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Dresdner Nachrichten : 30.11.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190311300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19031130
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19031130
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-11
- Tag 1903-11-30
-
Monat
1903-11
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 30.11.1903
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L ZSSVU-t-S UZVVUck L den Gemeinden erteilten Auszeichnungen den Inhabern wohl be lassen, aber von dein Verbände als nicht verbindlich angesehen werden. Auch über die von« Landesverband« angestrebte gleich artige Uniformierung sämtlicher Wehren fand ein« lebhafte Äussvnache statt, nachdem der Vorsitzende die Bestimmungen über die Charge» »Auszeichnungen der Feuerwehren mit allen not wendigen Erläuterungen zum Vortrag gebracht hatte. Im Hinweis aui die in letzter Zeit in gröberen Städten vorge- kommenen Groh'euer empfiehlt Branddirektor Oeser die An schaffung des sogenannte» „scherenturmes" und hielt sodann e,nen Vortrag über die Notwendigkeit der Versicherung der zuin Trans port der Löschfahrzeuge in Anspruch genommenen Zugtiere. Redner empfiehlt namentlich die „Rheinische Viebversickerung in Köln". Eine erregte Debatte entspann sich speziell über die Frage, wer in ländliche» Ortschaften zuerst zur Bespannung der Feuerlösch, gerate herangezogen werben soll. Mit Befriedigung nahm die Versammlung Kenntnis davon, daß bei allen Wehren ein aus- reichender «amanlerdienst eingerichtet ist. Besondere Freude erweckte eS, als unerivartet Vertreter de» Landesausschusses, die Herren Branddirektor Jager-Pirna und dir Brandmeister Göh- lert-Glashütte und Kaden-Frauenstein. erschienen. Zu Protokoll wurde noch einiger verstorbener Kameraden gedacht und bekundet, dab die im Jahre l903 abaehaltenen Inspektionen der einzelnen Wehren ein erfreuliches Resultat ergeben haben. Als Ort der nächsten Versammlung der Feuerwehr^>auplle»te wurde Klotzsche gewählt. Nach Erledigung des offizielle» Teiles der Versammlung verbl eben die Wehrleute noch längere Zeit im kameradschaftlichen Kreise beisammen. — Tie seit Iakreu eingebürgerte große Feier zur Begehung des 18. Januar als Tages der Gründung des neuen Deutschen Reiches, welche seinerzeit vom 'Alldeutschen Verbände angeregt wurde, wird auch im kommenden Januar wieder abgehalten wer den. Mit den, Alldeutschen Verbände haben sich diesmal bisher folgende Vereine zusammengeschlossen i Konservativer Verein. Nationalliberaler Reichsverein. Reiormverei». Deutscher Schacher ern. Deutschnatioualer .Handlungsgedilfenveiband, Tentichbund. Dresdner Turnerschaft. Nationaler Reichswahlverein. Ostrnarken- verein. Verein für vaterländnche Jesnpiele und Verein deutscher Studenten Der Anschluß einiger weiterer Vereine slebt bevor. Tie Feier soll glanzvoll gestaltet werden — Der Leiter der Nähmaschinen- und Fahrrad-Fabrik von Seidel u. 'Naumann, Aktiengesellschaft. Herr Direktor Johannes Förster, vermag morgen, am 1. Dezember, aus eine fünfund- waniigjänrige Tätigkeit in dieser Stellung zurückzublicke». Die Firma besteht ieu über 30 Jahren, zählt nicht nur zu den be- oeulendsten industriellen Eicibloseineiils Dresdens, sondern auch des Kontinents und erfreut sich infolge der Vorzüglichkeit ihrer .Fabrikate eines Weltrufs. Nach dein in diesem Fühjahre er- splgten Tode des Gründers und Che's, Herrn Geh. Kommerzien rats Naumann, der daS llnternehmen un Jahre 1886 in eine Aktiengesellichast umwandelie, wurde der Genannte als General direktor mit der selbständigen Leitung betraut. Ohne Zweifel durfte es dem wegen seiner Geschäflstüchtigkeit und seines uebens- würdigeu Entgegenkommens bei der Kundschaft sehr beliebten und ob seines strengen Gerechtigkeitssinnes von dem etwa 2000 Mann zählenden Arb.-ilerpersonal geradezu verehrten lsFubilar an seinem Ehrentage nicht au Beweisen von Anhänglichkeit und Wertschätzung fehlen. — Tie O e k o » o m! ch e Gesellschaft hält am 1 De zember. nachniiitags 4 Uhr im Weihen Saale der „Drei Raben" ine Versammlung ab Herr Dr. K o ch - Göttingen spricht über .Bodenbakieriologische Forichunge» und ihre praktische Bedeutung". >l» demselben Tage findet von vormittags lO Uhr bis 4 Uhr nach- niltags die B r a u g e rst en a u Sst e l l u n g nn Schweizersaale >er „Drei Raben" statt. — Ter Dresdner M i l i t ä r - S t e n o g r a p k e n - B e r e i» . G a b e iS b e r g e r" feiert am 4. und 5. Dezember sein kö jähriges Bestehen, und zwar findet am 4. Dezember 8 Uhr ibends Kommers, am ,'>. Dezember vormittags Vertreter- und Ausichlihfitzuiig, sowie abends 6 Uhr Feftball nn ..Lindengarte»", ltönigsbrncler Straße, statt. — M iltwoch. den 2. Dezember spricht im Os einei u nützigen Verein .Herr Staatsrat Professor Dr. Koch über die Nibelunaen- sage in der Edda und bei Richard Wagner Eintritt uneiugeltuch. — Fm Victoria-Salon wie im Eentral- T healer kommt heilte zum letzten Male das November- Programm zur Aufführung, da morgen in beiden Vciru-tc-s voll ständiger Prvaraminwechsei eintritt. I»> W lener G arte n ündet beute aus Ansatz des letzten UlchweihIcsltageS Illumination i» säniilichen seitlich geschmückte» Räumen und Abschieds-Konzert des Oberlandler-Drio Schnnckel- Franz ans Tölz statt. — H ainichen. A>. November, ruirch Schadenfeuer wurde in Ettendorf die sogenannte Lobmühle. frühere Tuch- macherivalkmühle. vollständig zerstört. Das Wohngebäude und ein angebanter Schuppen ivnrden gerettet — Der kiesige Stadkrak wählte den Psi,sikdi,ekior Julius Hoppe in Oelsnitz zum Stadt- Musikdirektor. — In Leivz > g und z. Z insgesamt 124 Dchristgießer und 12 Arheiienmien im Ansstand '.Ol„tz scheu. 29. 'Nvv. 'Ani Freilag abend ist eine '4> Schock enrhaiiende >.',i'er'cii!>o des itzulsbelitzers Kurth sen. rn Roda n i e d e r g e b ra n n r. Weiteres Oertlichcs ficke Sette 4. iklintlichc BeklNl«tmachu»qen. Zur Verliüiuiig von SchittShavarien und hieraus entstehenden Beschädigungen von Brucken. Strom- und Uferdanwerken haben vor Eintritt von starkem Treibeisgnnge. Eisautbrucb und Eis- zusammeiischiebungen alle Schisser, deren Fahrzeuge >m Bereiche der Dresdner Etbbrückeu. das ist aut der Stromslrecke von 'Antons" his zur neuen Enenbabn-Elbbrücke, liegen, ihre Fahr zeuge unaufgefordert von dieser Stromstrecke abzufahren und in einem Halen unrerznbringen. Nach den Benimmungen der Friedhofs - Ordnung für die A il n e n s r > e d d v f e vom 22. Juni 1876 samt 'Nachtrag beträgt die Lösedauer der aus dwien Friedhöfe» gelösten Grobstellen 20 Jahre. 'Nach dieser Zeit rallen solche Graduelle», sofern sie nttbeiegt geblieben und nicht aut weitere 25 Jahre gelöst worden und, an das Friedhoisärar zurück. Ebenso sollt eine be tagte Gcabltelle. welche nach 'Ablaut der Löiesrist nicht nochmals gelöst wird, »ach 'Verlaus von 20 Jahre», von der letzten Belegung ab gerechnet, an das Friedhofsärar zurück. Die Wiedeilöiuug von Graduellen, deren Erhaltung »bei die 25 jährige LöieiriU hinaus gewünscht wird, nr bei der Kirchenezvedilion, Annenstratze 40, Pt., zu bewirken. raqeSizeschichte. Deutsches Reich. Der K arscr unternahm vom Neuen Palais aus einen Spaziergang und empiiug den Bolichaiier in St. Peters burg Grasen v. AweuSlcbeu, sowie dormo den .Kommandeur des l. Garde-UlaneiiregimeutS Oberue» und Flügeladjutaineu v. Boehn. Ferner Hörle der Kaiser die Vorträge des Staatssekretärs deS ReichS- marineamts und des Ebefs des MarinekabineltS. In Frankfurter Kreiien. die für unterrichtet gelten müssen, be steht über de» G e s n » d h e i t s z» Ü a nb des Kaisers eine Auffassung, die sich mit den offiziellen Knndgehnngen nicht völlig deckt. Ter Kaiser sei sehr angegriffen. Prinz Friedrich Karl von Hessen und leine Gattin, die Schwester des Kaisers, werde», wie verlautet, demnächst von Frauksurt zum Besuche des Kaisers nach Berlin reiieu. Das Deutsche Reich feiert soeben ein denkwürdiges Jubiläum, denkwürd-ger jedenfalls und iiihaltreicher als so viele, deren Feier wir mit erlebt. Der millionste Rentner, so lesen wir in der „Tagt. Rdlch.", ist dieser Tage geschaffen worden. In der kurzen Lvanne Zeit, die seit dem Erlaß des Alters- und In- vallditätsversicherunasaesctzes verflossen — es sind knapp 23 Jahre —. sind sonach eine Million Arbeiter vor der Not, den iKewhren und dem Elend der Invalidität durch ihren gesetzlich erwachsenen Anspruch aufs beste bewahrt worden. Wie viel Tränen hat dies seaensreiche Gesetz zurückgehalten, wie viel Sorgen gebannt! Gezahlt wurden an Renten un Jahre 1902 ins gesamt 111,2 Millionen Mark, und Zwar 78,9 Millionen Mark an Invalidenrenten, 1,8 Millionen Mark an Krankenrenten, 23,5 Millionen Mark an Altersrenten und 7,0 Millionen Mark an Beitragserstatlunge» für solche, die aus irgend einem gesetzlich zulässigen Grunde ihre Beiträge nicht leisten konnten. Die Durch schnittshöhe der Renten ist andauernd gewachsen. Sie betrug von 18S2 bi» 1901 an bewilligten Invalidenrenten 114,7. 118,0, 121.2 124.1. 128.7. 128,7, 130,8. 131,6, 142.04 und 148,32 Mark, an Wtrrsrenten 127 ,g. 129.4. 125,6, 181,8, 133,4, 135,8. 138,0, 141,6, Renten keineswegs erschöpft In der richtigen Erkenntnis, datz eS di, Rente allein nicht tut. dab man vielmehr die gesamte soziale Lage der Versicherten mit den vom Reiche, den Arbeit- gebern und den Arbeitern aufgebrachten Versicherungssummen um- fassen und verbessern soll, hat man für sanitäre Zwecke, für Krankenhäuser, Erholungsherme usw. nach der Absicht und den Bestimmungen de» Gesetze« sehr erheblich« Summen in immer steigendem Matze verwendet Im ganze» wurden seit der Ein führung der Invalidenversicherung bi» zum Schluß de» Jahre» 1901, also >n 21 Jahren, für Zwecke der Heilbehandlung 26.5 Millionen Mark ausgeweudet. Davon entfielen allein ans da» Jahr 1901 7,1 Millionen Mark, und von dielen wiederum wur den allein 4.5 Millionen Mark auf die Behandlung von Lungen- tuberkulösen verwendet. Vierzehn Anstalten und Kassen hatten eigene Heilanstalten und Krankenhäuser, Aber auch über die Lin- derung von KrankheitSnot hinan» erstrecken die Anstalten ihre soziale Fürsorge. Oesterreich. In Wien hatten di« italienischen Studen- ten eine Demonstration vor dem Parlamente gep'ant und zu diesem Behufe FluLzettel verteilt. Um halb 11 Uhr marschierten denn auch einige Hundert Studenten vor dem Reichsratsaebäude aus, um dort zu demonstrieren. Es waren Italiener, Tschechen, Kroaten und Slowenen. Den Anlatz zu der 'Demonstration dübele die jüngst vom Ministerpräsidenten in Universitälsfragen gehaltene ParlamentSrede. Tie cstudenten brachen vor dem Parlamentsgebäude in stürmische Ruse gegen ocn Minister präsidenten aus, ferner schrieen sie: „Heraus mit unseren Uni versitäten! Wir haben das gleiche Recht!" Die Wache schritt ein und drängte d:e Demonstranten vom Parlamente fort. Die Studenten zogen hieraus zur Universität und besetzten die Rampe. Die tschechischen Studenten begannen nationale Lieder zu singen. Die s e u ts chna t l o nale n Studenten, die vom Bummel bereits abgezogen waren, kehrten zurück, stieben Psui-Ruse aus und erslürinlen die Rampe. Es kam zwilchen den einzelnen Gruppen zu einer Schlägerei. Es wurde mit Stöcken auf einander iosgcschlageir und zahlreiche Studenten erlitte» Ver letzungen. Ein Wachinspektor dirigierte die Wache aus die Rampe, »in sie zu räumen, dagegen protestierte nun die gesamte Studenten schaft mit Ausnahme der Tschechen, welche gegen die Deutschen höhnische Ruse ausstietzen. Die Studenten wideisetzlen sich der Räumung der Rampe durch die Wache, und es kam zwischen der Studentenschaft und der Polizei zu einem heftigen Renkontre, in dessen Verlaufe mehrere Studenten verhaftet wurden. Einige Verhaftete wurverr jedoch von ihren Kommilitonen der Wache wieder entrissen. Die arretierten Studenten wurden unter zahl reicher Eskorte zur Polizei gebracht. Im ganzen wurden während der Demonstrationen auf der Universität fünf, und später auf der Straße vier Studenten verhaftet. Während der Tumulte vassierte Abg. Pernerstorser die Universität. Er versuchte zu intervenieren und forderte die Wachleute auf, die verhafteten Studenten etwas sanfter zu behandeln. Die Zahl der Studenten, die vor dein Parlamente erschien, betrug etwa 400 Frankreich. Der Kamnier-AuSichntz, welcher den Gesetzentwurf über Trennung dcrKirche v o m S t o a t berät, nahm mit grotzer Mehrheit die Kündigung deS Konkordates und die Aus hebung der französischen Botschaft bei dem Vatikan an. Italien. Ter vatikanische Berichterstatter des „Figaro", welcher gewöhnlich gut unterrichtet ist. delianvtek. der Kaller von Oesterreich werde iin nächste» Friitisohre Rom besuche» und zwar zuerst den Onirinal. sodann, noch kurzem Ausenthalt in 'Neapel, den Papst. Die Kurie nehme diele» Modus an, weicher wahrscheinlich auch aus LvubetS Rvmreise Anwendung finden werde. <?> Bulgarien. Tie Erd ers ch ü t teru » g e» dauerten ebenfalls sprt, insbewndere in der Gegend des Klosters Rilo. Im Dorse Kolicharinvwo <Tep. Küstendrls stürzten einige Häuser ein. In Sofia wurden ebenfalls Erdflöhe verspürt. Kunst und Wissenschaft. 7 In der Königs. Hosoper findet heute abend 7 Uhr die erste Wiederholung von Masscncts „Manon" statt. 1' Mitteilung aus dem Bureau der K ö n ig l. Hos- thealer, Tie L per ,. M anon " von Massenet, die am Sonn abend zum ersten Male gegeben wurde, sollte in dieser Woche zweimal, am Montag und Mittwoch, wiederholt werden. Die Königl. Generaldirektion sieht sich aber veranlaßt, die Mitt woch-Vorstellung von „Marion" ausz» geben, da die stimmlichen Anforderungen der Hauptpartien außer gewöhnlich große sind und Frau Wedekind und Herr Burrian sich mit der Vorbereitung ihrer Partien in der Oper „Ben- venuto Eellin i", die zur Hector Berlio z-H undert> jahrfeier am 11. Dezember neueinstudiert in Szene gehe» wird, beschäftigen müssen. Deshalb bleibt der ursprünglich ausgegebene Wo ch e n s P i e l p l a n der Hosoper in Gel tung. — Im S ch a u s P i c l h a u s e kann heute. Montag, Grillparzers Lustspiel „Weh' dem, der lügt" nicht gegeben werden, da Herr Franz noch der Schonung bedarf Es geht dafür „Der Probepseil", Lustspiel m 4 Akten von O. Blumen thal, in Szene. tz Im Reitdenztheater verabschiedet sich heute abend Frau Hanii Niese i» vem Jarnoicken Lustspiele „Aiche Noah". tz Königl. Hosoper. „Manou". Dem gestrigen kurzen Be richte über den Erfolg des Werkes fügen wir ergänzend hinzu, daß die sehr warme, zum Teil glänzende Aufnahme zunächst aus der Gesamtwirkung. aus dem geistvollen Inhalt de» Ganzen hervorgmg. Jedenfalls aber lallen auch die Einzelleistunoen nicht geringen Anteil an den Ehren des Abend». In stimmlicher und gesangstechnischer Hinsicht ist Frau Wedekind für die Manon förmlich prädestiniert, sodatz sie die Partie musikalisch vollkommen deckt Die Höhevunkle, die Szenen de» dritten und vierten Bildes: „Ueberall bin ich bekannt". „Verzeih, o Gott", ihr Anteü an den Duetten mit dem Chevalier sind vortreffliche virtuose Leistungen, an denen nichts auSzusetzen ist. Damit sind die Aus gaben der Manon aber noch nicht erfüllt, denn sie ist, ganz be sonders darstellerisch, dir Person, von der Licht und Schatten ansgehen, die in ihrem Wesen den vollen Zauber einer Individu alität auszuüben hat. Mit diesem Zauber steht und fällt das Werk Hier kann es nicht darauf ankommen, bloh virtuos zu se n, hier heitzt es. ein fremdes Leben mit jeder Fiber des Herzens leben. Das macht die Darstellung der Manon aber um so schwerer, weil sie, eine hohle, leere Schote, nur der Vergnügungs sucht sich hingehend, keinen Anteil an dem Seelenleben einer Kameiiendame hat Die schweren Opfer, die eine Marguerite Gauthier sin der Oper die Traviataj durch die EnEagung bringt, durch die heilige Lüge, mit der sie den Geliebten von sich frei macht, den ganzen Jammer, den sie dadurch aus sich herauf beschwört, sind Manon fremd. Sie ist nicht» als Kokette, um nicht zu sagen Kokotte die um einer Laune willen zum Chevalier zurückkehrt und schließlich nichts anderes verdient, als an der Landstraße zu sterben. Dieser Puppe Seele und Odem einzu hauchen, sie herauszuheben aus dem Sumpfe des bloßen Ver gnügens. aus ihr eine Persönlichkeit zu machen, die als solche überall siegend hervortritt, die sozusagen «ine körperliche Bered samkeit mitbringt, das ist hier die Aufgabe, und dazu gehört etwas mehr, als Frau Wedekind aufzubrmgen in der Lage ist. Die berühmtesten Darstellerinnen der Manon, die wir gesehen und gehört, die Darclee sPariss, Paquet lBrüffcll. Renord sWienj holten nicht aus dem rein musikalischen Teile ihrer Rolle de» »ersonlichen Ersolg und den Erfolg des Werke», sondern aus großen, tiefbewegenden, psochologilchen Vorgängen, die sie aus Manon übertrugen. In ihren Worten und Tönen weint und schluchzt, stürmt und drängt die Kraft wahrer Empfindungen, die mit dem Herzblut erstritten sind, so wahr und echt, so über wältigend daß schließlich das am Wege sterbende und verderbende Weib tief in unsere Seele greift und uns erschüttert durch das rein Menschliche, da» au» ihr ivricht. Da» ist Manon Lescaut, oder das soll sie wenigstens sein! — Versagt die Manon mehr oder weniger in dieser allerdings außerordentlich schwierigen Ausgabe, so ist es auch dem Chevalier nicht leicht gemacht, voll- kommen zu renissieren, denn an ihr Hot er sich seine Begeisterung zil holen, seine Seele zu entzünden. Aber gleichviel, Herr Nurr > on mar auch unter den gegebenen Verhältnissen ein voll- kommener de» Grieur, er war sogar der beste, dem wir begeg- net. Nicht nur. datz er sein herrliche» Material und leine vollendete Bortragskunst ganz in den Dienst der Sache stellt«: in irder Miene und Gebärde, ist «r der, der er sein soll: ein ganzer Künstler. — Neben diesen beiden Figuren, der Manon und dem Chevalier, erscheinen all« anderen als mehr oder weniger bedeutungsvolle Episoden, die in erster Linie von den Herren Perron, Grederz Kietz und Rüdiger, und dann von de» Damen Schenker, Schäfer und v. d. Oste» auf da» wirkunas- vollstr daraestellt werden. — Die Seel« de» Ganzen war wieder Generalmusikdirektor v. Schuch, der die Aufführung wie an« einem Gusse gestaltete. Rühmend hervvrzuhsde» sind ferner di« entzückenden, graziösen Ballett» im Stile Lullv» tznd Rameaus. von Herrn Ballettmeister Berger arrangiert, die stimmungs- oolle Inszene des Herrn MoriS und die elegante und vornehme Ausstattung, aus die auherordentlich viel Sorgfalt verwendet worden ist. Di» Vorstellung ist interessant, fesselnd und verdient die allgemeinste Anteilnahme, an der «» ihr jedenfalls auch nich, fehlen dürfte. S. 8r. tz 3m Künkal. Hofschauspkelgabe» vorgestern Abend r n freudige» Wiedersehen: Herr Fron», der feit Monaten chmerzlich Vermihtr. trat nach langer, schwerer Krankheit als Leander in Grillparzer« Trourrsplel .Des Meeres und der Liebe Wellen" zum erstenmal wieder auf Die Rolle, die dem Künstler schon oft reiche und schöne Erfolge im Neultädler Hause gebracht, war freilich nicht gerade günstig für die brsondeie Gelrgendrit gewählt, da sie kein etaentllche« .Entree" hat. io im ganzen ersten Akte ihren Träger nicht einmal zu Worte kommen läht. Trotzdem wurde Herr Franz, der nicht nur als Künstler kraft feine» temperamentvollen Talente«, sondern auch als Memch dank ieiner l>el>en»wütdige» Ebnraktereigewchafte» zu den ichätzens wertesten Mitgliedern unseres Königl Hvsschausplels gehört, bei offener Szene mit Applaus empfangen, da er zum erstenmal ans der Bühne sichtbar wmde. ehe er überhaupt noch ein Wort ge sprochen hatte. Am liebsten hätte es das Publikum schon nach dein ersten Akte zu einer BrisallSdemonstralivn für den Künstler gebracht, der aber nicht erschien, sondern mit gewohnter Courloisie Frau Saldach. seiner herrliche» Partnerin, allen Applaus zu> ichvd. Ta Hero mit bedauerndem Achtelzucken immer wieder allein vor die Gardine trat, benikiate man sich endlich, um an den wei teren Aktschlüssen den Zurückgrkehrten desto stünni'cher zu leiern. Daß auch die Kritik heizlichen Anteil an dieier Freude des Wieder- iebens nahm, ist nichts weiter, als die schuldige Anerkennung sür manche vortreffliche Leistung, die der Svielolan de» Kvnigl. Hol- icbauspiels im Lause des letzten Jahrzehnts Herrn Franz zu danken bat. tz Zum Besten des UnterstützungSsonds von Witwen und Waisen der darstellenden Mitglieder der Königl. Hoslheater findet, wie bereits milgeterlt, imKönrgl. H o s o p e r n h a u s e das einmalige Gastspiel der K. K. Kammersängerin Frau G u t he rl-S ch od e r von der Wiener Hofoper statt. Der Künstlerin geht ein bedeulcnder Rus voraus und namentlich wird ihre Carmen — sie tritt in dieser Nolle hier auf — als ihre beste Leistung gerühmt. Die „Bohemia" schreibt hierüber: Wir haben nach geraumer Zeit wieder einmal eine wahre Prachtblüte künstlerischer Eigenart vor unseren Augen sich ent- falten sehen, ein Exemplar, oas den Einflüssen eines erotische» Klimas ganz ferne steht. Mit jenen Zonen ist das Talent der Kimstlerm nur insoweit im Zusammenhänge, als auch sie ihre Eigenart von der Eingebung der realistischen und vcristischen Richtung ableitet. Was aber Frau Gutheil-Schoder in dieser Beziehung an schauspielerischer Größe zu demonstrieren weiß, das stellt in der Tat alles andere, was wir davon bisher kenne» gelernt haben, weit in den Schatten. Und mehr noch als dies. Man muß es gerade als ein theatralisches Phänomen bezeich- neu, wenn wir zu dem Schlüsse gelangen, daß eine schon so viel- sach -erschöpfte Operngestalt, wie wir sie in der Carmen nun einmal erblicken müssen, doch noch wieder so ganz anders und neu vor uns erscheinen könne. Schon das Aeußere der Künst lerin fesselt vom ersten Augenblick an durch ihre mehr geistvollen als schönen, unter allen Umständen überaus ausdrucksvolle» Züge. Ein übriges bewirken die schlanke, geschmeidige Gestalt ui Verbindung mit den herrlichen malerischen Kostümen." tz Zu einer Feier des 100. Geburtstages von Gott- fried Semper hatten der Dresdner Architektenverein, der Säch- fische Ingenieur- und Architektenverein, dieDresdnerKunslgenossen- schast u.id der Dresdner Kunstgewerbeverein für Sonntag, den 29. November, im Saale der „Harmonie" eingeladen. Der mit der Büste Sempers aeschmückte Saal war ziemlich gefüllt: zahl reiche Vertreter der Staats- und städtischen Behörden, sowie Mit glieder der Dresdner Institute für Kunst and Wissenschaft waren erschienen; auch einige Damen bemerkte man in der Feswersamm- lung. Die Feier, die mit Gesang des Akademischen Gesangver eins anhob und schloß, währte knapp eine Stunde und ge wann durch die großzügige, klarschauende Würdigung, die der Vortragende, Herr Geh. Hosrat Prof. Dr. Gurlitt, dem zu ehrenden Künstler zu teil werden Keß. einen ebenso einfache», wie dem Andenken des Geleierten gerecht werdenden und vor nehmen Charakter. Professor Gurlitt faßte in seinem kaum drei- viertelstündigen Vortrage oas Wollen und Wirken Sempers mit der ganzen Kraft und Unmittelbarkest des Kunst- und Geschiätzs- psychologen an. Er wies zunächst aus die Tatsache hin, daß der Denker, der Aesthetiker Semper eine» größeren Einfluß ausgeübt habe als der Künstler, und daß seine Anhänger mehr unter dev ästhetisch Gebildeten ms unter den schaffenden Künstlern zu suchen seien. Um dies zu verstehen — so deduzierte Redner weiter —, müsse man sich ein Bild der Zeit machen, in der Semper arm wurde. ES überwog damals daS philosophische Denken Das Winckelmannsche Urbild der in der Antike am vollkommensten ver wirklichten Schönheit, der in der Akropolis Wahrheit gewordenc Begrrff deS Schönen eÄtrahlten den Künstlern der Zeit als Ideal, dem gegenüber es Vermessenheit war, nach einer neue» Gestaltung des Schönen zu suchen. Auch Semper gab sich als Werdender mit voller Seele dem Hellenismus seine» Vaterlandes hin, aber er trat sofort mit historischer Betrachtung an die Antike heran. Nicht die ästhetisch« Wirkung genügte ihm; er verlangte Berücksichtigung der historischen Entwicklung und wurde so einer der gewaltigsten Anreger der geschichtlichen Forschung der Kunst. Zum zweiten aber stand Semper dem romantischen Zuge der Zeit der Wiederaufnahme mittelalterlicher Knnstweise gegenüber. Auch hier hat er dämpfend gewirkt Er wollte ebensowenig einseitiger Gotiker wie einseitiger Hellenist sein, wie damals die west überwiegende Mehrzahl der Architekten. Endlich muß die aeschichtsphilosophische Auffassung, die diese Zeit vom Mittelalter, dem Frommen und Finsteren zugleich, sich zurechtgelegt hatte, in Berücksichtigung gezogen werden. Glaubte man ja damals, daß die Gotik ver Formen^ wie z. B. beim Dresdner Kreuzghm- nasium, mittelalterlich verfinsternd aus die Gemüter werde ein- wirken. Auch hier hat Semper klärend gewirkt. Ihm war cs klar geworden, daß es nicht die stilistische Form ist, in der das Wesen eines Baues begründet ist. Weit über seine Zeitgenossen hinaus erkannte er das Schöne in der gesamten Vergeistigung des Zweckes. Er war der erste, der so nn Barock, in allen Stilen die Gedanken, die Schönheit erkannte. So mar Semver der Entdecker einer neuen Wett des Schönen. Er war aber mich ein echt moderner Künstler als Schaffender. Er hat seine Bauten nicht aus Skizzenbüchern zusammengetragen, sondern aus dem jeweiligen Gesamtsttl heraus etwas Neues geschaffen. Nichts war ihm vorteilhafter als die Stilechthert, die bloße Nachahmung früherer Stile, die nach seinen Worten „die Vergangenheit fälscht, die Gegenwart verleugnet, die Zukunft täuscht. An mehreren Beisvielcn, ». a. dem Zwinger, illustrierte Prof. Gurlitt seine Ausführungen. Die Versuche Sempers, eine Verjüngung des Stils durch Weiterbildung der Renaissance zu ermöglichen, schätzte der Vortragende nicht viel anders ein als die späteren vom Barock oder von Japan oder der Biedermeierzeit ausgehenden Bestrebun gen aus eine Stilverjnnguna. Wo» allein uns retten könne, sei Selbständigkeit, das Verlassen auf eigene Kraft. Und Semper hat, selbst wenn er Formen früherer Zeiten annabm, selbständig gedacht und gebaut, so daß man einen Semper-Ban sofort er- kennt. Tie wundervolle Uebereinstimmung zwischen Wollen und Vollbringen, die Mühelosigkeit der Konstruktionen, di« Freiheit von jeder bloßen 'Nachahmung der Vergangenheit — alles dies lasse die Bauten Sempers als so bervorraaende Zeugnisse eines großen KunsifchaffenS erkennen. Zum Schluffe seine« mit leb- haftcm Beifall aufaenommenen Festvortrage» berührt« Professor Gurlitt die Fäden, die Gottfried Semper mit Dresden verbanden und noch verbinden und feierte den Künstler als «ine» der Unseren für jetzt und immerdar. . Hm Litekartschen Verein wkid am Dienstag, de»
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