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Dresdner Nachrichten : 19.02.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192802190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19280219
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19280219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Unvollständig: S. 3-6 fehlen.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-02
- Tag 1928-02-19
-
Monat
1928-02
-
Jahr
1928
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 19.02.1928
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18 Senatc-sitzen sechs, darunter sogar die Justizverwaltung« erhalten sollten. Die Kommunisten stellten aber so Hahne- btjchene Forderungen aus, daß sich die Berhandluugeu zer schlugen,' sie forderten u. a. die Aufstellung eines „proletari schen Etats". in dem sämtliche Positionen für Polizei- und Gefängnisivesen und »ähnliche arbeiterfeindliche Einrich tungen" gestrichen werden müßten. Die Gefahr einer sozia- listisch-kvinmunistilchen Regierung, die sich damals drohend am politischen Horizont abzeichnete, hat auf bürgerlicher Seite den Erfolg gehabt, daß zwischen der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspariei ein Abkommen zur gemeinsamen Führung des Wahlkampfe- getroffen wurde. Die Deutsch nationalen batten sich schon nach den Oktober-Wahlen zur Be Ulguilg an der Regierung bereiterklärt und betont, wie notig es sei, dem sozialistischen Uebergewicht eine geschlossene bürgerliche Front entgegenzustellen. Sie wurde» damals nicht gehört, fanden jedoch in der erneuten Wahlbewegung ein offenes Obr bei der Deutschen Volkspartet. Anö dem Zu sammengehen im Wahlkampfe ergibt sich dann natürlich auch ein nicht ohne schwerste Loyalitatsverletzung beiseite zu stellen der Anspruch der Deutschnationalen auf Beteiligung an der neuznbildenden Regierung. Die Gcmeinschastsarbeit zwischen Deutschnationalen und Volksparteilern bildet ein erfreuliches Moment bet den Hamburger Wahlen, das für die NeichotagSwahlen vorbildlich sein must. Welche Gegensätze auch in der Schulfrage zwischen den beiderseitigen Auffassungen klaffen mögen, darüber kann doch bei keinem überparteilich denkenden Deutschen ein Zweifel herrschen, daß eS geradezu ein nationales Unglück wäre, wenn die zwei durch ihre betont nationale Grundanschauung so eng verbundenen Parteien bei den NeichSlagSwahlen eine er- bitterte Fehde gegeneinander führen und sich als unversöhn liche Gegner behandeln würden. Läßt sich eine Polemik nicht vermeiden, so muß sie wenigstens von beide» Seiten streng innerhalb der Grenze» gehalten werden, die durch die Rück- sicht ans gemeinsame höhere Interessen »nd auf ein späteres Wiederzusammenarbeiten gezogen sind. Bietet in diesem Punkte der Hamburger Wahlkamps einen Lichtblick, so wird er stark verdunkelt durch das Verhalten der Demokraten und durch die Wirkung des Urteils des StaatSgerichtShvfeS auf den ungesunden Lebenslrieb der Splitterparteien. Es heißt doch die Pflichte» und Ausgaben einer bürgerlichen Partei bei der Abwehr des liukSradikalen Ansturmes völlig verkennen und verleugnen, wenn die Hamburger Demokratie sich darin gefällt, die Deutschuatioualen als „Feinde der fortschrittlichen Gesinnung" und als „Träger des großbürgerlichen Standes dünkels" zu verketzern und sie von den Kreisen deS deutschen Volkes anszuschließcn. „die guten Willens sind, positive Mit- arbeit am Staate zu leisten". Positiver als die Deutschnatio- nalen kann doch überhaupt keine Partei eingestellt sein, und ihnen gleichwohl in Bausch und Bogen den guten Willen zur positiven staatspvlitischen Arbeit abzusprechen. daS ist den» doch ein Beweis von parteipolitischer Berrannthcit und Begriffs stutzigkeit. der allgemeines Kopsschütteln Hervorrufen muß. wie bei den von keinen Geistesblitzen erhellten Antworten des Kandidaten JohseS ans die Fragen seiner Examinatoren. Die Hamburger Demokraten schütten durch ihr Berhalten, das abseits aller bürgerlichen Einslchi liegt, nur Wasser auf die Mühlen der Sozialdemokraten. Sielleicht ist da» auch der Zweck der Uebung. Zustimmung verdienen dagegen bi« Hamburger Demo kraten bei ihrer scharfen Sieüuugnahine gegen di« Splitter- Parteien,' in dieser Frag« gehen st, mit den Deuifchnaiionalen und der Deutschen BolkSpariei Hand in Hand. Durch da» Erkenntnis de» StaatSgerichtShofe» sind, wie zu erwarten war, bi« Schleusen der splitterpariellichen LebenSbeiätigung überall geöffnet worden, und in Hamburg Hai dieser unheil volle Drang nach kleiner «nd kleinster Zerfaserung de» Par- teiwesen» zu dem Erfolge geführt, daß ausgerechnet LO Wahl listen amtlich veröffentlicht werden mußten, in denen über 700 Kandidaten sich um die löv Mandat« der Bürgerschaft rausten. Das gibt einen bitteren Vorgeschmack für die Gestaltung der Berhältnisse bei den NeichötagSwahlen. und erweckt leb- hafteS Bedauern darüber, daß infolge der KoaliiionSkrise Im Reiche das geplante Gesetz gegen das Unwesen der Splitter- Parteien, worüber dir in Aussicht gestellte Denkschrift von der Regierung mit größter Beschleunigung au»gearbeitri und dem Reichstage zugeleiiet wvrüen ist, nicht mehr verabschiedet werden kann. Die Weiterentwicklung auf der Linie der Splitterparteien darf in ihrem bedrohlichen Charakter nicht unterschätzt werben, weil sie in hemmungsloser Entfaltung einen Zustand hcraufbeschwvren muß, der auch im Reiche das normalerweise bei den großen Parteien ruhende Schwer- gewicht der Entscheidung in die von engen Gonderinteressen beherrschten kleinen Gruppen und Grüppchen verlegt, wodurch der bereits in Halbiühmung geratene Parlamentarismus vollends in den Zustand der Ganzlühmung versetzt werden würde. Die Hamburger Sozialdemokratie Hai eine besonders um- fassende und rastlose Agitation entwickelt, »m den Kvm. munisten einen möglichst großen Teil ihrer Anhänger ab spenstig zu machen. Sie befindet sich mit der Demokratie in der Bekämpfung der Deutschnationalen in Harmonie und richtet auch heftige Angriffe gegen die Deutsche BolkSpariei wegen ihrer „Bürgcrblvckneigungen". Ihr ist es darum zu tun. mit den Demokraten und der Deutschen BolkSpariei allein zu bleiben, und -war in einem Kräfteverhältnis, ans Grund besten sie beide bürgerliche Parteien im Senat und in der Bürgerschaft an die Wand brücken kann, so daß die Er. füllung der sozialistischen Wünsche auf der ganzen Linie ge sichert ist. Aus daS gleiche Ziel ist -das sozialdemokratische Bestreben auch im Reiche gerichtet, nur mit dem Unterschied«, daß dort noch daS Zentrum hinzukvmmt, die Gruppierung also in die Große Koalition übergeht. Die Gerüchte, daß man durch die Umbildung der Reichsregierung in eine Große Koalition versuchen wolle, dem Reichstage noch eine längere Lebensdauer zu bescheren, sind für diese Tendenzen bezeich nend. Selbst wenn cS sich nur um ein belangloses Geranne handelt, das jedes realpolitischen Hintergrundes entbehrt, so ist doch schon die bloße Tatsache, daß solche Ideen überhaupt aufiauchen können, als Stimmungsbarometer beachtlich. Auch unter diesem Gesichtskreise gesehen erscheint die Hamburger Wahl als rin interessantes und lehrreiches Vorspiel zu den allgemeinen Reichstagswahlen. Das Uebergangsgsgeseh zür Skasrechls- resorm. Berlin, 18. Februar. Im Reichstage ist fetzt der ange. kündigt« Entwurf eines Gesetze» zur Fortführung der Strafrechtsreform etngegangen. Di» Vorlage ist a» erster Stell« von dem Vorsitzenden de» RechtSauSschufseS. Abg. Dr. Kahl sD. vp.s, und von Vertretern aller hllrgerltchen Parteien «nterzeichnet. t 1 lautet: Die dem Reichstage am IS. Mat und v. Sep. tember 1V27 zur Beschlußfassung vorgelegten Entwürfe etues allgemeinen deutschen Strafgesetzbuches und «ine» Strasvoll- zugSgefetzeS unterliegen, wenn der Reichstag tu der dritten Wahlperiode nicht über fl« beschließt, der Beschlußfassung des Reichstages in der folgenden Wahlperiode, ohne daß «S ihrer erneuten Einbringung bedarf. Die Entwürfe gelten als neue Vorlagen. Nach 8 2 tritt dieses Gesetz am Tage nach der Verkündung in Kraft. Schlageker-DeMhrmng im Preußischen Üan-iaqe. Den Innenminister geht da» nicht» an. Berlin. 18. Febr. Im Preußischen Landtage spielten sich gestern unerhörte Skandals,«nen ab. Der sozialdemokratische Abg. Dr. Hambnrger beschimpfte Schlageter. seine Tai und seinen Namen auf das schärfste. U. a. erklärte er: W„s di« Erregung über Schlageter angebt, so ist Schlageier für uns kein nationaler Held, well er mit demselben Haß, mit dem er gegen Leib und Eigentum der Fremden vorgcgangen ist. auch da» gleiche getan hat gegen Leib und Eigentum de» eigenen republikanischen Genossen. iStürmische Unterbrechung und Pfuirufe bei den Deutschnationalen, minutenlange Unterbrechungen, Rufe: Er soll aufhören! Die Deutschnatio. nalen verlosten bi» auf wenige Mitglieder den Daai.f Der sozialdemokratische Redner wiederholt dann noch einmal, daß seine Partei Schlageter keine Achtung erweise. Abg. Dr. v. Campe iD. Vp.s erklärte, die Worte, die der Sprecher der Sozialdemokratie über Schlageter geäußert abe. müßten jedem di« Schamröte ins Gesicht treiben. Wer einen Sinn für deutsche SelbengrSße habe, solle nicht in einem deutschen Parlament sprechen. iBeifall rechts, Unruhe links.s Diese Aeußerungen über einen Mann, der kein Leben unter den Kugeln der Franzosen geopfert habe, seien das Ungeheuerlichste, was er in den 28 Jahren seiner parlamc». torischen Tätigkeit gehört habe. Hierauf erklärt der preußische Innenminister Grzessnski, er habe von dem, was er am Vortage geäußert habe, nichts zurückzunehmen. Darauf riefen ihm die Deutschnationalen zu: Teilen Sie die Ansicht Dr. Hamburgers über Schlageter? Der preußische Innenminister entzog sich einer Antwort un erklärte den Deutschnationalen, das gehe ihn nichts an. Auch die deutschnationalen Abgeordneten im Lande sagten hin und wieder etwas, was später niemand verantworten wolle. — Unter ziemlicher Erregung vertagte sich da« Haut auf Sonnabend. Rechtsanwalt Frey wieder Verteidiger von Krantz. Die Svnnaben-sihung. Berlin, 18. Febr. Zum festgesetzten Beginn der heutigen Verhandlung im K r a n tz - P r o z e ß herrschte im Verhand lungssaale noch gähnende Leere. Auch vor den Toren des GertchtsgebäudeS steht man keinerlei Neugierige, da all gemein angenommen wird, Krantz werde nicht erscheinen und die Verhandlung werbe im Krankenhaus« staitfinden. In. zwischen wkrv^aver bekainrt," däst RvchtStrstMrN Dr. Frey aus dem Wege nach dem Krankenhause ist, um den An geklagten zur Verhandlung abzuholen. Der Beginn der Ver handlung verzögert sich erheblich. Erst nach und nach finden sich die Prozeßbeteiligtcn und einige Zuhörer ein. trotzdem eigt der Verhandlungssaal bei weitem nicht das Gepräge er vorangegangene» Sitznngstage. Auch der für den An geklagten bestellte Offizialverteidiger N.-A. Dr. Artur Schulz ist wieder anwesend. Um INH Uhr betritt der Angeklagte Paul Krantz den Gerichtssaal. Er nimmt am Sachverständigentisch vor der Anklageschranke Platz. Neben ihm sitzen der behandelnde Arzt und eine Krankenschwester. Krantz antwortet auf die Frage des Vorsitzenden, daß er sich vcrhandlungsfähig suhle. Als der Vorsitzende den Verteidiger aufruft, erklärt N.-A. Dr. Frey: Ich melde mich als Verteidiger. — Bors.: DaS Gericht nimmt mit Befriedigung davon Kenntnis, daß der frühere Verteidiger, Herr N.-A. Dr. Frey, die Berieldignng wieder übernommen bat, was der Erledigung deS Prozesses sehr förderlich sein dürfte. Dem Pflichtverteidiger wird der Dank des Gerichts ausgesprochen. Die eigentliche Verhand lung beginnt mit der Vernehmung des pädagogischen Sach verständigen Oberstudiendtrektors a. D. Professor Dr. Gol-beck, der erklärt, sich dem Gutachten des Professors Spranger an- schließen zu können. Der Sachverständige weist daraus hin. daß das Haus des Angeklagten sehr musikalisch sei, und daß jeder, der in einem musikalischen Hause anfwachsc, stark gefährdet sei. DaS Schlimmste sei, daß Krantz sieben Jahre lang bei den Groß eltern mar, die ihn mit Affenliebe aufzogen. Es sei kein Zug an Krantz, den nicht er. der Sachverständige, selbst erlebt habe, da er in einer ähnlichen Weise erzogen und aus gewachsen sei. Faust sei auch nichts als ein ewig Erlebnis hungriger, der bis zum letzten Tage seines Lebens zu keiner vernünftigen Tätigkeit kommt. Faust wird für einen jungen Mann von der Art des Krantz eine Bibel. Ich lehne es ab, so fährt der Sachverständige fort, die Entwicklung deS Knaben aus der mangelhaften Erziehung zu erklären. Er ist eben ein Dichter, von welchem Wert, interessiert uns hier nicht. In eine solche Natur kann man sich nur schwer Hineinsinden. Krantz habe sich am Abend der Tat nicht in einer normalen Verfassung befunden. Nach dem, was der Junge erlebt hat, «nd nach seiner ganzen Peranlagung bin ich der Ueber» zrugnng, daß er nicht im Besitz seiner vollständigen Geistes kräfte gewesen ist. Bei ihm ist 8 »0 anznwenden, da ihm eine klare WillenSentscheidnng nicht möglich war. Der Sachver ständige kommt weiter zu dem Ergebnis, daß man in der Zeit von 8 bis 7 Uhr nach dem Alkoholgenuß, den Krantz hinter sich hatte, nicht nüchtern werde, sondern daß man dann allmählich in den Zustand der Gehirnlähmung übergeht. Er stellt zum Schluß fest, daß Krantz kein Geisteskranker, sondern ein schwacher Psychopath lei. Frau Oberschulräiin Abg. Dr. Negschciber wies darauf hin, daß Paul Krantz ein Kriegskind sei, dem der feste weltanschauliche Grund fehle. Auch die Schule habe ihm diesen festen Grund nicht geben können. Der Charakter de» Paul Krantz schwanke zwischen einer angenehmen Heiterkeit und Liebenswürdigkeit und enttäuschter Traurigkeit. Enttäuschun gen haben bet Paul Krantz nicht die Wirkung, daß er von der Liebenswürdigkeit zur Verärgerung übergeht, sondern zur liefen Traurigkeit. Auch nach der Enttäuschung mit Hilde Scheller verfiel er nicht in Wut, sondern in Traurigkeit. AIS Günther Scheller und Paul Krantz gemeinsam den Selbstmord beschlossen, da hatte wohl Günther wesentliche Motive dafür, zumal er kaum hoffen konnte, mit der Schule wieder in Ord nung zu kommen. Bei Krantz fehlte auch diese» Motiv, denn ihm war die Schule nicht verschlossen. Wenn Krantz von dem Vorsatz zurücktrat, so handelt cs sich gar nicht um einen ernsten Vorsatz im Sinne einer bewußten Verantwortlichkeit. — Der Angeklagte erleidet nach diesem Gutachten einen Schwäch«, an fall und die Sitzung muß auf etwa eine Stunde unter- brvchen werden Es ist zweifelhaft, ob sic heute wieder aus genommen werden kann, da Krantz noch immer apathisch auf einer Bank tm Zengenraum liegt. Nach der Pause erklärt der Arzt den Angeklagten für augenblicklich vcrhanülnngssähig. Nach wenigen Minuten muß er aber in Begleitung -es Arztes und der Kranken- schwester bereits wieder de» Egal verlassen,. Im Eitzyer- nchmen aller Prozeßbeieiiigten wird dann beschlössen, in Ab u»es« n h-et-t des Angeklagten-weiter -u verhandeln. Sachverständiger Dr. Lirschfeid erklärt, der Angeklagte zeige insofern eine gewisse Abweichung von der normalen Entwicklung, alS bei ibm einer gewissen körperlichen Spätreife eine geistige Frühreife gegenübcrstehe. Günther Scheller sei die kräftigere, stärkere und beeinflussende Natur gewesen. In der Frage der A l k o h o l w i r k n » g bestehe zwischen den Sachverständigen kaum noch eine Meinungsverschiedenheit: eine Gchtrn- bcetnslussung sei auch noch am Morgen vorhanden gewesen. In der Nacht sei die freie Willensbestimmung ansgeschlossrn gewesen, am Morgen habe starker Ermüdungozustaiid des Gehirns Vorgelegen. Der Sachverständige gibt bann eine sexual-psychologische Analyse des Angeklagten. Wie bei den meisten Jugendlichen, habe Schule und Elternhaus auch hier die Aufklärung der Straße überlassen. Solange man nicht auf dem Standpunkt stehe, daß die wahre Reinheit nur durch reine Wahrheit ge schaffen werde, werde es immer wieder solche Fälle gebe». DaS einzige Erfreuliche au diesem Prozeß sei die Oeffentltchkeit. Der Sachverständige saßt sein Gutachten in folgende Sätze zusammen: 1. Die inkriminierten Handlungen des Krantz sielen in der Zeit der Pubertätskrise, die an und für sich gekennzeichnet ist durch erhöhte Reizbarkeit des Nervensystems. 2. Krantz zeigt anormale Züge insofern, als einer sexualen Spätreife eine geistige Frühreife gegenübersteht. S. Diese Abweichung ist aus erbliche Belastung -urückzustthren. 1. Krantz leidet unter starkem sexualem Minderwertigkeitsgefühl und unter Ver- sündigungsideen» die teils in seiner inneren Entwicklung, teils i» äußeren LebenSumständen begründet sind, zum großen Teil ober auch mit seiner Unwissenheit aus sexualem Gebiete zu- sammenhängen. 5. Die belastenden Abschiedsbriefe sind in einem Zustand der Alkoholwirkung entstanden, der die freie WillenSbestimmung anSschloß. 6. Diese unmittelbare Alkohol wirkung war in oen Morgenstunden nicht mehr im gleichen Maße vorhanden. Ans Grund der ganzen charakterologifchen «nd fexualpsychologischeu Eigenart deS Krantz ist eS aber höchst »»wahrscheinlich, daß er sich an einer Bluttat beteiligt hat a«S dem hier angeführte« Motiv der oerschmähie« Liede. Der Vorsitzende wirft dann die Frage auf, ob weitere Sach verständigenvernehmungen noch erforderlich seien. Es wird aber von beiden Seiten auf die Vernehmung nicht verzichtet. Der Staatsanwalt erklärt, daß er ein Gutachten des Sach- verständigen Placzek über Hilde Scheller nicht mehr brauche: Piaczek solle aber über den Angeklagten anssagen. Der Wlederausnahmeankrag svr Schulz. Berlin, 18. Febr. Di« Verteidigung der vernrteilten Schulz und Umhofer hatte beantragt, die Vollstreckung des Urteils bt» znr Erledigung des Wiebercmfnahmeantrage» anSzusetzen. Bekanntlich hatte die Strafkammer zunächst eine Entscheidung abgelehnt, weil eine Entschließung deS Staat-Ministerium» über die Vollstreckung der Todesurteile damals noch nicht vorlag. Diesen Beschluß hat das Kammer gericht ausgehoben mit der Begründung, daß schon vor der Entscheidung der Gnabeninstanz eine solche Prüfung zulässig sei. Nachdem inzwischen die Todesstrafe« in Freiheitsstrafen umgewandelt find, hat di« Strafka««er ««««ehr beschlossen, den Antrag ans Aussetzung der Strafvollstreckung biS znr Erledig»«, d«S WtederanfnahmeverfahrenS «angelS a«S» reichender sachlicher Begründung »nrückznweisen. Di« von der Verteidigung beantragte gerichtliche Feststellung, baß die Verurteilten al« UeberzeugungStäter anzusehen sind und daher die damit verbundenen Vorteile genießen, wird sich voraussichtlich erübrigen, weil nach dem Wortlaut de» SchwurgertchtSurtell» Zweifel an der UeberzeugungStäter. fchaft nicht bestehen. iW. T. v.) —— Berlin, 18. Febr. Der Preußische Landtag beschloß I» seiner heutigen Sitzung, sich hinsichtlich der Auslösung den Be. schlüssen des Reichstages anzuschließen. Der 28 März als Wahltermin würde au- technischen Gründen nicht in Frage kommen. Als Termin käme nach Ansicht des Aeltestenraie« frühestens der 22. April in Frage. Der Preußische Landtag wird sich heute bis zum 1. März vertagen. Sin neuer Protest gegen -as Schellern oes Schulgesetzes. ««ekln, 1L Februar. Fn einer Kundgebung -u der durch das Scheitern dv- ReichsschulaesetzeS entstandenen Lag« gibt der Beirat deS evangelischen ReichSelternbundes der tiefsten Erregung der Elternschaft darüber Ausdruck, Laß nach viclmonatiger, intensivster Arbeit die Erledigung des seit neun Jahren erstrebten und von der gegenwärtigen Reichs- regterung und den an ihr beteiligten Parteien in aller Form zugesagten Rcichsschulgesetzes erneut aufgcgeben ist. Wir können, so heißt eS weiter, unter keinen Umständen zugcben, daß der Keudcllsche Entwurf, wie er vom BildungS. anSschuß in erster Lesung verabschiedet worden ist. eine Ncberspannung des Elternrechts enthielte ober zu einer Leistungsminderung der deutschen Volksschule geführt hätte. Wir lassen unS tu der Forderung nach einem Reichsschul, gesetz nicht beirren, das uns Eltern aus Grund de» in der Reichsvcrfassung feierlich verbrieften Elternrechts die Freiheit gibt, unsere Kinder nach unserer Wachl in evan gelische Staatsichuleu zu schicken. Es gibt für die Elternschaft nur eine Losung: Fortsetzung des Kampfes bis jsum Endziel! Sicherung der evangelischen Schule durch ein Reichsschul, gesetz!" Die Regierungskrise in üänischerDeleuchlung. Kopenhagen, 18. Februar. Die dänische Presse bc schäfttgt sich mit dem Scheitern der deutschen Regierung», koalition im wesentlichen nur referierend, läßt aber gelegent lich durchblicken, -aß die a«S der liberale« Traditio« -erttder- genommene freistnnige Einstellung der Deutschen VokkSpartci znr Frage de» ReichSschnlaesetzeS den Bruch herdeigesührt habe. „Politiken" widmet der Regierungskrise einen längeren Leitartikel, den sie spöttisch „HtndenburgS Zwillinge" überschreibt. Der Artikel läßt nichts an Deutlichkeit, an Un parteilichkeit alle» zu wünschen übrig. So führt da» demo kratische Blatt u. a. au», baß die drei Parteien der deutschen RcgterungSkoalitton kein besseres Mittel hätten finden können, »m den letzten Rest ihres Kredites bei der Wähler schaft ctnzubüßcn, als die Entfesselung des Furor Teutontcus, was tn den Angriffen der Parteien gegeneinander zum Aus druck gekommen sei. Da» Streitobjekt selbst sei von untergeordneter Bedeutung, doch könne der Streit weitere Folgen nach sich ziehen. Das Parteiorgan der Konservativen, die Kopenhagener „National Tibende" schreibt in diesem Zusammenhang, daß man bei den Neuwahlen mit einem Ruck nach links rechnen müsse. Die Deutschnationalen hätten jedoch in ihrem HilsSprogramm für die notleidende Landwirtschaft eine vor zügliche Wahlparole, deren Bedeutung man nicht unterschätzen dürfe. Sie werde damit sicher eine starke, wenn nicht die stärkste Partei mit einem festen Stützpunkt tn der Beamten schaft bleiben. Tirol gegen -ie Sei-el-Ae-e. JnnSbrnck, 18. Febr. Di« Antwort de- Bundeskanzlers Dr. Seipel in der Frage der italienische« Uedergriss« gegen österreichische Staatsangehörige in Südtirol hat in der Tiroler Prelle «ine ablehnende Haltung gefunden. ES wird «erlangt, daß die Erklärung Dr. Seipel» i« österreichischen Raiionalrat «nd insbesondere i« Tiroler Landtag znm Gegenstand eines Protestes gemacht werde, da »er Stand, pnnkt de» vnndesranzlerS. daß in der Südtiroker Frone nichts z« mache« sei. als ««würdig empsnnde« «erde« müsse. Alrckilie»,« veslsllungoverolckerung kür Sackisen <epoKN,Krt«»>nrI«>Xun, «i», Votl>»kt.et,»et,«n t^>»ndun<t»» für S»et»»a> 0kkS0Ldl-/ß., ^ldre«lit»tn»k« är-lnOkMSSlt«' 1». bt« oo. t^MbSnilchbr. — Q«rtn»« t««t« prVmt«. — k«tn« »rrtllck« Unteriuekun». — vMl«u»»»kluNU V«r»Icb«nino». „rmmr — S»a1v»A>nr«« Mr korporativ« »cb«f1 von Veretnon. t
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