Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 26.09.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270926017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927092601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927092601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-09
- Tag 1927-09-26
-
Monat
1927-09
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 26.09.1927
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
29. September 1927 — »vree-aer Nachricht«' Nr. 452 Seite 5 Oeriliches und Sächsisches. Die Anmeldung von Animerinng»- aniprüche«. Amtlich wird mttaetetlt: Nach ß IS de» AufwertungSaesetzeS findet die Auswertung «ns Grund de» Borbehalt» der Rechte oder kraft Rückwirkung nur statt, wenn der Gläubiger den Anspruch aus Auswertung »t» zum 1. Januar 1926 bet der Aufwertung-strlle anmrldet. vet unverschuldeter Brrsäumnt» dieser Anmeldung gestattet da» Ergänzungsgesetz vom 9. Juli d. I. für die Aufwertung der persvnlichen Forderung dt« Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, »wenn der Gläubiger die Anmeldung der Forderung bi» zum 1. Oktober 1927 nachholt". Vor kurzem hat ein Senat de» Kammergertchts entschieden, daß. wenn die Anmeldung nicht gänzlich unterblieben, sondern nur verspätet, d. h. nach dem 1. Januar 1926 bewirkt sei, e» einer Wieder- -olung der Anmeldung nicht bedarf. Da» Schrifttum steht, soweit bekannt, aus einem anderen Standpunkt. Wie die übrigen Gerichte und namentlich auch da» Reichsgericht ent- scheiden werden, steht dahin. Bet dieser Sachlage werden die veteiligten zu prüfen haben, ob e» zur Vermeidung von «echtSverlusten nicht vorsichtiger ist, unter dem alten Recht Verspätet bewirkt« Anmeldungen rechtzeitig, also bi» zum 1. Oktober 1927, zu wiederholen. Die spinale Kinderlähmung, Nossen. Infolge eine» Falle» von spinaler Kinder, llihmung lst auf Anordnung des BezirkSarztcs eine Ele- «entarklasse der hiesigen Bürgerschule geschlossen worden. Oschatz. Auch hier Ist ein Fall von Kinderlähmung ans. zetreten. Fm benachbarten Fmbach ist eine vierzehn Jahre «lte Haustochter der Krankheit erlegen. Sntschliehung des Vereins deutscher Freimaurer gegen Ludendvrft Die in Dresden tagende KN. Hauptversammlung dcS^ Vereins Deutscher Freimaurer hat am 2K. September folgende Entschließung einstimmig angenommen: »In seiner kürzlich von ihm an weite Kreise versandten Schrift »Vernichtung der Freimaurerei durch Enthlllking ihrer Geheimnisse" bezichtigt Erich Ludendorss die deutschen Freimaurer einer sittlichen und geistigen Minderwertigkeit, die dahin führ«, daß sie bet ihren Bestrebungen — wie von jeher, so auch heut« — unser Volkstum verrieten und besten Unterwerfung unter eine Fremdherrschaft und unter deren da» Deutschtum verderbende Pläne förderten. Die Groß- Meister der neun deutschen Groblogen als berufene amtliche Vertreter der deutschen Freimaurerei habe» gegen diese Schmähschrift würdig und kraftvoll Einspruch erhoben. Diesem Einspruch schließt sich der Verein Deutscher Freimaurer als die einzige freie wissenschaftliche Vereinigung deutscher Frei- maurcr vollkommen an. Im Namen seiner 23 WN Mitglieder weist besten gegen wärtig tagende K8. Hauptversammlung dies« Bezichtigung als eine ungeheuerliche Verleumdung zurück. Das wissenschaftlich ernste, jedermann zugängliche Schrifttum auch der letzten Jahrzehnte. daS sich mit der deutschen Freimaurerei beschäftigt, und das opferfreudige Verhalten und die Taten der einzelnen deutschen Freimaurer und deren Loge» und Großlogcn vor und »ach dem Kriege erweisen klar und deut lich die Unwahrheit der von Lubcndorss verbreiteten Phantasten. Jede ernste und unbefangene Unterrichtung läßt unzweideutig erkennen, daß bei den vielen tausenden dcnt- scher Männer, die sich in der Vergangenheit zur Freimaurer, fache bekannten oder dieser heute zugetan sind, von der ihnen in der Schmähschrift nachgesagten sittlichen Entartung, geisti gen Beschränktheit und jämmerlichen Eharakterlosigkett in nichts die Rede sein kann. Das Verfahre» leichtfertiger Verhetzung, mit dem die Schrist die Ehre aller dieser Volksgenossen beschmutzt, wird vom Verein Deutscher Freimaurer aufs tiefste beklagt, da eS in unverantwortlicher Weise zur Zerrüttung und Schädigung der unserem Volke heute mehr als je obliegenden gemein same» Aufbauarbeit beiträgt." — Die zweite juristische Staatsprüfung haben in der Zeit vom 2!>. August bis 19. September 18 Referendare bestanden: zwei bestanden nicht, zwei wurden aus Grund der schriftlichen Arbeiten zurückgemtesen. - WicbcrsehenSfeicr. Die Angehörigen des ehemal. Feldar t i l l e r t e -N e g i m e n t s 94 und seiner Feld- formationen veranstalten Sonntag, den 16. Oktober b. I.. in Pirna, Tannensäle, ihre 5. WiedersehenSseier. — Auswanderung aus Sachsen 1926. Nach Mitteilungen deSGtatisttschen Reichsamtcs in seinem Organ „Wirtschaft und Statistik" wandcrten im Jahre 1926 aus dem Reiche ins gesamt 65 281 Personen aus. Von dieser Gesamtzahl ent- fielen auf den Freistaat Sachsen 4668 Personen, und zwar gingen 8816 nach den Vereinigten Staaten, 228 nach Argentinien, 2l8 nach Brasilien. 63 noch Kanada. 35 nach Ame ika lohne nähere Angabe) und 28 nach Mittelamerika. Die christliche Elternschaft Sachsens ln khemnitz. Eine machtvolle Kundgebung. Auf dem Höhepunkte de» Kampfe» um ein christlicher Weltanschauung gerecht werdendes Relchöschulgesetz ver- sammelte der Landesverband der christlichen Elternveretne Sachsens am Sonnabend und Sonn- tag in Chemnitz die seinen Vereinen angehörenben christ. ltchen Eltern Sachsens zu einer zweitägigen machtvolle» Kundgebung. Die Veranstaltungen fanden einen weihevollen Auftakt in einer von Pfarrer Etchenberg, Chemnitz, ge- haltenen schlichten Andacht, worauf sich der Gesamtvorstand zu einer lediglich internen Fragen gewidmeten Sitzung ver- einigt«. Bet dieser Gelegenheit beschloß der Gesamivorstand die Absendung von Begrüßungstelegrammen. In dem Telegramm an Hin den bürg spricht der 6. sächsische Landeselterntag dem Reichspräsidenten ehrerbietige Glück, wünsche zum bevorstehenden 80. Geburtstage aus und gelobt treue Mitarbeit am inneren Ausbau unseres Vaterlandes. I» dem BegrüßuugStelegramm an den Präsidenten des Landes- konststoriumö, Dr. Sectzen, wird um tatkräftige Förderung der besonders in den jetzige» Kämpfen um bas Reichsschnl- gesetz für Valk, Kirche und Schule so wichtigen Eltern bewegung gebeten. Neichsministcr v. Keudell dankte der Landeselterntag für die energische Inangriffnahme der Schulgesetzgebung. Nach kurzer Schilderung der in Sachsen für die evangelische Schule herrschenden Zustände, die einer Vernichtung der evangelischen Schulen in Sachsen gleich- kvmmt, wird die Hoffnung ausgesprochen, baß die evange lischen Sachseil nicht vergeblich auf die Hilfe des Reiches trauen. Präsident Dr. Böhme, dem Führer der sächsischen Landeskirche in schwerster Zeit, der bereits 1919 zur Samm- luirg der christlichen Elternschaft aufgerufe» hat, wirb treue Weiterarbeit in seinem Geiste gelobt. Nachmittags folgte eine geschlossene Mitgliederversamm lung, an der rund 209 Vertreter aus den verschiedensten Be- rufsständcn ganz Sachsens teilnahmcn. Zur Verhandlung daö Elternrecht, die einmütig a »genommen wurden. Die Wahlen ergaben die einstimmige Wiederwahl der beiden Vor sitzenden. ObcrlandesgerichtSrat Dr. Hering, Dresden, und Bücherrevisor Neske, sowie der beide» akademüchen Kräfte, Pfarrer Direktor Geißler, Dresden, und Kand. theol. Neumann. Dresden. Unter allgemeinem Beifall wurde am Schlüsse der Sitzung die folgende Entschließung zum Elternrecht angenommen: »Seit dem Erlast der ElternratSverordnung des BolkSbilbungs- inintslcrS Fietßncr vom LI. Februar 1921 hat das Elternrecht in Sachsen nicht den geringsten Fortschritt gemacht. Noch ipimer fehlt in Sachse» die Bestimmung, wie sic für Preußen, Thüringen und andere Länder seit Jahren Gesetz ist. daß an jeder Schule ein Eltern- rat bestehen must. Noch immer schien BezirkSclternräte als Er gänzung und Ausgleichung der BczirlSlchrerräte. Noch immer fehlt der LandcScliernrat. Noch immer ist der Elternschasl die Teil nahm an der Verwaltung der Schule, der sic dienen will, versag». Dieser Zustand der Rechtlosigkeit der sächsischen Elternschast in Sachsen must ein Ende nehmen. Es geht nicht länger an, daß die Elternschast in Sachsen hinter der Elternschast im übrigen Reiche zurückgesetzt bleibt. Die christliche Elternschaft Dachsen» fordert da her, das, ble Elternschast endlich zur Mitverantwortung ihrer Schulen zugclassen wird." Mit einem BcgrüßiingSobend, der stiinmnngövoll vom OrtSverband der christlichen Elternvercine Chemnitz auS- gestaltet worden war, fand der erste Tag der Veranstaltung seinen Abschluß. Am Sonntagmorgen vereinigten sich die Teilnehmer am Landeselterntagc zu einem FeftgvttcSbicnstc. der in der Paulikirche sFcstprediger: Pfarrer Blankenburg. Altenbnrg) und in der Jakobtkirche sFestprediger: Pastor prim. Rien- hardt, Zittau) abgehalten wurde. A» die eigentlichen Fest- gottesdienste schlossen sich in Verbindung mit de» Kirch gemeinden und dem Ortsverband Chemnitz für Kindcr- gotteSdienst Festkindergottesdienste in der Pauli-, MarkuS- und Schloßkirche an, für die die Pfarrer Barchewitz. Leipzig, Junge, Leipzig, und Hcbart, Lichtenstein-Callnberg, gewonnen worden waren. In den Mittagstunden folgte aus dem Neu markte eine von den Mitgliedern der vereinigten Posauncn- chöre Chemnitz veranstaltete Platzmusik. Den Höhepunkt des Landestages bildete am Nachmittage die große Feswersammlung die mit begrüßenden Worten vom ObcrlandesgerichtSrat Dr. Hering, Dresden, eröffnet wurde. Einen besonderen Willkommengrub widmete er den zahlreich erschienenen Ver tretern staatlicher und städtischer Behörden, darunter dem Referenten für Schulsachen im Landeskonsistorium. Landes- konsistorialrat Gehcimrat Dinier, und den Vertretern des Landtages. Der sächsische LandcSelterntag, so führte er anS, solle eine machtvolle Kundgebung für den evangelischen Glauben und die Liebe zum Vaterlands sein. Die mehr als 699 im Landesverbände vereinten Vereine der christ lichen Elternschast würben nicht eher ruhen, als bis auch ihr die verbrieften Rechte zugestanden würden, die den Eltern im übrigen Reiche längst zuteil geworden seien. Die Reihe der Begrüßungsanfprachc» erössnete Geheim- rat Dinier im Name» der obersten Kirchenbehörben Sach, sens, der erneut die alte Forderung ausstcllte: Für evange lische Kinder evangelische Schulen mit evangeltschen LehrernI Die Landeskirche denke nicht daran, eine Herrschaft über die Schul« auszuüben. Sie gestehe jeder elterlichen Weltanschau- ung Freiheit zu, beanspruche aber auch Freiheit für sich. Auch die Bekenntnisschule müsse Staatsschule bleiben. Im Mittelpunkte der machtvollen Veranstaltung stand die Festansprache des deuischnationale» Reichstagsabgcordneten Studenrats Dr. Ellen deck. Düsseldorf: „Der Kamps um Deutschlands geistiges Gesicht." Der Redner führte u. a. ans, man dürfe sich nicht damit znsriedengeben, die alte evangelische und die katholische Schule wieder auszurichten. Man müsse nicht nur für die Schule und die eigenen Kinder, sondern auch für das geistige Gesicht und die Persönlichkeitsgestaltung unseres ganzen deut- schcn Volkes kämpfen. Der Kamps der christlichen Eltern- bewegung, der überparteilich geführt werde, gelte letzten Endes einer neue» geistigen Vertiefung unsere» Volkes. Es handle sich darum, daß sich heute nicht nur in Deutschland die Lehre von der Gottessernc unter außer, ordentlich günstigen Bedingungen ausbreite, die Sinn und Wert der ganzen Welt rein diesseitig erklären wolle. Diese Lehre spalte die Menschheit in zwei Lager, zwischen denen es kein Kompromiß gäbe. Eine kalte mechanische erb- gebundene Tiefseitigkeit beherrsche weite Kreise der Mensch heit, die in der Wirtschastsnot der Gegenwart einen über- ans günstigen Nährboden finde. Die Befreiung unsere» Volkes ans diesem Bann müsse eine ernste Sorge jede» Volkssreutldes bilden. Dazu komme, daß die peitschende LebcnShast und Nervosität unserer Zeit dem Leben des ein zelne» jeden tieferen Gehalt nehme. Die heutige geistige Verfassung der Menschheit sei der schlimmste Feind jeder christlichen Bewegung, wie auch der Schule. Es werde von gewissenlosen Volksfeinden eine planmäßige Entsittlichung, vornehmlich der Literatur, in Deutschland betrieben, hinter der der gewissenlose Händler und ein sehr gerissener In tellektualismus stecke. Man werde in Deutschland wirtschaft lich wieder vorwärtskommen. Die Parteien könnten sich eines Tages verständigen gegen diese zersetzende, mit Schlag. Worten arbeitende Taktik einer gewissenlosen Schundliteratur. Ter Kamps sei aber ungeheuer schwer. Die christliche Frei- heit habe mit der Freiheit, die hier die Lehre von der GottcSserne erkämpfen wolle, nichts zu tun. Die christliche Freiheit liege in der Gebundenheit. Ihr sei alle Sittlich, kcit nicht relativ, sonder» stehe hinter dem Zusammenhang mit dem Ewigen. Christentum und GottcSserne haben zwei ganz getrennte Begriffe von Opfern, die ans Diesseits ge bundene Lehre von der Gottesferne müsse jedes Opfer als einen persönlichen Verlust ansehen, während der Christ hinter jeder Handlung und hinter jedem Geschehen die Aus- Wirkung eines höheren Willens erkenne. Daraus ergebe sich der gemeinsame politische Grund für alle christlichen Eltern. Daraus ergebe sich auch daö Interesse aller christ. lich gesinnten Kreise in dem neuen Schul, g e s c tz c n t w u r f. ES sei nicht gleichgültig, ob seine Arbeit non christlicher Weltanschauung oder der Lehre von der GottcSserne beseelt werde. Die Auswirkung dieses Zwie spaltes, die größer als aller wirtschaftlicher und steuerlicher Druck sei, gehe ebenso wie auf die Familie aus daS ganze Volk, auf Wirtschaft, Schule und Politik über. In einem weiteren Vortrage berichtete Wilhelm Kupke, Dortmund, führende Persönlichkeit der westfälischen Eltern bewegung, über die den sächsischen sehr ähnelnden Kämpfe in Westfalen, woraus die Versammlung einstimmig folgende Entschließung annahm: „Der g. LandcSelterntag der christliche» Ellcrnoereine Dachsen» begrüßt mit Genugtuung den NeichSschulgesetzenlivurf, weil in ihm das in der Versah»«» verankerte Elternrecht endlich aus schulischem Gebiete zur Auswirkung kämmen soll. Jeden Versuch, diese» Recht zu sabotieren, wird die christlich organisierte Elternschast Sachsen» so lange aus» entschiedenste bekämpfen, bis Ihr die vcrfassungs- mästtg zugcstchcrte VckenntntSschule sür ihre Kinder wiedcrgegeben wird. Darum lauiet die Losung des LandeSelterniageS: „Dieser Entwurk muß di« Grundlage des ReichSschulgrsetze» bleiben."' Sin Kirchenkonzert tn der Jakobtkirche unter Professor Mayerhoffs Leitung beendete den Abend der Hochbedeutfamen Tagung. kmllltm MIIIMIMI!ll»»IIIlI»»lI -4ma//suskna-Se 6 flilttddiM« „an s l/be an 5ke. 20 r Kunst un- Wissenschaft. Morgenfeier im Schauspielhaus. „Aste zehn Morgenfeiern dieses Winter- sollen dem Kämpfen und Schaffen der Gegenwart gewidmet sein": das ist ein Programm, für daS alle, denen es Ernst ist mit der kunstcrzlchertschcn Bedeutung dieser Morgen- setern, der Leitung unserer Staatstheater Dank misten werden. Wohl hat unser Schauspielhaus tn dieser Richtung manche üble Erfahrung gemacht. Wohl gibt eS viele, die rein gefühlsmäßig allem Gärenden und Unausgegorenem aus dem Wege geben. Wohl haben die Herren Brecht und Bronnen Im vergangenen Jahre hier alles getan, sich und die Moderne zu dtskrciüttercn — die vielen leeren Plätze im ersten Rang und Parkett bewiesen eS. Soll man aber nun ein paar Ent- gleister und Entgleisungen willen den Kopf tn den Sand stecken? Soll man den Werdenden, die einen großen Prozent, satz der Besucher stellen, das Werden und Schaffen ihrer Zeit vorenthalten? Soll man den Leitern der Morgenfeiern nicht das Vertrauen entgegenbrtngen. daß auch sie aus den gemachten Erfahrungen gelernt haben? Fast erweckte die erste M o r g e n f e t e r, die unter dem Titel „Jahrhundertwende" der Kunstrevolution um IM galt, den Anschein, als set man ein wenig gar zu vor» sichtig und zahm zu Werke gegangen. Dr. Karl Wollf beugte tn seinen „Etnlettenden Worten" vor: Man werde dieses und IcneS vermissen.- man wolle nur Sachen von sinnbildlicher Bedeutung bringen. WaS er selbst brachte, hätte aber doch vielleicht die tieferen Quellen des Natura lismus — den Pessimismus Schopenhauers und den aus Tannin? Lehre sich entwickelnden Materialismus einerseits und die innere NnWahrhaftigkeit der Butzenschetbenlnrtk »nd Spielmannsdichtung. beS historischen MomanS und der Dramatik Llndnns. BInmenthalS und zum Teil auch Wilden- bruchS anderseits — in kräftigerer Gegenüberstellung auf. zeigen können. Klar und flüssig dagegen gelang ihm die Dar- siestiing des Wesens des Naturalismus und der Selbst- täusch»»», tn -cm sich seine Vertreter befanden, wenn sie von dem bekannten Zolaschen Satz: „Ein Kunstwerk ist ein Stück Natur, gesehen dnrch ein Temperament" nur die erste Hälfte icachieten, und wie sich bei den besten von ihnen daS von selbst korrigierte zu vertieftem MItlcben und Mitletben der Welt von heute. Da» Programm des Sonntags begann — gar nicht un geschickt — mit Proben dieser gewisiermaßen zweiten Form de» NatnraNSmnS. wo Phantasie und Metaphysik ganz von '-'"c- de» „exakten Realismus" eines Hol» und Schlaf »u beseelen beginnen. In Hermann ConradiS Einleitung zu der 1884 erschienenen Anthologie „Modern« Dtchtercharaktere", betitelt „Unser Credo" hörte man merkwürdigerweise schon den Satz, die neue Lnrik wolle die Zeit der großen Seelen und tiefen Gefühle wieder gründen. In dem Gedicht „Pngmäen" klagt er: „Die Zeit der großen Seelen ist tot." Auch die beiden Gedichte von Karl Henckell zeigten wenig Freude am „täglichen Kult der menschlichen Mikrobe". Nur „Großstadt morgen" von Arno Holz greift kräftig in die Realistik, die der Friedrichstraße. aber auch nicht ohne die Perspektive in eine schönere Welt. DaS alles gelesen von Felix Stetn- böck tn froh aufrauschcnbem. sugendltchem Idealismus, wo immer eS angtng — nlghrbaftig, solcher „Naturalismus" tat niemand weh. Daß der snnge Richard Strauß nach der lnrisch-üverschn»engltchen wie freideklamatorischen Seite seines Wesens tust zu Henckells „Ruhe, meine Seele" nnd „Wtnter- mclhe", und VierbaumS „Tranm der Dämmerung" sich htn- gezogen fühlte, ist verständlich. Wie Helene Jnng zu Fritz Buschv Begleitung die Lieber sang, war klangliches und seelisches Erlebnis aus der Welt über allen „JSmen". Erich Ponto war es Vorbehalten, ein Beispiel „exaktesten Realismus" zu geben: die Novelle „Ein Tob" aus dem Buche „Neue Gletse" von Holz nnd Schlaf. Zwei Freunde erleben am Bett eines auf der Mensur tödlich ver- mundeten Studenten besten letzte Stnnden. Peinlich genaue Schilderung alles Tatsächlichen, erschütternder NatnraltömnS von selten des Vortragenden — vor dreißig Jahren sicher als guälend empfunden, heute sein Recht beweisend durch fabelhafte Anschaulichkeit, dramatische Wucht nnd Durchseelnng der nüchternen Wirklichkeit, die dem wahren Dichter ungewollt und unbewußt die Feder fahrt. Tiefernste» Schwelgen an Stelle beS Beifalls, und ernst blieb die Stimmung auch bet den beiden folgenden Stranß-Ltedern „Der ArbettSmann" zu dem Gedicht von Dehmel »nd dem „Lieb de» CteinklovferV" von Henckell. Strauß zeichnet hier tn Melodie und Begleitung mit allen Mitteln naturalistischer Charakteristik die ganze hohnvolle Bitterkeit der Verse nach. Ein Meisterstück war auch die Wiedergabe der selten schwierigen Musik durch Waldemar Gtaegemann und Fritz Busch. Mit „Cäellte" von JnltnS Hart löste sich die schwere Spannung tn echt Stranßtscher Ekstase. — Wer angesichts der ersten Morgenfeier Lücken nnd Wünsche empfand, wird abwarten müssen, ob spätere Versäumtes nachholen. Daß starke und stärkste Wirkungen auch von der Kunst der neuen Zeit anS- gehen, ist schon heute bewiesen. —«ist— s Dresdner Theater-Tpielplan fstr heute. Opernhaus: „ToSea" fX8). Schauspielhaus; „Minna von Barn- Helm" (i/-8). Albert.Theater: „Maria Stuart" (X8). Residenz-Theater: „Ich Hab' mein Herz in Heidelberg verloren" s^8). Die Komödie: „Ein besserer Herr" f^8). -f Albert-Theater. Heute. Montag: „Maria Stuart". Elisa beth: Hermine Körner. Dienstag: „I o s e p h t n «" mit vermine Körner In der Titelrolle. In der Erstausführung von Alfred Neu- mannS „Der Patriot" führt die Regte Otto Bernstein. Bühnen bilder von Constantln v. Mitschke-Eollande. -f Di« Komödie. Freitag, den M. September 1927, findet dte Erstausführung von MolnKrS „Spiel tm Schloß" statt. Das Stück ist mit Trude Messet» und Hanns Fischer, Alfred Haas«, Friedrich Carl-niayr, Theodor Rocholl, Martin Costa »nd Lothar Glathe besetzt. Bi» zu diesem Tag« blebbt allabendlich Hasenclever» Lustspiel „Ein besserer Herr" aus dem Spielplan. f- Der Männergesangverein „Echo" Dresden lnd zum Ge- denken an 5 9 jährigeö Bestehen am Sonntage zu einer stimmungsvollen Morgenfeier ein. Der Vereinshaußsaal war stark beseht. Das Podium prangte Im Festschmucke. Kan- tor Gerhard Paulik spielte als Einleitung Bachs ES- Dur-Präludium für Orgel. Schuberts Psalm „Gott, meine Zuversicht" fmit Orgel) folgte. DaS ernstliche Mühen der stattlichen Sängerschar, von En r t Nihsche straff geleitet, fand reichste Anerkennung. Das Ehrenmitglied des Vereins, Erich Langer, erntete mit dem von Gedankenschwnng erfüllten „Vorspruch" zum Preise des deutschen Liedes, be treuen Sängerherzens und des lieben Vaterlandes stür» mischen Betfall. Mit schlichten, herzlichen Worten begrüßte Hanö HoffmeIster als 1. Vorsitzender die Festteilnehmer, unter denen man Vertreter der staatlichen nnd städtische» Be- Hörden sah. Einiges auS der Geschichte des JubelverelnS brachte der Ehrenvorsitzende Anton Hausmann zum Vortrage. Als Festchor folgte „Mein deutsche» Lied" sNrauf- ftthrung), dem Männergesangverein „Echo" gewidmet von Erich Langer und Curt Nitzsche. Die Dichtung kommt von Herzen und findet ungesncht de» Weg dahin zuriick. Ihre Vertonung erfolgte mit rech« geschickter Hand. Sie zeigt kttnst. lcrtsch gerichtetes Streben nach hohem Ziele. Die technischen Belange wurden mit rühmlichem Gelingen überwunden. Das Merk löste Helle Begeisterung auS und erbrachte den Gebern prächttge Lorbeerkränze. DaS Ehrenmitglied de« Verein«, Prof. Dr. Funke, hatte dte Festansprache übernommen. Sie verbreitete sich über Soll und Haben des beutschen Männer. gesangeS und seine Stellung tm Kulturleben unsere- Volke-. Redner trat mit prächtigen, frei gesprochenen Worten ein für den Zusammenschlußgebanken Im Sängersiaate zum großen Bunde. Weg mit der Etgenbröbelel, mit den Schranken der Stände. In Zukunft nicht große Sängerfefte mit Gipfel, leistungen als musikalische Gesangsprüfungen mit Wett bewerb, vielmehr Eängerwochen nach Nürnberger Art. die da- volkStümliche der Kunst betonen. Die Erfüllung solcher Um-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)