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Dresdner Nachrichten : 14.09.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190309144
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19030914
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19030914
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-09
- Tag 1903-09-14
-
Monat
1903-09
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 14.09.1903
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Dresdner» Nachrichten. Kr. 25S. Seite 2. M> Montag, tck September LSV.t tchienenm namens brr Ltadt Dresden zu begrüße», Der Ge- danke, durch die Deutsck^ Städteausstellung eine Zusammenkunft der deulfchen Bauanils-Lciier in Dresden zu ermöglichen, sei schon bei den Vorberatungen gefaßt worden, und er freue sich, da» er endlich doch noch zur Ausführung gekommen sei. Mit dem Wunsche, daß jeder neben mancher Anregung in sachwiffemchaft iicher .Hinsicht auch manche sonnige freundlich« Erinnerung von Dresden mitnehmen möge. Heine er die Gäste mit einem kräftigen Hoch nochmals freundlich willkommen, — Herr Stadtbaurat Krause-Berlin sprach »n Name» der technischen Oberbeamten deutscher Städte den herzlichsten Dank auS. Gern seien sie der Einladung gefolgt, und besonders seien sie entzückt gewesen von der Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit der Ausstellung, Niemand könne die große Mühe und Arbeit, welche die technischen Leiter bei diesem Werke gehabt haben, besser schätzen, als der .rachmami selbst. Er bringe fein Mas der Stadt Dresden und deren Ver tretern. Sofort erhob sich sodann Herr Fabrikant Körting- Hannover. Vorstand des Vereins von Gas- und Wassersucht männern, um auch dessen Dank rum Ausdruck zu bringen. Die Gas- und Wasserfachmänner mühten zu sehen, wie sie Geld ver dienten, und deshalb mit den Herren Stadtbauräten, die das Geld auf gute Weise unterzubringen wüßte», stets Hand in Hand gehen. Er erhebe sein Glas uich bitte, in ein Hoch auf Herrn Sladtbaurat Hasse eiiizustimmcn. Der Gefeierte replizierte und gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß die Vorstände der Bauämter deutscher ZtÄdte mit Iden Etas» und Äassersstch- männern vereinigt zu dieser Tagung gekommen seien. Es sei dies ein sehr glücklicher Gedanke gewesen, aber auch ein sehr natürlicher, da sich die Interessen beider so ziemlich deckten. Er treue sich auch rveiter, daß sich die letzteren, trotzdem die Haupt- nersaiiimlung in diesem Jahre bereits in Zürich staltgefundcn, noch zu einer zweiten Tagung in Dresden entschlossen hätten, und bringe sämtlichen Teilnehmern ein frisches Glas des Will kommens, So stellte sich allmählich bei den gediegenen Dar bietungen der Kapelle eine animierte Stimmung ein, die die Teil nehmer bis zu vorgerückter Nachtstunde fröhlich beisammen- lnclt, — Gestern begann in Dresden der Parteitag der sozial- demokratischen Partei Deutschlands, Noch niemals >si ein Parteitag so zahlreich besucht gewesen, alz der gegenwärtige. maligen Privatdozenten der Berliner Universität Dr, Leo Arons, Askews-Loudon, den Reick>sratsabgeordneten Pernerstorsser. Dr, Viktor Adler und den Sekretär der österreichischen sozialdemo kratischen Partei, Skaret-Wien, den Vertreter der tschechischen Sozialdemokratie. Chefredakteur des „Prado lidu" Nemcc-Prag, sowie Delegierte aus Ungarn. Holland und Italien, Klara Zetkin- Sturtgart, und Rosa Luxemburg-Berlin, Zeitungs-Bericht- erstatter sind aus dem In- und Auslände in so großer Zahl cr- 'chienen, daß sie an zwei langen Tafeln nur mit Mühe Platz finden. Man bemerkt am Preßiisch auch den national-sozialen Pastor a. D, Kötzschke, Der große Saal des „Trianon" ist mit »ranzen, Girlanden und sozialdemokratischen Embleme» aller Art geschmückt. Im Hintergründe des rot drapierten Podiums er bebt sich die Kolossalbüste der Göttin der Freiheit, rechts und links flankiert von den Büsten Karl Mari, Lassallcs, Engels und Liebknechts, Bereits gegen 8 Uhr abends strömte eine so große Menschenmenge nach dem „Trianon", daß der Saal bald in allen Teilen Kopt an Kops gcsiillt war. Der Rcichstags-Ab- geordnete Kaden-Dresden erössneke den Parteitag, erinnerte au den vor 32 Jahren hier abgehaltenen Parteitag der sozialdemo kratischen Partei Eisenacher Richtung, Die Partei wachse unaufhör lich: die Gegner setzten ihre Hoffnung auf eine Spaltung. Wenn aber auch die Ansichten der Genossen noch so sehr auseinandergingcn, so find wir doch einig, das Proletariat aus politischer Unter drückung und wirtschaftlicher Ausbeutung zn befreien, s Stürmischer Beifall! — Mit stürmischem Beifall begrüßt, nahm daraus das Wort Abgeordneter Bebel: Im Namen deS Parteivorstandes danke er dem Lokal-Komitee für den ihnen bereiteten Empsang. Ganz besonders erfreulich seien die Erfolge der Sozialdemokratie bei den Reichstagswahleu im Königreiche Sachsen. Sie hätten den Beweis gelictert. daß die Herrschenden in Sachsen nicht dem Volkswillen entsprächen. In keinem Lande Deutschlands fei das Proletariat so entrechtet, als in Sachsen. Schon vor zwei Jahr zehnten Habs ein sächsischer Minister des Innern getagt: „Den Sozialdemokraten gegenüber müssen die Gejctze des Landes eine ganj besonders scharfe Anwendung sinde»." lHört, hört!! Das Matz sei schon lange zum Ueberlausen gewesen, endlich habe dos sächsische Volk dm Beweis geliefert, daß seine Gclduld zu Ende ist. Aber nicht bloß in Sachsen, in ganz Deutschland sei die Zahl ihrer Anhänger ins Riesenhafte gewachsen. Trotz aller Reaktion sei aber Sachsen gegenüber den togenannten West-Kalmücken immer noch ein Land des Fortschritts gewesen. (Heiterkeit und Beisall.s Bebel erklärte schließlich im Namen des Parteivorstandes den Parteitag für eröffnet. <Stürmischer Beifall.! — Es wurden darnach Mg. Singer-Berlin und Abg. Kaden-Dresden mit gleichen Rechten zu Vorsitzenden gewählt. Singer bemerkte: Es muffe darau erinnert werden, daß vor nunmehr bald 25 Jahren ein „Schergen, und Schandgesetz" erlassen worden >ei, das bestimmt gewesen sei. die Partei, die die Beireiunq des Volkes aus volisi- tcher Knechtung und rvirffchaftllchcr Ausbeutung erstrebt, zu ver nichten. Die letzten Rcichskagswahlen hätten die Erfolge dieses «Nffetzes klar und deutlich gezeigt. Singer ichloß mir einem drei fachen Hoch aus die Sozialdemokratie. AlSdann wurden als Schriftführer gewählt Ovpel und Ottilie Bader-Berliu, Lorberg- Hannover, Kril-Stuttqart, Weidner-Frankfurt o. M.., Fcldmann- Langeubiclau, Stücklen-Altenburg. Stengel-Hamburg und Meist- Koln. Darnach wurde die Mandatsprümngskommission gewählt. Singer schlug vor, von 9 bis 1 Ehr vormittags und von 3 bis 7 llyr nachmittags zu verhandeln und die Tagesordnung folgen dermaßen scstzusetzen: 1. Bericht des Parteivorstandes, im An schluß hieran: Die Stellung der Sozialdemokratie zur bürgerlichen Preise, der Zwiespalt zwischen Bebel und der Redaktion des „Vor wärts" und die Polentrage. Letztere Frage müsse schon dcÄ>alb erörtert werden, da die polnischen Genossen einen offenen Brief an den Parteivorstand gerichtet haben. 2. Bericht der Kon trolleure. 3. Bericht über die parlamentarisäze Tätigkeit. 4. Die des Parteivorstandes und der Kontrolleure. Timm-Berlin bc antragt, die Ergebnisse der Reici-stagswabl als besonderen Gegen stand aus die Tagesordnung zu setze». Aba. Bebel ersucht, den Voriclsiag Singers, der dem Beschluß des Parteivorstandes ent spreche, anznncbmcn. Er könne bei die'er Gelegenheit initleisen, daß die Auseinandersetzung zwischen der Redaktion des „Vor wärts" und ihm sich viel kürzer gestalten werde als vielleicht ge glaubt werde. iBeisall.) Der Vorschlag Singers wurde daraus angenommen und alsdann die Versammlung geschlossen. Nach deren Schluß unterhielt sich Bebel mit dem Redakteur des „Vorwärts" Curt Eisner-Berlin. der die bekannte Erklärung Bebels zurückgewieierr hat, anscheinend in sehr freundschaftlicher Weise. — Gestern nachmittag in der 4. Stunde rückte die Feuenvebr mit einer Spritze zu einem vom Krenztürnicr in Kauscha gemel deten Schadenfeuer aus. Dort angekommen, erhielt sie die Mitteilung, daß das Feuer in einem Gute in G r o ß b o r t h e n cinsgebrochcn und ein Stallgebäudc ciugeäi'chert worden sei. Ta letzterer Ort icnseits der Ansrückcgrenze liegt und wahrgenommen wurde, daß der Brand iin Nicdergehe» begriffen war, rückte die Spritze der Dresdner Feuerwehr wieder ein. — Noch immer treffen aus allen Landesteilen Nachrichten über Schäden em. die der Sturm am ll. September verursacht Imt In Planen i, V. hat er namentlich an Gebäuden großen Schaden ongerichtet. Der Weg nach der Pforte bei der Haupt- kirche St. Johannis mußte polizeilich abgeschlossen werden. Der Platz vor der Kirche war mit Schiefer von den beiden Türmen Ser Kirche förmlich besät. Gegen halb 7 llhr riß der Sturm wind zwei Zimmerleutc in die Ticke. die aus einem Neubau an der Wcststraße gearbeitet hatten. Beide Männer erlitten Schädel- drücke und waren sofort tot — In Zschcila bei Meißen legte der Sturm unterhalb des Fichtnerschen Gutes eine große 'Pappel um, so daß der Fährverkehr gesperrt war: dasselbe ge schah auch in Lercha und Bock wen mit Kirschbäumen. In Kaschle brach er eine ziemlich starke Erle mitten entzwei, dort wurde ans einem Schachte ein Luftrohr abgebrochen und über >90 Meter weit fortgetrieben. — In Leipzig wurden von den Mehbuden an mehreren Stellen die Planen abgehoben. Durch «me» kräftigen Windstoß wurde auf der Elbbrucke in P irna ein mit srron veladener Leiterwagen umgekippt Er kam auf das Brückengeländer zu liege», wobei ein größerer Teil der Ladung in die Elbe geschleudert wurde. Das inS Wasser schleuderte Stroh trieb der Sturm an das Copitzer Ufer. — I . Elbtal wurde da« Obst massenhaft von den Bäumen geworfen, Baumwipfel und Aeste mitsamt den Früchten brachen herunter. T»e Frachtschiffahrt auf der Elbe muhte eingestellt werden. Auch die Baggerarbeiten mußte man aussetzen. da die Baagerzillen »u kentern drohten. Die Dampfschiffe konnten ihre Fahrten nur mühsam fortsetzen und erlitten bedeutende Verspätungen. — Schandau. Der Schisisbanpler Hering von hier wird seit mehreren Tagen vermißt. Da in letzter Zeit Anzeichen von Schwemmt bei ihm zu bemerken gewesen sind, so ist anzu« nehme», daß er sich ein Leid angetan haben dürste. Er tragt ziemlich abgetragenes, dunkelblaues Jackett, dunkle Hose und weichen Filzhut und hat knrzgeschnittenen grauen Pollbart. — Bo» dein vorm, gegen 11 Uhr von Hilbersdorf nach Wechsel burg verkehrenden Güterzuge ist gestern ans der Haltestelle Stein- Cbemnttztalbeim Rangieren dieLokoinotlve zur Ent aleikung gekommen, wodurch das HauptaleiS gesperrt war. Die Reisenden deS NachniittagSpersoiiciizugeS. der gegen 'Z4 Uhr in Wechselburg fällig ist. mußten infolge dessen unisicigcn und mittelst HilsszugeS »ach Wechselburg weiterbefördert werde». Verletzt wurde bei dem Unfälle glücklicherweise niemand, auch ist Materialschaden nicht entstanden. Gegen t> Uhr abends war die Störung wieder beseitigt. yairco in ocr Provinz samien zayireicye Bewege treuer x-ter und Anhänglichkeit entgegengebracht worbe», und haben U» nainciillich die Städte Merseburg und Halle einen so glänzende Empfang bereitet, daß Ich die Provinz nicht verlassen kann, oh» TaqeSgeschichte. Deutsches Reich. Ter Kaiser hat an de» Oberpräsidenten der Provinz Sachsen folgende Danksagung erlasse»: „Es sind Mir und der Kaiserin, Meiner Gemahlin, während Unsere- Aufent haltes in der Provinz Sachsen zahlreiche Beweise treuer Liebe Uns »den äuS bewegtem Herzen'Unserer Freude und Unserem Dank Ausdruck zu gebe». Im besonderen erwähne Ich »och. daß es Mir eine ,ohe Genugtuung gewährte, bei den Paraden am 3. und 4. Sep tember die zahlreichen Abordnungen der Knegervercsiie zu erblicken, die zum Teil aus wesier Ferne zu Unserer Begrüßung erschienen waren. Indem Ich Sie beauftrage, dies zur ösjenllicheii Kenntnis zu bringe», füge Ich gern hinzu, wie Ich auch die vortreffliche Ausnahme, die de» Truppen trotz der erheblich gesteigerte» Ein- auarticriingslast überall zu teil geworden ist. aus das Dankbarste anerkenne." Ein Teil der oIdenburgs scheu Presse zeigt sich eifrig bemüht, die Verhaftung des Barmer Oberlehrers Dr. Ries zu chfferliaen. Wie nach der „Weserztg." verlautet, kommen für e Ruhstraffche Beleidigungsklage gegen Dr. Ries drei Artikel Frage: der Hazardartikel, der sogenannte Oberschafartikel und der über die Tonnen- und Bakenichau. In der am Donnerstag ausgeaebenen Nummer 42 des „Residenzbotcii" bestätigt Redak teur Biermann die Vermutung, daß ihm die Autorichafr des Dr. Ries bezüglich der fraglichen Artikel unbekannt und das Gestand, ms des Verhafteten für ihn die größte Ucberraschung gewesen sei. Weil er den Namen des Artikcffchreibers nicht gekannt habe, sei auch die Dienstag Morgen bei ihm eingelausene Warnung, „daß etwas im Werke sei", für Ries nicht nutzbar zu macken gewesen. Biermann tritt dann mit äußerster Schärfe für Dr. Ries ei» und preist seine Tat als ein ihm nicht hoch genug anzurechnendes Verdienst. Er behauptet, daß sich für die Aufrechtcrhaltung der Verhaftung auf die Dauer schwerlich Gründe sinden lassen würden, da die strafrechtlich angreifbaren Artikel längst verfährt seien Ferner sei nicht daran zu zweifeln, daß Ries den Wahrheit» beweis für seine Angaben bcibringen werde. Von Interesse ist noch folgender Satz aus dein Protesiartikel des „Resioenzboien": „Herr Dr. Ries hat niemals eine Zeile gegen den Grohhcrzog ür unser Blatt gZchrieben, das wollen wir im Interesse dieses schwer geprüften Mitarbeiters hiermit ausdrücklich feststellen." Im einem sonderbaren Gegensatz zu diesem Eintreten des Redakteurs Biermann siir Dr. Ries fleht freilich die Behauptung deS „Gen. Anz. für Oldenburg", wonach Blermanii selbst seinen Gcwährs mann ans Messer geliefert habe. Das Blatt erzählt: „Während der letzten Inhaftierung des „Residenzboten"-Redakteurs erhielt derselbe von seinem anonymen Mitarbeiter einen Brief, in dem dieser Biermmm den Rat gab, sich im „Rcsidenzboten" an das Mitgefühl seiner Leser und Freunde zu wenden, daß sie eine Sammlung veransinltetcn, nm Biermamis Familie Währeno seiner Haff vor Not zu schützen. Ei» Ausrus für diesen Zweck lag dem Briefe bei, ebenso sandte der Briesichrciber als erster 50 Mk. ein. Dieses Ansinnen seines Mitarbeiters eniosanv Biermann als einen Angriff auf seine Ehre, der ihn angeblich so empörte, daß er vor dem Staatsanwalt erklärte, er sei bereit, demfelben sämtliche Briefe und Zuschriften der anonymen Persönlichkeit zur Vertilgung zu stellen, wenn ihm Entlassung aus der Haft gewährt würde. Als diese ihm bewilligt wurde, lieferte er der Staals- anwalksctzaff alles Material aus. das er von der so eifrig gesuch ten Persönlichkeit besaß." Durch Handschriftenvergleichung habe man dann schließlich den Verfasser entdeckt Bemerkt sei noch, daß die Berufungsverhandlung gegen Redakteur Biermann in der Privatklage deS Ministers Rnhitrat II wegen Beleidigung auf den 15. Oktober vor dem oldeiibiirgischen Landgericht an- gesetzt worden ist. Biermanns Verteidigung liegt in den Händen zweier gesuchter Bremer Rechtsanwälte, Eahn und Svrengcr. Der deulfche Aerztetag zu Köln hat seine Beratungen be endet. Vorher winde ei» Antrag angenommen, wonach rur Ver hütung weiterer Uebersüllmig des ärztlichen Standes eine Warnung an die Abiturienten zu erlassen sei Serbien. Die gesamte russische Presse erklärt die Lage in Serbien als überaus ernst. Belgrader Telegramme, die rn Petersburg eingelangt sind, meiden, daß im gesamten serbitche» Offizieiskorps offene Meuterei herrscht, daß König Peter Droh briefe von Offizieren erhalten hat und daß der Niicher Divisionär General Bozidar Iankowitich sich weigert, die vom König über ihn verhängle Absetzung anzuerkeimen und das Divisionskommando nieder,ulege». Tie der Regierung nabestehende „Nowosti" schreibt: „In den drei Monate» seit dem Königsmorde macht sich in Serbien eine Zerrüttung aller staatlichen Funktionen bemerkbar. Alle Versuche der offiziösen Presse, die Vorgänge in Serbien in einem mildere» Lichte erscheinen zu lasse», können nicht über die Tatsache biiiwegtänscden, daß das Land sich in einer überaus ernsten und gefährlichen Krise befindet. Serbien wurde letzt einer festen und energischen Hand bedürsen, aber König Peter, welcher gründlich unter dem Terrorismus der Militärpartei steht, die den Umsturz vollbracht hat. kann diele feste und energische Hand nicht sein. Es zeigt sich, daß das neue Regime auf einen starken Widerstand stößt Wie heute die Dinge siehe», ist ein Bürger krieg in Serbien iiiivcrmeidlich. was die Lage auf der Balkan- Halbinsel noch verwickelter gestalten muß." Kunst und Wissenschaft. -ß In der Königs. Hosoper beginnt heute abend mit der Ausführung von „Rheingold" der Nibelungen-Zyklus. Das Königl. S ch a n s pi e I h a ns läßt IbienS „Volksfeind" in Szene geben. Beginn beider Vorstellungen > ,8 Uhr. ! Im N c s i d e n ; t h e a t e r geht Hinte Montag als erste V o l kS v o rst e l l u n g des Dresdner Gvcthebnndes Hauvtmanns „Biberpelz" in Szene. Ter Vorstellung geht ein einleitender Vortrag von Dr. Friedrich Kummer vornus. Die Hauptrollen in dem c^tück sind wie folgt besetzt: Wehihahn — Herr Witt, Frau Wolfs — Frl, Müiichheim, Rentier Krüger — Herr Friese, Motbes — Herr Bayer, Frau Mott,es — Frau Krontbal, Julius Wolfs — Herr Ianda, Wulkow -- Herr Olbrich. Die Vorstellung beginnt um 8 Uhr. Eintrittskarten zu VÜ Ps. nur durch den Goethebmid, Prager Straße 25, 2. ! König!, Hoffchmisptel. Die erste Premiere der neuen Simon brachte dcni Neustädtci Hause einen recht beträchtlichen Erfolg: Pierre Wolsss drelaktiaes Lustspiel „Das große Geh eimnis" wurde in Mar-LcbocnanS flüssiger Verdeutschung vorgestern vom Publikum sehr beifällig ausgenommen, so daß nach jedem Akffchluß die Träger der führenden Rollen lebhaft applau diert vor der Gardine erscheinen konnten. An dem künstlerisch nicht sonderlich belangvollen Stück muß zunächst eins überraschen: daß eS cnis Frankreich kommt: zwar sind die Voraussttzimgen. aus denen sich die ^abel mffbant. vollkommen „linksrheinisch^, aber die Mischung von seu ä'ssprit und Rührstück, die der Dreiakter bedeutet, ist in dieser Form „drüben" zum mindesten neu. Vielleicht bat die Novität gerade dadurch in Frankreich ihr Glück gemacht, wo man neuerdings wieder den stark, sentimentalen Einschlag zu lieben scheint; oder ist'» die aufrechte Tendenz und die Ktnderrolle des Stückes, die es dem Publikum angetan haben ?I Denn dramatisch ist an der Novität eigentlich alles Mögliche auszusetzen, Tie Javek. das rein Anekdotische ist für drei ziemlich lange Akte d.i"- R'<1, gar zu kurz, um nicht zu lagen: dürftig, vollend, ,« MUüUiils zu der breiten Behandlung, der novellistisch behaglichen Allsnutzung alles Episodischen, die ein arge- Verschleppen dir Hanblung geradezu in Permanenz erklärt, »a den dramatischen PulSschiag vorüberaedend ganz in» Stocken bringt. Das ist um so bedenklicher, als aus der Bühne überhaupt nicht viel vor sich gehr und der Autor beinahe von vornherein mit offenen Karten spielt Jede» harmlose Menschenkind mutz ja da» „große Geheimnis" eher erraten, als Großpapa und Großmama Jouvenel. die sich gegen seitig nicht einaestehen wollen, daß sie in das allerdings unehrlich, Kind ihre» einzigen GohneS ganz vernarrt sind, lediglich - und da» ist vom Autor recht geschickt angebracht — a«S eitel Moral- orotzerei. die den beiden alten Leuten da- offene Bekenntnis ihrer Zuneigung verbietet, bis endlich nach recht ermüdenden Längen un dritten Akte da» EiS bricht und der Heine Robert samt seiner lieben, »braven Mama i» daS Hau» de, Estern seines guten Papa» rlnzlebt. In dieie Atmosphäre von solider Bürgerlichkeit und hausbackenem Glück bringen «in Mr Trsvoux und eine Vü>. Sanienav da» Modeparfüm der großen Welt. Sie ist eine geschiedene grau, sehr nett und sehr lieb, er ist ein raisonnierrnder Junggeselle, ebenfalls sehr nett und sehr lieb, beide mögen sich recht gut leide», sagen sichS aber erst in einer zwar herzlich wenig originellen, jedoch technisch sehr geschickt gearbeiteten LieveSizeiie deS letzten AiiizngeS. so daß man bis dahin reichlich Gelegenheit bat. seine Freud« an den bekannten Plänkeleien zwilchen „ihm" und „ihr" z» haben. Der Zusammenhang zwilchen diesen beiden Figuren und den Hauptveisonen der Komödie ist wenigstens äußerlich gewahrt, während eine Frau Langeac nebst Frl. Tochter beinahe ganz überflüssig sind und immer nur so „nebenher" lausen im Gang der Handlung. Erfreulicherweise hilft dem Autor eine starke Tosi» von Liebenswürdigkeit und Humor über alle Schwächen seine» Werke« hinweg. daS bei energiichen Kürzungen »och ein gut Teil unmittelbarer wirken würde wie vorgestern, riimal es eine ganze Reihe dankbarer Rollen aufzuwelsen hol, Wenn diese vorgestern nicht völlig tm Sinne ihrer» Schöpfers gedeckt wurden. Io soll das kein Vorwurf gegen di« Darstellung sein, die sich unter Herrn Oberregisseur Erdmanns feinsühsiger Regie mit liebevoller Sorgfalt der Novität annahm: uniei Ememble hat eben weder in grau Bleib treu, deren schätzenS wertes Talent sich in Aufgaben schärferen Gepräge» besser betäti gen wird, die rechte Großmama Jouvenel. noch in Herr» Müller, der sonst ein ausgezeichneter Ebarakteristiker ist, den rechten Großpapa Jouvenel- WaS würde aus diesem samoien Herrn Felix Schweighofer mit ieineni saftigen Humor, seiner be hagliche» Bonhomie und seinem pastosen Farbrnvortrag gemacht haben! Auch Frau Bleibtreu war vlel zu wenig kräftig und nicht herzlich genug im Ton. namentlich ihrer zukünftigen cschwiegei- lochter gegenüber. Sehr angenehm berührte an der Künstlerin dagegen das diskrete Sviel und die Natürlichkeit im Dialog Nicht ganz am rechten Platze war ferner Herr D e c a r k i als Henry. Der obne Frage reich begabte Darsteller findet für de» Liebhaber nur selten den überzeugenden Ausdruck in Haltung und Sprache und neigt immer entschiedener demCharakterfach zu. Ganz reizend, liebenswürdig und herzlich wie immer war Frl. Gasny als Marte, sehr elegant Frau Bast 6 (Mde. Santenayj und Hm Stahl (Tisvoux) — die Liebesszene im letzten Akt konnte nicht virtuoser gespielt werden! —. und recht lieb der kleine Kurt Rickrn als Kind Robert, das freilich noch viel mehr Zauber der Persön lichkeit verträgt. In den Episodenrollen von Frau und Frl, Langeac bewährten sich die Damen Diacono und Laue, — Nach der mehr als srenndlichen Aufnahme der Premiere kann man dem Stück, das namentlich den Abonnenten gut gefallen wird, eine stattliche Reihe von Wiederholungen voranSiage». P. A, Wolss. f Residcnziheater. Zum erste» Riale in der WinteApielzeit und nach einem beinahe halbjährigen sommerlichen Schweigen ballten am Sonnabend die Räume des Residenztheaters von den lebensprudelnden Klängen lustiger Operettenmilsik wider, nachdem in den jüngst vergangenen Monden ausschließlich das rezitierende Drgma — Tags zuvor noch mit Heyses vielum- slrittener „Maria von Magdala" in seiner ernstesten Gestalt - das Zepter geführt hatte. Daß das leichtgeschürzte Genre der Operette in Dresden auch in unseren Tagen noch viele Lieb haber zählt, bewies der ungewöhnlich starke Besuch des Theaters und der freudige Applaus, mit dem mau selbst für die schwächeren Momente der auwesührten Operetten-Novitat dankend quittierte. Als solche verzeichucte der Theaterzettel ein Werk des besonders durch seine flotten Tanzkompositionen beliebt gewordenen Wiener Kapellmeisters C. M. Ziehrer: „Der Fremdenführer", dessen von L. Krcnn und K. Lindau herrührendem Libretto über- dies noch der besondere Reiz einer lokalen Zurechtstutzung aus Dresdner Verhältnisse seitens des hiesigen Schriftstellers Curt Müller verliehen worden war. Ob damit der Gesamtwirkung der Operette ei» bedeutsamer Vorschub geleistet worden ist, kann selbstverständlich nur derjenige beurteilen, der die Operette in ihrem ursprünglick>«n Wiener Gewände zum Vergleich heran- ziehen kann. Uns wollte es allerdings scheinen, als habe das gefällige, Opus durch diese Dresdner Bearbeitung eine die Ein heitlichkeit schädigende Doppclphysiognomie bekommen. Auf das in der Ziehrerjchen Musik charakteristisch ausgeprägte Wiener Volkstum erjcheint das im umgekrempeltcn Libretto nch mit be haglicher Breite widerspicgelnde sächsisch« Bliemchenwesen etwas gezwungen aufgcpfropst, und da es obendrein — uw im Bilde zu bleiben — keinesfalls ein „edles" Pfropfreis ist, das dem ye- uiiüen Stamme der Ziehrerschen Musik aufgesetzt worden ist, so steht das fröhliche Gedeihen dieser in iächsischen Boden versetzten Wiener Operettenpflanze doch sehr in Frage. Wo nicht der Kalauer oder die Laszivität zu Hilfe kommen, sieht es um den Witz des Stuckes recht armselig aus, ganz abgesehen davon, daß auch die „hinzu- gedichtcte" Dresdner Lokalfärbung weit mehr durch Acußerlich- kciten^ wie durch Dekorationen vom Dresdner ScHoßplatzc mir dem Hofopcrnhause, dem Hotel Bellevue und dem König Johann- Denkmal und durch möglichst „echt" kostümierte Dresdner Poli zisten, Dienstmänncr und wendiiche Ammen, als etwa durch stcher- beobachtete und gut gezeichnete sächsische Charaktertypen zu er reichen gesucht worden ist. Wie dem auch sei — Taffache ist, daß am Sonnabend das offenbar gut gelaunte und genügsame Publikum die mehr oder weniger derben Scherze auf der Buhne — die allerdings gegen Schluß des Stückes hin völlig auf das Niveau der blödesten Clownspäße hinabsinken — mit lauter Fröhlichkeit entgegennahm und so dem Stücke zu einem aus gesprochenen Lachcrfolge vechalf. Wer dm unsinnigen szenischen Vorgängen der Operette keinen Geschmack abzugewinnen vermochte, konnte sich auf jeden Fall der durchaus meloviöscn, zum Teil sogar ehr ansprechenden Ziehrerschen Musik freuen, die sich zwar in ihrem wesentlichsten Umfange in den populärsten Tanzrhythmen bewegt, aber doch auch zuweilen — namentlich gegen Schluß des 2. Aktes hin — den gediegen gebildeten und in geschickter Faktur arbeitenden Musiker erkennen läßt. Das reizende Duett „Modele, ei gescheit — jetzt ist es Zeit" gefiel sogar derart, daß es wiedcr- ,olt wcrden mußte. — Was die Ausführung des lustige» „Fremdenführers" anlcmat, dessen „Handlung" zu erzählen wohl rem Berichterstatter erlassen wird, so ist im allgemeinen ein hohes Maß von Lob dem exakten Zusammengehen aller beteiligten Fak toren nuszusprechen. Der musikalische Führer der Künstlerschar, Herr Kapellmeister Dellinger, hatte ebenso siir eine vortreff liche Bewältigung der gesanglichen Aufgaben gesorgt, wie Herr Friese als tüchtiger Regisseur um eine anmutende Ausstattung und ein für derartige Stücke unerläßliches flottes Svicltempo bemüht gewesen war. Außer den von der vorigen Operetten- aison her genugsam bekannten Künstlern, unter denen in größe ren Rollen besonders die Domen Scbwedlcr und Krontbal und die Herren Friese. Werk, Göritz und Bayer erfolgreich beschäftigt waren, fügten sich auch die neuengagicrten Kräfte dem Ensemble glücklich ein. Insbesondere versprach Herr Netze! als Fremden- ührcr mit seiner gewandten und sympathischen Rollendurchfirhrung und mit dein Nachweise nicht üblen Stiinmaterials (Tenor! für die Zukunft viel Gutes, unk Frl. Martini war eine überaus zier- !>che und bewegliche Kammerzofe, die sich der wärmsten Anerken nung des Publikums und der Kritik erfreuen durste, solange sie — nicht sang, Tie widerliche Schärfe der Stimme — bei der Jugend der Sängerin übrigens eine seltene Erscheinung — ver- darb den günstigen Eindruck gründlich. Sollte ein erfahrener Gcsanglehrer hier nicht Abhilfe schassen können? Ws Dritte im Bunde der neu verpflichteten Mitglieder stellte sich ein Fräulein i, Supvö vor, die aus der nichtssagenden Rolle einer liebes eligen Braut und „Wtterwöchnerin" gerade soviel machte, als >amit anzufangen war, und ihre übrigens nicht sehr umfängliche Aufgabe auch in gesanglicher Hinsicht befriedigend loste. Alle- in allem hat da» Residenztheaterpersonal mit der erste« Operetten- Vorstellung dieses Winter» emen Gute« verheißenden Anfang gemacht, wenn auch dem vorgeführten Stücke al» solche« kam» eine lanae „Reibe glücklicher Tage^beschiel«: sei» dchckte, -är.
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