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Dies«« Blatt wird den Lesen, von Dresden ^ OO ^ ^ HH und Umgebung am Tage vorher bereit« als zugestellt. während eS die Post-Abviineuten am Morgen in einer ÄejamtauSgabe erhalten. 8erugsgediil)l: MerMjäkrli-b »« »»>«»'" bei >ü,lick «weimaliierZutraauna dm» unierr Boten «den»» „nd «»»,«»», ,n Soun- und Montnaen nur eimuay »MI «»Di, du>» aiioivliriie.etsom uiiiNonL» » M der » Mi so D' Bel einmal»»«! Zulle lliiu» dnr«l> di« Doii»Mi iokmeBellellaeldi, im SlnL- land mit enllvreibendrm Zuichlaae, >i aibdruck aller Lrliiel u. Orion,al- MiNeilunaen >mc mit deutlicher vuellenanaabe <„DreSd, Siackr, "t «nILMa. Nachlrüaliche Lonorar- onivrüche bleibe» unbeniiksichtiat: »nverlauate Maiiiiilrivlr werden »richt anibewribrt. tkelegramM'Adrelke: M«chricht»n LreSde«. ^nresgen-kanl. LtNttbl»» von Auliiiibiiuni«» »i» nachmittaad s Ulu Sonn- und Heirtta,» »nr Marienftrabe ss vo» » biL '/»> Ubr Dir Uraitwe it-rund. ieite i«, » Silben« so Dia.. 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Morgenstunde entstand in dem Hauptapparatensaale des Telearaphenamts ein Brand, der zwar schnell gelöscht wurde, aber alle Leitungen beschädigte, Ter Verkehr mit der Provinz ist ganz unter brach e n, der Kabelvcrkehr mit dem Auslande ist nicht gestört, London, (Priv.-Tel.s Der „Daily Telegraph" meldet aus Petersburg, das? zwischen Truppen und Revolutionären in der Nähe von Borisowka im Gouvernement Kursk ein Kamps staltgcsunden yat, Infanterie und Kosaken kämpften gegen 3000 aufständische Bauern, Tic Bauern erlitten große Verluste und wurden in die Flucht geschlagen. London, lPriv.-Tels Nach einer Meldung des „Daily Telegraph" aus Petersburg ist die Lage in Kronstadt bedrohlich. Gestern wurden 160 Matrosen der Kriegsmarine wegen Teilnahme an revolutionären Umtrieben nerhastet. Die Behörden ergreifen energische Maßnahmen, um die unzufriede nen Elemente zu unterdrücken. Ulm. Bei einer Nachübung des 13. Pionierbataillons auf der Donau schlugen zwei mit 20 Mann besetzte Pontons, die zusammengckuppelt waren und einen Kran trugen, um, wobei der eine Vizeseldwebel und 3 Mann ertranken, Konstanz, Bei Taegcrsweilen auf Schweizer Gebiet suyr gestern ein Automobi l, in dem eine deutsche Gesell- schalt von vier Personen reiste, in den Straßengraben und überschlug sich. Die Insassen gerieten unter das Fahr zeug. Eine Dame wurde sofort getötet, während ein Herr ver letzt wurde, Rom. Ein Orkan verursachte gestern im Torfe Castel San Angela (Bezirk Macccalas großen Schaden. Mehrere Häuser stürzten ein. Die Gewässer schwollen an und rissen mehrere Menschen mit sich fort. Es heißt, daß 5, bis 10 Per sonen ums Leben gekommen sind, Paris. sPriv.-Tel.s Die Truppen des Sultans vom Marokko haben über die Truppen des Prätendenten einen Sieg errungen. Die Schlacht fand am Malujafiusse statt. Rach dem Siege veranstalteten die Truppen einen Ilmzug, wobei sie die Köpfe der getöteten Rebellen auf ihren Bajonetten auf- gespießt umhertrugen. Das Schauspiel bot einen entsetzlichen Anblick, Paris, Aus Einladung des Maire von Philippsvillc lAlgierj wird, wie die Blätter melden, das aus 30 Schiffen bestehende, gegenwärtig vor Malta liegende englische Ge schwader vor seiner Vereinigung mit dem Geschwader von Gibraltar dem Philippsviller Hasen einen dreitägigen Besuch abstatten, Toulon, Kommandant Chanchebrat machte Vertretern der Presse gegenüber Mitteilungen über den Gesamierfolg der Flottenmanöver, den er als im ganzen günstig bezeich- nete. Wenn die zum ersten Male angewandte Gefechtsiaktik gewissen Kritiken begegne, so liege das wobl daran, daß an die Unterbesehlshaber durch die Taktik größere Anforderungen, so weit unausgesetzte Auimerkjamkeit und große Entschlußbcreit- schaft in Frage kommen, gestellt würden, San Sebastian. Der König und die Königin haben heute ihre Kreuzfahrt an Bord der „Giralda" angetreten. Oertliches imd Sächsisches. Dresden, 28 Juli, —* Wie aus Seis berichtet wird, bestieg Se. Majestät der König mit seinem Flügcladjittante» Obersten o, Wilncki am Dienstag abermals den Schiern, Der Kronprinz halte sich mit dem Erzieher, Leutnant Freiherr» v, Humbracht, am Nach mittag zuvor bereits dorthin begeben und übernachtete aus dem Berge, um den Sonnenausgang auf dem durch so Herr- liche Fernsicht ausgezeichneten Dolomitenkegel zu beobachten. Gegen HH2 Uhr nachmittags erreichte der König die Schlern- häuser und speiste dort mit dem Kronprinzen zn Mittag, Nachdem bei herrlichem Wetter im Freien der Kaffee ge nommen worden war, wurde ausgebrochen und der Weg nach der Rotersprtze eingeschlagen. Der Ausstieg erfolgte durch die wildromantische Schlucht, das Lärmloch genannt. Nach reich lich dreistündiger Wanderung wnrde die Graslcitben-Hütte im Tschamintale erreicht und in dieser von der Sektion Leipzig des Deutsch-Oesterreichijcheu Alpcnvereins verwalteten Hütte Nachtquartier genommen. Am anderen Morgen geleitete der Kronprinz seinen Vater noch bis in die Grasleithenkessel und marschierte sodann mit seinem Erzieher »ach Weißlahnbad, wo er mit seinem Bruder, dein Prinzen Friedrich Christian, der von Salcgg zu Pferde dahin gekommen war. zusammeiitras. Beide Prinzen blieben i» dem dortige» gutbeiuchtcu Hotel uno erwarteten dort ihren königlichen Vater, Während dessen über stieg der König den Grasleilhenpaß (2597 Nieters, besuchte die ebenfalls im Besitze der Sektion Leipzig befindliche Vajolet- hiitte (2255 Meters und nahm daselbst einen Imbiß ein. Weiter führte der Weg, allmählich wieder ansteigend, an de» stolzen Balojcttürmen, dem Winklerturm, der mächtigen Rosengarten- spitze vorüber, hinaus nach dem Tschagersoch (2641 Meters, von wo man in ebner halben Stunde aus sehr steilem Abstiege die Kölner Hütte (2325 Meters erreichte. Hier wurde längere Rast gehalten und zu Mittag gespeist. Hin 4 Uhr brach der König wieder aus und traf gegen 1H7 Uhr nachmittags nach ziemlich anstrengendem Marsche in Weißlahnbad ein, wo er von den Prinzensöhnen und den Gästen des Bades auf das freudigste begrüßt wurde. Der Monarch verblieb die Nacht im Badehoteb Am Dienstag früh 6 Uhr brach der König mit den Prinzensöhnen auf und gelangte um 9 Uhr nach Völs, wohin Prinz Ernst und die beiden Prinzessinnen Margarete und Alix in Begleitung der Oberhofmeisterin Frau von der Gabclenh-Linsingen und Herrn Geh, Legations-Rat von Stieglitz zu Wagen entqegengökommen waren. Den Weg von Böls nach Hotel Salegg legte die königliche Familie zu Wagen zurück. So wohl der König, wie die beiden Prinzen haben die Strapazen dieser mehrtägigen Partie vortrefflich übe'standen, —* Herr Kriegsminister Frl,r. v, Hausen stattete vor» gestern der Festung Künigstei» einen Besuch ab, - Vorgcsteni weilte der Präsident des evangelisch-luthe rischen Laiideskonsistoriniiis, Wirkt, Geheimer Rat v, Zahn, in Wurzen und besichtigte unter Führung des Herrn Pfarrers Ebert mit größtem Interesse die Kirche», sowie einige baulich besonders merkwürdige und sehenswerte Räumlichkeiten des Schlosses, Er stattete auch dein Herrn Bürgermeister Dr, Seetzen ans dem Rat- Hause einen Besuch ab »nd begab sich von dort ans zum Besuche des Herrn Grafen v. Koenncritz nach Schloß Lassa, —* Der Titel Königlicher Oberförster ist nach dem Vorgänge Preußens den älteren sächsischen Forstassessoren verliehen worden. Es werden in Zukunft etwa vierzig derartige Oberförster ohne Revier in Sachsen vorhanden sein. —* Der Vorstand der Eiscnbahn-Belriebsdirektion Zwickau, Oberbaurat Hempel, ist, wie bereits erwähn», am 26, Juli in Bad Reichenhall, wo er Genesung suchte, im 59. Lebens jahre verschieden. Der Verewigte war zu Annaberg geboren und bildete sich auf der Technischen Hochschule zu Dresden für das Bauingenieursach aus. Seine praktische Vorbereitung für den Eisenbahndienst wurde durch den Krieg von 1870/71 unterbrochen, an dem er als Kombattant sich beteiligte. Ge schmückt mit dem Eisernen Kreuze 2, Klasse und der silbernen L>t, Heinrichs-Medaille, kehrte er aus dem Feldzuge zurück und war dann in verschiedenen Funktionen beim Bau neuer Staats- eisenbahnlinien fu. a, auch beim Elbbrückenbau zu Pirnas von 1874 bis 1881 im technischen Betriebsdienste und hieraus als Vorstand des Bnuscktwnsbiireaus Schwarzenberg, sowie der Jngeiiieurabteilnng Annaberg tätig. Am 1, Oktober 1893 er folgte seine Ernennung zum Bctriebsiiispcklor bei der Betriebs direktion Zwickau, deren Leitung ihm als Eisenbahndirektor am 1, Aikgust 1899 übertragen wurde. Seine namhasien Ver dienste fanden höheren Ortes Anerkennung durch Beförderung zum Oberbaurat und durch Verleihung des Ritterkreuzes erster Klasse vom Albrechtsorden und vom Vcrdienstordcv. Streng gegen sich selbst und unermüdlich im Dienste, war er doch von Gerechtigkeitslicbe und Humanität gegen and-we er'üllt und in allem ein Muster treuer Pflichterfüllung für seine zahlreichen Untergebenen, die seiner in Liebe und Danklmricit auch über das Grab hinaus gedenken werden. Die Beerdigung erfolgt in Rcichenhall, —Der Anfang des altehrwürdigcn Voiksscstes aus der Vogelwiese vollzog sich heute mittag 12 Uhr in der gewohnten Weite, In ganz außerordentlichem Maße sind die Vorberei tungen vom Wetter begünstigt gewesen, und auch heute, zu den ersten ossizicllen Ereignissen des Festprogramms, zeigte Frau Sonne ihre Huld in ausgiebigster Weise. Aus all den in I>ellen Farben gestrichenen Budciibautcu und den riesigen Zeltplanen lag der hellste Sonnenschein iast blendend und grell. Der Boden ist fest und trocken im Gegensatz znni vorige» Jahr, wo er gerade bei der Eröffnung an einer unergnicklicheii Weichheit litt. Nahezu alle Vorbereitungen waren l»S heute mittag auis beste vollendet, und förmlich mit Spannung sahen alle Beteiligten dem Ausziehen des Vogels und dein Beginn der ,,Bi erprobe" entgegen. Noch war auf dem ganzen Platze Hämmern, Auspackcn uns Fertiamcichcn Parole, aber kurz vor 12 Uhr drängte sich die Mehr,zahl der Arbeiter und diensOaren Geister, sowie die bereits nach Tausenden zälßcndc Menge von Schaulustigen, darunter mindestens 60 Prozent Kinder, noch der Schießhatte und nahm rechts und links der eigentlichen Schießwiese Ausstellung, In der Schiehhalle war der riesige Vogel ausgestellt, der neben viele», in den Flügel- und Ichwawz- sedern steckenden Kleinodien ein neu gestiftetes Kleinod in der goldenen 450 trug, die sich in stattlicher Größe zwischen den beiden Hälsen des Dovveladlers erhebt. Außerdem zeigt «in« neu gestiftete Prämie das Bildnis des vor 460 Jahren re gierenden Kurfürsten Friedrich des Sanftmütigen, Der Schütze dieses Spanes wird das zum ersten Male zur Ausgabe ge langende Exemplar in Gold erhallen, während jedem Mitgliedc eine nicht tragbare Prägung in Silber uls Erinnerungsgabe zur Veriügung gestellt wird. Kurz vor 12 Uhr wurde der Vogel unter Vorantritt der Bolzeniungen, die ihm Kronen. Szepter. Reichsapfel, Fahne und andere „edle Teile" oorantrugen, pinaiis aus die Wiese gebracht. Dort wurde er an der Spille der nahezu 50 Meter hohen Stange »befestigt und endgültig zusammengqetzt, Punkt 12 Uhr erfolgte das schwierige Werk des Aufziehens, und ein kincmotographitcher Apparat verewigte der Vorgang in einer Biidcrierie. iLangiam hob fich die Stange mit ihrer reichlich zwei Zentner schweren Bürde, Kaum stand sic senkrecht, !o tonten drei Böllerschüsse, und damit begann die Bi er probe, denn von dem Augenblick an, in dem die Böllerschüsse gehört wer den, hat die Vogelwiese die Schankgerechtigkeit, und die Schank- stätten dürfen mit dem Verkauf von.Speisen und Getränken beginnen. Tavon wurde denn auch sofort reichlich 'Gebrauch gemacht. Die offizielle Bicrprobe war im Schükenzelt, wo qcgen das früher vcrichänktc echte Pilsner jetzt Radeberger Pilsnc r. also ein deutsches Bier, zum Ausschank kommt. Den Schützen wurde ein Frcitrunk kredenzt. — Nachzutragen ist. daß am Freitag obend die Bcleuchtungsprob« der um fangreichen elektrischen Lichtanlage stattfand, die zu allgemein ster Zufriedenheit ausfiel. Der Straßenbelenchtuim dienen auf dem Festplatzc 66-große Bogenlampen, während in den größe ren Zelten ebenfalls noch 85 Bogenlampen und etwa 800 Glüh lampen installiert sind. Die au» der Festwiese befindlichen Zentrolichaltstellen sind in diesem Jahre den neuesten Sicher» heitsbestimiiiungcn entsprechend »maeändert worden, Zur Ver teilung des elektrischen Stromes dienen diesmal zwei große Oeltransformatorcn mit einer Leistung von je 50 Kilowatt bei e.ncr Hochspannung von 2000 Volt. Diele Transformatoren sind durch besonders eingebaute Hochspannungsschalter obschalt- bar gemacht, sowie durch Hochlpannungssicherungcn noch b^ sonders gesichert. Das neue Olympia-Tneater ist ebenfalls mit einer eigene» Beleuchtungsanlage versehen worden. Hier wird die elektrische Energie mittelst einem großen Gleich sttomdynamo von 30 Kilowatt-Leistung hcrgcstelll, der durch eine 60pferdigc Lokomobile anaclriebcn wird. Die Beleuchtung unffaßt in dem Riesenraume allein über 30 Bogenlampen, einige Scheinwerfer und etwa 450 Glühlampen, Das zur Verwendung kommende Leitungsmalerial umfaßte im ganzen auf der Fest wiese etwa 25 000 Meter blanken bczw, isolierten Kupserdroht und Kabel, was ungefähr einer Entfernung von Der Koch Richard WagnerS. eNachi-ruS vcrk-oleii,) Wer vor mir hat schon daran gedacht, den Koch Richard Wagners zu interviewen? Niemand wohl, und zwar darum, «eil kein Mensch davon Kenntnis hatte, daß der merkwürdige Mann, der jetzt vor dreißig Jahren, während der ersten Bühnen- sestspiele in Bayreuth, für das leibliche Wohl Wagners und seiner Gäste sorgte, schon seit vielen Jahren in Berlin lebt. Er bssitzt ein reizendes Cafö-Restanrant aus einem der hübschesten Schmuckplätze Berlins und läßt cs sich sehr gut gehen Wo dieses Case-Restaurant liegt, werde ich nicht verraten, denn er könnte es mir krumm nehmen, daß ich sein Inkognito lütte und mich dann nicht mehr jo vevorzugen, wie es der biedere Mann bisher immer getan <>at. Um den Preis jedoch, daß meine Portionen kleiner werden, will ich den Ruhm nicht ein- bciinsen, den Namen des interessanten Mannes der Lcffcnt- lichkeit mitgeteilt zu haben. Daß ein Mensch, der ausgerechnet zu Richard Wagner als Koch kommt, an und für sich schon merkwürdige Schicksale ge- babt haben muß, ist selbstverständlich. Nun. mein vcr- «hrter Gönner, der mir immer die besten Bissen servieren läßt, batte tatsächlich schon vor seiner „Berufung" nach Bayreuth recht eigentümliche Erfahrungen hinter sich, Bor allem ist er «in naher Verwandter vonFranz Liszt. Sein Vater stand im Revvlutionsjahre 1348 in österreichischen Diensten und war mit seinem Regiment in einer kleinen Festung in Süd-Ungarn «inaeschlossen und von den Rebellen belagert. Nach der Ein- nähme der Festung durch die Aufständischen wurde der Vater unseres Helden erschossen, »nd der Junge iah sich daraus, seines Ernährers beraubt, hilflos in die Welt hinansgestoben. Durch Protektion kam er als Küchenjunge in die Hofküche nach Wien, Dort wurde er in die Geheimnisse der Kochkunst eingeweiht, und als er flügge geworden war, setzte er sich auf ein Schiff und segelte gen Osten. Bei Midbat - Pascha, dem nachmaligen Großwesir des Ottomaniichcn Reiches, »and er seine erste Stelle als Koch. DaS war in Smyrna, wo Midhat-Pascha als Gou verneur von Kleinasicn lebte. Später führte ihn sein Weg nach Aegypten. Dem Ksiedivc Jsinael - Pascha bereitete der tüchtige vtana sein« französischen Lieblings««richte, und als dieser starb und die prunkvolle Hofhaltung wesentlich eingeschränkt wurde, zog es ihn wieder nach der Heimat, Richard Wagner hatte sein neues Haus i» Baureuth eben bezogen, und diese Gelegenheit benutzte unser Koch dazu, um von seiner nahen Ver wandtschaft mit Franz Liszt Nutzen zu ziehen, Liszt verwendete sich bei dem Meister für leinen Verwandten, und nun erfolgce dessen Bestallung als Koch in der Villa „Wahnfried". Sieben Monate währte seine Herrlichkeit an diesem Hoch sitze deutscher Kunst. In dieser Zeit fanden die Proben zu den ersten Festspielen statt, und erst als die Flut der Besuche und Empfänge sich gelegt hatte, quittierte er den Dienst. Für sich und seine Familie bedurfte der Meister nachher des kost spieligen Kochs nicht mehr, und schweren Herzens verließ dieser die Stellung, die ihm einen Einblick in das innere Getriebe jener merkwürdigen Epoche gewährt hatte. Mein Freund er zählt, daß er »och nie vorher und auch niemals mehr »ach dieser interessantesten Episode seines Lebens so beschäftigt ge wesen sei, wie damals, als Richard Wagner wie ein Potentat hervorragende Menschen aus allen Wcllgegcndc» bei sich zu Gaste sah und der Schornstein seiner Küche ununtcrbroche» rauchte. Lange schon vor der Eröffnung des Festspielhauses entwickelte sich ein reges Leben in der Villa „Wahnsried". Die Sänger, die sich Wagner zur Mitwirkung auserwählt batte, trafen nacheinander ein und pflogen mit dem Meister lang wierige Unterhandlungen. Jeden Tag waren sie Gäste Wag ners, kaum war die eine Tafel abgedeckt, fo mußte die andere wieder a»faetragen werden. Der Meister behielt auch in dieser festlichen und großen Zeit seine gewohnte Lebensweise bei. Er aß fast nichts anderes als Hammelkoteletts mit Bohnen, DieS war sein Leibgericht, und er aß es mit einer Beharrlichkeit, die den a» abwcchslnnas- rciche Tätigkeit gewöhnten Koch fast zur Verzweiflung brachte. Hätten nicht die Gäste des Meisters für Varianten im Menü gesorgt, seine Kunst wäre bei der Anspruchslosigkeit Wagners verkümmert. Ich habe tvährend des Interviews lebhaft bedauert, daß außer mir niemand zugegen war. Meine Menschenfreund, lichkeit hätte auch noch anderen gern das Vergnügen gegönnt, den Erzählungen meines Gewährsmannes zu lauschen. Sie hätten, so wie ich. über noch lebende Menschen Dinge gehört. die sich heute öffentlich noch nicht wiedergebcn lassen, sie hätten sich, so wie ich, darüber aewunoert, mit welchen Kleinlichkeiten Wagner damals zu rechnen hatte, Künstlergestalteii, die heute noch unter uns weilen, zogen bei diesem Gespräche an mir vorüber. Ich vernahm, wie selbst aus dem Kreise der zur Mit wirkung berufenen Künstler heraus dem Meister Schwierigkeiten in den Weg gelegt wurden und daß ihnen die Ausgaben, die sic zu erfüllen hatten, so absonderlich erschienen, daß sie durch kleine Stiche und Bosheiten ihrem Aergcr Luft mache» zu müssen glaubten. Freilich, das muß ich lagen, besonderes Kunstverständnis babe ich aus den Ausführungen des berühmten Koches nicht hcraussühlen könne». Er verwechselte häufig die „Götter dämmerung" mit dem „Rheingsld", aber, mein Gott, in dreißig Jahren kann man solche kleinen Unterschiede leicht vergessen haben, zumal, wenn man seither immer nur saftige Filets ge- braten und nur das Sondergebiet seiner Kunst eifrig gepflegt bat. Heule lächelt unser Koch über die ganze Geschichte von Bayrcnlh, und cs ist ihm schon damals furchtbar komisch vor- gckommcn, daß sein Herr den ganzen Tag über seinen Noten saß oder aufgeregt im Garten hcriimlies und vor sich hiv- sliiittnte. Unten am Kilchenfensler stand dann mein lieber Koch und schüttelte den Kopf über so viel unnützes Zeug, Näher aber wollte er sich die Sache denn doch einmal an- ehen, denn man lebt ja nicht uiwolist in der Villa „Wahn- ried" und hat so eine leiie Ahnung davon, daß sich da ganz eigentümliche Dinge vorbcrciten. Darum überließ er hier und da die Aufsicht über die Kochtöpse seinem Adjutanten und ttabl sich nach dem Fesffoielhüael binau», um einer Probe beizu- wohnen. Dann erschien ihm sein Herr und Gebieter »och um ein Bedeutendes komischer und kurioser als zn Hause, Wie das kleine Männchen vom Orchester ans die Bühne, dann wieder, um die aknsüsche Wirknna zu prüfen, in den Zuschauer» raum eilte, das befremdete den Mann, der die Bcschaulicbkeii als des Lebens köstlichstes Gut betrachtete, höchlichst. Heute noch kann er sich über jo viel Rührigkeit nicht fasse» und betont immer wieder, daß Wagner wie „ein Wiesel" !in Theater umhergelciuscn sei, Den Küchenzettel verfaßte in der Regel Frau Cosima Wag ner. Bor dieser Frau hat men« Koch heute noch einen