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Dresdner Nachrichten : 06.03.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187403064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740306
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740306
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-03
- Tag 1874-03-06
-
Monat
1874-03
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 06.03.1874
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n I Vnr. . . Z«i»uu Nummern i Nor. «,sl-i»:83VOO«ü>l. bl« «-dnctlou »erblntltch. Anfnlen-Annndme cui«> «Irit: L»»»»»»t«!» un» V«^» In Pundur,. »re- llo. «Sten/Lrijüt,. »aül. v«»l»u, tzrankfun a. M. — Lllä. »««« in >«rlln, Lelft«!», «len. Hamburg, grantfurt a. »»., Mün chen, — v»nd« ch La. In »ranlslirt », M. — »« In «bemnl». - «»- >»uL » c«. I« Varl». Tageblatt für Unterhaltung .Druck und Eigenthum der Herausgeber: Ltepfch Vtktchardt in verantwort!. Redakteur: Julius Neichardt. «nierat««»»«» »a»»- ü»ai« l» an,«»»«»»» MI» «l»,» Ubr, »-«UL-« Vl» «itt,,» » U»r, K> stkenll,»!: grob« Klafter- k^aft« » dt« «dd, li Uftr. I^Dcr Roum ein-r eln- "laaltigen Prlilrrllc tollet ä Pfr lttnueianbt die geile ü Ngr, sStne Aaraiuie ilir da, nüchsllaatae Srichei- nen der Jnirmle alrd »ich! geg»den. vluiwurtlge Alllloncen- Ausllägc von »n« u»be- lunnlen Nirmctt u, V»- ioncli inicrirc» wir nur gegen PrLnumcrnndo» ZolNung durch Brici- lnarten oder Poltcinzah- lung, v Tilden lösten >>/, Ngr, Autwärtilse können die fladluns auch aus eine Dretdnkrfiirm» anioeilen. Die lirp. Nr. SS. Neunzehnter Jahrgang. MItrebactrur: vr. Liutl Für das Feuilleton: LuSMlgx Nmi-t»»»»»»». Dresden, Freitag, 6. März 1874. r- Politische«. „Der einzige Mensch, welcher in diesem Augenblicke den euro päischen Frieden stören könnte, ist der Papst." — Wer hat das ge sagt? Wer anders, als Bismarck. Wann, wo, zu wem? Bor Kurzem zu dem ungarischen Deputirten und Schriftsteller Maurus Jokai, als dieser ihm einen Besuch abstattete und eine Astrallampe ihr sanftes Licht auf ihr trautes Zwiegespräch strahlen ließ. Bei solchem Ideenaustausche zwischen berühmten Staatsmännern und Journalisten, wie sie die amerikanischen Zeitungen ausgeheckt und in Mod« gebracht haben, wird natürlich kein Wort gesprochen, von dem der besuchte („interviewte" ist der Kunstausdruck) Staatsmann nicht wünschte, daß es in die Oeffentlichkeit gelangte. So hat denn auch Herr Jokai von dieser Gepflogenheit reichlich Gebrauch gemacht und sein Referat im ungarischen „Hon" ist eine Quelle pikanter Aeuße rungen, die Bismarck — dessen Hände fortivährend mit zwei riesi gen Bleistiften spielten, sogroß, daß sie Herm Jokai als Spazier stöcke dienen konnten— gegen seinenBcsuch fallen ließ. Das Haupt interesse auS der Unterredung ist, daß Bismarck den europäischen Frieden auf lange Zeit für gesichert hält — wenn nicht der Papst einen Religionskrieg anbläst. „Wir wissen übrigms nicht, wer der Papst ist", hat Bismarck gesagt. Mit diesem etwas dunkeln Worte ist vennuthlich gemeint, daß der Papst eine willenlose Figur in der Hand des von den Jesuiten beherrschten Cardinalcollegiums ist. Bon Oesterreich-Ungarn sagte Bismarck, daß diesseits der Leitha die Deutschen, jenseits der Leitha die Magyaren zur Herrschaft berufen seien. „Braucht", fuhr er kort, „Deutschland etwa noch mehr von der päpstlichen Herrschaft untcrmlnlrte Provinzen? Wir habe» auch jetzt noch gute Freunde, weiche uns damit verdächtigen, daß wir die österreichischen Erbländer annectircn wollen. Gott bewahre! Wir haben genug mit Elsaß-Lothringen zu schassen, genug mit dem dänischen Grcnzstreite; und wenn es nicht geo graphische Rücksichten geboten hätten, wir würden keinen Fuß breit Landes, aus welchem Franzosen wohnen, an Deutschland geiügt habe». Das ist ein nie zu versöhnender, wilder Feind! Denn die Franzosen sind ein wildeö Bolk! Avstrahlren wir von ihnen den Koch, den Schneider und den Friseur, und wir sto ßen auf den kupferfarbigen Indianer. Wenn wir nur im Stande wären, sunS von dem zu befreien, was wir bereits erworben haben, gcswwcigc, daß wir Gelüste trügen nach den wallfahren den LolkSstämmcn Oesterreichs. Und was wollten wir denn mit Wien als Grenzstadt? Wien und Budapest haben die Mis sion, im Osten reiche Eentren für die Civllisation und den Han del zu werden. Und der deutsche Minister, welchem eS etnficle, von Oesterreich etwas zu anneciiren, wäre werth .... (hier machte er eine Hanvbewegung, die andnttete: „gehenkt zu wer den"). Ich für meinen Theii wäre im Stande, wenn die öster reichischen Erbländer „mit aller Gewalt" wünschten, an uns zu kommen, „deshalb" gegen sic Krieg zu führen. Für lange Zeit wirb Niemand die österreichische Monarchie beunruhigen, soweit der menschliche Beistand de» Gang der Zeiten vorauözuschen vermag." „Wer immer den Frieden Oesterreich-Ungarns stören wollte, der sände Deutschland sich gegenüber. Aber es bat auch Nie mand ein Interesse daran, Sic anzngreifen. Warum sollte es Rußland thu»? — Sein Territorium ist von Japan bis an die Ostsee so groß, dckß Galizien im Vergleiche dazu nur ein kleiner Gewinn wäre. Es verfolgt seine» Eroberungskrieg in »Asien nur deshalb, um seine unzufriedenen Elemente zu beschäftigen. ES bat genug mit der Russiftcirung der drei Millionen Deut schen an der Ostsee zu thun. Und auch diese sind ihm nicht förderlich. Meine Landsleute, die Deutschen, sind ein fleißiges, tugendhaftes, arbeitsames, ehrliches und sparsames Volk; aber wenn sie einmal Russen werden, dann übernehmen sie nur die Fehler der Russen in verdoppeltem Maße und verlieren ihre guten Eigenschaften. Ich war in Rußland oft aus der Jagd; dort hörte ich einst das Sprichwort «der Fürst sprach hier Rus sisch; ich konnte cS nicht behalten; dann erklärte er cS mir in deutscher Sprache»: „Wenn der Russe stiehlt, so stiehlt er soviel, daß er allein für einen Tag genug hat; wenn aber der Deutsche einmal stiehlt, so stiehlt er soviel, baß auch seinen Kindern und auch auf morgen etwas bleibt." Rußland braucht keine Erobe rungen mcvr in Europa; cö hat daheim genug zu erobern. Glauben Sic mir, der russische Thronfolger wirb dieselbe Poli tik treiben, welche der jetzige Ezar verfolgt. Er ist ein wackerer, Frieden und Ruhe liebender Familienvater, dem cö gar nicht beifällt, Tamcrlan'schc oder Napolcou'schc Kriege zu planen, das Testament Peters des Großen zu vollsircckcn. der sich freut, wenn er im Kreise seiner Familie glücklich leben kann." Interessant ist noch folgende Glosse Bismarcks: „Sowie ein Gesandter nach Constantinopel geht, wird er mrter den anderen gleich verrückt: sic schlagen sich stets unter einander herum, concnrriren, intrlgutren, medisiren und treiben große europäische Politik, als wenn sie ihnen allein anvertraut wäre — bis sie abberusen werden." Alle diese Aussprüche und noch manche ander« geflügelte Worte BiSmarckS werden in der Presse Europa'« viel besprochen werden. Un» interessirt in erster Linie das Eine: Bismarck ist von der Idee beherrscht: ein vom Papste angezündeter Religionskrieg könne über Europa dahinbrausen. Dem zu begegnen, sollen ihm auswärtige wie innere Politik dienen. In da« Gebiet der Abwehr ultramon taner Angriffe im Innern des Reich» schlägt auch die Behandlung von Elsaß-Lothringen ein. Die NeichstagSdcbattr hat mehrere Punkte klar gestellt: einmal, daß der Rest von Diktatur, der im Reichslande noch besteht, äußerst milde und seit Jahresfrist gar nicht angewendet wurde; sodann, daß die Aufrechterhaltung dieser Dikta tur im Grunde wenig gefruchtet hat und daß mit dm „französischen" Gesetzen, auf deren Grund jener Dictaturrest besteht, deutscher Geist wenig gepflegt wird; endlich, daß der grimmigste Haß der Ultramon tanen darüber besteht, daß ihren Gesinnungsgenossen die elsaß lothringischen Schulen entzogen wordm sind. Kr dem ferneren Rüstzeuge BiSmarckS gehört der Gesetzentwurf wegen Jntcrnirung und Ausweisung rmitmter Geistlich«. Dieser Entwurf begegnet aber im BundeSrathe dm erheblichsten Ausstellun gen ; e» ist nicht einmal ein Referent ernannt wordm. Die Befug- niß, ganze Classen von deutschen Staatsbürgern zwangsweise aus ihrem Vaterlande auHuweism oder zu versetzen, ist eine so unge heure, daß st« die reiflichste Erwägung verdient. Schon, daß bloße ' Verwaltungsbehörden dieses tiefeinschneidende Recht besitzen sollen, findet heftige Gegner. Bei den Franzosm dringt die Ansicht durch, daß der Familien zwist zwischen Eugenie und dem dicken Prinzen nur eine Comüdie ist, der rothe Prinz heuchelt nur den Demokratm, um für die kaiser liche Familie im Volke zu wirken. — Ollivier weigert sich, aus seiner Rede zur Aufnahme in die Akademie einen Passus zur Glorification Napoleons IU. zu streichen. Als ihm Guizot vorwarf, daß er mit „leichtem Herzen" zum Kriege gegen Deutschland gerathen, lief der erbärmliche Mensch in die Bibliothek und holte das Littresche Lexikon herbei, um zu beweisen, daß „eovur le'zor" soviel als „gehobener Muth" bedeute. Selbst wenn der englische Commandant Wolscy vor dem Aschantikönig Cofsi sein Heer an die Küste retten sollte (bereits sind die Transportschiffe zur Heimfuhr der Truppen unterwegs), so fragt es sich, was England in Zukunft thun soll. Die Herrschaft über die Niederlassungen an der Goldküste ganz aufgeben? Man möchte wohl, schon um die Wiederkehr ähnlicher Kriege mit dm Nachbar stämmen zu verhindern. Andere dagegen erinnern an die Verpflich tungen Englands den Ansiedlern an der Goldküste und anderen Mächten gegenüber und heben hervor, daß ein Präcedenzfall von großer Wichtigkeit für Englands Colonialpolitik durch die Räumung entstehen würde. Für die Regierung ist diese letztere Erwägung sehr wichtig und wahrscheinlich wird, so ungcm man auch die Gold- küste als Besitzung beibehält, der bisherige Zustand mit einigen Ver besserungen fortdauern. Locale« und Sächsische«. — Gestern Vormittag punkt 9 Uhr erschien in dm Loka litäten des hiesigen Königl. Bezirksgerichts (Landhausstraße 9) Se. Maj. der König in Begleitung Sr. Excellenz des Justiz- ministcrS Abeken und eines Generaladjutanten, um dasselbe zu inspicirm bez. zu revidirm und begab sich zu dem Zwecke (unter Leitung des Herrn Bezirksgerichts-Directors Geh. Justizrath We- hinger) zunächst in den eine Treppe liegenden Vcrhandlungssaal und dann in das im Hofe gelegene Arresthaus, worauf auch Se. Maj. nach beendigter Revision über die Handhabung des Ge- fängnißwesens seine hohe Zufriedenheit zu erkennen gab. Der König verfügte sich dann in die civilgerichtliche Abtheilung Nr. 4 der Landhausstraße, um die dasigen Localitätm noch in Augen schein zu nehmen. Das Erscheinen Sr. Maj. wird mit dem zu erbauenden neum Justizgebäude in Zusammenhang gebracht. — Der regierende Fürst Neuß j. L. Heinrich XlV. ist gestern nach Gera zurückgereist. — Das officielle Wahlergcbniß im Leipziger Landwahlkreise ist, daß vr. Heine (Candidat der vereinigten Liberalen und Con- scrvativen) den Socialdemokraten Bracke mit 7836 gegen 5676, also 9160 Stimmen mehr, geschlagen hat. Bei dem Siege vr. Jakobys in demselben Wahlkreise enthielten die socialdemokrattschcn Blätter jubelnde Artikel, daß vor den Thoren Leipzigs ihre Partei eine friedliche Völkerschlacht gewonnen habe. Das Schlachtenglück hat sich also gewendet. Es ergiebt sich aus den Zahlenvcrhälb nisten, daß bei der ersten Wahl Tausende für den socialdemokra- tischcn Candidaten gestimmt haben, die sich inzwischen eines Besseren besonnen; abgesehen davon, daß diesmal die National liberalen sich nicht wie bei der ersten Wahl der Abstimmung enthielten. - Berl lner BrIrle II. Ich weiß nicht recht, ob eigent lich bioö die SInnectirten vom diesseitigen Abhänge der Vogesen daran Schuld sind, daß die jetzige Reichstagssession eine Tribü- nen-Freaucnz zeigt wie niemals, auch nicht wie zur Zeit tcö con- stituircnden Norddeutschen Bundes, als cö noch galt, abzuwartcn, ob daö Strenge mit dem Zarten, ob Starkes sich und Mildes paarten, noch zur Zeit dcS erste» ZoUparlamcnts. zu dem Herr v. Barnbülcr nacv einem von Tabaks- und Branntweinsteuer an- gcsüllten Eisenbahn-Nachttraum erschien, um mit Schrecken wahr- ziinchmcn, daß man um Zoll und Zollparlament stritt. Die Socialdemokraten mögen auch ihren Slnthcil daran haben, baß sich noch keine RctchstagSsessio», sowie die jetzige, anziehend er wiesen ; zumal die erste Diät peS ersten alldeutschen Parlaments vom Früöjahre 1871 ist gänzlich überstrahlt. Mir thun die Armen leid, die heute in der Leipziger Sstaße wie alltäglich daS RcichStagSgebäude bestürmten, ohne eine Ahnung davon, daß schon seit Mittwoch und Donnerstag voriger Woche alle Plätze vergeben sind, und von Tausenden von schriftlichen Gesuchen nur zehn Procent ein« Berücksichtigung haben erfahren können. ES ist In dieser Session geradezu entsetzlich, wft die Plätze in den Parlamentslogen im Preise stehen. Ich meine daö nicht wört lich ; Ich will nur sagen. eS knüpft sich an ei» errungenes Elnlaß- Billet das Bewußtsein eines theuercn Schatzes. Die Elsässer und Sociaidemokraten, sage ich, mögen die Preise so steigern. Aber man merkt kaum, baß die Tagesordnungen einen Unterschied machen. DaS Publikum mag denken, keine Nummer der Tages ordnung könne so heterogen sein, und wäre eS eine Wablprüf- ung, oder ein Gesetzentwurf über den Impfzwang, um nicht den Straßburger Bischof oder Herrn Motteler auf VIe Tribüne zu bringen. Oder aber daS Interesse sür den deutschen Reichstag ist erwacht, wie nie zuvor. Um den Tribünen-Befuch zu schildern, reiche» die abgenutzten Eitate aus Schiller und Gbtbe nicht mehr auS. „WaS rennt daö Volk, was wälzt sich dort die langen Gassen brausend fort?" DaS ist letzt trivial geworben. „Dumps- bramend, wie des MeercSwogcn, von Menschen wimmelnd wächst der Bau in weiter stets geschweiftem Bogen, hinauf bis In des HimmelS Blau". Auch abgedroschen. „Der Strom, der sich nach jener Bude drängt, und mit gewaltig wiederholten Wehen sich durch die enge Gnabenpforte zwängt, an Hellem Tage, schon vor Vieren, mit Stößen sich bis an die Casse sicht, und wie in HungerSnoth um Brod an Bäckerthüren. um ein Billet sich last die Hälse bricht!" SchülerlmstcS Eitat! Der jetzige Reichstag bat es dabin gebracht, baß unsere Classiker sür den Fcullletonistcn den Dienst versagen. Man muß aber auch unsere Parlaments- Corridore während einer Sitzung sehen. Drinnen die Glück lichen, die „Bank an Bank gedrängt sitzen, eS brechen fast der Bühne Stützen, bcrbeigeslrömt von sern und nah!".. Da citire Ich doch schon wiever. Nun aber, draußen: Verzweifelte Gesich ter! Die Eorribore werden von Gestalten gemessen, die mit den besten Referenzen versehen, keinen Einlaß gesunden. Die Damen werten müde, sie kauern aus den Treppcnstuicn nieder und er warten, daß drinnen Einer erstickt, um ihnen Platz zu machen. Abgeordnete entschuldigen sich gegen ihre Freunde oder Freundin nen ans Dresden, Hamburg, München oder Bremen, daß ihre Macht nicht so weit reicht, besetzte Plätze unbesetzt zu machen und allen Naturgesetzen zum Trotz ein vaeoum im Raum zu schaffen. Auch einem deutschen Rcichsvertcetcc und Gesetzgeber sind Schranken gezogen! Da lobe ich mir die Polen, die wissen doch noch Auskunstsmittel. Bekanntlich ist der Sitzungssaal jeder legislativen Körperschaft ein Allerbeiligstes. Ferne bleibe jeder Profane! Nur der gesetzgeberische Priester darf hinein, berschen mit der Legitimation, die ihm aus der Wahlurne geworben, außer ihm nur noch der Diener, der zwischen ihm und der Außenwelt vermittelt, der Drucksachen in das Allerheiligste bringt, oder auch Depeschen von Anbromache und Hector oder ein Biuct-doux von anderswoher, oder eine Bestellung vom Buffet, daß der Scct kalt genug, die Austern gespalten sind. ES eristirt kein Paragraph der Geschäftsordnung noch eine Discipkinarordnung, die das Strafmaß für den iestsctzt, der unbefugt sich als RcichSbote aui- wirlt und einen Platz unter den Priestern einnimmt. Und doch kommt das vor. Ein polnisches Mitglied des preußischen Ab geordnetenhauses, der nicht zugleich dem deutschen Reichstage an gehört, will durchaus aui der Tribüne gastircn, einen Cocial- demokraten oder Elsässer hören. Der Tribüncn-Huissier wehrt ihm den Eingang - er wirb dem Polen gegenüber immer hef tiger, berust sich auch auf seine strenge Anweisung, außerdem noch — cs blicken viele Augen ani die Scene — auf seine Unbestech lichkeit. Da wendet sich der Abgcwies-ne an seine Landsleute im Hohen Hause. Diese sind schnell entschlossen. Ist aus den Tri bünen kein Platz mehr, so doch noch !m Sltzungssaalc. Das ReichsparlamcntSmitglied wird in das AUccbeiligste gezogen, zwischen die Reiben der Polen, und Herr v. Forckenbeck nebst dem Bureau schließen daß Auge zu oder haben die Eontrebande nicht bemerkt. Eine recht schwierige Stellung hat der 0r. Lieber, auch ein Pole, also auch ein Ultramontaner, aber ein liebens würdiger »unger Herr, Schriftführer und Tribünen-Jnspector. Oberbilleteur, nächster Vorgesetzter der Huissters u. bergl. mehr. Geht der Reichstag, »lattwie im vorigen Jahre nach dem Jähdevusen, dieses Mal nach Dresden, so hat er eine entscheidende Stimme bei der Auswahl der Sänger, die die Argonautensahrt feiern,, d. h. der Journalisten. Doch darüber spreche Ich heute nicht. Deri ungestüme Besuch des Parlaments in diesem Jahre macht dem» vr. Lieber das »Amt recht sauer. Er dccretirt plötzlich: Auf dies Abgeordncten-Loge, d. h. aus diejenige Loge, zu welcher die Herren vom Parlament ihre Clienten — die Andromache, oder eine an dere Freundin, oder einen LandSmann, oder einen Wähler, der sich verdient gemacht — einznttlbren berechtigt und bevorzugt sind, sotten iortan nur solche Gäste zugelassen werden, die nicht bios die Visitenkarte ihres Patrons, oder sonst eine Empfehlung in Händen haben, soubcrn persönlich vom Rcichsboten dem Huisster vorgestellt werden. Oh weh! Das ist ganz neu. Die Abgeord neten wissen es selbst noch nicht. Sie haben alle ihre Visiten karten an Ihre Günstlinge verweilt. Am nächsten Morgen ist schreckliche Enttäuschung. Die schönen Damen, die die ganze Nacht von Protest-Franzosen geträumt haben, werden an der LogcnthÜr abgcwlesen. Sic rillen nach dem Abgeordneten ihrer Heimath. Doch der ist nicht zu finden; er glaubt, mit seiner. Karte sich aller Verpflichtung entledigt zu haben. An dem Ein gänge der Tribünen eine Stunde lang zu stehen, um eine Lands männin zu introducircii. daö heißt einem Reichsgesetzgcber zu viel »uinuthen. Nun kommen die Eonflicte. Nicht bloß zwischen dem Publikum und den Logenschließern, nein. auch zwischen diesen und den Herren Abgeordneten selber, die einen Machtspruch thun und den vr. Lieber desavouiren. Oh. ihr Elsässer! Oh, ihr Sociaidemokraten! — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordne ten, den 4. März. Weder die Regislrandeneingänge noch die Tagesordnung brachten etwas allgemeines Interesse beanspruchen des Neue. Auch die übliche Unruhe herrschte wieder und der Hammer des Hr. Vorsitzenden mußte einigemal als bcstbcredte Zeichensprache arbeiten. Seit >804 beschäftigt sich das Collegium alljährlich mit der Verlegung der Arbcitsanstalt; in dieser Zeit ist, wie St.-V. Gottschall treffend bemerkt, darüber Viel gedacht, gesprochen und geschrieben worden, aber sie steht heute noch und doch wird nunmevr die Gradlcgung der Wettinerstraße immer dringender, weil wenn die Linie Berlin - Dresden eröffnet söiu wird, gerade durch die Wettinerstraße der Hauptverkcbr nach der Inneren Stadt von dem neuen Berliner Bahnhof aus führen muß.^ Nachdem das Collegium in der Sitzung vom 26. Februar 187d den Stadtrath ermächtigt hatte, vom StaatsstScus ein hinter dem neuen NeustädtcrKirchbof gelegenes:i22,645Ou -Ellengroßes Arcak mit etwas Waldbcstand um den Preis von 34,346 Thir.zu kauicn, wenn die Be- und Entwässerung dieses Areals billig und ge nügen» hcrgcstellt werden könne, um die ArbcitSanstalt dortbin zu verlegen, findet man jetzt im RechtsauSschuß, daß die dem Rathe ge» machten Vorschläge Sachverständiger zur Be- und Entwässerung bedenklich erschienen, daß der Compler zu groß sei und daß er zuwest abliege — Tbatsachen»bieam26. Februar v. I. doch ganz dieselben waren — und daß man das viele Gelb in diesem Falle gar nicht auSgeben solle, sondern die Arbeltsanstalt numnebr lieber aus das vordem kür die KiyderbeffecungSanstalt bestimmt gewesene Roßberg'iche Grundstück Nr. 56 bis mit 60 der Königöbrnckcr Straße setzen möge. Diese Grundstücke hat die Stadt bereits erworben und Insofern ist die jetzige Anschauung sicher eine praktische, sonderbar bleibt nur, daß man das Alles nicht schon am 26. Febr. vor. I. in Erwägung ziehen konnte oder wollte. St.»V. Gottschall sagt gegenüber solcher Sinnes änderung, die der Befürchtung Raum gicbt, daß man sich, wenn der Rath auch aut die neuen Wünsche cingcht, vor deren Aus führung nochmaiSanvcrSbcsinnt: „Das viele Versuchen und Probiren führt nicht zum Ziele, verschafft uns auch nicbt die ehrenvolle Anerkennung einer mustcrgiltigcn Comnnw vc'.wal- tung", und damit wird er wobl ein gm Stück Warn >i! gesprochen habe». - DaS Collegium fügt sich den Vo:itc"il", >i seines RechtsanSschusscS und lcbnt die von Ratbswcaen , tragte Mitvollziebung dcS Kaufs mit dem Staatsiiseuc: ..c .i des elngangsbezeichncten großen Areals ab, indem cs du, Ei nigen Ban einer neum Nrbeitsanstalt auf den Roßber»jcl c!l Grundstücken in Vorschlag bringt. Der fünfte Berich» leo Finanzausschusses über den Hauöbaltpian 1874 behandelt Zinsen vvn außenstehenden Capitalicn und die Ausgaben und Einnahme» der städtischen öffentlichen Bclcuchtuiig. Er findet die Geneh migung des CollegS. Hervorheben wollen wir daraus nur, daß die Voranschläge sür die öffentliche Beleuchtung für 1874 sich beziffert mit 95,701 Thlr. (im Vorjahre nur 77,470 Tbir.» be rechnet aus den Betrieb und die Bedienung von 4310 GaS- und 343 Pelroleumflammcn. Zur Speisung der Gasflammen 'ind nöthig 1,798,783 C.-M. — AIS dritten Vice-Vorstcber ani die Dauer des Reichstages ward Herr St.-V. Advocat Emil Leh mann mit 53 gegen 5 Stimmen erwählt. — lieber daS Regulativ, daS Vauterrain zwischen dem Großen Garten, der Elias- und Blasewltzerstraße (Johannsiadt) bttr., find die Stadtverordneten^
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