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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 18.09.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030918011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903091801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903091801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-09
- Tag 1903-09-18
-
Monat
1903-09
-
Jahr
1903
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 18.09.1903
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»i» Geltung kommen: ,Mer nicht pariert, der fliegt hinaus!" «Stürmischer Beifall.) ES ist von Dr. Braun gesagt worden: ES herrscht trotz aller Meinungsverschiedenheiten in der Partei volle Einigkeit. Leider. Genossen, muh ich , dem widersprechen. Nach niemals ist die Uneinigkeit in den Reihen unserer Partei so groß gewesen, als jetzt. ES wäre grundfalsch. wenn wir e> vertuschen wollten. Seitdem ich auf dem Erfurter Parteitage sI8S1> mit Vollmar die Differenzen auszuiechten hatte, habe ich so viele Brücken gebau», nur im Interesse der Einigkeit, daß ich es nun endlich satt Habs und ich es für nötig halte, nun volle Marl,eit zu schaffen. Wir haben uns schon auf dem Parteitage in Hannover II6S9I mit dem sogenannten Bernsteinismus beschäftigt: zu seinem ück war Bernstein damals nicht in Deutschland. Lch gönne schland iften . , Mer seitdem Bernstein in Deutschland ist, hat er alles getan, um sein Renommee zu verlieren. Er ist das onkarit tarriblo der Partei geworden, so daß selbst seine Freunde sagen: Wenn das so weiter geht, dann kann Bernstein nicht mehr in der Partei bleiben. Daß Bernstein die Vizcpräsidentenfrage angeschnitten, will ich ihm vergeben. Ich wußte, daß diese Frage aufgeworfen werden wird. Aber daß Bernstein gerade in dem Augenblick, wo die Sozialdemokratie sich als eine so gewaltige Macht erwiesen hatte, schrieb: Wir müssen den Vizepräsibentcnvostcn im Reichstage be anspruchen und auch zu Hose gehen, ist geradezu unerhört. Kann jemand nach den Reden in Essen und Breslau, in denen wir einen physischen Schlag ins Gesicht bekamen, noch zweifeln, daß Wilhelm II. zu geeigneter Zeit die Armee mobil machen wird, um auf Vater und Mutter schießen zu lassen, und wenn er die Zeit für gekommen hält, gegen uns marschieren wird? Und da niutet uns ein Genosse zu, wir sollten zu Hofe gehen? Ja, ich muß offen sagen, als ich das las, da sagte ich: Hat denn Bernstein seinen Verstand verloren? Und gleich darauf kam Vollmar und trat ebenfalls und zwar in noch schärferer Form für das Zuhofgehcn ein. Wenn man, wie Vollmar und Genossen, unaufhörlich revisionistische Bestrebungen an den Tag legt, dann ist das doch kein bloßer Zullfall mehr. Unseren Gegnern sind revisionistische Bestrebungen selbstverständlich hoch willkommen. Herr Pfarrer Naumann schrieb in seiner „Hilfe": Herr v. Vollmar ist der richtige Mann. Kommen Sie herunter, Herr v. Vollmar, das Volk wird Ihnen zujnbeln. Noch schlim mer machte Herr v. Gerlach mit Heine. Ich mutz offen ge stehen, mich würden solche Lobhudeleien von den Gegnern anekeln. lBeifall.I Ich habe die Ueberzeugung, die Revisionisten in unserer Partei haben die Fühlung mit der Partei verloren. Sie er- crslreben eine Annäherung an die bürgerliche Gesellschaft, eine Ueberbrückung der Gegensätze. Ja, sie fühlen den Drang in sich, zu hohen Staatsstellungen zu kommen. Wilhelm II. hat ein mal mit bezug auf Millerand gesagt: „Ja, wenn wir den hätten!" Nun, wenn an mich die Frage herantreten würde, ob wir in Deutschland nicht auch einen Millerand haben, ich würde sagen: ich glaube Vollmar. sVollmar: Ich würde einen Ministervosten nicht annehmen!! Bebel: Da tust Du^ auch gescheidt. (Heiter- kcit.s Angenommen. Vollmar würde Staatssekretär des Reichs amts des Innern werden, ist jemand der Meinung, Voll mar könnte irgend etwas zu Gunsten des Proletariats tun? Die nationalliberale Partei ist doch gewiß eine sehr loyale Partei. Der nationalliberale „Hannoverische Courier" forderte unlängst seinen Parteigenossen, den langen Möller, auf, das preußische Handels- minstenum niederzulegen, da er dort nicht mehr hingchöre. Wir wollen nicht mit der bürgerlichen Gesellschaft paktieren, wir wollen dieselbe bekämpfen, zertrümmern, und, wenn es geht, beseitigen. Dafür wollen wir das Proletariat erziehen. Wenn die Revisio nisten eine eigene Partei gründeten, dann bestände diese Partei aus vorzüglichen Offizieren ohne Armee. (Beifall.) Es läßt sich nicht mehr vertuschen, daß in der Partei arge Gegensätze bestehen. Es ist nicht wahr, daß trotz aller gegenteiligen An sichten in den Grunoanschauungen Einigkeit rn der Partei herrscht. Nicht unter den Arbeitern, aber unter den Akademikern und unter den Leuten mit gehobener Lebensstellung greift der Revisionismus immer mehr Platz. Es gibt eine Rechte und eine Linke und dazwischen liegt ein großer Sumpf. In diesem Sumpfe stehen die sogenannten Schlaumeier, die selbst nicht wissen, was sie wollen, die herumhorchen, auf welcher Seite die Mehrheit ist, zu dieser halten sie sich. (Heiterkeit.) Ja, wie weit der Revisionismus in unseren Reihen schon fortgeschritten ist, beweist die Tatsache, daß in einer Jraktionssitzung gesagt wurde: „Es wird auf die Dauer nicht möglich sein, das Reichs- budget zu verweigern." (Hört! hört!) Das kann ich den Re visionisten prophezeien: Erfolg werden sie nicht haben Gegen 6-'s4 Uhr abends wurde die Verhandlung auf Freitag vor mittags 9 Uhr vertagt. — Amtsgericht. Ein Urteil, welches nicht verfehlen wird, allerorts größte Verwunderung zu erregen, ist gestern von dem hiesigen Königlichen Amtsgericht gefällt worden. Wenn dieses Urteil bestehen bliebe und die Anerkennung auch anderer Gerichtshöfe fände, wäre dem Unfugc, handgreif liche Unwahrheiten mit Hilfe des Preßgesetzcs in die Dessen tlichkeit zu bringen, Tür und Tor geöffnet. Ein wesentlicher Zweck des Preßgeietzes wäre gerade in fein Gegenteil gewendet. Das so erkennende Gericht hat sich bei der Aus legung des Prehgesches aus einen rein formalistischen Standpunkt gestellt, in dem cs zu diesem erstaunlichen Urteil gelangte. Dem Generalsekretär des Genfer Kellnerbundes Max Heinrich Oscar .Hahn war in der Zeitz in der er den verantwortlichen Redakteur der Zeitschrift „Der Verband" vertrat, eine „Berichtigung" zugcsandt worden, deren Aufnahme er verweigerte. Er muß sich deshalb wegen Uebertretung des Preßgesetzcs verantworten. Den Vorsitz in der Hauptverhandlung führt Herr Amtsgerichtsrat Justizrat Dr. Weingart. Die Nummer vom 2. Juli der vom Angeklagten verantwortlich gezeichneten Zeitung enthielt u. a. den „Em Nomadenvölkchen" betitelten Aufsatz, über den in einer Fußnote gesagt wird, der Artikel hätte allgemeines Interesse ge sunden. Wie die Redaktion der Zeitschrift „Die Woche", welche den Aufsatz jüngst zuvor veröffentlicht hatte, dem Verfasser mit- vom „Verband" stammt. In der Anmerkung war weiter gesagt, die Redaktionen, die sich um den Nachdruck des betreffenden Ar tikels beworben hätten, seien von dem begreiflichen Wunsche be> 'eelt gewesen, ihren Lesern auch einmal einen interessanten Auf atz zu bieten. Die Redaktion der in Leipzig erscheinenden „Hotel Revue" schrieb darauf sofort an den Beschuldigten Hahn, dcff die Behauptung, sie habe um AbdrucköTLrlaubms für den Aus fatz „Ein Nomadenvölkchen" nachgefucht, unwahr sei, und ver- ängte unter Berufung auf das Preizgesctz Veröffentlichung der ein- gefandten Berichtigung, die von dem Chefredakteur bczw, Verleger und dem verantwortlichen Redakteur der „Hotel-Revue" unter zeichnet war. Hahn nahm die Berichtigung nicht aus. Zu einer Entschuldigung bringt er vor, er habe zunächst den Ein cndern brieflich geantwortet, daß er sich nochmals über die Tät lichen informieren wolle. Er fragte darauf bei der „Woche" in gerlin an, erhielt von dieser die Bestätigung der Richtigkeit seiner Behauptung und lehnte nunmehr die Aufnahme der Be richtigung rundweg ab. Damit verstieß er nach Ansicht des Ge richts gegen 8 11 des Preßgesetzes; denn der Redakteur sei ver pflichtet, eine Berichtigung, sofern sie vom Einsender unterzeichnet ist, keinen strafbaren Inhalt hat und sich auf tatsächliche An- gaben beschränkt, anfzunehmen. Selbst die Ueberzeugung des Redakteurs, daß die Berichtigung eine Un- Wahrheit enthalte, berechtige ihn nicht, die Be richtigung abzulebnen. Nach den weiteren Ausführungen des Richters sei der Redakteur nicht befugt, über die Wahrheit zu entscheiden: er habe unter allen Umständen, auch wenn er die Berichtigung für unwahr halte, dieselbe aufzunehmen. Mildernd zieht das Gericht in Erwägung, daß Hahn imautem Glauben gehandelt habe. Das Urteil lautet auf 10 Mk. Geldstrafe: gleichzeitig wird ungeordnet, daß die cingesandte Berichtigung in der nächsten Nummer des „Verbandes" noch zum Abdruck zu bringen rst. — Da»Buchholzer Eisenbahnunglück vor Ge richt. Am 24. Juli d. I. trug der Telegraph die entsetzliche Kunde durch da- Land, daß das Gebirgsstädtchen Buchholz die Stätte eines furchtbaren Eisenbahnunglückes gewesen sei. 5 Tote und eine ganze Anzahl von Verletzten blieben auf der Unglücks- stätte, 1 Schwerverletzter starb später noch, und mancher hat noch beute an den Folgen zu leiden. Der bald daraus in Untertuchungs- hait genommene Urheber deS Unglücks, der Verwalter des Halte punktes Buchholz. Reinhardt, hatte sich nun weoen der ihm zur Last gelegten Straftaten vor dem Landgericht Chemnitz zu ver antworten. Der Verhandlung wohnten nicht nur eine große Menge von Buchbolzer Einwohner», solidem auch eine Anzahl Beamte der sächsischen Staatseilenbahndtrektion bei. Der An- 'klagte erklärt auf Befragen, daß er am 27 November 187 l in hemnttz geboren sei und nach der Konfirmation da- Schneider- Handwerk gelernt habe. Im. Herbste des Jahres 1890 habe er sich zum Eiienvahndienst gemeldet und lei als Ansschrcibcr in Wem- nltz aiigeuommen worden. Am k. April 189t sei er bei der atlon Chemnitz als Tiätist angestellt worden, am 1. Aviil 1891 zum Expeditions-Hilfsarbeiter ausaerückt und schllcßlich am 4. Dezember 1900 als StatlonSlchleiber in Oclsnitz i. E ver pflichtet worden. Am I. Oktober 1902 ist er mit 1410 Mk. Gehalt und Bekleidnngsgeld als Verwalter deS Haltepunktes Buchholz verletzt worden. Bei Vernehmung zur Sache stellt Reinhardt ent- chicden in Abrede, daß das Unglück durch eine Dlensivernach- lässigung lelnerlettS herheigeführt worden lei. Er war beschuldigt, die Weiche, welche der Zug 1387 der Strecke Annnberg— Schwarzenberg zu passieren hatte, zu früh entriegelt und dadurch verschuldet zu haben, daß die letzten drei Wage» deS Zuges ent gleisten. Reinhardt erklärt, von früh >/,9 Uhr an Dienst gehabt zu haben, mit einstündiger Mittagspause. Als für den genannten Z»g daS Meldesignal von Annabera gekommen lei, habe er die Weiche verriegelt und das Vorsignal gezogen. Der Zug 1959 der Strecke Annabera—Welvert habe ruhig seitwärts gestanden, da derselbe nicht früher abgehen konnte, bevor IM7 eingcsahren war. Er habe dünn noch einigen Passagieren Fahrkarten gegeben und sich eine Eoupterzanae geholt. Inzwischen sei der Zug 1367 ein- sefahren, iodnß er dies dem nilt der Meldung an die Nachbar tationen betrauten Beamten mitgetcilt habe. Dann habe er, am Kurbelwerk stehend, die Weiche Hern berge; ogen und einem Weichen wärter zugerulen, de» Stellhebel einzulege». Hieraus habe er dem Führer des Ziiges 1959 durch den Zuruf „Abfahrt I" die Bahn sreigegrben. Ter Führer ging aum unter Dampf, sah aber die Eulaleisung der drei letzten Wage» des Zuges 1387 und verhütete durch Geben von Konterdnmps kin weiteres Unglück. Reinhardt habe die Weiche insolge der Böschung und der Kurve gar nicht gesehen. Er habe seine Aufmerksamkeit dem nussahrenden Zuge 1959 gewidmet. Auch habe er beim Schließen des Kurbelwerkes ein mechanisches Hindernis, das eine Enlglesiuiig andeuten konnte, nicht bemerkt. Tatsächlich sind die letzten drei Wagen des Zuges 1387 durch das Oessnen der Weiche auf ein anderes Gleis gemhrl worden und hierdurch entgleist. Die Anklage legt Reinhardt un» zur Last, daß er bemerlt haben müsse, daß der Zug 1387 noch i» Bewegung war. und daß ec sich nicht den Vorschriften entsprechend um diesen Zug gekümmert habe. Reinhardt bestreitet, daß das Jnbeweguiigsetzen des Kurbelwerkes die Ursache der Entgleisung gewesen sei. Er sei allerdings un jenem Tage etwas zerstreut ge wesen. da er infolge Kcaukheit eines Kindes mehrere Nächte vorher nicht richtig geschlafen bade. Auch leide ec selbst an cineni Magcuübcl. Uebcigcns habe er geglaubt, daß sich eine Weiche gar nicht öffnen lasse, sobald der Zug dieselbe noch nicht ganz passiert habe. Ec sei in diesem Zweige des Dienstes nicht aus- gebildet worden. Wie der Vertreter der Anklage, Herr Staats anwalt Dr. Huber, bemeckte, bat der Angeklagte früher erklärt, er habe den einfnhrenden Zug 1387 Vom Mittejperro» aus gesehen unv sei dann an das Kurbelwerk gesprungen. Reinhard muß auf Vorhalt zugeben, daß er die Weiche vom Kurbelwerk aus über haupt nicht sehen konnte, und daß er anderseits dns Kurbelwerk nach Einsohren des Zuges 1959 dem Hilismeichensteller Höfer übergeben habe. Auf Wunsch des Hecrn Staatsamvalics wurde sestgestcllt, daß Reinhardt den Gepäckdieiist. den Fahr- karteiiverkauf, die Bedienung des Kurbclweckes und der Signale, die Entgegennahme von Briefen, die allgemeine Aussicht und schließlich noch ein Einspringen bei Verladung des Gepäcks zu versorgen gehabt habe, s! I> Nach Verlesen des Augenschei»- vroiolvlls begann das Zeug-nverhör mit der Vernehmung des Bürgermeisters Schnuedcl-Buchhvlz. Dieser hat nicht nur wieder holt gehört, sondern auch selbst gesehen, daß die Beamten an der Haltestelle Buchholz sehrvielzu tun hatten. Ein Schaff ner habe sich einmal darüber beschwert, daß man nie vv» der Haltestelle Buchholz sortkomme, doch habe dies nicht an einer Perlon, sondern an den Verhältnissen überhaupt gelegen. Der Zeuge bestätigt, daß die Beamten der Haltestelle des öfteren Fahr karten schreiben mußten, weil cs für einzelne Stationen gedruckte nicht gab: dies iet auch, wie er erfahren habe, am 24. Juli der Fall gewesen. Er habe die Ueberzeugung, daß das Bcantten- personal der Haltestelle Buchholz für den angestrengten Dienst unzureichend sei. Herr Zugführer Leonhardt war mit cineni Bremser im Packwagen des verunglückten Zuges. Er ist wnnder- barecivrije ohne Schaden davongekommen, obwohl der Wagen als der letzte vollständig zertrümmert wurde. Wie er auf den eisten Blick geiehen habe, lei die Ursache des Unglücks falsche Weichcn- stellnng gewesen. Der Verkehr ans der Hallestelle lei zwar etn reger gewesen, doch habe er etwas Ungewöhnliches nicht bemerkt.- Herr Babuhofsinspektor Böhme-Bnchhol; hat bezüglich der Amts tätigkeit des Angeklagten Reinhardt nicht den geringsten Grund zu Klagen gehabt, auch nichts diesbezügliches gehört. Von einer Uebecbnrdnng brrHalteviinklbeamle» sei tbi» nichts bekannt, aller dings habe ihm Reinhardt gelegentlich gesagt, er müsse einen Mann sür den Stellhebel habe». Fiükec wurde die Weiche mit der Hand geurllt und mußte zu diesem Zwecke allemal ein Beamter »ach der Weiche hinausgehen. Zur Erleichterung dieser Arbeit iei die Fernstellniig eingesübrt woiden. Es sei anfänglich beabsichligt gewesen, einen vierten Mann, der mit Einführung der Kreu zung vom Bahnhof Buchholz nach dem Haltepunkt gewiesen wor den war. zuriickznzichen. doch sei infolge des gesteigerten Verkehrs davon Abstand genommen worden. Der Zeuge hat Reinhardt un mittelbar nach dem Unfall geivrochen, derselbe iei furchtbar aus geregt gewesen, bnbe aber sofort erklärt, daß ihn keine Schuld treffe, da er seine Arbeit gemacht habe. Offenbar habe der An geklagte die Ueberzeugung gehabt, duß der Zug beim Stellen de, Weiche über dieselbe hiiilveggesahren lei. Reinhardt habe mll einem elenden Kinde viel Sorgen gehabt» außerdem sei an jenem Tage sein jüngstes Kind und auch seine Ehefrau krank gewesen. Bemerkenswert ist, wie aus den weiteren Zengenansiagen hervor- ging, daß setzt stels ein Bla»», und zwar der direkte Amtsnach folger des Angeklogten, bei Kreuzungen zu der besagten Weiche hiiiauSgcht. um ähnliche Unglückslälle zu vermeiden. Nun erklärte aber dieser Mann vor Gericht, daß er. um sich zu überzeugen^ daß keine Achsen mehr ans der Weiche stehen, und nichts paisreren kann, 3 bis 4 Minuten Zeit brauche, während Reinhardt nurl M inul e zur Verfügung stand Von den Sachverständi gen erklärte Herr Baurat Hohlekamv. daß die sächsische Essenbahn- verwaltung schon ieit langem nach Mitteln und Wegen suche, um das Attfriegeln von Weichen, ans denen sich noch rollendes Mate rial befinde, zu verhindern, doch seien die Versuche noch nicht ab geschlossen. Er halte das Gebahrcn des Angeklagten für eine grobe Fahrlässigkeit. — Abends >/r9 Uhr wird die Verhandlung unterbrochen. Gestern hat sich der Gerichtshof mir dem Angeklag ten. den Sachverständigen und einem Teil der Zeugen an die Unglücks st ätte nach Buchholz begeben, nm an Ort und Stelle und darauf im Amtsgericht zu Annabcrg die Beweis ansiiahnie forlznictzcn. — Das gestern abend an letzterer Stelle gefällte Urteil gegen Reinhardt lautet auf 9 Monate Gefängnis und Tragung der Kosten. Die Untersuchungshaft wird auf die Strafe angerechnet. Denkmals gelegene Wirtschaft soll nach den Beschlüssen der dies- ährigen Versammluinz eine weitere Vergrößerung erfahren, um >en Besuchern des Denkmals die beste Unterkunft und behag liche Logierräume zu bieten. Ferner war der weitere Ausbau der Organisation des Kriegervereinsmesens Gegenstand der Be ratung. Von besonderer Bedeutung sür die Allgemeinheit waren die Verhandlungen über die Stellung der Kriegervereine gegen über der Sozialdemokratie. Sämtliche IlandeS-Krieger- verbände sind darin einig, daß Sozialdemokraten den Kricgerve» einen nicht anaehören dürfen: sie sind seiner darin einig, daß innerhalb der Kriegervereine die Sozialdemokratie bekömmt wer- den muß und daß die Kriegcrvereine die Ausgabe haben, monar chischen Geist und nationale Gesinnung zu pflegen. Rach der .StaatSbürgerzeitung" wird der Staatssekretär des Reichsiustizamls Dr. Nieberding demnächst die Leitung des Rcichsimlizamls niederleaen. Z» jeniem Rachiolger soll dec Vor sitzende der Reichskommisiion zur Revision des Strafrechts, Reichs gcrichlscat Kaufsmann, ansersehcn sein. Ueber Bayern und die Reichsflnanzrcform wird dem „Berk. Tagebl." aus München geschrieben: „Es darf ruhig behauptet werden, daß Freiherr von Stengel in seinen Ansichten über die Relchssinanzresorm sich in vollkommener Ucbereinstini mung mit dem Zentrum befindet. Damit ist aber den Reformen, die wir von dem neuen Schatzsekretär erwarten dürfen, Ziel und Richtung gesteckt, sie können sich nur aus einer Bahn bewegen, die das bisherige System der Matrikularbeiträge und Ueber- weisilngen unangetastet läßt, sei cs, indem einfach die bisherigen Einnahmen des Reiches so weit gesteigert werden, daß wenigstens das Gleichgewicht zwischen Matrikularbeiträgen und Uebcr- weisungen wieder hergeftcllt wird, oder neue selbständige Ein nahmen dem Reiche erschlossen werden. Nach beiden Richtungen gibt es eine Reihe von Vorschlägen, welche der bayrischen Regie rung durchaus annehmbar erscheinen und dort jederzeit Unter stützung finden würden. Vor allem ist man der Ansicht, daß die Biersteucr eines bedeutend höheren Ertrages fähig wäre. Während der Malzausichlag in Bayern pro Zentner 6 Mark be trägt, was ungefähr einer Steuer von 2,40 bis 2,60 Mk. für das ' ektoliter des fertigen Getränkes entspricht, wir- von dem gleichen iuantum in den Ländern der Brausteuergemeinschaft nur ein -teucrsatz von 0,70 bis 0,80 Mark erhoben. Dabei ist der Herstellungspreis infolge des vielfach verwendeten geringwertigen Materials niedriger als in Bayern. Trotzdem hält sich der Detail preis annähernd auf gleicher Höhe. Man glaubt daher, daß das Bier eine bedeutend höhere Besteuerung ertragen könnte, ohne daß damit notwendig eine Preiserhöhung verbunden sein müßte. Ebenso würde die bayrische Negierung jederzeit mit einer stärkeren Belastung des Tabaks einverstanden sein, doch dürste cur dahin zielender Vorschlag bei der bekannten Stellung des Reichstags wenig Aussicht auf Erfolg haben. Für vollständig undiskuticrbar wird dagegen eine Steigerung der Verbrauchsabgabe auf Salz gehalten, dessen Preis schon heute reichlich hoch erscheint. Auch eine Erhöhung der Reichsstempelabgaben, vor allem der Börsenstcmpei, wird für gänzlich untunlich erachtet. Man ist überzeugt, daß die Börse, auf welche das neue Bör)engesetz ohnedem einen lähmenden Truck ausübt, durch neue Belastungen so ungünstig beeinflußt wird, daß ein weit größerer Teil der Abschlüsse als bisher im Ausland erfolgen und dadurch statt der erhofften Mehreinnahmen ein bedeutender Ausfall die Folge sein würde. Was die Erschlie ßung neuer Einnahmequellen für das Reich anlangt, so ist der Standpunkt der bayrischen Regierung gekennzeichnet durch eine Rede, welche Freiherr von Stengel seinerzeit als Bevollmächtigter des Äundesratcs im Reichstage hielt: Es können hier nur solche neuen Einnahmen m Frage kommen, welche die Einzelstaaten noch nicht sür sich in Anspruch genommen haben: cs dürfen ihnen unter keinen Umständen die Mittel zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben geschmälert werden. Damit scheidet eine Reichseinkommen- sieuer vollkommen aus der Diskussion aus, und auch ein etwaiger Rekchszuschlag zu der von den Einzelstaaten erhobenen Einkom mensteuer dürste in Bayern auf Widerstand stoßen: man glaubt, daß ein solcher bei den hohen Gemeinde- und Distriktsumlagcn sin einigen bayrischen Gemeinden bis zu 300 Prozent der Staats- ftenerj zu einer fast unerträglichen Belastung der Steuerzahler führen müßte. Warm befürwortet wird dagegen seitens der bay rischen Regierung eine Neichserbschaftssteuer, und zwar insbesondere in der Form einer geringen Besteuerung der (von den Einzelstaaten bis jetzt freigelassenen) Deszendenten und As zendenten (etwa Prozent) unter Freilassung eines nicht zu geringen Minimums. Auch würde man der Einführung von Reichszuschlägen zu den heute erhobenen Erbschaftssteuern vermut lich znstimme»: insbesondere wird die von nicht Verwandten in Preußen und Bayern mit 8 Prozent erhobene Steuer sehr wohl einer Steigerung von 2—4 Prozent zu Gunsten des Reiches fähig gehalten. Auch der neue Rcichsschatzsekrctär soll dieser Steuer äußerst sympathisch gegenüberstehen. Sehr geringe Neigung be steht dagegen zur Einführung neuer Lux ns steuern. So sehr der Gedanke einer besonderen Belastung der besitzenden Klassen an sich besteht, ist doch der Ertrag derartiger Steuern ein zu ge ringer, um gegenüber dem Milliardenbudget des Reiches irgendwie ins Gewicht zu fallen. Auch zur Einführung einer Wehr st euer soll sich die bayrische Regierung sehr kühl,verhalten. Ohne sich dem, berechtigten, Grundgedanken zu verschließen, der dieser Steuer zu Grunde liegt, scheut man die großen Schwierigkeiten, welche eine gerechte Verteilung derselben bereiten dürfte. Nichts destoweniger scheint es nicht ausgeschlossen, daß die verbündeten Regierungen in absehbarer Zeit zu dieser Steuer gedrängt werden." Das preußische Kriegsminssterinm bringt, wie bereits kurz ge meldet, erneut zur allgemeinen Kenntnis, daß den Unteroffi ziere» und Mannschaften dienstlich verboten ist: l. jede Beteiligung an Vereinigungen. Versammlungen, Festlich keiten. Geldsammlungen. zu der nicht vorher VAondere dienstliche Erlaubnis erteilt ist; 2. jede andere erkennbar gemachte Betätigung revolutionärer oder sozialdemokratischer Gesinnung, insbesondere durch entsprechende Ausrufe, Gesänge oder ähnliche Kundgebungen; 3. das Halten und die Verbreitung revolutionärer oder sozialdemokratischer Sckristen. sowie jede Einsühruns, solcher Schifften in Kasernen oder sonstige Dienstlvkale. Ferner ist sämt lichen Angehörigen des aktiven Heeres dienstlich besohlen, von jedem zu ihrer Kenntnis gelangenden Vorhandensein revolutionärer oder sozialdemokratischer Schriften in Kaiernen oder anderen Dienstlokalen sofort dienstliche Anzeige zu erstatten. Diese Verbote »nd Befehle gelten auch für die zu Hebungen esirgezogenen und iür die zu Konlroüversaminlungen eincbrusenen Personen des Beurlaubtenstandes, welche gemäß des Milttär-Str.-Ges.-B. und des Reichsmilitärgesetzes bis zum Ablauf des Tages der Wieder- cntlassung bezw. der Kontrollversammlung den Vorschriften des Militärstrafgclrtzbuchs unterstehen. lieber die deutsch - schweizerischen Handels beziehungen schreibt man den „Berl. N. N.": Seit der Volks abstimmung vom 15. März 1903, da der neue Zolltarif vom Volke mit großem Mehr angenommen wurde, schien die Schweiz zu Unterhandlungen über die zukünftige Gestaltung der Handels verträge bereit, und da sie kurz daraus ihre Unterhändler, die Herren Nationalräte E. Frey-Zürich und A. .Mnzli-Aara», be stellte. batte sie seither Zeit, dieselben einläßlich zu instruieren und ein wciischichtigcs Material zum Sludium zu stellen. Tic Schweiz ist darnach gegen jede Ueberrumpclung gcfcff und im Vollgefühle der Hoffnung, dag sie sich aus dem Widerstreite der akuten Inter essen in befriedigender Weise heraus arbeiten könne. Da zwischen der Schweiz und Deutschland ei» bedeutender gegenseitiger Handelsverkehr besteht, ist cs natürlich von hoher Bedeutung, welches Ergebnis die Unterhandlungen haben werde». Nach der deutschen Handelsstaststik führte im Jahre 1902 Deutschland aus der Schweiz für 168,7 Millionen Mark Ware ein gegen 154 Mil lionen im Vorjahre. 1893. nach Abschluß des Handelsvertrags von 1892, betrug die Einfuhr 143 Millionen. Die deutsche Aus fuhr nach der Schweiz stellte sich 1902 auf 285.3 Millionen Mark egen 264.3 Millionen in 1901 und 187.4 Millionen in 1893. liier Voraussicht nach bleiben bei der Erneuerung des deutsch- schweizerischen Handelsvertrags die Minimal-Getrcidezöile des deutschen Tarifs irrelevant, da die Schweiz viel Getreide importiert, aber keins exportiert. Hat die Schweiz in den Jahren 1893 bis 1895 den Zollkrieg nicht ohne einen gewissen Heroismus mit Frankreich diirchzuscchtcn verständen, so würde sie im Not- falle auch nicht davor zurückschrecken, den Kampf mit Deutsä>- tand aufzunehmen. Doch dürften solche Konsequenzen kaum in den Bereich praktischer Möglichkeit fallen. Im auswärtigen Handelsverkehr der Schweiz nimmt Deutschland sowohl in Bezug auf die Ein- wie Ausfuhr den ersten Rang ein. Ter deutsche TaizeSyeschichte. Deutsches Reich. Der Vorstand des Deutschen Krieger- bund es teilt mit: Der am 13. und 14. d. M. auf dem Kyff- bäuser versammelt gewesene vierte Vertretertag des Kvffhäuscr- ounocs der deutschen Landcs-Kricgerverbände erhielt aus das an den Kais r gerichtete Huldigungstclegramm folgende für die Bestrebungen der deutschen Kriegervereine hochbedeutende Ant wort: „Freiherrn von Wöllwarth, Oberhosmarschall Seiner Majestät des Königs von Württemberg, Ehrenvorsitzender des Vcrtretcrlagcs des Kyffhäuscrbundcs. Seme Majestät der Kaiser und König haben mit großer Befriedigung das Huldigungötclc- gramm ds vierten Vertretcrtages der deutschen Landcs^ricgcr- verbändc cntdegengcnommen. Allerhöchstdicselben begrüßen mit Freuden die Vereinigung von mehr als 2 Millionen Kriegern im Kyfshäuserbunde und lassen für den warmen Ausdruck vater ländischer Gesinnung herzlich danken. Auf Allerhöchsten Befehl aez. von Löwenfeld.'' — Die Beratungen des Kyffhäuscrbundcs sind nicht nur für die Kriegervereine, sondern auch sür die All gemeinheit von Interesse. Umfaßt doch der Bund in seiner Organisation mehr als 2 Millionen alter Soldaten. Die dies jährigen Beratungen, über die bereits kurz berichtet wurde, galten zunächst der Verwaltung des großen Kyfshäiiscr-DenkmalS. Die Baukosten, rund 1450000 Mark, sind jetzt sämtlich bezahlt; sie sind lediglich aus freiwilligen Sammlungen der Kriegervereine ge- Import in die Schweiz beträgt 164 Prozent der schweizerischen deckt worden. Die dem Kyffhäuserbunoe gehörige, am Fuße des I Ausfuhr nach Deutschland. Im Lichte de» deutschen Handel» Dresdner Nachrichten. t»r. 25V. Seite 3. Freitag, L8. September LV03
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