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Str. L«8 — LI Jahrgang. D»«ner-tag de« Juli LVLM ZächlWieUolksmtliilg »scheint täglich n«ch«. mit «u»na-m« der Konn- und Festtage 4 mit .Die gett in Wort und BIIl>" dierteijährlich »,lv 4t, An Dresden durch Bolen »,4V 4k, In gant Deutschland frei HauS »,S» 4k: in Oesterreich 4,43 L. ««»,»»« » ohne illustrierte Beilage vierteljährlich »,8V 4», I» Dresden durch Boten »,IV 4k, An ganz Deutschland fre' ».»» 4k; in Oesterreich 4.V7 L - iinnzN-Nr, ,0 4 Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die «gespaltene Petttzetie oder deren Raum «V Lv 4, Reklamen mit SV 4 die Zeile berechnet, bei Wiederholung«» entsprechenden Rabatt, Buchdrnikerei, Redaktion und ütefchiiftSstekl«, Dresden, Pillnttzer Strafte 4». - Fernsprecher 1»«« Fit» Riiikgab« unverlangt. Schriftstücke keine werbiudltchkÄ Redaktions SpreNiiUlnee: I I biS 12 Ubr, llNr«» ll»>»a Krövs AilS*sl»t>I kosllslo ksilionung Utirmsekkr sVeNinorstr. >2 Vivoti Ois bsstso Zrfri8ckunZ8-6onbon8 Vs Ukunck 1.°; anä 2V uvsMbobrliob uuk H,o>8öii ur>6 clusüügoll, srbalton 8io boi CerÜng 8- ((oeßKroti, Uresäen, Xioäorlsgsii ill ullou Ltackltoilon. Englische Flollenrüstungen. Vor einigen Togen schrieb Hakluyt Egerton im „Tag"' „Die Engländer wollen keinen Krieg. Sie verstehen ihre Minister besser als irgend ein fremder Kanzler, nnd sind sicher, daß kein englischer Minister .Krieg mit Deutschland suchen würde. Anderseits raubt ihnen, das ständige Wachs tum Deutschlands die Ruhe." Daß den Engländern die Ruhe augenblicklich wieder etwas abhanden gekommen ist, zeigt die neue Flottenrcde Churchills. Churchill gab offen zu, daß der unmittelbare Anlaß zu Len Nachforderungen für die englische Flotte in -dem neuen deutschen Flottengesetz zu finden sei, dessen Hauptmerkmal die Vermehrung der Streitmacht der sofort verfügbaren Schiffe aller Klassen sei. Da könne Groß britannien nicht Zurückbleiben, sondern müsse von seinem dentsctzen Nachbar lernen. Und Churchill führte den Eng ländern als nachahmenswertes Beispiel vor Augen, wie die Deutschen mit ihrer Flottenpolitik „unerschütterlich auf ihr Ziel loSgingen". Worin aber das Ziel bestehen soll, hat Churchill seinen Landsleuten wohlweislich verschwiegen, trotzdem das eigentlich sehr notwendig gewesen wäre. Hakluyt Egerton, der seine Landsleute doch kennen muß, .sagt ihnen nach: „Die Engländer können nicht verstehen, tvarum die Deutschen so schnell nnd so stark rüsten, wenn sie nicht entschlossen sind, einen Krieg zu führen." Da wäre es doch wohl angebracht gewesen, »venu Chur chill das Ziel, auf das die Deutschen „unerschütterlich los-- gehen" auch genannnt und damit den Kreis derer, die wie Hakluht Egerton über die deutsche Flottenpolitik vernünftig denken und nicht an das deutsche JnvasionSgcsPenst glauben erweitert hätte. Hakluyt Egerton sagt: „Mancher von uns sieht Ihre Flottenpolitik als ganz natürlich an. Wir, die das tun, wissen ganz gut, daß Deutschland eine Weltmacht ist. Wir wissen, daß Deutschlands rapide wachsende Han delsinteressen in allen Weltteilen hat: wir wissen, daß eure starke Flotte siir Ihre politische Unabhängigkeit nötig ist und daß Sic nur durch solch eine Flotte den Verlust gut machen können, den Sie durch die unvermeidliche späte Ent wickelung Ihrer Kolouialpolitik erlitten haben." Churchill hätte wohl gut getan daran, bei der Begrün dung des englischen Flottentetats sich an dieses Vorbild et- Nas mehr zu halten. Der Grund der englischen Nervosität liegt, wie schon angedcutei, offenbar in der Verstärkung der deutschen Wehr macht, die in der letzten Reichstagssession bewilligt worden ist. Wenn wir von Wehrmacht reden, so meinen wir damit in diesem Falle nur die Flottcnmacht, denn die Vermehrung des Heeres war den Engländern ganz egal: ja sie ließen seinerzeit unter der Hand versichern, daß es gut für den Nölkerfrieden sei, wenn das deutsche Heer sehr stark sei, so allein sei es ein Hort des Weltfriedens, so allein bleibe Europa vor einem Kriege gesichert. Aber — aber! Die Flottenvermehrung sollte unterbleiben! Das war der alleinige Zweck der Bemühungen der Engländer. Wir erinnern uns nicht, daß ein deutscher Staatssekretär sich-vor das Parlament hingestellt hat nnd mit den genaue sten Zahlen über die englische Flotte und ihrer Besatznngs-- mannscl>aft aufgewartct hätte, um den deutschen Reichstag zur Annahme eines Flottengesetzes zu bewegen. So deut lich wie von Churchill wurde noch niemals rund heraus ge sagt, daß England seine Flotte lediglich mit Rücksicht auf Deutschland vermehrt, daß es gegen Deutschland rüstet! Oft genug schon hat man bei uns den Engländern gesagt: „Rüstet doch so viel ihr wollt, aber hindert auch uns nicht daran. Wir machen unsere Flottenpnolitik lediglich nach unseren eigenen Bedürfnissen, die von dem Maße abhängig sind, in dem untere Weltmachtstellung des Schutzes bedarf. Irgendwelchen Ueberrnmpelungsgedanken haben wir dabei nicht." Zudem hatte das Reich nie vor, eine große Anzahl neuer Schiffe zu bauen, sondern im Reichsmarineamte ver trat man nur den sehr gesunden Gedanken: Alle Schiffe, die vorhanden sind, müssen auch tunlichst bemannt werden: sie müssen im Dienste stehen, damit sie jederzeit bereit sind, zumal moderne Seekriege über Nacht ansbrechen. Diesen ganz selbstverständlichen Schutz des Reiches aber wollte Eng land Hintertreiben: dies war seit langer Zeit sein einziges Ziel trotz der liebenswürdigen Maske. Aus allem geht deutlich hervor, daß England uns hindern möchte, unsere Seemacht auszubauen. Hinter allen Reden steckt der Satz: „Ich bin groß und du bist klein!" -Hakluyt Egerton meint, England wie Deutschland müß ten sich gegenseitig verstehen lernen und verständigen, wenn die ewige Beunruhigung zwischen den beiden Ländern ein mal schwinden soll. Von jeder Seite aber würde man drei Dinge hauptsächlich verlangen müssen: vollkommen guten Glauben, ruhige Höflichkeit, ständige Bereitschaft, dort Uebereinftinimung herzustellen, wo es eben angängig ist. DaS sollten sie, insbesondere Minister merken. AuS Churchills Rede ist noch folgendes nachzntragen: lieber die deutsche Flotte sagte der Redner: „Die neue Flotte wird allmählich völlig aus modernen Schiffen bestehen. Die Größe dieser Flotte scheint außerordentlich gefährlich. Die Flotte würde fast so groß aussehen wie die englische Flotte in Spithead bei dem nenlichen Besuche des Parlamentes. Offenbar werden schon im Jahre 1914 zwei Geschwader ganz aus Dreadnoughts bestehen, und das dritte aus guten Schiffen, wie „Deutschland", und aus fünf Schlachtkreuzern. Demgegenüber hat England 1914 fünf Schlachtgeschwa der von 41 Schlachtschiffen, von denen vier Geschwader voll bemannt sein werden. England hat Ende 1914 mindestens .13, höchstens 41 vollbcmannte, kriegsbereite Schlachtschiffe gegen 29 dent'che, Das Verhältnis von 33 zu 29 ist viel leicht nicht sehr befriedigend, jedenfalls nicht übertrieben, aber es darf nicht nur die Zahl, sondern es muß auch die Dualität der Geschwader berücksichtigt werden. Die Admi ralität ist für die nächsten 2V> Jabre mit diesem Verhält nisse zufrieden." Im weiteren Verlause der Flotteudebatte im eng lischen Oberhause lenkte Earl of Selber ne die Auf- merksamkeit des Haul'es auf die Regierungserklärungen über die Mittelmeerpolitik, Er sagte, der Schlüssel zur ganzen Situation sei die Tatsache, daß Deutschland beinahe sofort in der Nordsee eine Flotte haben werde, die für einen sofortigen Krieg bereit sei, in einer Weise, wie es keine an dere Flotte bisher gewesen sei. Sie mache die Formalität einer Kriegserklärung zn einer reinen Höflichkeit, weil mit einer Flotte von einer solchen Bereitschaft gleichzeitig mit der Kriegserklärung ein Schlag ausgeführt werden könne. Außerdem werde es in nächster Zukunft eine Flotte von Schlachtschiffen im Mittelmeere geben, die den Verbündeten Deutschlands gehöre. Earl of Crewe führte aus, daß man mit der Methode, alle Länder als Feinde zn betrachten, zu den blutrünstigsten Kombinationen kommen müsse. Lord Haldane sagte u, a.: Ich glaube, daß England hinsichtlich seiner Marine einer Situation gegenübersteht, wie sie entscheidender seit langer Zeit nicht vorgekommen ist, Wir haben in der freundlichsten Form der einzigen Macht, die unser Rivale ist, unsere Ansicht dargelegt, daß wir, falls sie Anstrengungen mache, desto größere mache» würden, und zwar nicht mit der Absicht eines Angriffes, sondern weil die Macht zur See unser Leben ist. Und in der Macht zur See beabsichtigen wir, die Ueberlegenen zu bleiben.- Dies ist der Grundsatz, für den wir uns verpfän det haben. — Darauf wurde die Debatte geschlossen. Zur Lage in der Türkei. Eine Usbsrraschung nach der anderen. Noch am 23, galt es nach einer Mellung der „B. Z," als sicher, daß nicht Tewfik Pascha und nicht Ahmed Muchtar Pascha, sonder!' Kiamil Pascha das Großwesirat übernehmen aücdc. Nun mehr steht fest, daß keiner von diesen dreien zum Großwesir auserkoren ist, Ter Großwesir heißt Ghasi Achmed Muchtar Pascl>a, er ist der bisherige Präsident des Senates. Die Zusammensetzung des neuen Kabinetts, die noch im letzten Augenblicke Veränderungen erfahren hat, da Kiamil Pascha das Ministerium des Aeußcren nicht annahm, ist folgende: Großwesir Ghasi Achmed Muchtar Pascha, Scheich Ul Islam Tßhemal-Eddin-Effendi, Präsident des Staatsratcs Kiamil Pascha, Justiz Hussein Hilmi Pascha, Inneres der ehemalige Großwesir Ferid Pascha, Krieg das Mitglied des höheren Kriegsrates Nasim Pascla, Finanzen der frühere Minister Zia Pascha, Marine der frühere Minister General Mahmud Muchtar Pascha, Aeußcres Senator Noradunghian, Unter richt: der bisherige Unterstaatssekretär Said Bey, Evkafs der Vizepräsident der Kammer Mehmed Evzi Pascha. Der Großwesir übernimmt interimistisch das Ministerium des Innern bis zur Rückkehr Ferid Paschas von seiner Schwei zerreise. Es verlautet, .Kiamil Pascha habe an hoher Stelle das Versprechen abgegeben, er werde demnächst das Groß wesirat übernehmen. Er wolle sich nur vorerst eingehend mit der gegenwärtigen Lage beschäftigen. Die Auflösung der Kammer wird als sicher bevorstehend angesehen, da der kardinaWürslerzbischof kopp. Zn srincm 75. Geburtstag und 50jährigen Priestcrjiibiläiim, am 25. und 29. Juli 1912. Einer der hervorragendsten Kirchenfürsten, Se. Emi nenz Fürsterzbischof Dr. Kopp, feiert in diesen Togen ein doppeltes Fest: den 75. Geburtstag und den 50. Jahrestag seiner Weihe zum Priester. Als Sohn eines armen, aber braven Webers wurde Georg Kopp am 25. Juli 1837 in Duderftadt auf dem hannoverschen Eichsfelde geboren. Schon in der katholi schen Bürgerschule war er ein Muster aller seiner Mit schüler: obschon seine schwachen körperlichen Kräfte außer halb der Schulzeit in Hans und Feld stark in Anspruch ge nommen wurden, sah man ihn in seinen freien Stunden stets bei seinen Büchern. Er lernte ohne Anleitung aus freiem Antriebe weit über die Anforderungen der Schule hinaus, So kam es, daß der Konnuissarius Dr. Leiters, auf das Talent des Knaben aufmerksam geworden, seine 'Aufnahme in das Progymnasium veranlaßte. Dort studierte er 1849 bis 1852 mit Auszeichnung und dann bis 1856 am Josephinum zu Hildesheim mit gleichem Erfolge. Aus Mangel an Mitteln konnte er nicht sogleich eine höhere Laufbahn einschlagen: er stand in den nächsten zwei Jahren als Eisenbahntelegraphist im liannoverschen Staatsdienste. Erst durch außerordentliche Hilfe wurde er im Herbste 1868 in den Stand gesetzt, an die Verwirklichung seines Lieb- lingswunsches zu denken und sich zum Studium der Theo logie nach Hildesheim zu begeben. Er wurde am 29. Juli 1862 zum Priester geweiht und bekam als solcher zunächst die Vikarie Henneckenrode, dann die Kaplanei zu Delfurth übertragen. In beiden Stellun gen zog er durch seine Tätigkeit die Aufmerksamkeit der Be hörde derart auf sich, daß er im Jahre 1865 unter Ver leihung eines Lektorates am Dome als Hilfsarbeiter am bischöflichen Gencralvikariat herangezogen wurde. Da er hier die auf ihn gesetzten Erwartungen voll nnd ganz er füllte, wurde ihm als ehrende Anerkennung im Jahre 1868 der Titel des Gcneralvikariatsassessors verliehen. 1871 wurde er von dem Papste Pius IX. zum Notarius apostoli- cus ernannt: und als dann der Bischof Wilhelm am 31. De zember 1871 den bischöflichen Stuhl bestiegen hatte, beför derte er bald darauf, im Frühjahre 1872, den Assessor Kopp, dessen Heranziehung nach Hildesheim er schon früher ver anlaßt hatte, zum Generalvikar und Domkapitular, Wenn der Ernannte auch für diese einflußreiclie Stellung noch verhältnismäßig jung war, so bewährte sich doch im Verlaufe der folgenden Jahre die getroffene Wahl als außerordent lich glücklich, und Fulda hatte allen Grund, zu jubeln, als es erfuhr, daß die seit dem 14, Oktober 1873 verivaiste Diö zese einen so tüchtigen Seelenhirten erhalten sollte, Dort in Fulda, wo er am 27. Dezember 1881 die Vischofsweihe erhielt, hatte er sich in den sechs Jahren seiner Seelsorger tätigkeit so sehr die Liebe seiner Diözesancn erworben, daß unter ihnen die Freude über seine Ernennung zum Fürst bischof von Breslau im Jahre 1887 sich stark mit der Be trübnis über seinen Fortgang mischte. Konnte es eine größere Anerkennung seiner Tätigkeit geben, als daß man ihm die große und schwierige Diözese Breslau übertrug? Endlich wurde er am 16. Januar 1893 zur hohen .Kardinals- Würde berufen mit der Titelkirche 8. Xxnon« knari ln mnre. Die Bedeutung des hohen Kirchenfürsten tmt aber auch auf einem anderen Gebiete zutage. Es würde zu weit füh ren, hier alle die Aktionen aufznsühren, an denen er als Mitglied des Staatsrates (1884) nnd als lebenslängliches Mitglied des preußischen Herrenhauses (seit 1886) tätigen Anteil gehabt hat: die von ihm ausgegangenen Einflüsse sind auch nur höchst selten der Oeffentlichkeit bekannt ge worden, Die Periode, in der sie sich zuerst fühlbar mach ten, war diejenige, in der Fürst Bismarck neue Answege aus dein „Kulturkämpfe" suchte: da erschien ihm der Ful- daer Bischof als der gewiesene Mann. Damals hat es sich aber erst um die Anfänge einer stillen Einwirkung gehan delt, von der auch später wiederholt die wichtigsten Enb- sclrcidungen ausgegangen sind. Als dann die Negierungs vorschläge für die Aufhebung der „Maigesetze" dem Herren- Hanse ziigingen, hat der hochw. Herr Bischof Kopp dabei erfolgreich mitgewirkt. Daß dieses Wirken sich auch noch auf andere Gebiete erstreckte, beweist der Umstand, daß er im Jahre 1890 vom deutschen .Kaiser in die Berliner Ar beiterschutzkonferenz, im Jahre 1891 in die Konferenz für Reform des höheren Unterrichtes berufen wurde. Als Fürsterzbischof von Breslau ist Se. Eminenz auch Mitglied des österreichischen Herrenhauses nnd des österreichisch-schle- fischen Landtages. Gar manche Schwierigkeit in den deutsch- österreichischen Verhältnissen hat durch den Kirchenfürsten eine für alle Teile befriedigende Lösung gefunden. Vor kurzem hat .Kardinal Kopp, wie schon einmal im Jahre 1909, eine schwere Krankheit glücklich überstanden. DaS Leben des Kirchenfürsten hing nur an einem Faden, und gerade bei dieser Gelegenheit zeigte eS sich, welch gro ßer Sympathien Se. Eminenz sich in allen Kreisen erfreut Wir wünschen dem hohen Kirchcnfürsten noch manches Jah> in Gesundheit und erfolgreichem Wirken. (S. Bild Beilage.) ' « ,, - - ...