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Dresdner Nachrichten : 30.07.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192207309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19220730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19220730
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-07
- Tag 1922-07-30
-
Monat
1922-07
-
Jahr
1922
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 30.07.1922
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reichlich «tu DNttel der KorSfollkenförderung für sich tu An spruch» während bet richtiger Austeilnna de- Programm» «rf dte -ana« deutsche Förderung lebtguch ein Zehntel tu Krage kommt. Dadei herrscht t« ganzen übrige« kohl««» erzeuge«-«» Europa, abgesehen von Rußland. großer Ueber, Nuß. In England. Frankreich, velgie», sowie in der Dlchecho-Glowakei gesteht sichtbarer Adsatzmangel. Km Laaraebiet müsse« sogar Feierschichten «tngesübrt «er, de«. L» England liege« ganze Gruben still. Ti-» ist der beste vewets dafür, baß ein sachliches Bedürfnis für die üd«rschra«bte» «»sordernu»«» »icht »orhaudt« ist. Dazu tritt der aüen wirtschaftlichen Gesetzen hohir- sprechende KohlentranSport I)i» mrü her. Franzö- sische Eisenbahnen, Pariser Ga»> und Elektrizitätswerke , arbeiten mit deutscher Kohle, die rheinabivärtS gefahren wird. Dieselben Fahrzeuge bringen englische Kohle rheinanswärt». KokSsteintohle von der Ruhr geht nach Belgien und Frank reich und die Hütten des Ruhrbczirkes fahren mit Kähne» wieder englische KokSstetnkohle in da» Ruhrrevter zurück. Demnach ist die Ausrechterhaltung de» bisherigen Liesernngü- programmS in Mengen «ud Sorten unmöglich. > Die Voraussetzung iür eine Erleichterung unserer Kohle», reparationslaste» ist zurzeit im vollen Umfange gegeben und dementsprechend sind auch unsere Unterhändler bei den über die Ausstellung eine» neuen LieserungsprograinniS aufgenomniene» Verhandlungen mit Rachdruck für eine fühlbare Ermäßigung der gegnerischen Anforderungen ein- aetreten. Wir forderten eine Herabsetzung auf eine längere Dauer um etwa 2S bis 30 Prozent. Diese Forderung stieb aber aus harten Widerstand der Gegenseite. Die bet den Pariser Berhandlnngeu selbst noch vorbehaltene Entsche t- üuug der N e v a r a t i o n S t o m m ts s i o n ist setzt in den letzten Tagen ergangen. Sie übertrisft die schlimmsten Erwartungen. Für die nächsten drei Monate, August bis Oktober dieses Jahres, werden etwa IX Million Tonnen Steinkohle verlangt. Die Lieferung von Braunkohlen briketts wird ganz abgclehnt. Dieses neue unersüübare Diktat der Gegenseite, das übrigens für die von Deutsch, land so drkngend verlangte und für die ganze Weltwirt, lchast nach der Auffassung aller vorn: tellslosen Sachver. ständigen so bitter nötige Revision des gesamte» Repara. tionsprogrammS mir Böses ahnen läßt, kann nicht ander» als nur mit einem entschiedene» Nein beantwortet werden. Der Referent legte dann eine Etttschliehung, die sich mit den Ausführungen dcS Referenten deckt. Berg- hauptwaun Bennhold regte an, Liese Entschließung mit der Aufforderung, das AohlenreparationsprvSlem abznlchuen, durch eine aus der Versammlung zu mahlende Abordnung noch heute dem Reichskanzler zu unterbreiten. In der an das Referat sich anschliessenden Aussprache wie» ein Vertreter beS RcichsverrehrsmtuistcrinmS aus die auch tn diesen, Jabre autzeroi deutlich ungünstige Versorgung der Eisenbahn mit Kohlen hin. — Ncichstagsabgeordneter Gtrbig tSoz.s betonte die Notwendigkeit einer ProduktionS- steigerung, da sonst dem ganze» Wirtschaftsleben eine Er- drosselung drohe. Der zum Reichskanzler zu entsendenden Abordnung empfahl er besonder» darauf htnznweifcn, daß Pari» geradezu im Licht schwimme, das auS deutscher Kohle erzeugt sei, wahrend schon im vorigen Winter viele Tausende tu Deutschland nicht in der Lage waren, sich ein wariueA Zimmer zu göonueu. Der Schuh -er Bevölkerung im besetzten Gebier. Berlin, 20. Juli. Auf eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Qua atz (BolkSp.j betreffend die Verantwortlichkeit der Okkupationsmächte für den Schutz der Bevölkerung tm besetzte» Gebiete nach der weiteren Verminderung und organisatorischen Schwächung der Schupo hat der Reich», mtntster des Innern u. a. geantwortet: In den besetzten rheinischen Gebieten sind die deutschen Behörden und deut schen Polizcikräfte zuständig. Die interalliierte Rheinland», kommission hat tedoch die Zahl, Art, Ausrüstung und Ber. wcndung der Polizeikräste zu bestimmen. Die Hinzu, -tehung von Reichswehr bet nickt ausreichender Zahl der Polizeikräste ist im besetzten Gebiete nicht möglich. In dem äO-ßm-Streifen recht« des Rheine» sind ausschließlich die deutschen Behörden zuständig, dock ist dort eine Vcr. Wendung von Reichswehr nur nach vorheriger Zustimmung ber Alliierten möglich. In den besetzten Gebieten von Düsseldorf, Duisburg und Rubrort sind die deutschen Poli zeibehörden tn Tätigkeit geblieben. Das Schuygesetz und der Ariderieus.Nex.g'ttm. Berlin. 26. Juli. In dem Streit um den Fridcricv». Rer-Ftlm ist letzt, wie der ..Berk. Lok..Anz." berichtet, die Ftünprüfuug-stelle angewiesen worden, davon Kenntnis zu nehmen, dass da» Gesetz zum Schutz« ber Republik auch auf die Film Prüfung Anwendung zu finden habe. Thüringen wird voraussichtlich in den nächsten Tagen «tnen Antrag stellen, die Vorführung de» Film» im Wieder- ruföverfahrcn zu verbieten. vertliches und Siichsisches. De» Wtrrfchofl»mt«1fl»rlum verurlettt die Ausschretluugen det poNttschrn Demonslraltonen. Die Nachrichtenstelle der StaatSkanzlet verbreitet fol, genbe Meldung: „Anläßlich ber Demonstrationen gegen den Ratbenau- Mord am 27. Juni und zum Schutze brr Republik am 1. Juli ist eS tm Lande leider mehrfach zn Au-scktei. tungen gegen Unternehmer und Leiter in dustrieller Betriebe gekommen. Wenn man auch die berechtigte Erregung der Arbeiterschaft und aller ehr- lich gesinnten Republikaner in Rechnung stellt, so können solche Ausschreitungen doch keineswegs gebilligt werden. Sie sind im Gegenteil dazu geeignet, den Wert der rein politischen Demonstrationen herabzumtndern und die Wucht der ln> übrigen eindrucksvollen Kundgebungen zu ver- rtngcrn. Vor allem aber könne» solche Unbesonnenheiten, die mit dem Zwecke der Demonstration nickt das mindeste zu tun haben, sehr leicht zu erheblichen Schädigungen des Wirtschaftslebens und ber öffentlichen Ordnung und Sicherheit führen. Ohne an dem Rechte, für große politische Grnndforüerungen. besonders Iür Schutz und Erhaltung der in der Revolution er standenen neuen deutschen Republik zu demonstrieren, irgendwie zu rütteln, kann das Wlrlschaftsminisleriiim. dem die Förderung des Wirtschaftslebens im besonderen anver traut ist, nicht umhin, sein Bedauern über diese, wenn auch glücklicherweise nur vereinzelten, Ausschreitungen Un- besonnener anSznsprecheu und erhofft für die Zukunft bet etwaige» ähnlichen Anlässen ein völliges Ausbleiben Io un liebsamer Vorkommnisse. Das WirtschaftSmintsterium weiß sich in der Vernrtetlnng aller Gewalttätigkeiten und Ans. schreicunaen völlig einig mit den berufenen gewerkschaft lichen Arbeiterorganisationen. Es erkennt auch ohne weiteres die mustergültige Ruhe und Würde an, die die Demonstranten tm ganzen Reiche tm allgemeinen gewahrt haben. Wenn daher vom Wtrtschastsministerinm erwartet wird, daß die sich ihren Pflichten bewußte organisierte Arbeiterschaft tn Zukunft bemüht sein wird, Ausschreitun gen irgendwelcher Art anläßlich öffentlicher Demonstratio nen zn verhindern, io ist eS sich bewußt, damit dem ruhigen und geordneten Fortgänge der Produktion und der Sicher heit der Betriebsleitungen einen ebenso guten Dienst zu er weisen, wie ber nur allzu berechtigte» politischen Lache der- senlgcn, die sich zum Beweise ihres Willens »nd ihrer Stärke als Schützer der neuen deutschen Republik und als ehrlichste und treueste Sachverwalter des neuen deutschen Vaterlandes demonstrierend auf der Straße zeigen." — Beschlüsse de» Gesawtmiuisterinms. In seiner Sitzung vom 28. Inlt hat da» Gesamtministerium be schlossen. 1. dem Landtage wegen des Volksbegehrens auf Auslösung des Landtage» eine Vorlage ;u wachen, 2. dem Landtage einen Gesetzentwurf über die Hengst körung vorzulegen. 8. den Ausgleichs. Zuschlag für Beamte und Angestellte im Anschlüsse an die Regelung de» RelckeS zu erhöhen. — 2666 Mk. für ei» ZwanzigmarksiNck. Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank und Post erfolgt in der Woche vom 81. Juli bi» ü. August zpm Preise von 2000 Mk. für ein Zwanzigmarkstück, lOOO Mk. für ein Zehnmarlsittck. Für ausländische Goldmünzen werden ent- sprechende Preise gezahlt. Der Ankauf von Reich»- s i ll» c r m ü n z e ii durch die Neichsbank und Post erfolgt unverändert bis auf weiteres zum 40 fachen Betrage des Nennwertes. — Llngttst-Kohleumcldnng der mcldcpsllchtlgeu Groß betriebe. Die amtlichen August-Meldekarten für Kohle» sind tn der bestellten Anzahl von den in Dresden gelegenen ureldcpflichttgen Großbetrieben vom Ll. Juli bis 4. August von K bis 1 Uhr im städtischen Kohlenamte, Fröbelstraße 1, Zimmer 12 z» entnehmen. — Nene Gehälter in der Zigarrttenindnstrie. Ter S ch l ich tun g » au » s ch utz der Kreishauptmanusckast Dresden hat die Iultgehülter ber kaufmännischen An gestellten in der Zigarcttenindnstrie durch einen NergleichS- spruch dahingehend geregelt, daß sich die Iuniachälter um 25 Prozent erhöhen. — Keine Meldepflicht für offene Arbeitsstelle». Nr. 48 -er „Mitteilungen" de» Deutschen Indnstrieschutzverüandc-, Sitz Dresden tGeschäftSführer Grützner), bringt eine Ab. Handlung über diese Frage, wobei darauf hingewiesen wird, daß durch die Verordnung über die Beendigung der wirt schaftlichen Demobilmachung vom 18. 2. 1621 in Verbindung mit dem Gesetz über die Verlängerung der Geltungsdauer der DemoblliiiachungSvcrorbnung vom 30. 8. 1622 dte auf Grund der Verordnung vom 17. 2. 1616 bestehende Melde- Pflicht ihr Ende erreicht hat. Die Auffassung wird durch etnen Bescheid de» RcichSarbeitSmtntsterS gestützt, der an gleicher Stelle wiedergegeben wirb. — Veranstaltnngen ber Haarformer. Dte Mobekowmts- siou der Dresdner Haarformer veranstaltet am 24. und 25. September im Städtischen NusstellungSpalast «Sn Preis- und Schaufrisieren, verbunden mit einer Fachmesse, moderner Haarersatz-AuSstellung und einer Modenschau, von ersten Dresdner Firmen beschickt. Letztere ist tn einem besonder» künstlerischen Rah»« gedacht. LS habe« dazu erste Künstler der detden OtaatStheater ihre Mitwirkung »ugesagt. Gleichzeitig ftudei eine Tagung ber Sächsischen Haarfvrmer. sowie «tn vettbewerb statt, der vor allen Dingen unserer Damenwelt zeigen soll, wa» im Krtseur-Beruf in den letzten Jahren — besonder» nach dem Kriege — geleistet wurde. Zur Aach- messe haben sich au» allen Teilen de» Reiche» und nicht zu letzt hervorragende Dresdner Firmen Plätze gesichert. -- Ein« städtisch« Pttzauostellung ist tn diesem Jahre wieder geplant. Auch die regelmäßige Ptlzberatung soll wieder eingerichtet werden. Wahrscheinlich wird sie aber einen neuen Leiter erhalten, da der Dresdner Btlzforscher, Oberlehrer Hcrrwann. erkrankt ist. — Der Hascpslicht-Berstcherungovcrein für HauS» und Grundbesitzer tu Dresden hielt am Freitag Maricnstraße 80, t. Gescpvß, etne außerordentliche Hauptversammlung ab. Ter Vorsitzende BerwaltnngSiiispcktor Mehnert er stattete zunächst einen kurzen Bericht über den Geschäftsgang im ersten Halbjahr 1622, aus dem sich eine erfreuliche stetige Slusivürtsentwtcklung des Unternehmens erkennen ließ. Tann wurde tn Anbetracht der stark steigenden Vermal- tnngSkosten dte Erhebung eines «Oprozenttgen Teue rungszuschlages zu den bisherigen tarifmäßigen Prämien und tm Interesse einer erleichterten zukünstigen Prämienerhöhung eine Abänderung der BersicherungS- bedingnngen beschlossen In den Vorstand wurden neu- gewählt Baurat Hugo Paul und Stadtrat Privatmann Gustav Müller. Znm stellve «tretenden Vorsitzenden wurde Kaufmann Friedrich Hildebrandt und zum stell vertretenden Schriftführer Oberlehrer Eduard Schneider bestellt. — Uugel'ijhrliche Znssätze ans Sendungen nach Polen. ES werden häufig Briefsendungcn nach Polen pufgelieferr, die vom Absender mit ungebührlichen und für Polen ver letzenden Zusätzen versehen sind. Die volnischcn Dienst stellen haben ln Aussicht gestellt, solche Sendungen künftig von der Beförderung auszuschließen. Es liegt daher tm Interesse der Absender, solche Zusätze zu unterlassen. — DoS Sammeln unreifer Heidel» und Himbeeren sowie die Verwendung von Kämmen bet erstcren wirb von den Gutövorstchcrn der Siaatssvrstrcviere Altenberg, F r a u e u st c i n, Nassau und Ne he selb verboten. Zuwiderhandlung wird mit Geldstrafe bis 300 Mk. geahndet. — Junge Lachmöwen im Zoologischen Garten. Zu den im »origen Sommer großgezogcnen Lachmöwen ist etne ganze Anzahl dieslähriger Jungen hinzngekomnien, so daß man sich die seit dem vergangenen Jahre beobachtete all mähliche Verfärbung des Gefieder» ins Gedächtnis zurück- rnsen kann. Erst setzt setzt bei den 1>/<iährigen Vögeln die erste gründliche Vollwansernng ein. die das für die Art charakteristische blendend weiße Federkleid des Winter» mit dem blauen Schimmer und den schwarzen Abzeichen, sowie den roten Schnabel und die roten Füße hcrvorzaubert, km nächsten Frnhiabre wird dann die schokoladenbraune Kapuze, die bas Sommerkos:üm der erwachsenen Lachmöwe anSzeichnet, znm ersten Male in die Erscheinung treten. Federfärbunaen beachte man setzt auch bei den iinigcn Schwarzslttgclpsanen, die mit den beiden Pfauenrnüttern oft zwischen den Tischen des KonzertplatzeS umhcrspazleren, sowie an den jungen Schwänen und Brautenten. Ausgefranst! Ach, «je hast tu dich gegrämt. Daß tu äußerlich verlumpst! Da tl» Preise unverschämt Unt tu prinzipiell «icht pumpst. Bist tu. trotzdem dir die Iran Ilnt tu selber, wo du'» kannst, ZUcken. näh'n zu Hau» im Bau. Schließlich scheußlich ausgefranst. Schau die Hosen unten — Zransen! Schau das Bant am Hut — zerfranst! An den Kragen, Stulpen — Zransen! Schlipse, Taschen — ausgefranst l Da. welch Munter mußt tu schauen? Ist es wirklich Trust, ist's Spaß? Guck dt« lNätel» an, die Zrauen, Guck, da schaukelt, baumelt was! 3a, Zrau Mode hat'» erfaßt. Hat mit raschem, kühnem Schwung Sich der Lage angepaßt. Unt es jubelt alt und jung: Schau an Kleidern — lange Zransen! Schau das Band am Hut — zerfranst! An den Handschuhstulpen Zransenl Taschen, Tapes und Schals — gefranst! „Luginsland* in den Dresdner Nachricht«». un- Vortrag «ur mit -ies-r DuelleuaAg^be gestattet. s 8 Schnitzlers „Neigen" im Residenz- Thealer. Wer am gestrigen Freitag abcnd da» überauSverkaufte Han» tn der ZirknSstraße hatte stillen Helsen, war sich von vornherein völlig tm klaren, wa» ihn erwartete. Jeder, ber sich für seine Handvoll Papierschein« einen Platz erstanden hatte, hatte von der Theaterleitung einen gedruckten Revers mitbekommen, durch den er sich ansdrücklich verpflichtete, keinerlei Zeichen deS Beifall» ober de« Mißfallens lour- werben zu lassen; andernfalls wurde ihm mit einer Klage wegen Hausfriedensbruch gedroht: auch stand auf diesem Handzettel, der für die Dresdner Theatergeschtckte jeden- fall» etwa» völlig Nene» bedeutete, bemerkt, daß dte ge kaufte Karte von dem Inhaber selbst benutzt werden müsse, also nicht weitergegcben werden dürfe, sowie, daß die Herr- schäften, die da» »weite Jahrzehnt ihre» Leben» noch nicht hinter sich hatten, gefälligst draußen zn bleiben haben. Man war also hübsch unter sich und wußte, um was es sich handelte. Natürlich kann der Chronist unter solchen Umständen nicht» davon berichten, wie etwa dte Aufnahme de» Stückes nun tn Dresden gewesen sei. Tenn ein Publikum mit der- artigem ZwangSkurs wird sich hüten, wider den Stachel zu lecken, zumal ein beträchtliche» Aufgebot uniformierter Sicherheuskommtssare im Hanse wie auf der Straße dem Laufzettel der Direktion einen sichtbarlichen, energischen Nachdruck verlieh. Und so ist denn auch von dem äußeren Verlaufe der Dinge mrr zu vermelden, daß die zehn, ohne Paus« mit Zwischenmusik rasch hintereinander sich folgenden „Dialoge", wie Schnitzler seine Nelgentoitren nennt — heiliger Plato! —. mit gebührender Ruhe und Lelbstver. stünblichkeit geschluckt wurden und baß sich da» Theater nach vereinzelten Belfallöoersnchen rasch ohne Zwischenfälle leerte. Mit der gleichen Raschheit und Selbstverständlichkeit könnte man auch über das für Dresden neue Werk hinweg geben. Wer die sensationelle Berliner Vorgeschichte de» .Reigen»" kennt, weiß, um was sich dte Achse der Fabel und ihre Figuren drehen. Und wer sie nicht kennt, der braucht sich nur die Mühe zu nehmen, den Theaterzettel von Anfang bis zu Ende genau zu lesen und sich dabei zu vergegenwärtigen, baß jedes dieser zehn Bilder seinen Höhepunkt tn dem findet, was der Dichter des Othello „das Tier, mit den zwei Rücken" nennt, und er braucht sich über da» literarische und künstlerische Wie und AaS de» Werkes nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Daö ist ja überhaupt der größte Vorwurf, den mau dem Verfasser machen muß: die völlige Prolilemlostgkett seine» Bilderbogen» und aller der Tänzer und Tänzerinnen seine» Reigens. ES ist gewiß ein an sich durchaus brauchbarer Künstlerwitz, einmal so nach Art deS Totentanzes »ub «pooio vc-nori» durch dieses sich selbst ironisierende Leben zu malzen. Und mit der scharfen Wirklichkeitsbrille, mit der er alles da- sicht, mit seiner wienerischen gemütlichen Weibckengrazie und seiner spiele rischen Artistik weiß ein Kenner und Könner wie Schnitzler ja solche Dinge auch ohne alle Zweifel zu zwingen. Aber die völlige Eindentigleit sämtlicher vorgesührten Tupcn beiderlei Geschlechtes, dte durch nichts so treffend gekenn zeichnet werden, als daß am Anfang und am Ende der Serie die Dirne steht, muß in ihrer fortgesetzten Wieder holuug trotz aller Espritkrampfigkeit des DialvgfükrerS er müdend. ja schließlich Uebelkeit erregend wirken. „Da» Böse ist nicht Sinnlichkeit, sondern sublimierte, zur Maxime er hobene Sinnlichkeit," sagt Bischer in seiner Aesthctik. Doch wozu sich über im Grunde so furchtbar einfache, jeder kunst- philosophischen, ästhetischen Problematik bare Erzeugnisse einer Tekadenzpcrtode der Literatur weiter Gedanken machen? Man kann tn der Literaturgeschichte diesen Reigen Arthur Schnitzlers noch so bestimmt unter daö Kapitel pornographischer Entgleisungen einrirbrizieren — solange es als ein Beweis fortgeschrittensten Kultnrwillens gilt, die wilden Hunde, die tm Keller der Seele vor Lust bellen, tn die Freiheit ber Kunst zu lassen, so lange wird keinerlei Rede und Schreibe daran etwas ändern. Aber verübeln soll man eS auch niemandem, wenn er bet aller Genuß- freudtgkeit in Dingen der Kunst und der Liebe doch nach Ab solvierung dieser fünffachen szenischen Dovpelvergattung zu Hause still seinen Zarathustra ansschlägt und im Kapitel von der Kenschhelt ansängt zu lesen: „Ich liebe den Wald. In den Städten ist schleckt zn leben: da gibt es zu viele der Brünstigen. — — lind seht mir doch diese Männer an: ihr Auge sagt es — sic wissen nichts Besseres ans Erben, als bei einem Wetüc zu liegen. Schlamm ist auf dem Grunde ihrer Seele: und wehe, wenn ihr Schlamm gar noch Geist hat !" Bleibt noch die Ausführung. Und die war vom Leiter dieses Berliner GesamtgastspielS, Direktor Hubert Ncusch, mit Sorgfalt vorbei ettet und kam dem Kaminer- stile, der hier verlangt werden must, nach Möglichkeit nahe. Szenisch in den mehr o^er weniger stilisierten Dekorationen, ber knapp und klar das Wesentliche betonenden Ansmachnng, dcuitellcrlsch tn einer gewissen wohltuenden Abgeschllssen- hcit des Tones dcS Ganzen, aus der «nr hier und da störende Minderwertigkeiten heranSsiclen. Die Damen Maria Holm, Elvira Bach, Shbil Smolowa. Poldi Müller und Jutta Versen und die Herren Hugo Elans, Hetiui Thiele. Waller Tautz, Kurt Mikul»kt und Gustav Heppner gaben den einzelne», bei ber Klarheit nud Probl« der „Charaktere" freilich vo» vornherel« kaum zr den Tuven, was sie an Lebenssaftigkeit und Glaubens- Würdigkeit verlangten Nicht restlos in seiner Asphalthaftig- keit kam das süße Mädel heraus; glänzend, mit viel innerem Humor hatte Jutta Verien ihre Schauspielert» angelegt. Von der Begleitmusik von Forster-Larrinaga, die der Schnitzlerschen Schwüle in einer gewissen ttberkabarettmäßi- gen Mischung von Tanz und Sentimentalität zu sekundieren sucht, ist die Einführung in Moll, die wie die Dirne auch am Schlüsse wiederkehrt, wohl das Wertvollste und zugleich für den Abend Bezeichnendste: Moll zum Eingang, Moll am AuSgang, da» Ganze Moll in Moll, trotz aller IcbenS- besahenden, lebensheischenden Bi ünstlgkcli tn Dur in mitten —r. Kunst und Wissenschaft. * Dresdner Theatcr-Lpielplau für morgen, Sonntag: Neustädter Schauspielhaus: „Der Kuhreigen" s^8). Residenz-Theater: „Reigen" <N8). Zen- iral-Theater: „Der Mustergatte" l^8l. ß Zentralthcatcr. Der „M ustergatt e", den A v e r n H ogwood und V. Pogson ans die Bühne gestellt haben, trinkt nicht, raucht nicht, guüi nicht nach ander» Weibern, kommt nie aus seiner Ruhe, widerspricht nie, kurz, bedeutet seiner Frau kein Problem. Das wird der langweilig und darum will sie sich scheiden lassen. Ta versucht der Muster gatte sich ans den Rat eines Freundes zu .bessern". Veran staltet mit der Frau eben dieses Freundes, die rin kaum weniger ahnungsloser Engel als er selber ist, ein nächtliches Gelage, das furchtbar harmlos bleibt aber furchtbar gefähr- lich auSsicbtz llcberraschung in siLgesm.,, Toben. Bitten, weitere Mißverständnisse, Erklären. Verzeihen, Versöhnen. Unerhört schnurrige Situationen, wie sie nur in einem sommerlichen Schwank möglich sind, tragen den Eindruck. Und wen» gar auf der Höhe der Verwicklung die Möbelpackcr kommen, da» eheliche Schlafgemach der scheiden wollenden Frau auSräumen und dabei die interessantesten Entdeckun gen machen, dann spielt auch noch das Publikum mit etneni Gelächter, Gejohle und Gewiebcr ohne Gleichen eine Sonder» rolle, die zn beobachten kaum minder vergnüglich als da» Stück selbst ist. Dte Aufführung hat Otmar Lang flott und elegant heransgestellt. Klaproth, als Mustergatte von bezwingend dämlicher Befangenheit, ist mit seinem trockenen Humor der Heid des Abends, HannS Götz ein tempera mentvoller Lebemann, Gustav Ullrick ein etwa» farb loserer Haue-freund. Tie Damen Gerda Meller nnd Visa GletS vertreten die weibliche Eleganz «nd Her-eus- regsamkeit tu bester Form; auch EllySohseal» ltrbeu». würdige» Kammerkätzchen hat Anteil am Erfolg. L. 3. Sette r
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