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7L Jahrgang. SS Abend-Ausgabe FreUag, IS. Januar 1»SS Gegrllnvel 1838 Drahtanschrift! Vlachrichten Dreade« Frrntvrrcher-Tammelnummer: 20 241 Nur tür Nachtorlvrüch»: 20 011 B-Wg-.T-bühr 10 Ptruat« Dir Ln,«,««» werdrn nach Doldmart t Anz-Ig-n-Pre»-: «.xxVLSLHL L aunerkalb >5«Via. vssertcnaebükir vVIa. «i Hau» Mk. una»aebükr. Idmark t-crechnei »ie emivaltiae <> mm breite ^amilienanieioen und Ttellenaetuche oline «u mm breite Reklam-zeile Pia.. A„»w. AuttrSae aeaen Vorausbeiatila. Schrtstletluna imd Hauvtg«schSft,It»lle, Marieuftrab« SS 42 Druck u. Verlag von tit«»«ch ck Netchard« in Drerden Voktlcheck-Konto 10SS Pr«»-«« Nachdruck nur mit deutlicher Quellenanaabe !.Dresdner Nachr."> »ulätNa Unvertanaie Schriitstücke werden nick' autbewatirt. Irinkl Qualilätsmarken, ker- gestellt aus eälen deinen MMittEteii A. 8-tzters. Sem Reichspräsidenten liegt bereits ein entsprechendes Gesuch vor - Widerstand in Politischen Kreisen Äeuke nachmittag Kabinellsral. Berlin. 13. Jan. Wie die T.-U. zuverlässig erfährt, trägt sich Dr. Gehler, dessen Gesundheitszustand unter de« letzten Schicksalsschlägen. besonders bei dem Tod seiner Mutter, schwer gelitten hat. mit Nlickt ritts- gedankcu. Er hat auch bereits sein Rücktrittsgesnch dem Reichspräsidenten überreicht. Eine Entschidnnq ist aber bisher noch nicht gefallen. So sehr man auch die Gründe Dr. GchlerS allseitig würdigt und der Tatsache Nechnnng zu tragen bereit ist. das, Dr. Gehler schon mehr fach den Wunsch geäuhert hat. von seinem vcrantwortungs- »olleq Amte entbunden zu werden, steht man an mah- -ebende« Stelle doch ans dem Standpunkt, bah di« zweck, mShigfte Lösung ein Erholungsurlaub für Dr. Gehler wäre, um ihn in den Stand zu setzen, nach Kräftigung seiner Gesundheit eine endgültige Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Auch in politischen Kreisen ist man der Meinung, dah ein Rücktritt Dr. Gehlers schon mit Rücksicht aus die rechtzeitige Erledigung des Etats und vor der Entscheidung über den Wahltcrmin Sühne für unmenschliche Talen. Berlin. 13. Jan. Das Todesurteil gegen Böttcher, den Mörder der Gräfin Lambsdorff und der uenniährigeu Senta Eckert, ist. nachdem das prenhikche StaatS- miuisterium beschlossen hatte, von dem ihm znstrhenden Bcgnadignngsrccht keinen Gebrauch zu machen, heute morgen «m 7.4» Uhr im Hose des Strafgekängnisses Plötzensee voll st reckt worden. Zwei Anträge der Verteidiger des Böttcher um Wiederaufnahme des Verfahrens und Aussetzung der Strafvollstreckung, die gestern beim Gericht eingingen, sind durch Gerichtsbcschluh abgelehnt worden. Die von den Verteidigern dagegen ein gelegte Beschwerde ist in den frühen Morgen st «ndeu von dem Beschwerdcsenat des Kammcrgcrichts zurück- gcw lesen worben. Slmichlunasnachl in Sing-Sing. Vollstreckung des Todesurteils im Fall Snqdcr-Gray. Neuyork, 12. Jan. Im Ling-Sing-Gefängnis ist gestern abend 11 Uhr Frau Ruth Sn y der wegen der Er- mvrdung ihres Mannes hingerichtet worden. Nach ihr wurde ihr Komplice Gran hingerichtet. Der Mvrd- prozeft hat. wie erinnerlich, in der amerikanischen Ocsfcntlich- keit grobes Aufsehen erregt. Die Hinrichtung machte einen tiefen Eindruck, da seit der Einführung des elek trischen Stuhls im Staate Neuyork gegenüber 270 Männern bisher nurzweiFrauen hingerichtet worden sind. Seit einem Vierteljahrhundert wurden wegen Mordes verurteilte Frauen stets begnadigt. Die Brutalität und Berechnung dieses GattenmordeS. der nach Lebens versicherungsabschlüssen von annähernd 100 000 Dollar be- gangen wurde, lieh tedoch kaum mildernde Gefühle auf- kommen. Die Sensationspresse nahm die Gelegenheit zu An- lah. um die bevorstehende Hinrichtung einer Frau in allen Einzelheiten auszumalen, wobei auch die Veröffent lich n n g. v e r z w e i k c l t c r S e l b i't b e t r a ch t u n g e n der verurteilten Fra» Snnder eine Nolle svielten. die aus Sing- Sing herausgeschmuggelt sein sollen. Die ernsteren Blätter nahmen hiergegen energisch Stellung. Moskauer To-esurtett gegen -en Papst? Entsprechendes Schreiben angeblich im Vatikan cingetrossen. Rom. 1». Jan. DaS Todesurteil, das die Räte, tegiernng In ov-kumaoia» -egen den Papst wegen Aus» Wciterberatung der bevorstehenden Länderkonferenz dient. In parlamentarischen Kreisen rechnet man damit, daß bei dieser Gelegenheit auch das Abschiedsgesuch Dr. Gehlers besprochen wird. Auhrkohle nach Deukschösterreich. Zusamwenschluhpolitik auch in der Kohlen*>elieser«ng. Wie«. 18. Januar. Die „Nene Freie Presse" meldet im Zusammenhang mit der Diskussion, die über die voraus sichtliche Gestaltung der Kohlenprcise im Verkehrsausschuh des Nationalratcs geführt wurde, dah Vorbereitungen für die Zufuhr bedeutender Mengen von.Nuhrkohle nach Wien im Gange sind. Das Semmeringer Tagwerk der Gemeinde Wieck hat dieses Jahr seinen Bedarf zum gröhten Teil mit Mähris ch-O st rauer Kohle gedeckt. Vor kurzem haben Besprechungen stattgefunden, die die Einfuhr be deutender Mengen von Nuhrkohle bezwecken. Es sollen umfassende Lagereinrichtungen in Wien aeschissen werden. Die Deutsche Reichsbahn soll diese Kohlen zu ermähigten Tarifen bis nach Regensburg befördern. Hier sollen sie auf Schisse umgeladen und dann naeb portiert werden. Damit würden die Ostraucr Kokken in rcizung zum Anfrnhr und Unterstützung der antibolsche wistischen Bewegung erlasse« hatte, ist brieflich im Vatikan cingetrossen. Das Todesurteil ist vom ortho doxen Synod «nd von den Hänptern der Rätercgiernng unter zeichnet. Bayern un- Dr. Lukhers Dun-. München. 13. Jan. In einer Sitzung der Bayrischen Volkspartei äuhcrte sich Dr. Heim über den neugegrttnüeten „Bund zur Erneuerung des Reiches" dahin, dah der Nus zur Sammlung nur begrübt werden könne. Die Programm- loslgkeit des Aufrufes beschwöre allerdings die Gefahr her auf. dah er die Einigung mehr hindere als fördere. Einzelne Formulierungen des Aufrufes mahnten »ur Vorsicht. Aeuhcrst bedenklich mühten z. B jene Stellen des Aufrufes stimmen, die den Eindruck „erweckten, als ob die Verfasser ebenfalls dem Schlagwort verfallen wären. Zentralismus und Unitarismus würden gleichzeitig Verbilligung bedeuten" Zentralismus und Unitarismus bedeuteten jedoch für Deutsch land die schwerste n a t I o n a l p o l i t i sch e Gefahr. Nach weiteren Blättermeldungen aus München soll sich Dr. Heim tmGegensahzudembayrischenMinister- präsidcnten Dr. Held der Ncngründung gegenüber nicht ablehnend verhalten haben. — Die „Boss. Ztg." sagt, dah die Unterstützung des Bundes durch den Bauernsührcr ge sichert sei. — Nach, der „Deutschen Allg. Ztg." fordert Dr. Heim die Bayrische Volkspartei zur Mitarbeit auf. Der frühere bayrische Innenminister Dr. Sch weyer ist in den Arbeits- ausschnh des Bundes etngetreten. In einer nochmaligen Betrachtung über die neue Grün dung Dr. Luthers stellt die „BayrischeStaatszcitung" zunächst fest, dah die In Bayern fast überall aufs deutlichste zum Ausdruck gebrachte Ablehnung des Bundes oder zum mindeste» die Kundgabe eines starken Mißtrauens mächtig nachhallt. Dabet scheine Dr. Luther auf die Auffassungen in Bayern ganzbesonderen Wert zu legen. Wir glauben, über das Resultat der Besprechung soweit unterrichtet zu sein, um sagen zu können, dah Dr. Luther, wenn es ihm auch nach der Meldung des gebannten Berliner Blattes gelungen sein soll, „sich die Mitarbeit wichtiger Kreise zu sichern", bezüglich Bayerns nicht gerade mit hochgeschwellten Er- Wartungen nach Berlin zurückgefahren ist. Bayerns Vertretung aus der Länderkonserenz. Der bay - rische Ministerpräsident Dr. Held wird in Be gleitung der Minister St Übel. Dr. Schmelzle und GUrtner am Sonntag zur Teilnahme an der Ber liner Länderkonferenz nach Berlin abreisen. Kämpfendes Deulschlnm. Ein Blick nach de« Baltculaude. Das nächste Feld für die Arbeit der Dresdner Be völkerung zur Unterstützung des Auslanddeutschtums ist die Tschecho-Slowakei. Der Verein für das Deutschtum tm Aus lände hat bas Reich ausgeteilt und jeglichem Gebiet seine be sondere Aufgabe zugcwicsen. So kommt's, dah wir in DreWcn vom Leben und Kamps wohl der Tapfersten unseres Volkes in der Fremde, von den Balten, am wenigsten hören, io groß verhältnismäßig auch die Zahl der Baltenflüchtlinge gerade unter uns ist. die uns beständig an ihre Landsmannschaft hoch oben im Norden mahnen könnte. Und doch verdienen die Balten vielleicht noch mebr unsere Liebe und unsere Be geisterung. als die heldenmütigen Stämme unseres Volkes sonst noch in der Welt. Sie sin» die einzigen gewesen, die es durch acht Jahrhunderte verstanden, als eine Minderheit im fremde» Lande nicht nur sich zu behaupten, ihr Deutschtum zu wahren, nein, ihr Deutschtum zum Kulturträger des neuen Landes zu machen und als Minderheit über di« Mehrheit zu herrschen. Die Treue, die uns von unseren Brüdern in der Fremde trifft, ist überall grenzenlos und beschämend für uns. aber ich weih nicht, ob sie an Irgend einer Stelle sonst so ans Herz zu greise» vermöchte, wie bei den Deutschen da oben im Baltenlande. Was sic gelitten Habens Wer sich deutsch nennt, hat überall aus der Welt zu leide» s gehabt, seit 1014. Das allgemeine Schicksal traf auch di« Balten. Sie litten vielleicht mehr als manche andere, weil ihnen von Ticserstehcndcn Haß, Niedertracht und Grausam keit widerfuhr, weil man ihre Selbstverwaltung aushob. ob wohl sic seit Peters des Groben Tagen feierlich verbrieft worden war, weil man ihre Fabriken räumte, die „Ver dächtigen". d. h. die Führer des Deutschtums, nach Sibirien verschleppte und Spione umhcrschickte. damit auch innerhalb der Häuser kein Wort deutsch mehr gesprochen werden könnte. Die Befreier kamen zuletzt doch: 1017 wehten die deutschen Farben von allen Burgen und Schlössern des Baltikums, und die Ritterschaften der ehemaligen russischen Ostsceprovinzen konnten das Kühnste tun. was sie sich je mochten erträumt haben: dem deutschen Kaiser den Herzogshut für die drei Lande antragcn. Unvergeßliche, gekrönte Tage! Dann kam der Zusammenbruch, und am 3. Januar 1010 rückten die Bolschewisten in Riga ein, um bis zum 23. Mai, dem Tage neuen deutschen Heldentums, dem Tage Hans v. Mau- tcuffcls und Major FletcherS. ein Regiment wie nie erhört zu verüben. Und dann kam die Gründung der neuen Staaten: Lettlands, das bas alte Kurland und Südlivland umfaht, und Estlands, das den nördlichen Teil Livlands und das alte Estland in sich schlicht. Unter dem bestialischen Drucke der Bolschewistenhcrrschast hatten schon Zchntausende Deutscher das Land verlassen, waren nach Deutschland geflüchtet: die „Bodenreform" der neuen Landesregierungen raubte auch den Ucbcrbliebene» mit der alattcn Wegnahme des ländliche» Grundbesitzes jede materielle Grundlage. So begann die Ansbanarbcit. 101». Und wenn cs eines Beweises bedurft hätte, dah diese Deutsche» sich dcS Landes nicht frech bemächtigt, dah sic sich'S verdient hatten durch die leidenschaftliche Liebe dazu und durch die Uebcrleaenheit eines EinbeitSneslihlS. das unter Deut schen schlechthin ohne Vergleich steht, so wurde der Beweis »un geliesert. DaS erste war offenbar die Ordnung der Zurückgebliebenen, das zweite der Aufbau von Schule und Kirche, als der beiden Säulen des Deutschtums, und das dritte der Kamps umS Parlament. In Estland hat sich das Deutschtum die Kulturautonomie erkämpft, in Lettland ist es noch nicht so weit: aber der Anblick der Fort schritte auch hier stärkt einem doch die Seelze. Man vergegenwärtige sich einzelnes. Die deutschen Schulen waren zunächst vernichtet: es gibt heute in Lettland und Estland mehr deutsche Schulen als es in der Russenzeit gab. Die deutschen Hochschulen in Riga und Dorpat wurden den Deutschen weggenommen: mit der Anspannung ihrer letzten Kräfte brachten Ne ein unerhörte» Werk zuwege: Die Herder-Gesellschaft begründete zu Riga eine eigene deutsche Hochschule: baS Herder-Jnftitnt. Heute die nördlichste Hochschule beS deutschen Volkes, der äußerste Punkt seiner kulturellen Ausbreitung! mit unend lichen Opfern wird eS erreicht, dah alljährlich eine Reih« hervorragender deutscher Professoren nach Riga kommen und dort an der deutschen Hochschule Vorträge halten. Das v«r. nicht wünschenswert ist. Das Rcichskabinett hält heute nachmittag die bereits gestern angesetzte M i n i st e r b e s p r e ch u n g ab. die der Oesterreich einer verschärften Konkurrenz durch die Ruhr kohlen begegnen. Der Doppelmörder Böttcher hingerichtet.