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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 09.09.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270909010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927090901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927090901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-09
- Tag 1927-09-09
-
Monat
1927-09
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 09.09.1927
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Freilag. 9. September 1927 — „Dresdner Nachrichten" — Keine deutschen Szeanflüge mehr. Vorbereitungen für -ns Höchste Jahr. verN«, 8. Sept. Wie wir zuverlässig erfahren, werben in diesem Jahre voraussichtlich von Deutscher Seite ans keine neuen Versuche gemacht werden, den Atlantik zu überwinden. Der Grund hierfür ist in der Tatsache zu suchen, bas, nach Rn» sicht der Wetterwarten, vor allen Dingen der Hamburger Seewarte, mit einer weiteren Verschlechterung, nicht aber mit einer Besserung der meteorologischen Verhältnisse aus dem Ozean zu rechnen ist. Man hat allgemein die Er- sahrung gemacht, dast während der ersten Septenibeihälste auf dem Atlantischen Ozean bessere und ruhigere Witterung herrscht, als ,. V. in der zweiten August Hälfte. Dafür pflegt aber in Le» letzten Wochen im September gewöhnlich sehr stürmisches Wetter einzusetzen. Alle die Firmen, die den Ozeanflug vorbereitet haben, Junkers, Nohrbnch. Hcinkel usw., halten es darum für besser, die nun kommenden Win termonate zur Vorbereitung »euer Versuche im n ä ch st e n Frühjahr auszunutzen. Die mahgcbendcn Stellen haben, wie nochmals betont werden must, nicht cingegrisfen. Dem MeichSverkchröminister ist ein Vorwurf daraus ge macht worden, dast er die Ozeanflüge nicht verbietet. DaS Nclchsverkchrsministcrinm steht aus dem Standpunkt, dast eS den Sportslcuten überlassen werden müsse, zu entscheiden, was sic wagen können. Nur dürfe» dritte Personen nicht gefährdet werden. Bei jedem Ozcanflua wird vorher die amtliche Prüfstelle gefragt, ob keine Nebcrbelaslniig oorliegt und ob die Möglichkeit vorhanden ist. bet vorzeitiger Landung Benzin abzuwcrfen. Das ilebcrfltegcn gröberer Ortschaften ist bei voller Belastung zu unterlassen. Man must einen Unterschied machen zwischen kühne» Nekordslügcn und Vcr- kehrS-fliigen. Für die letzteren wüsten natürlich alle Bürg schaften für die Sicherung des Fluges vorhanden sein. ÄSnnecke nach Berlin geflogen. Köln. 8. Gcpt. Der Flieger Könnccke ist heute nachmittag gegen Uhr mit dem sahrplanmästigen Flugzeug der Lusi- hausa Kassel—Magdeburg-Berlin abgeslogen, wie verlautet »ach Berlin, von wo er morgen abend hier wieder zurllck- erwartet wirb Koenncckes Anwesenheit in Berlin hängt mit Verhand lungen zusammen, die hier wegen seines Ozeanslugproseltes gepflogen werde» sollen. Angesichts der schwere» Verluste, die die Ozeanfltegerci in der letzten Zeit gefordert hat, ist es natürlich als selbstverständlich anzusehen, dast Koennecke bei der Prüfung der Verhältnisse des Wetters, die einen Start ermöglichen könnten, überaus vorsichtig zu Werke gch.t, da er, was ia zu verstehen ist, das Schicksal der Flieger, die jetzt ihr Ende in den Wellen des Ozeans gefunden haben, nicht teilen will. Bei Sturm und Regen im Meere versunken. 81 Dampfer suchen die „Old Glory" vergeblich. Nenqork, 8. Sept. Der Dampfer „Carmania" hat heute vormittag sunkentclcgraphisch gemeldet, dast die Suche nach dem verunglückten Flugzeug „Old Glory" erfolglos war. Auch die „Transsylvanta" teilte durch Fniikspriich mit, dast sie die Suche nach der „Old Glory" als hoffnungslos auf gegeben habe. Die Dampfer funkten — eS hatten sich ins gesamt 31 Dampfer nach der Unglücksstclle begeben —, dast sie die Unglllcksstelle in einem Umkreis von 60 Kilometer aus das genaueste abgesucht hätten. Ununterbrochen seien Hunderte und aber Hunderte von Ferngläsern aus das Wasser gerichtet gewesen. Immer wieder Hab« man stundenlang mit allen niöglichen Geräten das Meer abgesucht und trotzdem nicht die geringste Spnr von den verunglückten Fliegern gesunde«. Auch der an Bord der „Transsylvanta" befindliche Chefredak teur der „Brooklyn Times" sandte einen Funkspruch, in deyi er mitteilt, dast die Offiziere der „Transsylvania" zu der Ueberzeugung gelangt seien, die Suche nach der „Old Glory" sei aussichtslos, das Flugzeug sei sicher in den Wellen untergegangcn. Im hydrographischen Büro der amerikanischen Kriegsmarine wurde durch Berechnungen sestgestellt, das, die Hilferufe der „Old Glory" von einem Punkte herkamcn, der südlich des Zentrums eines heftigen mit Regen verbundenen Sturmes lag. Austerdem »niste infolge naher Eisberge eine starke Kälte geherrscht haben. Nach der Meldung eines der Schiffe, die die Hilferufe der Flieger ausstngen, nimmt man an, dast das Flugzeug nicht sofort ins Meer abgestürzt ist, sondern wahrscheinlich erst nach langen vergeblichen Anstrengungen, des Motordefektes Herr zu werden, auf die Fluten des Ozeans niederging. Nach Ansicht der Wettcrsachverstandigen konnten sich dann aber die Flieger auf den von ihnen mitgcführtc» GiimmircttungS- bvvten nicht lange aus dem Wasser halten. Wenn auch noch einige Fachleute die schwache Hoffnung haben, dast das Flug zeug nur einen Unfall von geringer Bedeutung erlitt und dann doch den Flug nach No-m mit einem gebrauchsunsähigcn Funkapparat fortgesetzt haben könnte, ist aber nach Ansicht aller übrige» Sachverständigen damit zu rechnen, das, die beiden Piloten Bertand und Hill und der Passagier Panne den Tod in den Wellen gesunden haben. In seinen letzten Funksprüchcn hatte Bertand geklagt, dast die anstcrordentlichc Schwere seines Apparates ihm nicht erlaube, dem Unwetter durch Aufsteige» in gröbere Höhen auözuwcichen. Auch „Sir John CarNnq" verloren? London, 8. Sept. Nom Flugzeug „Sir John Carling" ist bisher keine Nachricht eingegangen. ES herrscht jetzt graste Sorge um das Flugzeug. DaS Wetter westlich von Irland ist, wie gemeldet wird, schlecht. Der Bctriebsstoss deS Flug zeuges reicht ans für einen Flug bis 6 Uhr abends. London. 8. September. In ganz England ist man um das Schicksal des kanadischen Flugzeuges „Sir John Carling" ans,erst besorgt. Während der ganzen Nacht gingen Regen güsse nieder, die auch zur Stunde noch andauern. Der Himmel ist völlig bedeckt, die Sicht infolgedessen sehr schlecht. Da bis abends 7 Uhr keine Nachrichten über den Verbleib des „Sir John Carling" Vorlagen, so mnst mit dem Verlust anch dieses Flugzeuges gerechnet werden. * London. 0. Sept. Aus dem Flugplätze Croydon sind auch biS 10 Uhr abends keine Nachrichten vom Flugzeuge „Sir John Carling" eingetroffcn, im Luftsahrkininistcrium ebensowenig. Ein Beamter des Ministeriums erklärte: Es besteht jetzt keine Hoffnung mehr, das, das Flugzeug noch in Croydon eintrisft. Wenn cs den Fliegern gelungen wäre, den Ozean zu übcr- gucren, so würden sic natürlich sofort nach ihrer Ankunft über dem Lande nicdcrgcgangcn sein. sW. T. B.j Rot, aber nicht Schwarz-Weiß-Rot! Brauns Flaggenkrieg. Hamburg, 8. Sept. Die .Hamburger Nachrichten" belasten sich in einem Artikel mit der Rede, die der prcustische Ministerpräsident Braun in Altona gehalten hat, und er klären dazu u. a.: Wenn Herr Braun die Einführung der schwarz-wctst-roten Handelsflagge wegen angeblicher besserer Sichtbarkeit als Halbheit beklagte, so zeigte er, dast er der Be lehrung sehr wohl bedarf, denn die bessere Sichtbar keit und darum Zweckmäßigkeit der schwarz-wctst- roten Flagge steht nun einmal fest und wird Herrn Braun von allen Kapitänen der Erde bestätigt werde». Merkwürdig must eS anmuten, Last Herr Braun erklärte, Ver anstaltungen fernbletben zu wollen, bei denen ihm die schwarz- weist-rote „P a r t e i f a h n e" der Dentschnationalen „unter die Nase gehalten" werde, dast er dagegen an den blut roten Fahne», die in überreichem Maste die AnSstellnngö- halleu zu Altona schmückten, keinen Anstost nahm. Er hielt cs also nicht mit seiner Würde für unvereinbar, dast die schwarz- rot-goldenen Fahnen nicht gezeigt, sondern ihm nnr die Partcifahne der Kommunisten „unter die Nase gehalten" wurde. „Der Tempelhüler -er Weimarer Verfassung". Berlin, 8. September. Zu der gestrigen Hamburger Rede des prcus,Ischen Ministerpräsidenten Braun in der Flaggenfragc schreibt die „Tägliche RundschauDie Rede des preustischen Ministerpräsidenten lässt den Abgrund, in den uns der von der Weimarer Mehrheit hcrausbcschivvrene Flaggcnstreit htnctngcstürzt hat, in seiner ganzen Tiefe und Trostlosigkeit aufs neue erkennen. Die Rede dcS Ncichs- ministers Koch war' würdig und stnatSmännisch. Ohne der amtlichen Rcichsflagge die Achtung zu versagen, auf die sie den verfassungsmäßig g> währlcisteten Anspruch hat, fvrdertc sic in voller Uebcrciiistimmung mit dem Empfinden aller guten Deutschen, der Deutschen also, denen die glor reiche Vergangenheit ihre? deutschen Vaterlandes und ihrer stolzen Symbole Heiligtümer sind, Ehrfurcht vvr der alten RelchSflaggc und kcnnzcichnctc den Ausspruch des Herrn Braun, die schwarz-w-cist-rvte Flagge gehöre ins Museum, als schwerste Verletzung dessen, was »ns Deutschen heilig sein must. Die Rede Brauns ist wüsteste Demagogie, unwürdig eines Staatsmannes. In welche» Lokalen Braun verkehrt, ist seine Sache. Wenn er aber in seiner amtlichen Eigenschaft Premierensegen in Berlin. Der Berliner Theaterapparat gleicht mit seinen ver schiedenen Führungen einer nicht ganz fehlerfreien Wasser leitung: Zeitweise sickert a»S de» verschiedenen Leitungen kein Premierentröpfchen, dann aber platzt cs ans einmal wie nach einem Rohrbruch herein und überschwemmt zum mindesten die Spalten der Zeitungen mit Theaterberichten vhnc Ende. Um diesem Segen, der in den ersten Septcmbcrtagc» un ausbleiblich ist, gerecht zu werden, wollen wir unsere sehr knapp gefaßte Betrachtung — vom Piöcatvr sprachen wir ja schon auSftthrltchor — nach den einzelne» Gruppen und Rtng- btldungen etntcilen, so dast damit für den Leser zugleich ein kleiner OrtcntierunaSplan über die heutigen Theater in der Hauptstadt gegeben ist. Ta die SiaatSthealcr lSchauspiclhanö und Schiller-Theaters noch nichts Neues gebracht haben, ist in erster Linie die „Rctbaro" zu nennen, d. h. lener Konzern der Direktoren Reinhardt, Barnowsky und Robert, der so kühn gewesen ist, aus dem Nühnenvcrein auszutrctcn. Max Reinhardt be fehligt davon drei Bühnen: das Deutsche Theater, die Kammcrspicle und die Komödie. Leider beginnen alle drei das neue Spieljahr mit Ausländern, unter denen Shaw zwei mal vertreten ist. In den Kamm erspielen kam der Franzose Paul Gsraldy mit seinem Lustspiel „Ihr Mann" zu Wort. DaS ist nun allerdings ein in seiner Art so fein ziseliertes Lustspiel, dast man den Import nicht be dauert. DaS ewig Problematische zwischen dem Wesen deS ManncS und dem der Fran wird hier in wirklich geistvoller graziöser Weise behandelt, auch durch die Schauspieler, die mit Ihrem fugenlosen Ineinander des Dialogs beste Reinhardt- Schule gaben. Bor allem war Carola Toelle so inensch- sich wahr und echt weiblich, dast aus der Komödie verfeinerte Wirklichkeit wurde. Vortrefflich gespielt werden anch die beiden Shawscken Lustspiele. „DerArztamScheidc- wrg e" mit M o t s s t in der Hauptrolle fand im Deutsche n The ater. „Zinsen" In der Komödie mit Gülstorff. Stein- rllck, Falkenstein und Bransewctter sehr freundliche Ausnahme. DaS letzte Stück ist Shaws erstes, früher bekannt unter dem Titel „Die Häuser des Herrn LarioriuS". Die Menschen sind in dieser veralteten Anklagekomvdie nicht annähernd so lebendig wie der Dialog, welcher Liebe und Häuserspckulatton miteinander verbindet, lieber beiden Stücken funkelt Shaws kalter Witz in Hellem Glanz. Der Vertreter des „Na" in dem „Relbaro", Viktor var- »owsky. hat zu dem Theater an der Köntggrätzer Straße und dem KomvbienhauS am Schtffbauerbamm »och da» Berliner Theater in der Charlottenstraste übernommen. DaS alte Haus ist über Sommer neu instand gesetzt und wurde mit einem alten, ne» instand gesetzten Lust spiel eröffnet: ScrtbcS „Fee» Hände", hier genannt „Lconie". Ei» so weites Zurückgchcn kann man nun frei lich nicht als Fortschritt bezeichnen: doch wurde ausgezeichnet gespielt — C r i k a v. T ü e l l in a n n und AdelcSandrock sind vor allem zu nennen — und die Zuschcr waren vergnügt. Der alte Scribc würde gewiß, wenn er aufcrstände, es ganz in der Ordnung finden, dast unter den „Fecnhänden" seines siebzigjährigen Lustspiels jetzt AutoS, Telephone, bubiköpfigc Mancautns mit modernster Modcschau, Grammophon und dergleichen altmodische Sachen ihr Wesen treiben. — DaS letzte Mitglied der „Reibaro", Engen Robert, spielt auf seiner „T r t b ü n e" noch das „Spiel i in Schloß" mit Käthe Haak und Karl Etltnger. Gutes Theater bringen eigentlich immer die drei S a l t e n b u r g - B ü h n c n. Direktor Heinz Saltcnburg er öffnet«: sein Lesstng-Theater am Kroiiprtnzcnnfcr sogar mit der wohl bisher bedeutendsten Einstudierung, mit Shakespeares „König Heinrich IV'.". Der Spiel ordner Karl Heinz Martin hatte beide Teile für eine Dauer von Dreieindrittelstunden zusammcngezogcn, nicht ungeschickt, wenn auch manches, das man schmerzlich vcrmthtc, nur unvollkommen durch ein buntes Gewimmel lustiger Artisten erseht wurde, die sich um Falstaffs Bauchglobus tummelten. In dem Globus steckte Eugen Klöpfcr: Ein kostbares Exemplar Mensch, etwas ranzig, sehr witzig, mit lachendem Humor die verdammten Unebenheiten des Lebens aiisglctchcnd: wahrhaft ergreifend am Schluß bei der großen Enttäuschung. Im Gegenspiel der König Paul Wcgeners, eine echte Shakespeare-Gestalt, in der Sterbeszcne von monumentaler Wucht. Der begabte Ernst Deutsch als Prinz ohne Humor und Ucbermut, ein zurückhaltender Herr schon in den Kneipszenen, Hedwig Wange! als Frau Hurtig und Nie mann als Percy vortrefflich. Während Saltcnburg in seinem Deutschen Künstlertheater „Die Dame von Maxime" mit Käthe Dorsch vor bereitet, brachte er am Dienstag im L u st s p t e l h a u s c, seiner dritten Bühne, sogar eine Uraufführung: Film- romanttk". Oder darf man einen neuen Fulda nicht mehr als Uraufführung bezeichnen, auch wenn er zum ersten Male gespielt wird? Man darf eS diesmal eigentlich insofern nicht, als die pointcnrelche Laune und die gut geölte Lnst- svielinalchine altbewährter Fulda sind. Neu ist in seinem Wirken meines Wissens das Thema Filmdiva. Sie wird von Charlotte Ander reizend gespielt, von OSkar Sabo, dem Manager, entdeckt und läßt ihn natürlich .m Stich. Die durch den Verlobten und die Mutter entfachten Widerstände Nr. 424 Sette Z al» preusttscher Ministerpräsident eine amtliche Boykottierung derjenigen Gaststätten anordnet, von denen er meint, daß sie einen Mangel an vorschriftsmäßiger Gesinnung bekunden, wenn sie eö Unterlasten, die amtliche Neichsfabne zu Hilfen, so ist das ein grober Berstost gegen Artikel 118 der Reichs- verfastung: et» Verstoß, der besonders aufreizend wirken mnst, wenn ein Mann ihn sich zuschulden kommen läßt, der sich bei jeder Gelegenheit als der Tempelhütec der Weimarer Verfassung aussptelt. Der „Vorwärts" über die katholischen Arbeiter in Dortmund. Berlin, 8. Sept. An dem Fe st gotteödien st anläßlich des Katholikentages in Dortmund hatten sich 1 26 000 Ai e n s ch e n beteiligt. Der „V v r w ü r t S" berichtet »un, daß neun Zehntel dieser „mit ihrem Gottesdienst demonstrieren den Menschen" Proletarier waren, Männer und Frauen härtester Arbeit aus harter westfälischer Erde". Damit ergebe sich eine große Frage an die Sozialisten: „Wie kommt es. dast diese Massen trotz aller Enttäuschungen und Entbehrun gen In ihrer Kirchengläubigkett verharren? Gehören diese Menschen kraft sozialer Lage und kraft sozialer Gesinnung nicht z» uns? Man frage unsere Bergarbettersührcr. Seit Jahrzehnten hat sich das Zahlenverhältnts unseres Acrg- arbeiterocrbandes gegenüber dem christlichen nicht mehr ge ändert. Diese Frage» und diese Tatsachen sind ernst für unö. Sie werden nicht beantwortet und entschieden durch das Be kenntnis des Kieler Parteitages der Sozialdemokratie, die katholischen Arbeiter durch kluge Politik für uns gewinnen zu wollen. Wir haben nnr Aussicht in diesem Kamps um dis Arbeiterseelcn, der vielleicht für Deutschlands Zukunsts- gcstaltung mit entscheidend ist. wenn wir unsere sozialistische LebenSidcc zur Umgestaltung der DieSseitSwclt gänzlich frei von weltanschaulichen Bindungen machen." Weiter heißt es, dast, wenn der Weg zur Wirtschastsumgestalinng mit allen Prolctnricrn einmal errungen sei, dann werde sich die katho lische Kirche mit jener Geschmeidigkeit anpasscn, die sie wie derum in Dortmund offenbart habe. Wehrwolstresfen in Poks-am. lDrabimeld» na unsrer Berliner Schrifllcitung.i Berlin, 8. Sept. Am kommenden Sonnabend und Sonn tag findet in Potsdam das Ncichötressen des Wehrivolscs, Bundes deutscher Männer, statt. Mit der Tagung ist e i n großes Sportfest verbunden. Am Sonnabendvormittag wird der Bnndessührer. Dr, Fritz Kloppe, einen Pressc- empsang veranstalten. Anschließend beginnen die Spvrt- kämpsc. Am Abend findet dann ein großes Sachse nkon- zcrt statt, das 200 sächsische Wehrwolsmusiker bestreiten. Am Sonntagvormittag erfolgt nach süns großen Kundgebungen in der Stadt der Aufmarsch des gesamten Bundes im Stadion. Im ganzen werden in Potsdam 30 000 bis 35 000 Wehr- wölse erwartet. Die „Note Fahne" kann sich bereits seit einigen Tagen nicht genug tun, in aufreizenden Artikeln gegen diese nationale Kundgebung zu Hetzen. Am Donners tagabend fanden in Potsdam rote Gegenkundgebnngen statt, bei denen mit blutrünstigen Reden nicht gespart wurde. Alle Trvhunacn seitens der Linken werden jedoch den Wehrmolf nicht abhalten, sich in Berlin selbst zu zeigen. Ein Teil der Mannschaften wird sich am Sonntagabend in zwei große» Marschsäulen durch die -Hauptstadt bewegen. Als Gäste des Bundes werden General Ludendvrss und Kapitän Ehrhardt erwartet. Beamlenverlreler bei Dr. Köhler. Berlin, 8. Sept. Wie das W. T. B. erfährt, haben heut« vormittag die angekündigten Besprechungen des Reichs- finanzministcrs Dr. Köhler mit den Vertretern der Be- amtenorganisationen begonnen. Damit werden die Verhandlungen über den Entwurf der Vesoldungöresorm in ihr akutes Stadium übergeleitet. Morgen wird sich die Kon ferenz der F i n a n z m i n t st e r der Länder beim Reichs« finanzininister anschließen. Nachdem so die Länder Gelegen heit gehabt haben, ihren Standpunkt und ihre Wünsche zum Ausdruck zu bringen, wird der Entwurf dann am Sonn abend das Kabinett beschäftigen. Für Sonntag wird bekanntlich die Rede erwartet, in der Dr. Köhler in Magde burg nähere Mitteilungen über den Inhalt und Umfang der BesoldiingSreform zu machen beabsichtigt. „ < - ^ Rationalisierung ist nur mögliib mit leistungsfähigem Personal. Der Arbeitsnachweis hat stet» solche« »u Ihrer «Verfügung. Anruf: 85881 u. 24831. V/ geben Gelegenheit zu prächtigen LösungStrickS voll wirbeln- der Lustigkeit und von Fulda leicht im Filmsinne parodiert. Schließlich entpuppt sich der schmissige Oskar Sabo als Vater seiner Entdeckung. Darob gibt es denn viel Jubel im Parkett, endloses Händeklatschen und für den 06 jährigen Fulda Blumen und Huldigungen. Wir gratulieren. Damit wären die Haiiptcrctgnistc erschöpft, denn daß das Renaissance-Theater etwas ganz Neues in der neuen Spielzeit, nämlich Henry BatailleS 20 jährige Komödie „P o l i ch c" aufwärint, bedarf so wenig einer Be trachtung, wie der völlig verunglückte Bcrsuch desTheaterS am Schtffbancrdamm, MoliSrcS „George Dand in" mit Zwischenspielen zu geben, in denen gezeigt werden soll, was Dandin geworden wäre, wenn er statt der Adligen ein Baucrndiriidl geheiratet hätte. Heiliger Ball horn! Bester gelang dem Neuen Theater am Zoo ein Lustiger Thoma-Abcnd mit drei Einaktern des Münchner Humoristen. Der neuen Haller-Revue „Wann uni» io o" sagt man nach — ich habe sie nicht gesehen —, daß sie nicht so witzig wie die letzte, aber ansonsten frisch, frech, flott unterhalten soll — uss! .. KarlStrecker. Kunst und Wissenschaft. Schauspielhaus. Von Paul Raynal, dem Dichter des „Grabmal des unbekannten Soldaten", kam rin Dreiakter „Der Herr seines HerzenS" im Schauspielhaus zur Erstausführung. Eine sehr ernst zu nehmende feinsinnige Arbeit, wie sie so vielleicht nnr in der psychologischen Dtckitung Frankreichs gedeihen konnte, wo tn Roman und Drama die Analyse der Leidenschaften bis zur Uebeispitzniig gepflegt wird. Die Handlung, nüchtern erzählt, ergäbe eine romanhafte Ge schichte von der Aufopferung eines Freundes für die Liebe zur selben Frau, endigend mit dem Selbstmord des anderen, von dem sich die Geliebte zuletzt doch abwendet. Aller Wert dcS DramaS liegt aber in der psychvlogzfchen Durchführung und in der Kunst eines scharf geschliffenen und tief bohrenden Dialoges. Diese schwaiikungSvolle Seelenzerglieberung dra matisch zu beleben, bedurfte der höchsten und feinsten schau- spielerischen Nachgcstaltuiig, die dem vielfach erschütternde» und aufwühlenden Merke auch durch Alice Verden» Felix St ein bück und Adolf Wo hl brück t» stärkster Hingabe und hoher Vollendung zuteil warb. Die Wirkung war ungewöhnlich stark und brachte den Darstellern und dem Regisseur Gielen stürmischen Dank. Morgen mehr. k.2.
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