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.Der grüne Kirchenbut. Eine heitere Psinastgeschichte von Marietta v^on Lettrow lil^achdruck verboten.! So zphm und gutmütig und lammfromm rct» jetzt bin, so tchlimm war ich als zehn- bis zwölfjähriges Mädchen. Kein Baum war mir zu hoch, keine Mauer zu steil, kein Wasser zu tief, das ich nicht durchwatete oder durchschwamm, und Mut hatte ich für zehn; den Hungen hätte ich sehen mögen, vor dem ich mich gefürchtet hätte! Trotz meines riesigen Fleißes, meiner vielseitigen Talente und meines aufgeweckten Geistes war ich der Schrecken der Herren Lehrer. Ich wurde auS einer Klasse in die andere der- setzt, unter Mitschülerinnen, die bald hätten meine Mütter sein können: alles, wozu andere ein oder zwei Jahre brauchten, um «s gründlich gelernt zu haben, das hatte ich in einem halben Jahre weg, und die Lehrer waren froh, mich loSzuwerden. Der Nebernnitsteufel regierte mich. Entweder hatte ich den Herrn Oberlehrer hinter der Klassentür ertappt, wie er sich die letztenReste der Haare imÄenick über den eiskahlen Schä del strich und im Handjviegel sei» langes, dürreS Gesicht bcliebäugelte, oder ich rannte dem Schuldiener in die Arme, der eine grobe Masche Tinte trug, um die Fässer nachzusullen. Eines Tageö setzte ich meines Bruders Johannes Botanisiertrommcl dem Zeichenlehrer, den ich nicht ausstchen konnte, — weil er immer nur die wohlhabenden Schülerinnen bevorzugte und aus die ärmeren geringschätzend herabsah, — wohl gefüllt mit Maikasern, inS Katheder. Der Deckel dieser Botandsiertrommel »mir ein wenig geöffnet, und die Tierchen krochen heraus und dem rothaarigen Herrn Duff an die weiten Jnexprefsibles. Kurz gesagt, ich war das ankant tarriblo aller männ lichen Lehrkräfte. Den klatschigen und bos haften Mitschülerinnen siegelte ich die Zöpfe rückwärts an die Bank, und wehe, wenn sie sich schnell erheben wollten — dagegen konnte ich für ein unschuldig bestraftes und verspottetes Kind ganz energischParlei er greifen. Der langen Bürgermeisters-Lotte, die so reich, aber so geizig und faul tvar, «skamotierte ich die ichönen Borsdorfer Aepfel und das Konfekt auS der Frühslücks lasche. wofür ich zwei Stunden brummen mutzte, — sie fand es zlvar unangerührt hinter dem Klassenzimmer - Ofen wieder, — dagegen teilte ich so manchesmal mein eigenes Frühstück mit irgend einem Iningrigen Wesen. Auch kam es vor, das; ich in der Stunde bei dem 65jährigen Fräulein Levante, unserer mit langen Schmachtlöck chen gezierten Lehrerin für weibliche -Hand arbeiten, mir Schmetterlinge aus Seiden- papier schnitt. Dazu fabrizierte ich mir einen Fächer aus dem Deckel meines Rechen buches, denn das Rechnen konnte ich absolut nicht leiden! Mit diesem Fächer und einer geschickten Handbewegung beförderte ich diese Schmetterlinge in die Luft, ließ sie sich heben, sich senken, gaukeln und spielen, — Konkurrenz machen können: natürlich sah die ga»ze Klasse dieses »nstskückchen mit an und vergatz darüber das langweilige Pensum im .Häkeln, Strumpszwickeln- uno -Spitzen-Stopsen, Hcmdennähen usw., aber auch das regelmäßig schlasende Fräulein Leoantö. Erwachte nun „Mademoiselle" so flogen die Schmetterlinge mit einer geschickt berechneten Bewegung meines rechten Armes an ihren Kops, oder um ihre kleine Stubsnasc, und Fräulein Lcvani,'' haschte zum Gelächter der mutwilligen Mädcl-en nach diesen Störenfrieden ihres süße» Schlum mers. Wir unartigen Mädels lachten dann so lange und so herzlich, bis uns sämtliche Stricknadeln auS den Arbeiten sielen und die kleine, zierliche Französin ernstlich zornig wurde. Natürlich bat ich dann wieder de- und wehmütig ab und erhielt auch meistens Absolution. Ja, ich war ein Wildfang, aber trotz all meiner Schwächen liebte man mich, denn ich tat absichtlich nieman dem weh und verstand es, mir die Herzen von alt pnd jung geneigt zu machen. Ich war im Besitze von drei Großtanten, den drei Schwestern meiner seligen Großmama. Obwohl meine Familie aus Frankreich stammt und ich meine ersten Gehversuche in Paris unternahm, halte L. . . ., das alte wendische Heidcnnest im Sprcewnlde, die Ehre, meine jüngste Jugend unter seine schützenden Flügel nehmen zu dürfen. — Wie ich schon sagte, — ich erfreute mich mehrerer Tanten, die mich goldblonden Springinsfeld wie ihren Augapfel hüteten. In erster Reihe war da Enphrosine, verheiratet an den Obcrpostdircktor von Klingsohr. tSorlsesung folgt.) Meiner Mutter! Da steh' ich trauernd nun an Deinem Hügel, Mein Mütterlein! Du aber schlummerst träumend tief dort unten. So ganz allein! — Die Sonne lacht, doch ihre Strahlen fluten Nicht in Dein Grab: — Die Blumen blüh'», doch ach, nicht dringt ihr Duften Zu Dir hinab! — Nicht fühlst Du mehr das koscnd-sütze Wehen Der Lenzesluft. Und nimmer tönt der Nachtigallen Klage In Deine Gruft! Fernab der Welt und fern von Lust und Leiden Liegst Du und träumst: Schlaf' wohl und wisse, daß in unsrer Liebe Du nichts versäumst! Magst Du auch einsam jetzt dort unten ruhen, So ganz allein, Wir werden bald in Ewigkeit da droben Bereinigt sein! - Ledwig MatlbeS. Mlirclie SMtügtiM-llittlLlI, km 8ev ssi'. 2, keko MeMMO MiitllliiW). Volvplioo ttnrt l, wr. 4S8S- GttrKUraKttLi», Lloins 2win§6rstra886 Xr. 6. rvlepkoo Init i, wr. 82. von Hvvr«KItzxai»8fvn vlnl»vl»»tvr vis io bvstvr ^nsstnttniiA uuä Hvkvrliilirnnxvu nnvl» »nÄorvn Ortvn Äv» In- nu«1 Unsinn«!«» ru »ollslva ^rvlsvn. ösi v>n1rvtvu«Ivn VoÄvzLLIIvn volls man sied «llrolLt Ln eins äsr obou vorösicdneton OesvUnttsstvIIvn oäor an ciis Lls ässtsilo äor nlleliston HVoI»I1rLl»Lt8i»oHrv1-In8i»vlLtion vonctsn, äureli volcds ctio VvsIvIInuA «Ivr Hvrlrlrs- I«vlel»vn1i »n sikoIZt. vis Zrvv»'«>i8UNA8-ire«:I»nuttKv» vorclon vom sliultisedsu dlListrlll-^mts tzsvzzriit't uncl Niedt Ld§e- stemxslts Reel>mm§on sind Lnt'nvlirnnvisvn. Gewitterschwüle. Roman von Erich Friesen. <8. Fortsetzung.» «Nachdruck verboten.) Die vielen neugierigen Augen, welche die junge Marchesa heute beobachten, finde», datz sie noch viel schöner geworden ist. Das meergrüne, reich mit Silber gestickte Atlaskleid, dessen lose Falten in der Taille durch eine diamanlenbesetzle silberne Schlange gehalten werden, läßt den goldigen Schimmer des herrlichen Haares noch intensiver ansleuchtcn. Der eine der langen schwedischen Handschuhe hat sich ein wenig herab- geschoben und läßt einen Teil des zarten Armes frei, dessen leuchtende Weitzc wett- eisen mit dem breite» Hermelinbesatz des licscn Taillcnausschnittes. Sic hat sich in ihrem Sessel zurnckgelchnl und unterhält sich tebhaft mit der Herzogin, während ihre strahlenden Augen immer wieder den Blick ihres Gatten suchen, der hinter Len beiden Damen Platz genommen hat. Die ersten Nummern des Programms, obgleich in ihrer Art vorzügliche Leistungen, erregen kein großes Interesse. Mit Ungeduld erwartet man das Anstrete» der Serpnilintänzerin Zuleika Aristides. Während einer längeren Pause verläßt die Augen einen solch — wie soll ich sage»'? — einen solch — inwendigen Ausdruck trage», als sähest Du nichts »m Lieh her." Sie schüttelt den Kops. „Kannst Du eS nicht er raten. woran ich dachte. Aiuadco?" „Soll ich eS versuchen?" „Ja. Also —" „An mich!" erwidert er feurig. Wieder lächelt sic. „Natürlich. Ich denke stets an 'Dich . . Aber in weichem Zusammenhang?" Weltvergessen blickt er in die schimmernden Augen seines Weibes. O, wie er sie liebt, seine Eielia! Sein Ei» und Alles aus der Welt! . . . „Nun?" neckt sie. „Bist Du jo schwer von Begriff?" „Ich weiß cs nicht, mein Liebling!" flüstert er in verhaltener Leidenschaft. „Ich weiß »ur. daß, Du bei mir bist! Daß ich Dich sähe, Dich höre. Dich fühle! Daß D» mein bist — mein für immer . . ." Sie nickt. Leise schleicht ihre Hand sich in die seine. „Du empfindest wie ich, Geliebter," erwidert sic innig „Ich dachte vorhin daran, wie sehr ich mich danach sehne, wieder mit Dir allein zu sein. Deine Tante ist eine mächtige alte T-ame. Aber —" Sie bricht ab. Ein Glockenzeichen hinter den Kulissen gibt das Zeichen zum Beginn der nächsten Nummer. Ter strahlende Zuschauerraum versiustert sich. Eläia nimmt wieder ihren Platz vorn in der Loge ein. Ebenso ihr tzünte. Gleich darauf tritt auch die Herzogin Torlonia ein und setzt sich neben Eleüa. 'Der Vorl-ang geht in die Höhe. Eine kurze Einlcitungsmusik. . . Dann schwebt eine buntschillernde Gestalt aus die Bühne, emp fangen von lebhaftem Applaus. Die schillernde Gestalt verneigt sich ein paarmal dankend. Der Applaus verliallt. Totenstille. Alle Operngläser sind auf die Bühne gerichtet, die ganz von magischem blauen Licht erfüllt ist. Jetzt beginnt die Gestalt sich rhythmisch zu bewegen. Mit zierlichen Fingern ergreift sie zu beiden Seiten doS endlos faltenreiche, in allen Farben schillernde Ge wand. Das biegt sich und wiegt sich und schmiegt sich und duckt sich und reckt sich und streckt sich und wirbelt und woget und schillert und flimmert und leuchtet und glitzert — ein wundersames Bild von Farbenpracht und Grazie . . . Die zierlichen nackten Fuß- chen scheinen kaum den Boden zu berühren. Bon dem dunklen, diamantenübersöeten Kopf gehl ci» tausendfältiges Strahlen aus. An den feinen Knöcheln, an den Hand gelenken, am .Hals, in den Ohren — überall glitzerndes, funkelndes Edelgestrin . . . Die Tänzerin macht eine kleine Panse, wie um dem Publikum Zeit zum Aufatmen zu lassen. Dann sängt sic, beide Hände mit dem Saum des schillernden Gewandes über dem Kops zusammenhaltend, an, sich zu drehen — erst langsam, wiegend — dann schneller, l-astiger — zuletzt leidenschaftlich erregt, wie ein toller Wirbelwind, alles mit sich sortrcißcnd . . . Mit angchaltenem Atem starrt das Publikum aus die Bühne, starren Tausende von Augen au> den glitzernden, flimmernden, leuchtenden, schillernden Kreisel, der sich dreht dreht. - ^ -- -- Mein Gott — ist das ein Mensch? , .der ist das eine in Bewegung ge- Uejö86 ölllSSN, tertix unä bulbkei tix, Lutist, Oeillvv etc. 8pitrsn- unä Ltieicorsi- »I IVkorilr I-lsrlunL I Vrvsäon-I. 8l86NllLU88tra886 19. Lk. ^ H/M/T /s/r /h's/rsF. Ligne Lsi-gfsbl-ik unä ^sgsrins. 'l>3 u SI* H - IV! m. UMVsrÄmdsäis'ksM. Di« koodvunsssa vorclen nur v»ek de- IiorrkUov oinxoroinktom l'arik an/xsstvNt un6 »dxsstomiieU. Kiotit sbß03kvmpelts Nvetmunxen sind rurückrunvisvu. Scbutz- Maeke. Takelwalker l. Kaoges. Nerrlllcherlvlts »wpkokkeo als vorrllgllckirs lkllltel gegrv kakrübek, kllagen-, Llar-o- uoä Nlereoleläeo. Naoptnleelerlazxor V. ü. .Ädkevek, Seilersts. r. Vreden. Vvl. wo. S728. vcsorZiiiiZ »Hsr »»k 6« Leercki^ungsveseo berüxl. 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