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-ß. Jahrgang. AK SSL SOmradend» -1. Juli 19LI Gegründet ISS« S»rnl»r»<d«r-eanu»»tmw,m«ri LS 241. «» 10, «achlggpwch»! 20011. D-zug-.S-bühr NiLÄLAW.'l,! >!«- SchrtM««m»<, M»d Lanplggch«»«-»»»! ««tt»N„N, SS,42. «NU» ». ««lag von m «n«d«. PoNIch«»-Nonlo 1OSS vr«,»«. «achdnx* nur mil d»uINch»r 0u»U»nnn<>ad» ,Dr»«dn»r 4Io»r.' zulilMo. Unnerlnnni» S-NriNMtk»« w»rd»n nich. ruldnoadrt. l-iolel Veüevue k>I»stirnl1t»g-T»» Mil Korirsrt. l^Ittsg- ur>5 -^dsnct-T»f«I irn Tserssasn-Ss»! em ctsr ^Id«. Sssiannt« vornslims Takslrnu»»«. kL»t»SIs ni Aon»«r«n»Immvr. lVIittwoek k^SUOiOO Scharfe Zuspitzung der Lage in Magdeburg. Der Untersuchungsrichter lehnt -ie Berliner Kommissare ab. — Severings Antwort. Der Streit um -ie Normatzifser -er Vesahungstrupperr. - Die englischen Bergarbeiter für -ie Vorschläge -es Klerus. Erklärungen -es Magdeburger Untersuchungsrichters. Berlin, 8». Juli. Der Untersuchungsrichter in der Hcllingschen Mordsache (Magdeburgs, LandgerichtSrat Sölling. ha« hentc das Magdeburger Polizeipräsidium er sucht, den von der Berliner Landcskriminalpolizei gesandten Sriminalkommissarcn Kenntnis davon z« geben, das, er ein Zusammenarbeiten mit ihnen ablchncn müsse. »Nur aus Mangel an Zeit," erklärte Herr Kölling, „nicht etwa, weil ich zur Mitteilung der Wahrheit behufs Sicherstellung der Unter suchung nicht berechtigt wäre, war cö mir bisher nicht möglich, den zahllosen Falschmeldungen der Presse und den Angriffen auf mich und tcn Holt, sowie den Kriminal- dtrektor Müller, denen ich Schutz schulde — tcn Holt hat ia stets nach meinen Weisungen gehandelt — entgegenzutreten. Das hat bedauerlicherweise dazu geführt, daß verschiedene Blatter sich bis auf daS Gebiet der Begünstigung begeben haben. Ich ersuche die Presse dringend um Einstellung dieser schlechthin nicht zu verantwortenden Einwirknngs» »ersuche ans ein schwebendes Verfahren. Nach Schluß einer Voruntersuchung darf der Untersuchungsrichter nichts ohne Genehmigung seiner Vorgesetzten Behörde ans den Akten Mitteilen, weil er sa nicht mehr Herr des Verfahrens ist, mit diesem vielmehr nichts zu tun hat. Während der v 0 ru >1 t e r s u ch u n g ist ganz im Gegenteil der unabhängige Untersuchungsrichter, und zwar er allein, diejenige Stelle, die darüber zu befinden hat, was zur Förderung der Untersuchung und zur Sicherstellung des Untersuchungs- rwcclcs, insbesondere auch znr Verhinderung unzulässiger Einwirkungen, iekanntzugcben ist. Ter Untersuchungsrichter ist nicht nur be rechtigt, sondern schlechthin verpflichtet, jede in dieser Richtung «°n ihm für geboten gehaltene Maßnahme zu ergreifen, ins besondere auch zur Verösseutlichung von Untcrsuchungscrgeb- nissen und zur Bekanntgabe von Vorgängen jeder Art zu schreiten, wenn nach seiner Ueberzcugung durch nichts anderes als eben durch diese Bekanntgabe die Gefährdung der ledig lich der Aufklärung der Wahrheit dienenden Unter suchung abgcwendet werden kann. Aus gleichen Gesichts punkten halte ich mich für verpflichtet, die Begründung meines Kcsuchcs an den hiesigen Polizeipräsidenten mitzutcilcn. Ohne diese Mitteilung, das heißt ohne sofortige völlige Klar stellung der Gründe der Ablehnung der Berliner Kommissare, würde mit Sicherheit eine Preßtrcibrrei eintrctcn, die den Fortgang der Untersuchung auf das schwerste gefährden würde/ Die Gründe der Ablehnung. In der Eingabe an den Magdeburger Polizeipräsidenten legt LandgerichtSrat Kölling dar, wie, entgegen dem Wissen »ud Willen des Untersuchungsrichters, Butzdorf, teilweise so gar im Beisein deS Bertcidigcrs von Haas, Haussuchungen und Beschlagnahmen vorgcnommcn hat, wie durch sein Ver fahre» die Gefahr gegeben mar, daß die Leiche Hellings von Mitwissern oder Mittätern beseitigt würde, wie über die Ermittlungen Mitteilungen an die Presse gelangten, die dem Fortgang der Untersuchung im weitesten Maste abträglich waren und noch sind. Zum Schluß heißt es: Nach Abberufung deS Kommissars ten Holt habe ich die Zusammenarbeit mit Butzdorf ebcn- iaNs abgclchnt. Der bis dahin von der Landes» ntminalpolizei aus mich ansgcübtc Drnck, den Bnh- d«rs «roß seines hervorgchobenen nncntschnldbaren Verhal tens weiter tätig sein zn lasten, die Nbbcrnfuna deS ten H 0 l t, die Einleitung oeS Disziplinarverfahrens gegen ten Holt in »er hervorgchobenen, gar nicht zu begreiscndcn überstürzten Aeise, endlich noch die Bcnrlaubnng des KriminaldirckiorS Müller, der das Verfahren in tatkräftiger und in jeder Beziehung einwandfreier Weise gefördert hat — alles das sind Maßnahmen, die nach meiner Ncberzengnng lediglich ans daS Bestreben znriickznstthrcn sind, de« Fortgang der Untersuchung in der von mir ein« geschlagenen Richtung entgegenznwirken. Bei jedem Beamten, auf dessen Bestimmung diejenige Stelle lblnsluß genommen hat, von der jene Maßnahmen ausgegan- ien sind, muß ich damit ernstlich rechnen, das, das Zusammen gehen mit ihm den UntersnchnngSzweck, d. h. die Erniitt- «ig der Wahrheit — gleichgültig wer der Täter -> «csährde. Durch Zulassung solcher Beamten im klare» Bewußtsein der bezeichnet«,, Gesahr würde ich auf daS Werste gegen meine Pflicht verstoßen und mich Wer strafbar machen. Ich lehne daher die von Berlin gesandten Kriminal- kommissare ab. A »erde »ur mit Beamte« arbeite«, von bene« ich die lieber» !?«»« habe, baß die bezeichnet« Stelle ans ihre Bestimm«»« ^ Nnslnß sehabt hat. Ich ersuch« das hiesige Polizei- präst-dimn ergebenst. Leu Berliner Kriminalkommissare« von meiner bevorstehenden A-blchnungSentschließung Kenntnis geben zu wollen, und ich beantrage, daß das Disziplinarver fahren gegen ten Holt sofort eingestellt umd er mir wieder zur Verfügung gestellt wird. » Mit diesen Erklärungen Hai der Untersuchungsrichter in unmißverständlicher Weise bestätigt, -atz von Berlin aus po litischer Druck ausgeübt wird, um der Untersuchung gegen Haas die Spitze abzubrechen. obwohl weder fern« Schuld noch seine Unschuld nach Auffassung deS Richters bisher geklärt ist. Weih rufi Severins zu Kilse. Berlin, »0. Jnll. Zu dem Brief deS Untersuchungsrichters Kölling an den Polizeipräsidenten von Magdeburg erklärt der Borstand der Lanbeskriminalpolizet, Regierungs direktor Weiß «Berlin): „Zn dem Schreibe« bcS Land- acrichtsrats Kölling Stellung zu nehmen, muß ich mir für den Augenblick versagen. Inhalt und Form des Briefes sind der- art, daß ich die Entscheidung über die notwendigen weiteren amtlichen Maßnahmen dem Herr« Minister des Inner« über, lasse« mutz. Feststellen möchte ich zunächst nur zweierlei: 1. Das Schreiben des Untersuchungsrichters ist der Presse, und zwar nur einem Teil der Presse zugegangen, bevor der Leiter der Magdeburger Kriminalpolizei, den ich soeben fernmünd lich gesprochen, Kenntnis von dem Schreiben hatte. 3. Die Behauptungen des Schreibens, soweit sie meine Person be treffen. sind in wesentlichen Punkten unrichtig. Berlin. 30. Juli. Anis Rekanntwerden deS Schreibens des Magdeburger Unters-uch-ungsrichters Kölling sirnd im Laufe des Nachmittags im prentzischc« Ministerium des Innern eine Konferenz statt, am her auch Rcgierungsdirektvr Weiß, der Leiter des Landcspolizeiamtes, teilnahm. Severing als Autokrat. Keine Antwort erteilen! Berlin, 30. Juli. Der „Amtliche Preußische" Pressedienst" teilt mit: Der Magdeburger Untersuchungsrichter Land gerichtsrat Kölling hat an den Polizeipräsidenten in Magde burg am 30. d. M. ein Schreiben gerichtet, das in einem Teil der Berliner Presse bereits veröffentlicht worden ist, bevor es dem Magdeburger Polizeipräsidenten zugegangen war. Der Inhalt des Briefes und seine Fassung, soweit sie verständlich sind, haben den prcutzischcn Minister des Inner« veranlaßt, den Magdeburger Polizeipräsidenten an- znweisc«, das Schreiben ««beantwortet zu lasse«. ES bleibt bei den von dem preußischen Minister des Innern getroffene« Anordnungen. Die nach Magdeburg entsandten Berliner Kriminalbeamten verbleiben dort zur Beifügung der Justiz behörden. Der Magdeburger Kriminalkommissar Paula« Ist ans dienstlichcn Gründen an eine andcre Polizeivcrwaltnng abgcordnct. Im übrigen wird der preußische Minister des Innern wegen der in dem Schreiben enthaltenen schweren, völlig unbegründeten Vorwürfe gegen Beamte seines Ressorts das Weitere an zuständiger Stelle veranlassen. » Die Scvcringsche Antwort bedeutet eine derartige Zu spitzung der Lage, daß sich nunmehr aller Augen mit ge spanntester Aufmerksamkeit auf die wettere Entwicklung der Dinge im Falle Haas, — oder richtiger gesagt: im Falle Hör- stng—Scvcring richte». Denn es geht jetzt nicht um die Person des Industriellen HaaS, nicht um die deS Untersuchungsrichters LandgerichtSrat Kölling, eö geht auch nicht nur um den ReichSbannermarschall und Oberpräsidcnten Hörsing, dem die Lösung des Problems der Gcwalterteilung seiner zwei fachen Befugnisse so selten glückt, es geht nicht einmal um die Person dcö sozialdemokratischen PartctmanncS und preußischen Ministers des Innern — auch hier ungelöste Dualität — Scvertng, sondern cS geht hier um die Wahrung der Unabhängigkeit des Rechtes und der richterlichen Befug nisse gegenüber politischen Einmischungen, um einen Grundpfeiler unseres Staates, um den Rechtsstaat schlechthin. Herrn Severing ist der Inhalt deS Köllingschcn Schreibens offenbar nur teilweise verständlich. ES läßt an sich an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Ter Herr Minister stößt sich aber auch an der Fassung. Demgegen über wird man mit Freude, wenn auch nicht mU Ucberraschuug scststellcn können, daß LandgerichtSrat Kölling als alter Be amter und Jurist die Form einer dienstlichen Eingabe voll gewahrt bat. — Es ist erstaunlich und entbehrt nicht der Komik, daß die Herren Hörsing und Scvcring von '0 mi- mosenliaftcr Formempfindlichkcit zu sein angebcn. Al» der Oberprüsident Hörsing in einer Form, die vielleicht im Reichs- lmnner M»ltch sein mag. die aber tm übrigen schwer hinreichend negativ zu charakterisieren ist, den Reichspräsidenten öffentlich deS VrrfassungShruche- »ie- — was ja auch inhaltlich, zumal in Anbetracht -er amtliche» Stellung HörsingS, sagen wir: geschmacklos war —, da bewies Herr Severing nicht -ieseS allzu zart ansgebildete Formempfinöcn. Jedenfalls entbehrt das Formgefühl des Herrn Severing einer gewissen konstan ten Treffsicherheit. Herr Severing setzt sich ans das hohe ministeriell« Pferd und dekretiert die Order, daß der Magdeburger Polizeiprä sident das Schreiben unbeantwortet zu lassen habe. ES bleibt bei seinen höchstselbst getroffenen Anordnungen. Herr Se vering übersieht hierbei, daß es selbst in den Zeiten krasseste» Absolutismus nicht üblich war, dienstliche Eingaben verant wortlichen Stellen Anbeantwortet zu lassen, und er vergißt, baß wir seitdem etwas haben, was man den Rechtsstaat nennt. Irgendwie wird sich der Magdeburger Polizeipräsident un wahrscheinlich auch noch der Herr Minister mit dem Schreiben Köllings auseinanderzusetzcn haben, und man wird wohl annchmen können, daß es eine sehr eingehend« Auseinander setzung werden wird. Es mag -er diktatorischen Beran-rgung des preußischen Innenministers befremdlich erscheinen, daß ein Mann, von Pflichtbeimißtsein getrieben, mannhaft Stellung nimmt, auch wenn diese Stellungnahme die Ungnade des Ge waltigen befürchten läßt,- es mag in -cm Preußen SevcringS ein starker, männlicher Charakter dazu gehören» nur seiner Pflicht zu genügen und rein sachlich zu arbeiten. Und Herr Scvcring betont seinen diktatorischen Willen, indem er gleichzeitig den Magdeburger Kriminalkommissar Paulat aus „dienstlichen Gründen" an eine ander« Polizei- vcrwaltung ab ordnet, ten Holt, Müller, jetzt Paulat: ja, zum Donnerwetter, fragt sich die Oesscntlichkeit, was soll daS heißen? Sind alle Magdeburger Kriminalbeamten unfähig und Scvcring allein der gottbegnadete Detektiv? Oder — und dies sagt sich die Ocfscntlichkeit in wachsendem Maße —: Wäre es nicht besser, einmal die Herren Severing und Hör sing zu „beurlauben" oder aus dienstlichcn Gründen anders zu verwenden, damit ein schwebendes Verfahren ungehindert seinen Fortgang nehmen kann, damit nicht von außenstehender Seite Hemmungen und Schwierigkeiten bereitet werden, damit die Wahrheit möglichst rasch an den Tag kommen kann, damit aus den Irrungen and Wirrungen eines Sevcring- Absolutismns heraus »ns das unberührt und als „roctior <io bronao" erhalten bleibt, um das der Kampf geht: Der deutsche Rechtsstaat? Angesichts dieser 0>rösre des Kampf- objcktes hat di« Oe-ffentlichkcit «in Recht auf Klarheit. Die Mag-eburger Richter billigen -as Vorgehen Köllings. Berlin, 30. Juli. LandgerichtSrat Reschke, »er Vorsitzende des Bezirksverbandcs Magdeburg vom preußischen Nichtcrvcreln, erklärt, die Meldung sei unzutreffend, daß „daS Magdeburger Richterkollcgium" in oorpoi-o dem verunglimpften Untersuchungsrichter Kölling bcigesprungen sei, und daß daS Kollegium es abgelehnt habe, mit dem von Berlin zwangs weise dem Magdeburger Gericht auf di« Nase gesetzten Kriminal kommissar Bußdorf und den Beamten Gaizow und Martini zusammenarbciten. Eine Konferenz oder ein Zusammentreten des Magdeburger Nichterkollcgiums hat überhaupt nicht ftati- gefimden. Als stellvertretender Vorsitzender des hiesigen Be- zirkSverbandes des preußischen Richtervcreins habe ich, schreibt Herr Reschke, mit einer Reihe von Richtern — namentlich mit ehemaligen Untersuchungsrichtern lzu denen ich auch gehöre) — Fühlung genommen und kann mitteilc«, daß das Verhalte« des Untersuchungsrichters Kölling. soweit es »ns bekannt» geworden ist. einwandfrei ist und von «ns durchaus gebilligt wird. Die Angriffe in der Presse, die von uns eingehend Arfolgt worden sind, sind völlig unbegründet. Dieser Standpunkt wird dann im einzelnen begründet. Dr. Reinhol- in Dresden. Berlin, 30. IM. Reichssinanzministcr Dr. Ncinhokb, der sich heute nach Dresden begeben hat. wird von da nach 'Lßaycrn fahren, wo er mit Vertretern der bayrische» StaatSregierung Besprechungen über Berkehrvplän«, die mit dem ArbcttsbcschassnngSprogramm -usammenhängen. h<rbcn wird. Bayrische Offizialklage gegen Dr. Vevy. München, >0. Juli. Nie verlautet, wird die bayrisch« StaatSregierung gegen den Ncichötagöabgcordnctcn Dr. Len« Ofsiztalklage wegen seiner Angriffe aus de« bayrischen Justiz- minister Dr. Gürtner erheben. AuslSsung -er Fankfurler Pahllelle. Frankfurt a. M., 30. Juli. Die bisher hier befindliche -rutsche Pasche Ne für Ausländer wird mit dem 30. Juli auf gelöst. Ihre GcsclMtc werden von der deutschen Paßstelle für Ausländer tu Wiesbaden übernommen, die erst kürz lich auf befonderen Wunsch der englischen Besatzung-tzehSr-e dort eingerichtet worden ist.