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Dresdner Nachrichten : 23.11.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190311232
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19031123
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19031123
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-11
- Tag 1903-11-23
-
Monat
1903-11
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 23.11.1903
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Rednern die Notwendigkeit einer solchen staatlichen Verbindung betont. Bisher habe es immer nur geheißen: „Artig' Kind warten und kriegt nichts " — den Schreiern aber habe man schnell genug den Mund gestopft. Es gelte vor allem, mit Ruh« und Sachlich keit oorzugeyen, dabei aber darauf hinzustreben, eine Macht zu bilden, an der die Regierung nicht mehr vorüber könne. — An Meldungen zu der Herrn Redakteur dem stellvertretenden . Münchener Straße 30, 3. Etage, beloirkt werden — Am Sonnabend abend dielt der Dresdner Verein derKindcrsreunde <Kindertchutz> Im .Bürgerknsino" eine trotz der ganz abscheulichen Witterung ziemlich gut besuchte V« sammlung ob. in welcher Herr Konrad Agahd aus Berlin da- Thema behandelte: »Soll vaS Kinderschutzgefetz Druckerschwärze auf Papier bleiben k" An der Hand des am l Januar 1S04 m Kraft tretenden Gesetzes, die Kinderarbeit betreffend, erläutert Redner dessen einzelne Paragraphen. Zu bedauern bleibe eS zunächst, daß da- Gesetz nur dir gewerbliche Kinderarbeit regelt: e« sei auch notwendig, daß auch gewisse landwirt schaftliche Arbeiten nicht den Kindern ausgebürdet werden. Hervorragende Juristen haben das vorliegende Geietz einS der schwierig«?» genannt ES müsse die vielseitigsten Interessen wahr nehmen und greife selbst in die Elternrechte er«, schütze aber auch die noch nicht schulpflichtigen Kinder, die namentlich in der Perlen Industrie arg angestrengt werden Wichtig und mit Freuden zu begrüßen seien die Bestimmungen, daß Kinder nicht nur nicht in Betrieben, wildem auch nicht im Freien beschäftigt werde» dürfe» und daß das Schutzalter auf das 12 Lebensjahr heraufgesetzt ist. Bon einschneidender Bedeutung ist die Vorschrift, daß Kinder, eigene oder fremde, zwischen 8 ubr abend- und 8 Uhr morgen-, sowie vor dem Vormittagsunterricht überhaupt nicht beschäftigt werden dürfen D ie kleinen Semmel-, Zeitung-)- und Milchtiäger werden also nach den Bestimmungen des neuen Gesetzes vrrschwmden. die billige Kinderarbeit fällt weg. und hoffentlich weiden dafür eine Anzahl Erwachsener lohnenden Verdienst finden. Die Bestimmung, daß Kinder vor dem Unterricht nicht beschäftigt werden dürfen, ist durch das mannhafte Eintcelr» der deul'chen Lehrerschaft in das Gesetz ausgenommen worden. Kinder bei theatralischen oder ichau- 'vieleiischen Darbietungen zu beschäftigen, ist im Prinzip verboten. Sie können zwar mit Genehmigung der Schulbehörde an Dar bietungen von höherem Kunslinteressr Mitwirken, müssen aber un bedingt das 14. Ledeusiohr erreicht haben. Aus die Kinderarbeit nl Gast- und Schankwirllchasten hinweisend, sprach Redner den Wi»,ich aus. eS möchte in das Gesetz noch die Bestimmung aus genommen weiden, daß Mädchen unter 14 Jahren durchaus nicht zum Bedienen der Gäste benützt weiden dürfen. Ferner hätte gesetzlich die SonntagSarbeit der Kinder verboten werden müssen. Schließlich berührt Redner den Mißbrauch der Kinder bei der HauScnduftrie. worunter sicher LOOrckX) Kinder zu leide» haben, um io mehr, als das Geietz bei solchen Kindern das Schubalker auf 10 Jahre berabsetzt Immerhin sei das Geietz ein guter Anfang, und es stehe zu hoffen, daß in einigen Jahren die Kinderarbeit überhaupt verschwinden werde. Die Durchführung des rsesetzes iverde anfangs aus große Schwierigkeiten stoßen, da es ja auch den Egoismus der Ellern treffe. — I» der Deutschen K o l o n i a l - G e s e l > s ch a st. Ab teilung Dresden, findet Freilag den 27. November im große» Saale des VereinShauses ein L i ch t b i l d e r«V o r t r a g des Herrn De. pkil. Pfund statt: „Meine Reite von Cevlon über Australien nach dem Bismarck-Archipel." Karten für Mitglieder und deren Angehörige sind »och unentgeltlich zu haben bei Herrn König!. Hosliererant Heinr. Heß. Seestruße. - Ter Allgemeine M i e t b e w o h u e r v e r e i n bittet uns um Ausnahme des folgenden: ..Aus Plakaten, durch welche eine Bereinigung von 4ö Vereinen zu einer öffentlichen Versamm lung einlader, ist als zugehöriger Verein der Mieterverei» an gegeben. Um einer Irreführung der öffentlichen Meinung vorzu- deugen, sei bemerkt, baß der Allgemeine Mtclbewohnerverein, der einzige Mieterverein von Bedeutung in Dresden, dieser Ver einigung weder angehört. noch ihr lerne Unterschrift gegeben Kat." — Tie vom P e st a l o; z i - B a s a r übrig gebliebenen An- sichtsvostkarten werden im Interesse des PeftalozziftineS bei Herrn Ernst Petrrtz, Mosczinskystr. 5, von heule an verkauft. — Im L i l l er a r i s ch e n V e r e i n wird morgen Dienstag nachmittags von 5'/« Uhr au Herr Professor Dr. Hohlseld in den „Drei Raben" einen Vortrag über Hamack. „Das Wesen des Ehrislenlums" halten. — Die E p i l e p t i s ch c u - A n si a l t Kleinwachau bei Radeberg Kat in letzter Zeit eine bedeutende Erweiterung er fahren durch den Bau eines neuen Knabenhauses, welches am 22. Oktober d. I. feierlich einaeweiht wurde. Dadurch ist es nicht nur möglich geworden. 25 Pfleglinge mehr als früher aufzu nehmen, sondern auch die gichtig schwachen Knaben von den geistig srilchen zu trennen und die Schwachen besonders zu pflegen, wozu hauptsächlich das neue Haus bestimmt ist. Ferner können nun mehr auch epileptische Knaben bemittelter Stände als Privat- kranke ausgenommen werden. Der jetzige Krankenbestand ist 01 Knaben und 10 Mädchen, zusammen 76 Insassen, zu deren Pflege 12 Diakonissen und 3 Pfleger vorhanden sind. Ausdruck- lich >ei daraus ausmerk'am gemacht, daß bis auf weiteres wieder Raum zur Ausnahme epileptischer Knaben in Kleinwachau vor- banden ist. Anfragen und Anmeldungen sind zu richten an den Hausvorsteher Grasen Brühl auf Seisersdors bei Radeberg oder an die Geschäftsstelle des Landesvereins für innere Mission i Pastor Weidauerj, Dresden. Zmzendorfstraße 17. 1. Eben- dahin wolle man auch sreundlicbst etwa zugedachie Weih- nachläopser für die Anstallen des Landesvereins im Röder- ial lEpileptiichen-Anstalt Kleuiwachau und Frauenheim Tobias mühle bei Radebergs senden. — Der Rentier Schäfer in N e u st a d t bei Stolpen wurde am 20. ds. in seinem am Hirtenberge gelegenen Teiche tot aus- gesunden. Ter Beninglückte. welcher offenbar dir Teichdämme hat »achsehen wollen, ist vermutlich ausgeglitten und ins Wasser gefallen, aus dem er sich, da er schon 72 Jahre alt war. nicht wieder hemiiLarbeiten konnte. — Ein schwercs Brandunglück ereignete sich am Freitag abend in dem Restaurant „Zum Ritterhos" in Frei derg. In einem Zimmer des Grundstücks löste sich ein Haien, an dem ewe schwere Zuglampe befestigt war. In dem Zimmer hielten sich zwei Kinder aus. die 10 Jahre alte Pflegetochter und der 4 Jahre alte Knabe des Besitzers. Als die Lampe von der Decke hcrabstel, ergoß sich das brennende Petroleum aus das Mädchen. Im Nu stand dasselbe in Flammen. Es erlitt am ganzen Körper fürchter liche Brandwunden. Man brachte das Kind, das sich bei vollem Bewußtsein befand, nach dem Stadtkrankenhause. wo es am Sonn abend früh den Verletzungen erlegen ist. Auch der Knabe erlitt Brandwunden am Le:b und an den Beinen, sowie an Kopf und Händen: doch sind die Verletzungen nicht lebensgefährlich. Auf Sie Hilferufe der Kinder eilte die Mutter herbei: sie erlitt be> ihrem Retlungswerke ebenfalls Brandwunden. — Der als guter Reiter bekannte Leutnant und Adjutant Kirchner des 18l. Imanterie-Regimcnts in Chemnitz hatte, wie die dortige „Allgem. Ztg." meldet, am Freitag früh das Mißgeschick, beim Aufsitzen ui der Reitbahn von dem im Moment des Aust'itzens abgehenden Pferde adgeworfen zu werden. Das Unglück wollte es, daß er mit dem Fuge im Bügel hängen blieb, geschleift und so schwer mit dem Kopte gegen die Bande ge schleudert wurde, daß außer einem Schädelbruch auch ein Bluterguß ins Gehirn cintrat. Der Zuftand des im Garnison lazarett liegenden, allgemein sehr beliebten Offizier- gibt zu den ernstesten Besorgnissen Veranlassung. Das Bewußtsein ist noch nicht zurückgekehrt. — Unerhörte Grausamkeiten brachten den am 10. Januar 1877 geborenen, bisher noch unbestraften Gutsbesitzer Karl Arno Polster aus Dittmannsdorf vor Gericht. Er hatte seine Ehefrau, eine kaum 20jährige, hübsche Frau, in geradezu bestialischer Weise mißhandelt. Der in glänzenden Vermögens- verhältrussen befindliche Angeklagte ist angeblich mit der Mltgift seiner Frau nicht zufrieden geweien und hat seinem Groll dadurch Ausdruck verliehen, daß er die Frau monatelang mit Stöcken vrügelte und sie an den Haaren raufte. Eines Nachts holte er sie aus dem Bett, ließ sie sich entkleiden und schlug sie mit der Reitgerte so unbarmherzig, daß die Aermste weder sitzen noch siegen konnte. Als die Frau ihren Estern schrieb und diese kamen, um sie ihrem Quälgeist wegzunehmen, schlug der Wüterich den alten Schwiegervater mit einer Zuberstange derartig über den Kops, daß er blutete. Da- Schöffengericht Rochsitz ver urteilte den Angeklagten, der seine Ehefrau auch wiederholt mit Todschlag bedroht hat. zu 6 Monaten 3 Wochen Gefängnis. Das Urteil wurde vom Landgericht Chemnitz vollinhaltlich bestätigt. — Auf der «Suche nach dem teit mrvrere» Tagen vermißten Lebrer Kindt in Annaderg fand man am Sonnabend in der Näh« de« neue» Wasserwerk- link- von der Pöblbergstraße im Dickicht nicht den Gesuchten, sondern einen Unbekannten an einem Baume hängend vor. Dir Identität de- Seldftmörder- konnte noch nicht genau seitgestellt «erden, vermutlich ist e» ober der ca. SO Jahre alte Bosamentenverleger W. au» Frohnau. — Buchdoli. 33. November. Da» den Gebrüdern Roscher gehörige uinsängltche Eckgebäude an der Karl-bader. und Markt- maße ist deute bi« aus die Umfassungsmauern nieder- gebrannt. Da- Gebäude, t, dem sich daS Fleischwarengeschäft von Anton Rokcher, die Bäckerei von Albert Roscher, da» Schnittwarengeschäst von Karl Köhler und die Klempnerei von Guitav Melzer befanden, war von 1« Parteien mit 7ü Kövlen bewohnt. Einige mit Glücksgütem sehr wenig gesegnete Familien baden fast ihre ganze Habe verloren, mr die ihnen, da sie nicht versichert habe», keinerlei Ersatz wird, wenn nicht die öffentliche Mildtätiakclt bellend elngreift. Die Ent- strhuna-uriachr dr» gewaltigen Brande» ist noch unbekannt. Durch Vernichtung der Leitungsdrahte ist durch da- Feuer zur Zeit der Stadtternspttchverkebr, sowie der Telrpdonverkrhr nach au-wärt» gestört. — Tödlich verunglückt ist am Freitag beim Begehen der Eisenbahnstrecke zwischen Gutensürst und Reuth in der Näh« von Ärobau der in Mißlareuth wohnende Bahnwärter Rudert. Er hatte beim Borüberfahren eines Güterzuges und eines ^aus entgegengesetzter Richtung kommenden Bauzuges auf dem Schlvellenkopte außerhalb des Gleises gestanden und wurde dabei von e:nem über d:e «schienengleise herausragenden Teile der Gülerzugsmaschine derart gegen die Stirn gestoßen, daß diese durchschlagen wurde und daS Gehirn herausquoll. — Der Leichnam de- unter rätselhaften Umständen tot ankge- sundenen Gutsbesitzer- Piager in Obersch ei de ist vorgestern von der Staatsanwaltschaft zur Beerdigung freigegcden worden. — Der Textilardeiter-Au-stand in Erim- miticha » währt nun 14 Wochen. Doch ist zu konstatieren, daß ich die Zahl der Arbeiter, welche die Beschäftigung wieder aus genommen haben, nach und nach vermehrt bat. Von zuständiger Leite wurde festgestellt, daß in den in Crimmitschau und in den Vororten in Frage kommenden Fabriken jetzt etwa 1100 Arbeiter einschließlich der Meister und Vorarbeiter tätig sind. Um dr» leidenschaftlichen Auseinandersetzungen über die Textilarbelter- Hewrguna im dortigen Siadtverordneten-Kolleginm auszuweichen, beschloß dieses tn seiner letzte» Sitzung, für die Dauer der Be wegung sich nicht mehr mit Strelkfragrn zu beschäftigen. Die sozialistischen Verirrter erklärten dem entgegen, ihre etwaigen Be- chwerden in anderer Webe vorzudringen. — Im Trockenschuppen der Ziegelei des Gemeindevorstandes Bischofs in Reichenau wurde am Freitag vormittag der 50 Jahre alle Tagearbeiter Ehrentraut erhängt aufgefunden, der bereits seil Montag vermißt wurde — Erschossen dal sich in Stein^leis bei Zwickau der 1874 in Schvnheide geborene Eisengießer «scliönherr. — Tagesordnung der Ersten Kammer hir die zweite öffentliche Sitzung am 24. November mittag« t2 Ubr: Kegistrande unv Belchlüff« aus die Eingänge: — Wahl von drei Mitgliedern und drei Stellvertretern in den üanolagsausschuß zu Verwaltung der Staatsschulden. Weitere» Oertltche» siebe Lette 4. Ovemkauie gelangt deute muspielhaute .Der Ober. Dir Ausführungen beginnen TageSgeschichte. Deutsches Reich. Zum Befinden des KaiserS geht dem „Reichst»." folgende Zuschrift zu: Die Möglichkeit, daß der Kaiser nach Weihnachten eine Erholungsreise nach dem Süden antritt. wird jetzt offiziös zugegeben, doch nur die Möglichkeit. Ter Heilungsprozeß der durch die Operation verursachten Wunde ver lauft vollkommen glatt, so, daß keinerlei Befürchtungen bestehen: wer aber weiß, wie ungesund das Wohnen in dem Potsdamer Schlosse, wie wenig angenehm der Aufenthalt im Berliner Stadt schlosse ist, der wird es begreiflich finden, daß der Kaiser zu einer Erholung verreisen will. Wenn man weiter die Rauh heit der nordischen Winter in Betracht zieht, dann wird man auch nicht überrascht sein, daß diese Reise nach dem Süden gehen soll. Wie aber schon bemerkt, sind keinerlei Befürchtungen zu hegen: der Kaiser selber fühlt sich w wenig als kranker Mann, dag er noch vor Weihnachten wieder so in der Oefscntlichkeit hervortreten wirc. w>c man das von ihm gewöhnt ist. So will er am 21. Dezember eine Reise nach Hannover unternehmen. Auch würde, wenn der Hcilungsprozeß nicht in Deutschland zu Ende gehen könnte, der Kaiser jetzt schon nach dem Süden ver reisen und nicht nach Weihnachten. Ter Heilungsprozeß kann eben hier im Laude zu Ende gerührt werden: der Kaiser reist lediglich zu seiner Erholung. — Nach der „Voss. Ztg." wird der Kaiser wahrscheinlich überhaupt nicht an einem bestimmten Orte des Südens semen Aufenthalt nehmen, sondern an Bord der „Hohenzollern" einige Zeit im Mittelmeere kreuzen. Das Endresultat der Abaeordnetenwahlen in Preu ßen bestätigt, daß auch in der neuen Legislaturperiode kein Sozialdemokrat im preußischen Landtage sitzen wird. Nach ihrem anspruchsvoll lärmenden Auftreten, bemerken die „B. N. N.". fft die schließlich« Niederlage der „Genossen" um so empfindlicher, als gegen Erwarten selbst in Berlin III, dem die weitesten Ar- bettercuertel umfassenden Riesenwahlkreis des Nordens der Haupt stadt, die freisinnigen Kandidaten mit wenigen Stimmen Mehr heit im ersten Wahlgangc durchdrangen. Die Sozialdemokratie ist also auch in keinem einzigen Wahlkreise zur Stichwahl ge kommen. Zugleich zeigt sich dabei als markantes Moment das Ausbleiben jeder Handelsjchafl zwischen Freisinn und Sozial demokratie und infolgedessen die indirekte Förderung der viel- verschrienen Reakiion durch die Sozialdemokratie. Letztere hätte durch ihr Eintreten für die freisinnigen Kandidaten eine Reche von Mandaten statt den Konservativen den Freisinnigen zuwenden können. Ta ihr der Freisinn aber nicht freiwillig einige Sitze ablrai. stimmten die sozialistischen Wahlmänncr in Breslau, Tel- iow-Eharlottenburg usw. nicht für die freisinnigen Kandidaten und entschieden damit zu gunsten der Wahl der „Reaktionäre". Die Ironie des Schicksals will, daß in Breslau, welches die Freisinnigen verlieren, auch Herr Gothein durchsiek. trotzdem er wie sein Freund Barth einem Bündnis mit der Sozialdemokratie das Wort geredet hatte. Gerechte Strafe hat diese sonderbaren Nachläufer der Sozialdemokratie getroffen. In Oldenburg hält man infolge der Enthüllungen im Prozeß Ries die Stellung des Ministers Ruhstrat für erschüttert und erwartet seinen Rücktritt. In Friedrichs ruh ist eine alldeutsche Depu tation ans Oesterreich unter Führung der Abg. Schönerer. Klie- mann und Stein eingetrossen. um am Sarge Bismarcks Kränze »ievcrzulcgcn. Abg. Schönerer hielt am Sarge eine Ansprache, in welcher er der steten Dankbarkeit des deutschen Volkes Ausdruck versteh und Bismarck Treue gelobte. Oesterreich. In vcirlamentarischcn Kreisen, die mit der Regie rung Fühlung habe», wird erzählt. Ministerpräsident Dr. v. Koerber habe i» seiner Audienz beim Kaiser einen äußerst huldvollen Empfang gesunden. Der Monarch habe die von Dr. v. Koerber eingenommene Haltung ii» Parlamente gebilligt. Man betracht« nunmehr die Kontroverse der beiden Ministerpräsidenten als ab geschlossen: irgend welche weiteren Konsequenzen sind nicht zu erwarten. Ungarn. Ministerpräsident Ti-za erklärte im Abgeordneten haus ans die Aeußerungcn des Oppositionelle» Rnkovsk». die Auf-! losimg des Abgeordnetenhauses im e» ior-Zm'land sei vollkomme» gesetzlich. Cs entspreche dem Geiste der Verfassung, daß in kritischen Veihältnissen als ultiwa ratio dir Entscheidung der Wählerschaft angerufcn iverde. Italien. Während der Verhandlung de- Prozrsses Ferri- Bettolo in Rom kam es lnsvlge beleidigender Worte zu einem minutenlangen Austausch der gemeinste» ehrenrührigsten «rocbimpf- worle zwilcben den Advokaten beider Parteien. Der Vorsitzende «unft «ud -Wissenschaft. ck Kö »igl. Hoktheater. Im „Mignon" zur Ausführung: im Scha: lehrer" und „Die Diplomatin". Dir Ausführungen beginnen '/»8 Ubr KSnigl. Hof«per. Mme. Akt- von der Pariser Großen Oper trat in ihrem voraesttiaen letzte» Gastspiele als Irjäerm der Titelrolle m Gounods „Margarethe" auf, die sie im Original lsraiizosischj sang. Noch mehr, wie al» Elsa, fesselte sie in dieser, in icver Hinsicht großartig zwingenden Leistung. Auch hier stellte sie «ine durchaus andere Figur, einen anderen llharak- ter auf die Bühne, als wir ihn in Deutschland zu sehen gewohnt sind. lind da» mit Voller Berechtigung, denn sie hat un» in der von den Franzosen geschaffenen Form und Fassung nicht das Goethesche Greichen zu geben, jene Mädchenblittr, die für uns das lyrische Herz de-deutschen Volkes ist, sondern die französische Llarguoritv. die in ausgeiprochene französisch« Musik gegossen, aanz andere Linien in Wort und Ton srstzuhalten hat. Wie Mme Akt- die» tut, ist in jeder Hinsicht bewundernswert, künstlerisch vollendet bi» in die kleinsten Einzelheiten. Bon ihrem ersten Aus- treten an bi» zum Tode zeichnet sie e.nen voll eiicheitlichei, Ehorak- ter. der von der Unschuld, der jubelnden Freude, dem höchsten Gluck jäh hinabgerissen wird zur Verzweiflung, zum tiefsten Elend In diesem Durchlaufen der Gefühls!kala gibt sie uns einige geradezu faScinierende psychologische Momente, so namentlich m dem für den Zuschauer deutl-ch zum Au-druck kommenden, zunächst nur schattenhaft angedeuteten Ausbruch des stillen Wahnsinns beim Tode Valentin», in der ohne Dathos und Pose gespielten Kirchenszene, wo sie. allein in ihrer Seelensolter, aus jede Anteil- nähme au» ihrer Umgebung verzichtet, und tm letzten Aufzuge, wo sie au» der entsetzlichen Todesangst, aus der Furcht vor dem Henker, au» dem Gefühl der Schande sich emporhebt bis zur Be» klärung, in der sie vor das Gericht Gottes tritt. Diese sozusagen Strich für Strich durchgeführte Eharakterzeichnung gab sie in höchster künstlerischer Ausführung und in völligem Einklänge mit der musikalischen Illustration. Dabei stand Mme. Akts auch stimmlich auf ganzer Höhe der Ausgabe. Las Organ gab sich ausnahmslos blühend, modulationsfähig und, von einer vollendeten Bortragsknnst getragen. wie für d,e Partie geschaffen Tie Ballade, den vschmuckwalzer haben wir hier in ähnlicher Voll kommenheit noch nicht gehört, auch die Kerkerszene nicht, in der Mme. Akts in steter Steigerung bis zur letzten Note fesselte und bis zur Erschütterung wirkte, ohne auch nur einen Moment ins Theatralische zu fallen. Die Aufnahme vor vollständig aus- verkauftem Hause war wieder glänzend: mehr aber, als all' der rauschende Beifall sprach für die prächtige Leistung die atemlose Stille, in der man dieser Margarethe des öfteren lauschte, in der die Hörer gleichsam den Atem anhiclten. Das sicherste Zeichen deS höchsten Jntcreises. — Aber auch in allem übrigen echot» sich die Vorstellung hoch über die des „Lohengrin". Sie veckief unter Herrn Hoskapellineister Hägens Leitung vortrefflich, und be- sonders neben dem Gaste zeichneten sich aus Herr Burrian in der künstlerisch schönen Wiedergabe des Faust, Herr Perron als Valentin. Herr Rains als Mephistopheles und Frl. v. Chavanne als Siebet. Auf das Lebhafteste bedauert wurde, daß Mme. Akt- so schnell von uns scheidet. Hoffentlich hören und sehen wir sie bald wieder. Die begeisterte Ausnahme, die Fülle von Blumen und Lorbeeren, der überquellende Beifall, olles, was man hier ihrer grasten KAnstlerschaft entgegengebracht, wird ihr übrigens das Wiederkommen nicht schwer machen. Ü. 8t. ck Konzert. Frau Else Skenr-Gipser. eine junge, in der Lelchetitzku-Schiile «Wien) gebildete Pianistin, gab am Freitag im großen Gewerbehaiisiaale ein eigenes Konzert mit Orchester Mul und Vertrauen r» die«cm ffnanriellen und künstlersichen Wagnis mag Frau Skene-Gipicr aus dem hübschen und verdienten Erfolge ge wonnen hadcn. den sie gelegentlich einer Mitwirkung in einem der Lewlngcr-Kammcrmusikabcnde gesunden Hierbei hat sie sich von der rlchilge» Abwägung der Verhältnisse aber wohl nicht leiten lasten und nicht genau den Abstand zwischen dem einen und dem anderen Auftreten unterschieden. Denn es kann jemand als „Nummer" in einem Programm, von anderen bedeutenden Künst lern mitgetragcn. wie cs mit Frau Skene-Glpier s. Z. tatsächlich der Fall war. eine gifte und achtbare Leistung bieten, während er in einem eigenen großen Konzerte, wo er alle künstlerischen Kosten allein übernimmt und völlig isoliert von anderer Beihilfe daslehl. mekr oder weniger versagen muß. In diese kritische Lage hat sich Frau Skene-Glpier mir ihrem gestrigen Konzert gebracht. Schon die Zusammenstellung des Programm«: Schumanns L-moII-Kon- zert. Beethovens Ls-onr-Konzrrr nud Stücke von Chopin mußte als eine Uebericdätzung der Kräfte angesehen werden. mehr aber noch die Aussührung. Um Beethoven in dem geicdlossene» herrlichen Gemälde seines kls-riur-Konzetts ipielcn zu können. Dolmetsch seiner über die Verzweiflung hinauSgehenden Tragik, seiner dionii- stschcn Freude, leine- fanftilchen Schmerzes, seiner naiven Fröhlich keit zu iein, seine gigantischen Formen beherrschen zu können, dazu gekört denn doch wohl etwas mehr, als Frau Skene-Givier gegen wärtig zu bieren im slanbe ist Aehnlich stebt es um Schumann, dessen Werke, namentlich die großen, einen Givftlvunkt der Klavier- kfteralnr bedeuten, die in ihrer eigenartigen Romantik die ieinste musikalische Empfindung, griäuterlrn Geist, döchsie Poesie und reifste Kiinslierschast vorauSietzen. Ebemo wenig läßt sich Ckopi» wiedergeben, wenn nicht Geilt von seinem Geiste miliprichl. wenn er nicht in Fleuch und Blut übergrgangen ist. Man kann zwriirl- los eine gute, gediegene Pianistin sein, vieles sehr gefällig und anerkennenswert spielen, ge'chmackvoll künstlerisch sich geben, ohne an solche höchste Ausgaben hciantrelen zu müssen, um schließlich nur damit zu experimentieren. Keiner der gestrigen Hör« wird Frau Skene-Glpier da- Zeugnis einer talenlbegabttn. fleißigen und ernsten Pianistin versagen, freudig wird man ihrer Jugend das beste Prognosrikon stellen, ihrer Zukunft vertrauensvoll ent- aegensehen, aber mau wird ihr auch nicht verhehlen dürfen, daß sie sich mit dem gestrigen, im größten Stile veianlagten Konzert eine Ausgabe gestellt, die über ihre Kraft ging. In Kleinem groß sein ist ehrenvoller, als mittelmäßig in Großem sich zu behausten. In diesem Sinne Frau Skene-Gipser sich vervollkommnen zu sehen und ihr aut anderem musikalischen Gebierr, als wie gestern aus dem höchsten, wieder zu begegnen, wird den meisten der Horn und uns eine aufrichtige Freude sein. — Eine Anerkennung kür sich verdiente sich die Gewerbehau»-Kapelle unter Leitung von Heim Kapellmeister Osten, die die deiden großen Konzerte vortrefflich begleitete. L 8t. ck Die Akademische Gesellschaft der Schönen K ü » st e an der Technischen Hochschule veranstaltet Donnerstag den 26. November abends 8 Uhr im Hotel Bristol ihren 22.Vor trag s a b e n d, der den Werken des Tondichters A. Bungert gewidmet sein soll. Unter der Leitung des Komponisten werden ausgewäblte Stellen aus seinem noch nicht veröffentlichten Melo drama „Faust", sowie eine Reihe seiner Lieder zum Vortrag ge lange». Mitwirkende sind: Fräulein Eva von der Osten, Fräulein Ball» von der Osten, Fräulein Bruck, Konzertsäiigeri». Hm Blanlenstein, Hosicbauivieler. ck Der augenblicklich in Berlin tagende Bühnen verein hat vorgestern nun auch dm viel erörterten Antrag zur Liefe rung der Kostüme für tveibliche Bühnenmitglieder in den Kreis seiner Betrachtungen gezogen. Nach längerer Debatte, an der sich verschiedene Redner für und wider die Annahme der Vorlage betciluften, wurde der vielumstrittene Antrag zur bejon- deren Freude der aus der Tribüne anwesenden Mitglieder des Zentralausschusses der Bühnengenossenschast angenommen i Danach tritt der Beschluß im Herbst 1S07 in Kraft, doch,besieht I sich diese neue Vergünstigung nicht auf alle Mitglieder, sondern > nur aus jene, die eine monatliche Gage von 80 bi» 300 Mark beziehen. E» ist ausdrücklich bemerkt, daß die Lieferung der Kostüme sich nach Maßgabe der Gagen und des Gagenetats der i betreffenden Bühnen zu richten hat. Zum Schluß nahm Inten dant von Possart das Wort und verwahrte sich gegen den In halt eines Flugblattes, da» der Direktor des Staottheater» in Gloaau, Herr Hansing, versaßt hatte. Darin waren Aeuherunaen, die Herr von Possart auf der letzten Generalversammlung des BühnenvercinS gemacht haben soll, falsch kommentiert. Herr von des Gerichtshofes und der Staatsanwalt waren dagegen machtlos , , ^ . und vetließen den Saal. Tie Gegner bombardierten sich daraus Poffart ncchm hierbei Gelegenheit, dir Bühnengenossenschast seiner nuter wüstem Ge'chrei mit Stühlen und Tintenfässern. Nack dem wärmsten Sympathien zu versichern. Nachdem als Ort der nächst Wicdererfcheinen des Gerichtshofs hielt der Vorsitzende rin« Straf- "" rede. Ter Staatsanwalt verzichtete auf ,rde» Vorgehe», weil der Lärm sich in Abwesenheit des Gerichtshofs abgespielt Hüfte. Die Folge war. daß die Schimpfereien sich erneuten und dir Verhand lung vertagt weiden mußte. Belgien. Der Herzog von Orleans, der in Brüssel . . . .. .... heimlich uni« dem Namen „Gras Villiers" weilt« und zahlreiche Widerspruch fand. Man bewunderte die Kunst, mit der der Autor Anhänger an» Frankreich empfing, «dielt seiten» der Regierung die di« modernste oller Fragen, die der Frauenemanzipation, tn An Aufforderung, Belgien sofort zu »«lassen. Er reiste alsbald nach historische» Gewand kleidet, aber die Wirkung wurde durch die England ab. (Magdeb. Ztg.) novellistische Breite der Ausführung etwa» getrübt. rigen Generalversammlung Bremen festgesetzt war, schloß neral-Jntendant von Hülsen die Versammlung mit einem Hoch auf den Kaiser. ck Ludwig FuldaS „Novella d'Andrea" hatte bei der Erstauftübrung im Wien« Burgtheat« eine» ziemlich lebdaften. etwa- äußerliche» Erkolg. der nur nach dem letzten Akt schwachen
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