doch bei vielen anderen Pflanzen- und Tierstofsen schon seit langer Zeit erreicht worden ist. Wo und wie entsteht nun aber Eiweiß in der Nalnr? Die Antwort hierauf ist: Nicht im tierischen, sondern imiuer nur im Körper der Pflanzen, in deren Zellen sich unter dem Einflüsse des Sonnenlichtes ans den einfachsten chemi schen, die oben genannten Elemente enthaltenden Verbin dungen ans eine noch völlig unbekannte Weise die Eiweiß- körpcr bilden. Solche Verbindungen sind Wasser, Kohlen säure, schwefelsaure Salze, sowie Ammoniak und salpeter- saure Salze, unter denen die beiden letzteren diejenigen sind, die den für das Eilveiß charakteristischen Stickstoff enthalten. Kein Nahrungsmittel nämlich außer dem Eiweiß ent hält Stickstoff und Schwefel, daher ist es auch eine ringe- heure Torheit, einen hungrigen Menschen lediglich mit Nahrungsstoffen der beiden anderen noch bekannten Arten, nämlich mit Fett oder mit Zucker und Stärke (den soge nannten Kohlehydraten) sättigen zn wollen. Denn diese Stoffe enthalten lediglich die drei Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff mid Sauerstoff. Stickstoffhaltige Nahrungs mittel außer Eiweiß gab es aber bisher noch nicht. In den seither als unumstößlichen Grundsatz geltenden, durch die Erfahrung des täglichen Lebens an Menschen und Tieren seit Jahrtausenden erprobten Satz, daß Eiweiß sich im Tierkörper immer nur ans Eiwciß erzeugt, ist uun aber durch die ueuesteu ivissenschafilicheu Versuche eine Bresche gelegt morde». Ter bekcmute Berliner Physiolog Emil Abderhalden hatte sich nämlich schon lange die Frage vor gelegt, ob denn das als Nahrung aufgenommeiie Eiweiß im Magen und Darm eine Veränderung oder Zersetzung erleidet, wie es doch bei fast allen anderen Speisen der Fall ist, oder ob etwa die dein Körper zugeführten Eiweißstoffe in unveränderter Form durch die Darmwändc dringen und h-eranf den: Blute zugeführt werden, nm an den verschie densten Stelle» im Muskclfleisch abgelagert zu werden? Nun kann man natürlich die Eiweißstoffe auch künstlich zerlegen oder zersetzen — dieser Prozeß vollzieht sich in der Natur überall da, wo Fleisch verwest oder verfault — und die entstehenden Stoffe untersuchen. Hierbei bilden sich aber keineswegs die oben ermähnten fünf Elemente Kohlen stoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel, son dern zunächst noch ziemlich kompliziert zusammengesetzte Verbindungen derselben, zum Beispiel Blausäure und Ben zoesäure. Bei weiterer Zersetzung entstehen aus denselben noch einfachere Verbindungen, wie die bereits genannten Wasser, Kohlensäure und Ammoniak. Kocht man die Ei- wcißkörpcr mit verdünnten Säuren, so zerfallen sie eben- i! H I - «