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lg. Zs 670 Dienstag, 6. Dezember 1-27 Gegründet 1856 Vrabtairl-kMi DtaMetckte» V»niwr»ch»r»Samm»tnuin««r SckSckl Nur NN Nach,„wr»ch,! SO011 B-zugs-Tebüh, "St'^ Eti>,»I«u«»»r lO <VI,nnt, D» Äurnur» »«r«»i> na» IValdmar» t An,-Ig«n^Pr«IIe: L.M,.77L!ÜS H K S nuhrrdalb!5»Ma ?0»r'«narl>aiir>nP'a ack Valdmar» drr»ckn»> »,« «moalNa« rt» «Psa. ffamMenanikioen »»d Liellengriuck« odm " ' i» mm br,i„ Netiam»««» «n vta. »urw SunrOa» araen Anra>,«b»»aliia mm vr»ie, nr Lckrsstlelkma und siam»oelckzn»ö,lk, Mari«i,k«»ak» 3S.s Druck u. Brria, »an VI»»»ck » ««ickar»» m Dresden P«ülckeck-Konio 10SS Drradrn Nackdruck nui mv deuilickei Quellenanaadr .Dreedne, Nack,' wlällia Unverlanaie 2ckn»>»i>cke werden mck «»»dewadrl. kk'blkiasZigss l^sZtsufsnt 4 Okn: Isnr-Ies „Vskbekins ^rsgsr Tlesüs < k^silbsknst'slAs ^böncjg S V35 ^si'kstt cls,' stks»' Well Anglo-rMche Zwiesprache ergebnislos. England fordert Einstellung der kommunistischen Propaganda Sowjetrußlaads. Zurückhaltung des Arbeilsmintsleriums ln -er Eisenindustrie-Krise. — Die Bemühungen um das Besoldungskompromih. Nachmittaqsunlerredunq zweier Todfeinde. Litwinow verläßt Geus DienStag vormittag. Genf. 5. Dez. lieber die heutige Unterredung zwischen Chamberlain und Litwinow. die von '^3 bis llhr dauerte, wird von der englischen Delegation ein Nom. >n>»i>gu6 veröffentlicht das. wie ausdrücklich hervorgehoben wird, ans Grund gegenseitiger Vereinbarungen festgesetzt worden ist und folgende» Wortlaut hat: »Da Litwinow bei Sir Austen Chamberlai« eine Nnt.r« reduna erbeten hatte, fand hente nachmittag im Hotel Rean» rtvage eine Zusammenkunft statt. Die Zusammenkunft -ab Gelegenheit z« einem freimütigen Geda«kena«St»n,ch über di« Beziehungen zwischen der Slegiernng der Naiv» der Sowjetrepubliken und der britischen Regierung. ES war jedoch nicht möglich, in der Unterredung irgendeine Basis für eine Verständigung sAgrcements zu finden.* Von russischer Seite wurde kein ergänzendes Nom. tnuniauö hcrairögegcbcn. Litwinow reist, wie von russischer Seile veniä>crt wird, nunmehr am Dienstag vormittag von Genf ab. Ehamberlains Dedlinmi<ien. lDrahtmeldung unsrer verllner Lchriftleltung.» Berlin, 5. Dez. Die Unterredung, die heute in Gens zwischen Litwinow und Chamberlain stattfand, hat naturgemäß auch in de» Berliner politischen Kreisen das stärkste Interesse ausgelüft. Man erblickt in der Tatsache dieser Unterhaltung, die durch Vermittlung des französischen Außenministers Urlaub zustande kam, den Beweis für die ja schon seit längerer Zelt kursierenden Behauptungen, daß die leitenden Männer in Moskau eingeschen hätten, daß das Sowjctreglme bei dem Konflikt mit England den kürzeren ziehe. Daraus, daß nicht England, sondern Rußland den ersten Schritt zur Beilegung ta». sei denn anch zu schließen, daß Rußland unter den durch den Konflikt geschaffenen Ber- hiiltnissen mehr leide als England. Die heutige Aussprache hat, wie gesagt, irgendein Ergeb nis nicht gezeitigt. Man glaubt aber ln Berlin annehmen zu können, daß es nicht bei dieser Unterredung bleiben wird, sondern daß dem ersten Schrttl westere folgen werden, zumal man ja auch aus englischer Seite offenbar kein Inter» esse daran zu haben scheint, den KunjUtt weilrrbestehen zu laßen, oder womöglich »och mehr zu verschärfen. Kür sehr bedeutsam hält man die Frage, unter welchen Vorbedin gungen England bereit sein wird, das frühere Verhält- nis »>it Rußland wieder hcrzusteUen. Chamberlain soll in der Unterredung Litwinow den bekannten Standpunkt der englischen Regierung in großen Zügen dargelcgt haben. Die englische Regierung sei nach wie vor bereit, in neue Verhandlungen mit der Moskauer Regie rung einzntrctcn. jedoch müsse die englische Regierung als Grundvoraussetzung einer Neuregelung der Beziehungen die Forderung aus völlige Einstellung der kommunistischen Propaganda im gesamten Osten, insbesondere in China und Siordnilstindicn. stellen. Die englische Regierung habe ein» dcullge Beweise in der Hand, dast die propagandistische Tätig keit der dritten Internationale »n voller Uebereinstimmnng mit der Moskauer Negierung erfolge. Solange die kom munistische Propaganda nicht restlos eingestellt werde, sei eine Ncnrearlnna der e-ollsch-rnssitchen Rc'iodnnaen nick» denkbar, desgleichen werde England sehr energisch barans bestehe«, daß alle Vertreter Rußlands in England sich der Propaaanbatätig- kcl, und damit des EingreisenS in das innervolitilch« Lebe« Englands enthalten. Wenn die Russen, woran» fa ble von vitwfnow ver- anlaßte Untcrrednna hindruiet Wert daraus legen, mit Eng. fand wieder Ins Einvernehmen zu kommen, so wird ihnen nichts übrig bleiben, al« sich dielen Bedingungen, über deren Jnnehaltnng England sicher lehr schars wachen wird, zu unterwerfen Man weist nun daraus bin. daß dte An nahme der enalilchen Fordernnaen für Rnßkand keine aanz leichte Sach« sei. Der russische Kommunismus lebe von der Agitation, von der Gewinnung immer neuer Gebiet« da seine letzten und wesentlichsten siiele tatsächlich erst verwirk- licht werden könnten mit dem Anislammen der Weltrevo. lii «ton Würden dem russischen KommunsSmu» dle Agt. tattonSmögsschkeiten genommen so würden auch leine Endziele immer INnkarischer gemacht. Daraus wiederum ergeben sich für dle Sowsetmachthader rech« ernste Gefahre«: Dte sehr ernst zu nehmenden Reibereien, die sich In Rußland ergeben haben, basieren zum nicht geringen Teil eben darauf, daß zwischen Utopie und realen Möglichkeiten der Politik eine» kommunistischen StaatSwesenS so schwer ein Ausgleich gesunden wird Der Uebergang zu einem solche» Ausgleich der Ausgabe phantastischer Endziele ist vielleicht auch deshalb so schwierig, weil es mit der Enthüllung dcS kläglichen SchciiernS zahlreicher kvmmnnisitscher Ideen verbunden sein müßte. Aus der nun versuchten Wicderaiibahnnng der Be ziehungen zu England würde sich zweifellos eine erhebliche Verschärfung der tnnerrussischen Kämpfe ergeben. Wen» trotz dem die maßgebenden Männer in Moskau auch diese Gefahr mit in Kau! nehmen, so ist das als ein Zeichen dafür zu werten, für wie viel erheb'icher man die Nachteile einschätzt, die Rußland auv dem Konflikt mit England entstanden. W e die Deyernmng zu »ande kam. Genf. ö. Dez. *«S der Umgebung Ehamberlains wird hente abend erklärt, daß für den Empfang Litwinows die Rücksichtnahme aus di« tnnerpolitische Lage Englands und aus die Ovvositionöparieien maßgebend gewesen sei. Chamberlain habe Litwinow cmpsanaen. «m den Oppositionsparteien die Möglichkeit zu nehmen, der englischen Reelern,,«, den Borwnrs zn machen, sic habe rS unterlassen, mit Litwinow in direkten Verhandlungen eine Rcuregelnna der rpssisch-engli'chen Be ziehungen z« prüfen, lieber die Vorgeschichte des Empfanges erfährt et» Vertreter der T. U. noch folgendes: Der General sekretär der Sowietdclcaaiion, Stein, habe sich zunächst an Dr. Stresemann gewandt mit der Bitte, bei Cbambcrlain eine Zusammenkunft mit Litwinow zn vermitteln. Tr. Strcse- mann hat sich sedoch außerstande gesehen, diese Vermittlung von sich aus zu übernehmen. Darauf wandte sich der General» sekretär an Boncour mit der Bitte. Briand zusammen mit Ehamberlain zu einer Unterredung mit Litwinow veranlassen u wollen. Bvncour hat diesen Auftrag übernommen und er alte Briand. als dieser noch in Paris weilte, telephonisch gebeten, seine» ganzen Einfluß aus Chamberlain geltend zu machen, daß er Litwinow empfangen möge. Während der gestrigen gemeinsamen Fahrt nach Gens bat sich Briand dickes Auftrages an Chamberlain entledigt und Chamberlain erklärte am Schluß, er werde sich den Fall überlegen. Dte Beamten deS Foreign Office, die Chamberlain be- »leiteten, verhielten sich gegenüber einer Zusammenkunft Ehamberlains mit Litwinow sehr ablehnend. Chamberlain bat dann unmittelbar nach seiner Ankunst in Gens sich mit Valdwin telearapbiich in Bcrbin-nnq gesetzt und dessen Zu stimmung zu diese« Empfang erhalten. Die Londoner Presse glaudi an eine AnnSheruno. London. 8. Dez. In großer Ausmachung berichten heute dte Londoner Abendblätter über die Znsammcnkunst Ehamberlains mit Litwinow I» einigen Blättern wird an. genommen, daß trotz deS negativen AnSgangS der heutigen Unterredung eine zweite durchaus wahrscheinlich ist. Bor« läufig bleiben aber auch nach Ansicht der englischen Presse die Aussichten englisch-russischer Verhandlungen sehr ungünstig, da erst der in diese« Tagen in London verhandelte Spionage- prozeß gezeigt ha«, daß die kommunistische Propaganda sich auch in der englische« Marine und i« englische« Kriegs- arscnaleu bemerkbar macht. Darin sind sich aber alle Blätter einig, daß, wenn Rußland auf seine Propaganda verzichte», englisch-russische Verhandlungen doch zustande kommen. AumSaien dring! auf Behandlung -es O-ranienkonilikis. Der Rat beschloß Vertagung bis Mär». Gens. 8. Dez. Nachdem der BölkerbundSrat in seiner heutigen geheimen BormitiagSsitzuna die Vertagung des «ngarisch-rnmänische» Streitfalles ans die Märzsessto« dcS BölkcrbundSrateS geschlossen hatte, ist noch heute abend ein Telegramm deS neuen rumänischen Ministerpräsidenten. Bratianu im BölkerbundSsekretariat etngetrofsen, in dem ausdrücklich beantragt wird, den ungarisch »rumänischen Streitfall Ende/dieser Woche auf die Tagesordnung zu setzen. In dem Telegramm wird mitgetetlt. daß TituleScu Mitte der vorigen Woche in Gens eintressen werde. TituleScu selbst hat seine Abreise nach Genf mitgetetl». Im BölkerbundSsekretariat ist man der Ansicht, daß die rumänische Regieruna da» beute vormittag bekanntgegebcne lelegramm ShamberlainS noch nicht erhalten hat. In dem Telegramm hatte Chamberlain die rumänische Regte, rung von der Vertagung dcS Gtreitsatte» aus die Märzscsston de» Rate» in Kenntnis gesetzt. In dem Telegramm Bratianu« an das BölkerbundSsekretariat wird da» T-lcgramm Chamberlain» mit keinem Worte erwähnt. Welche Stellung, nähme der BölkerbundSrat im Falle eines Eintreffen» Titn- lcScu» in Gens einnehmen wird, steht noch nicht sest, da zu- nächst «in einheitlicher Beschluß de» BölkerbundSrate» vor. liegt, die Angelegenheit aus dt« Mär-tagung de» Rate» ,u verschieden. ' Der Enlwtirs eines Kleinrenlner- versorgungsgesetzes. Die Bemühungen um dte Verbesserung der materielle» Lage der Kleinrentner sin- in ein neues Stadium getreten durch den in der letzten kurzen Zmischentagung des Reichs- tages eingebrachlc» und dem Sozialpolitischen Ausschuß über wiesenen Entivurs eines Klctnrentnerversorgungsgcsctzes. Ei« solches Gesetz ist von den jetzigen Regierungsparteien bereit» im April dieses Jahres gefordert worden, und zwar gleich- zeitig mit der Bewilligung von 25 Millionen Mark als ein maliger Beihilfe zur vorläufigen Linderung der drückendste» Not. die inzwischen zur Auszahlung gelangt sind. Der Reichs tag nahm damals eine Entschließung an, in der die Reichs- rcgteruilg ersucht wurde, in eine Prüfung über die Voraus, setzungen eines Rciilnerversorgungsgefetzes einzutreten und das Ergebnis dem Hause mit möglichster Beschleunigung vor- znlegcn. Die Denkschrift ist bisher nicht herausgekommen» und diese Verzögerung hat die Demokratische Partei zum Anlaß genommen, um ihrerseits einen auögcarbciteten Gesetzentwurf vvrzulegen, der den Zweck verfolgt, eben das zu verwirklichen, was die Regierungsparteien von Anfang an erstrebt habe«, nämlich die Kleinrentner aus der für sie demütigenden, well nur eine verhüllte Form der allgemeinen Armenpflege dar stellenden Fürsorge hcrauszuheben und ihnen ein gesetzliches Recht auf ein bescheidenes Eptstenzminimum zu gewähren. Tie Demokraten hatten bislang gerade den entgegengesetzten Standpunkt vertreten: sie waren gegen bas Ncntnerrecht und warfen sich für die Fortdauer der Fürsorge Ins Zeug. Es lag nahe, die Gründe dieses plötzlichen Umfalles zu beleuchten. Im Interesse der Kleinrentner haben sich aber di« Regie« rnngöparteien mit einer Kritik des demokratischen Verhaltens nicht befaßt, sondern sich ohne Zögern hinter den demokrati schen Entwurf gestellt, da dieser in seinen Grunbzügen nur die leitenden Gedanken ansnimmt, die für dte Regierungsparteien schon längst maßgebend gewesen sind. Die Beratungen im Ausschuß sind aus kurze Zeit unterbrochen worden, um der Negierung Gelegenheit zu geben, sich über dte DcckungS- möglichkeiten für die erforderlichen Mittel schlüssig z» werden, die ans IM bis 200 Millionen Mark sährlich geschätzt werden, wobei aber zu bedenken ist daß wegen des zumeist hohen Alters der Kleinrentner diese Summe sich zusehends verrin gern wird. Nach einer Statistik, die von einer mit der Prü fung des gesamten Materials betrauten Kommission de» Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge «ruf genommen worden ist, sind Im Durchschnitt der Stadt- und Landkreise In ganz Deutschland von den rund 340 MO Klein» rentncrn, die ln der Fürsorge stehe», 50 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen über 70 Jahre alt: Im einzelnen ist die Zahl der «Oiährigcn auf dem Lande größer als in der Stadt. Hieraus geht hervor, daß das NentncrversorgungS- gcsetz nur einen NcbcrgangScharakter trägt, da die Zahl btt zu versorgenden Rentner von Jahr zu Jahr geringer wirb. Gerade dieser Umstand macht anch die Regelung der Frage um so dringlicher, damit die alten Leute, die durch die In flation um Ihre gesamten sauren Ersparnisse und an den Bettelstab gebracht wurden, nicht mit dem bitteren Bewußt sein aus dem Leben scheiden müssen, baß sie vom Staate und der Gesellschaft in ihrer Not btS zuletzt im Stiche gelassen wurden, daß man ihnen Steine statt Brot gab. Die grundsätzliche Hauptfrage, ob dte Rentner bloß von der Fürsorge erfaßt werden oder einen Rechtsanspruch genießen sollen, ist heut« dahin entschieden, daß nur dt« Sozial- demokratt« noch an dem FÜrsorgeprinzip sesthält, während dte bürgerlichen Parteien ohne Ausnahme für -aS Rentner- recht in die Schranken trete». Die Kleinrentner hqbe» ble Unterstellung unter dt« Fürsorge von jeher mit Recht al» degradierend empfunden, sowohl wegen ihrer Beigangenheit als auch wegen der schweren Nachteile, dte damit verbunden sind, wie Berpfändung de« Mobiliars, Anrechnung anch de» befchetdensten Arbeitsverdienstes, vielfach leider auch nicht angemessene persönliche Behandlung. AUerdIngS muß an erkannt werde», dast eS auch manche Länder und Gemeinden gibt, die in vorbildlicher Weise für die Kleinrentner sorgen, sowohl durch die Höhe der Unterstützungen wie durch soziale WohlsahrtSeinrichtungen. Das alles kann aber den Mangel eine« gesetzlichen BersvrgungSansprucheS, wie er allein der be- sonderen Lage der Rentner würdig ist. nicht ersetzen. Der Deutsche Rentnerbund Hatte daher auch von vornherein die