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lib.) fiel 1 Stimme, Drechsler Lange (Soz.) erhielt 51 Stimmen. 5. Wahlkreis der Stadt Leipzig Kaufmann Franz Gon- tard (nat.-lib.) mit 139 Stimmen. Von den weiteren Stimmen erhielten 87 der Zigarrenfabrikant Geyer (Soz.» und der Fabrikant Reißmann (kons.) 28. Wahlkreis der Stadt Zwickau Kaufmann Bär (freis.) mit 50 Stimmen. Becker (nat.-lib.) erhielt 24, Jrmischer (Soz.) 43 Stimmen. 4. städt. Wahlkreis (Hohnstein, Königstein, Neustadt. Pirna, Schandau, Sebnitz, Wehlen) der bisherige Abge ordnete Justizrat Dr. Spieß in Pirna (kons.) 00 Stimmen. Weitere 19 Stimmen erhielt Fräßdorf in Dresden (Soz.). 6. städt. Wahlkreis (Freiberg, Tharandt, Wilsdruff) der bisherige Abgeordnete Stadtrat Braun in Freiberg (nat.-lib.) mit 03 Stimmen. Weitere 0 Stimmen erhielt der Reichstagsabgeordnete Schulze in Cossebaude (Soz.). 7. städt. Wahlkreis (Lommatzsch, Meißen, Nossen, Noß- tvein. Siebenlehn) Fabrikdirektor Hosniann in Meißen (kons.) mit 02 Stimmen. Weitere 30 Stimmen erhielt der Buchhändler Schmidt in Meißen (Soz.). 7 zersplittert. 8. städt. Wahlkreis (Dahlen, Mutzscl>cn, Oschatz, Niesa, Strehla, Wurzen) Bürgermeister Seetzen in Wurzen (kons.) mit 35 Stimmen. Weiter erhielten Lippinsky in Leipzig (Soz.) 28, Landrichter Dr. Heinzc in Dresden (nat.-lib.) 15, und Restaurateur Kießling in Wurzen (freis.) 7 Stimmen. 9. städt. Wahlkreis (Döbeln, Leisnig, Mügeln, Wald heim) Nettor Professor Tr. Nühlmann in Döbeln (nat.- lib.) mit 38 Stimmen. Auf den Bürgermeister Voigt in Waldheim (nat.-lib.) sielen 13 und ans Mehnert in Chem nitz (Soz.) 19 Stimmen. 10. städt. Wahlkreis (Frankenberg, Hainichen, Mitt weida.) Der bisherige Abgeordnete Kommerzienrat Schieck in Frankenberg (nat.-lib.) mit 50 Stimmen. Die übrigen 22 Stimmen erhielt Redakteur Fleißner in Dresden (Soz.). 14. städt. Wahlkreis. (Hohenstein-Crnstthal, Limbach, Meerane, Waldenburg.) Stickereibesitzer Poppitz in Plauen (nat.-lib.) mit 51 Stimmen. Ans den Fabrikanten Grün berg in Hartba (Soz.) fielen 33 Stimmen und ans den bis herigen Abgeordneten Kaufmann Rittberger (kons.) 17 Stimmen. 17. städt. Wahlkreis. (Chrenfriedersdorf, Clterlein, Geyer, Grünhai», Lößnitz, Stollberg, Zwönitz.) Der bis herige Abgeordnete, Fabrikbesitzer Z'chierlich in Geyer (kons.) mit 40 Stimmen. Die übrigen 10 Stimmen erhielt der Stadtverordnete Berger (Soz.) in Chemnitz. 18. städt. Wahlkreis. (Augnstnsbnrg, Marienberg, Oederan, Olbernhan, Tbnm, Wolkenstein, Zöblitz, Zscho- pmu.) Stadtrat Drechsel (nat.-lib.) mit 54, Dr. Schön- (nat.-lib.) erhielt 7, Noske (Soz.) I I. 22. städt. Wahlkreis. (Clsterberg, Lengenfeld, Mylau, Netzschkau, Treuen.) Stadtrat Merkel in Mylau (nat.-lib.» mit 39 Stimmen. Weitere 14 Stimmen erhielt Neimann in Chemnitz (Soz.) und 9 Stimmen der bisherige Abgeordnete. Geh. Hofrat Spitz (kons.). 3. Wahlkreis des Platten Laiches. (Ortschaften der Amtshanptmannschaften Löban und Zittau.) Gutsbesitzer Donath in Oppelsdorf (Bund der Landwirte) 25 Stimmen (iin 3. Wahlgang). Bürger (nat.-lib.) erhielt 10, Viick- heim (freis.) 8, Fischer (Soz.) 11 und Nönsch (Zentr.) 5. 0. Wahlkreis des platten Landes. (Ortschaften der Amtshanptmannschaften Bautzen und Kamenz.) Der bis herige Abgeordnete, Gutsbesitzer Kockel in Crostwitz (kons.), mit 47 Stimmen. Weitere 19 Stimmen erhielt der Vor werksbesitzer Kelling in Kamenz (kons.). 13. Wahlkreis des Platten Landes. (Ortschaften der Amtshanptmannschaften Dippoldiswalde und Freiberg.) Der bisherige Abgeordnete Geh. Oekonomierat Andrä ans Vrannsdorf (kons.) mit 00 Stimmen. 9 Stimmen erhielt der Lagerhalter Höppner in Cotta (Soz.). 17. Wahlkreis des Platten Landes. (Ortschaften der Amtshaiiptniannschiaften Freiberg und Meißen.) Der bis herige Abgeordnete, Oekonomierat Horst in Mnlda (kons.), mit 40 Stimmen. Die übrigen 2 Stimmen erhielt Nedak- teur Fleißner in Dresden (Soz.). 22. Wahlkreis des platten Landes. (Ortschaften der Amtshaiiptmaiinschaften Borna, Grimma und Leipzig.) Der bisherige Abgeordnete, Gutsbesitzer Schlag in Lippendwf (kons.) mit 54 Stimmen. Weiter erhielten Prof. v. Brause in Leipzig (nat.-lib.) 19 Stimmen und Photograph Pinkan in Leipzig (Soz.) 29 Stimmen. 23. Wahlkreis des Platten Landes. (Ortschaften der Amtsbaiiptmannschast Leipzig.) Verlagsbnchhändler Dürr in Gaschwitz (kons.) mit 7!» Stimmen. Weiter erhielten Reichstagsabgeordneter Goldstein in Leipzig (Soz.) 57 und Rechtsanwalt Tr. Zöpfel in Mölkau (nat.-lib.) 12 Stimmen. 25. Wahlkreis des platten Landes. (Ortschaften der Amtshanptmannschaften Borna, Grimma und Nochlitz.) Geh. Hofrat Opitz ans Treuen (kons.) mit 30 Stimmen. Auf den Gutsbesitzer Bolme in Roda (Res.) fielen 19 Stimmen und auf Schöpflin in Leipzig (Soz.) 3 Stimmen. 20. Wahlkreis des Platten Landes. (Ortschaften der Amtshanptmannschasten Döbeln und Oschatz.) Der bis herige Abgeordnete, Oekonomierat Däwcritz in Leisnig (kons.) mit 02 Stimmen. 2 Stimmen erhielt Vieweg (Soz.) in Döbel»». 28. Wahlkreis des Platten Landes. (Ortschaften der Amtshaiiptmannschafte» Döbeln, Grimma und Rocblitz.) Der bisherige Abgeordnete, Gutsbesitzer Harter ii» Neu dörfchen (kons.), mit 50 Stimmen. Die übrigen 3 Stimmen erhielt der Buchhändler Lehman»» in Mittunüda (Soz.). 34. Wahlkreis des platte»» Landes. (Ortschaften der Amtshauptniannschaften Annaberg und Marionberg.) Stadtgutsbesitzer Hübner ii» Zschopau (kons.) mit 70 Stim men: 2 Stimme»» ungültig. 37. Wahlkreis des platten Landes. (Ortschaften der Amtshanptmannschaften Gsanchau und Zwickau.) Redak teur Goldstein in Zwickau (Soz.) mit 52 Stimmen. Weiter erhielten 44 Stimmen der Mühlenbesitzer Modcs in Stein (kons.): 5 zersplittert. 38. Wahlkreis des Platten Landes. (Ortschaften der Amtshauptniannschaften Chemnitz, Glauchau und Zwickau.) Fabrikbesitzer Bühner in Hcrmsdorf (kons.) mit 54 Stim men. Die übrigen 22 Stimmen erhielt der Magazinver- walter Haubold in Chemnitz (Soz.). 39. Wahlkreis des platten Landes. (Ortschaften der Amtshauptniannschaften Glauchau und Zwickau.) Der bis herige Abgeordnete, Gemeindevorstand Leithold in Tettau (kons.) »nit 02 Stimmen. Weitere 21 Stimmen erhielt der Gastwirt Stolle in Gesau (Soz.). 43. Wahlkreis des platten Landes. (Ortschaften der Amtshauptmannschaft Auerbach.) Der bisherige Abgeord nete Fabrikbesitzer Wolfs in Rodewisch (nat.-lib.). 45. Wahlkreis des platten Landes. (Ortschaften der Amtshauptniannschaften Auerbach und Oelsnitz.) Der bis- l>erige Abgeordnete, Rittergutsbesitzer Bunde in Erlbach (kons.) mit 38 Stimmen. Weiter erhielten Stadtverord neter v. Schwarze in Plauen (freis.) 22 Stimmen und Fa brikant Stöhr in Schöneck. Politische Rundschau. Dresden, den 3. Oklvber — Der neue «merikauischc Generalkonsul in Berlin, THackara hat ain 2. d. Mts. sein Amt angetreten. Ec erklärte, aus keinen Fall an eine»» Zollkrieg zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten zu glaube»'. Die Verhandlungen würden mit der Zeit zu voller Verständi- guug zwischen beiden Länder»» sichren. Er werde bemüht sein, die guten Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten zu fördern. Dem bayerischen Zentrumsabgeordneteu Dr. Heim hat der bayerische Landwirtschaftsrat »irr seine Verdienste um die Landwirtschaft die große goldene Medaille verliehen. — Immunität der Reichst«ßsal»geordnetcn. Das Reichsgericht hat in letzter Woche ein bemerkenswertes Urteil gefällt: es handelte sich um den sozialdemokratischen Abg. Thiele, der in einem Prozesse zwangsweise vorgeführt worden war und diese Maßnahme als eine unzulässige bezeichnet»', da sie die Immunität verletze. Das Reichs gericht »var anderer Ansicht und begründete diese in fol gender Weise: „Die Frage »var, ob die Vorführung des Angeklagten vor die erkennende Strafkammer zu Recht eifolgt »var oder ob sie mit Bezug auf Artikel 31 der Reichsverfassung zu Unrecht erfolgt »var. Es war zunächst zn unlcrsuchen, wie die Stcafprozeß-Ordnung sich das Berhältnis der beiden Nechtsinstltnle, der Vorführung und der Verhaftung, zueinander gedacht hat. Begrifflich ver schieden ist ohne Zweifel die Haft und die Vorführung nach der Strasprozeßordnung. Dafür spricht zunächst, daß beide Nechtsinstitute nicht an denselben Stellen behandelt werden, sondern in verschiedenen Abschnitten. Dafür spricht aber auch die Vergleichung der 8H 134 und 229. Der 8 134, der von der Vorführung des Beschuldigten im Vorverfahren spricht, hat allerdings zur Voraussetzung, daß die Vorführung nur dann erfolgen kann, wenn ein Haft befehl vorliegt. In» § 229 wird aber ausdrücklich der Haftbefehl entgegengestellt der Vorführung, sodaß also im Sinne des § 229 und dem der Systematik der Straf- Prozeßordnung Vorführung und Haftbefehl etwas Verschie denes sind. Danach wird also zu sagen sein, daß die Vorführung im Gegensatz zum Haftbefehl eine Zwangs maßregel ist gegen einen unentschuldigt ausgebliebenen Angeklagten. Da nun nach der Praxis des Reichsgerichts darüber kein Zweifel besteht, daß der Angeklagte Thiele im vorliegenden Falle nicht anders stand wie jeder andere Angeklagte, so »var ihm gegenüber auch das Zwangsmittel der Vorführung ebenso zulässig, wie anderen Angeklagten gegenüber. Zn einem anderen Ergebnisse koinmt man auch nicht, »venu man den Artikel 31 der Neichsverfassung beranzieht. Daß sich dieser Artikel als ein Eingriff in das gemeine Recht darstellt und eine Ausnahmestellung für die Neichstagsabgeordneten schafft, darüber kann kein Zweifel sein. Ebenso unzweifelhaft ist es, daß bei dieser Sachlage diese Ausnahmestellung strikte zu interpretieren ist, dahin, »vie sie bereits nach dem Vorgemerkten nach der Strasprozeßordnung zu interpretieren war. Damit stimmt auch der Wortlaut des Artikels 31 überein, insofern, und das entspricht auch der Rechtsprechung des Reichs- gerichts, ans dein dritten Absatz dieses Artikels eine authentische Interpretation entnommen werden kann und mutz für den Altsdruck Verhaftung oder Haft im ersten Absatz, also darunter nicht zu verstehen ist Untersuchungs haft und was der damaligen Untersuchungshaft gleichstand, Disziplinarhaft. Die berufene Instanz für die Auslegung des Artikels 31, die vorzugsweise in betracht kommt, ist ja offenbar der Reichstag. In keinem Abschnitte seiner Be handlungen über die Bedeutung des Artikels 31 und die Jminunität der Abgeordneten ist ersichtlich, daß der Reichstag von der Auffassung ausgegangen wäre, daß die Vorführung im Sinne des 8 229 identisch sei mit der Inhaftnahme. Im Gegenteil lassen die parlamentarischen Verhandlungen erkennen, daß da, wo man sich dieses Gegensatzes bewußt gewesen ist, inan ohne Widerspruch zu der Auffassung kam, daß beides auseinander zu halten sei. Wenn schließlich auf die Entstehungsgeschichte cingegangen werden soll, so ist bekanntlich die Quelle dieser Bestiminung das preußische Gesetz vom 23. Juni 1848 über die Immunität der Abgeordneten. Auch aus dieser Quelle ist nichts zu entnehmen, was der von dem erkennenden Senate vertretenen Ansicht wide»spricht. Hinzu kommt noch, daß in der Literatur, wenn diese Auffassung überhaupt einer Prüfung unterlag, die Rechtsfrage im Sinne der eben geltend gemachten Erwägungen entschieden worden ist." Nach diesem Urteil des höchsten Reichsgerichts wird sich der Reichstag auch mit dieser Frage zu befassen haben und wird namentlich eingehend untersuchen müssen, ob nicht der Schutz seiner Mitglieder erhöht werden muß. Durch die Hintertüre der zwangsweisen Vorführung kann sehr leicht die gesamte Immunität, die für Mitglieder eines Parla- ments absolut notwendig ist, durchlöchert werden. — Bei der am 28. September stattgehabten Reichs» tagS»Ersatz»vahl für den Wahlkreis Düsseldvrf V. Essen Stadt- und Landkreis, sind im ganzen 79 323 gültige Stimmen abgegeben worden. Davon entfielen auf den Kandidaten des Zentrums, Arbeitersekretär Johann GteS- berts in M.-Gladbach 41 799, auf den Kandidaten der Sozialdemokraten Redakteur Wilhelm Gewehr in Elber feld 37 524 Stimmen. Giesberts in somit gewähll. — Die Essener Stichwahl gibt den verschiedenen Par- teiblättern sehr reichliche Gelegenheit zu allerhand Betrach tungen. Die „Nat.-Ztg." selbst gibt zu, daß eine sehr große Anzahl liberaler Wähler dem Sozialdemokraten ihre Stimme gegeben haben. Die „Kreuzztg." meint: „Vom Standpunkte der nationalen Parteien ist das ein sehr beschä- mendes Resultat, denn es zeigt deutlich, daß eine nicht ge- ringe Anzahl der nationalliberalen Wähler für den sozial demokratischen Kandidaten gestimmt hat. Das also ist die Partei, die sich als Mittelpunkt für das konzentrische Vor gehen gegen die Sozialdemokratie anbietet." Darauf ent gegnet das erstgenannte Blatt, „daß die 17 800 nationalen Stimmen des ersten Wahlganges zum weitaus größten Teil als nationalliberale nicht gerechnet sein wollen: es sind in ihrer großen Mehrheit Stimmen von evangelischen Wählern, die ihren» politischen Bekennt nis nach auf konservativerSeite stehen, und leider von der konfessionellen Verbitterung im Essener Kreise so beherrscht waren, daß sie in der gegenwärtigen Erregung keinen» politischen Zuspruch mehr Gehör geschenkt haben." Es fragt sich jetzt nur, wer diese „konfessionelle Verbitte rung" hcrvorgernfen hat? In erster Linie natürlich die Nationalliberalen selbst, deren Kandidat den Kampf gegen Nom ja wiederholt proklamierte. Die gesamte liberale Wahl- taktik ging darauf hinaus, das Zentrum recht scharf anzu- grcife», »veil die Herren in dem unglaublichen Wahne lebten, daß sie mit dem Zentrnm in Stichwahl kommen würden. Sie hatten also ihre Leute förmlich gegen das Zentrum hypnotisiert und da ist es gar nicht auffallend, wenn diese nun auch in der Stichwahl in der Richtung anstürmten, in der sie im ersten Wahlgange bereits geführt »vorder» »varen. Die „Deutsche Tagesztg." klagt zwar: „Es würde unser Be- dauern durchaus nicht vermindert, sondern eher vertieft werden, wem» die unglückselige konfessionelle Verhetzung Tausende von Wählern veranlaßt haben sollte, für einen Todfeind der Monarchie, des Christentums und der Gesell schaftsordnung zn stimmen. Wir können den Jubel des „Vorwärts", der von einen» glänzenden Ergebnisse und einem großem Triumphe spricht, recht Wohl verstehen. Mögen immerhin nnter den Tausenden viele sein, die an sich mit den Zielen der Sozialdemokratie nichts zu tun haben »vollen, die Tatsache, daß sie trotzdem sozialdemokratisch Wählten, ist ein tiefbcschämcndes Zeugnis politischer Unreife und Verständnislosigkeit." Die „Deutsche Tagesztg." stellt somit den Wählern „evangelischen Bekenntnisses", Wie die „Nat.-Ztg." sagt, ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Man sieht auch hier, »vie der Unglaube den Vorteil hat, wenn Ka tholiken und Protestanten einander bekämpfen, statt daß sie sich gemeinsam gegen den Unglauben stellen. Auf katho lischer Seite ist gerade iin Wahlkampf zn Essen gar nichts geschehen, um eine konfessionelle Erregung herbeiznführen: aber trotzdem hat es gezeigt, daß weite Kreise des protestan- tischen Volkes eher einein Sozialdemokraten die Stimme gebe»», als einem gläubigen Katholiken. Die Herren haben in die Tat »»»»»gesetzt, was der Evangelische Bund unzählige Male in Schrift und Wort gesagt hat: „Die Sozialdemo kratie ist ein kleineres Ucbel als der Ultramontanismus." Das heißt: Wählt lieber einen Sozialdemokraten als einen Zentrnmsmann! — Die Zahl der Cholerafälle beträgt bis jetzt 259, von denen 87 tödlich verliefen. — In dem Lohnkampfe der Berliner Elektrizitäts- Industrie sind die am Montag fortgesetzten Einigungs- Verhandlungen ergebnislos verlaufen. — Der sozialdemokratische Partcivorstand nimmt in § seinem neuesten Aufruf den Mund gewaltig voll; da heißt es: „Der Parteitag von Jena ist vorüber! Verdutzt und enttäuscht stehen unsere Feinde gegenüber jenen glorreichen Verhandlungen und wissen vor Zorn und Verlegenheit nicht, »vas sie zn dem Ansgange derselben sagen sollen. Ihre Urteile bewegen sich in schroffen Widersvrüchcn. ver- bräint »nit lächerlichen Drohungen." Dann folgt die Auf forderung zur Ausbildung der Organisation. Oesterreich-Ungarn. — Im österreichischen Abgeordnetcuhause wurde am Montag die Debatte über die Erklärung des Minister- präsidenden fortgesetzt. Die Christlich-Sozialen kamen zum Worte. Ihr Sprecher »var ihr Führer Bürgermeister Dr. Lueger, der in der Frage der Reichskreise den Stand punkt der Partei darlegte. Die Haltung der Partei ist aus der Kundgebniig von Egqenburg bekannt: Fort mit dem Diialismlis. aber keine Personalunion sondern Neu organisation des Reiches. Um dieses Ziel zu erreichen, Verständigung mit den Nationalitäten und allgemeines Wa hlrecbt. Das österreichische Parlament ist in seiner jetzigen Zusammensetzung den Aufgaben nicht gewachsen, deshalb Auflösung des Hauses und Ausschreibung von Neu wahlen. Das »var der Gedankengang der Rede des Führers der Christlich.Sozialen. — Die ungarische Krise. Das Damoklesschwert einer Wiederkehr Fejervarys mitsamt der Wahlreform schwebt noch über den Häuptern der Koalition. Die nächsten Tage schon dürften darüber Gewißheit bringen, ob die Krone sich endlich zn dein allerdings folgenschweren Schritte einer Wahlreform, die die magyarische Präponderanz schachmatt setzt und die österreichischen Elemente Ungarns zur Macht ruft, entschließt oder nicht. — Oberstadthauptmann Rudnay untersagte die Abhaltung der für den 3. d. M. angemeldeten Fackelzüge in Budapest, welche von seiten der Sozialdemo kraten und Radikalen veranstaltet werden sollten. Nun »vollen beide Parteien an» 6. d. M. je einen Fackelzug ver anstalten. — Für den Wicderzusammentritt des ungarischen Reichstages am 10. Oktober ist ein Aufzug von 100 000 Mann geplant. In der Sitzung wird Fejervary das Ver- tagnngsreskript unterbreiten, wonach das Haus auf unbe- stimmte Zeit oder bis zum Dezember vertagt wird. Am 12. Oktober wird voraussichtlich die Wiederernennung des Ka binetts Fejervary publiziert werden. Die Regierung wird angeblich am 1. November die Zahlung der Abgeordneten- diäten und der Komitatsdotationen einstellen. — Die Brüuuer Demo»str«ti»«en wiederholten sich am Montag abend. In deutschen und tschechischen Kaffee» Häusern wurden die Fenster eingeschlagen. Das Militär